Jean-Pierre Jeunet: Delicatessen, Die Stadt der verlorenen Kinder, Alien: Die Wiedergeburt, Die fabelhafte Welt der Amélie, Mathilde - Sein filmisches Oeuvre zeichnet sich auf inhaltlich-thematischer Ebene auf den ersten Blick durch große Disparität aus.
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Trotz der thematischen Variationsbreite dieser Filme hat man – so lautet zumindest die Behauptung und der Verdacht, der dieser Magisterarbeit zugrunde liegt – nach deren Sichtung das Gefühl, eine ganz eigene Handschrift zu erkennen.
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Maschinengleiche Perfektion, Virtuosentum, extreme Künstlichkeit, Zurschaustellung der künstlerischen und technischen Fähigkeiten, Gebrauch der Fantasie, bizarre Kreationen, absurder Humor, groteske Gestalten, optische Raffinesse, Verfremdungen, Realitätsferne, künstlerischer Ideenreichtum, ästhetische Ideologie, Subjektivität und individueller Stil, Vereinigung von Gegensätzen - dies alles sind Schlagworte, die häufig in einem Atemzug mit Jeunets filmischem Werk genannt werden. Es sind aber ebenso Charakteristika, die im Zusammenhang mit der Kunst des Manierismus Erwähnung finden. Dieser kunstgeschichtliche Terminus gilt einerseits als Epoche, andererseits wird er als ein zyklisch wiederkehrender Stil verstanden, der eine Gegenbewegung zu jeder klassischen Periode darstellt. Ursprünglich war er vor allem auf die bildenden Künste angewendet worden, fand aber dann Einzug in die Literatur und schließlich auch in andere Kunstrichtungen.
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Im vorliegenden Ansatz wird zunächst der Manierismus kurz vorgestellt, in seiner Eigenschaft als Stil erörtert und in einem gesonderten Kapitel auf die Problematik der Übertragbarkeit auf Filme hingewiesen. Schließlich sollen dann, soweit es möglich ist, die festgestellten Kohärenzen in Jeunets filmischem Werk vornehmlich unter dem Aspekt eines manieristischen Stils erfasst und dessen Funktionen untersucht werden.
In filmanalytischer Hinsicht werde ich mich dabei größtenteils auf die neoformalistische Stilanalyse David Bordwells berufen, wie sie in dem Standardwerk The Classical Hollywood Cinema erläutert wird. Hierfür werden die wesentlichen Merkmale des Bordwell’schen Ansatzes in einem separaten Kapitel herausgearbeitet. In Anlehnung an diese Analyse der klassischen Erzählmuster des Hollywoodkinos soll untersucht werden, inwiefern die Filme Jeunets davon abweichen und sich das Prinzip des Manierismus als stilistischer Kontrapunkt zur klassischen Form ebenso auf die filmischen Strukturen anwenden lässt.
Inhaltsverzeichnis
- Einleitung
- Der Manierismus
- Kurze Begriffs- und Bedeutungsgeschichte
- Problematiken der Definierung des manieristischen Stils
- Grundlagen des manieristischen Stils
- Die kulturelle Disposition des Manierismus
- Abgrenzung gegen klassische Prinzipien
- Abwendung von der Natur
- Methoden und Phänomene des manieristischen Stils
- Künstlichkeit und Deformation der Natur
- Das Fantastische als Deformation der Wirklichkeit
- Das Groteske und die Vereinigung von Gegensätzen
- Künstlerische Dispositionen und Subjektivität des manieristischen Stils
- Bewusstheit, Selbstbezogenheit und Demonstration artistischer Fähigkeiten
- Manieriertheit und Subjektivität
- Heranführung an den Medientransfer
- Zusammenfassung der Besonderheiten des manieristischen Stils
- Problematiken des Medientransfers
- Das klassische Hollywoodkino nach David Bordwell
- Manieristische Elemente in den Filmen Jean-Pierre Jeunets
- Alien: Resurrection
- Die Narrationsebene
- Die ikonographische Ebene
- Der filmische Raum
- Delicatessen
- Die Narrationsebene
- Die ikonographische Ebene und der filmische Raum
- Un long dimanche de fiançailles
- Die Narrationsebene
- Die ikonographische Ebene
- Der filmische Raum
- La cité des enfants perdus
- Die Narrationsebene
- Die ikonographische Ebene und der filmische Raum
- Le fabuleux destin d'Amélie Poulain
- Die Narrationsebene
- Die ikonographische Ebene
- Der filmische Raum
- Alien: Resurrection
- Schlussbetrachtungen
- Zusammenfassung der Analyseergebnisse
- Ausblick: Die Filme im Kontext des postmodernen Kinos
Zielsetzung und Themenschwerpunkte
Die Magisterarbeit analysiert die Filme Jean-Pierre Jeunets auf der Grundlage des manieristischen Stils. Sie untersucht, ob und inwiefern Elemente des Manierismus in den filmischen Werken Jeunets wiederzufinden sind. Die Arbeit befasst sich mit den Besonderheiten des manieristischen Stils und dessen Übertragbarkeit auf das filmische Medium. Der Fokus liegt dabei auf der Analyse von Stilmitteln und der stilistischen Kohärenz im Gesamtwerk Jeunets.
- Manierismus als filmischer Stil
- Analyse der stilistischen Elemente in Jeunets Filmen
- Die Bedeutung des Manierismus im Gesamtwerk Jeunets
- Der Einfluss des Manierismus auf die Narration und die Gestaltung des filmischen Raums
- Die Beziehung zwischen dem Manierismus und der filmischen Subjektivität
Zusammenfassung der Kapitel
Das erste Kapitel führt in die Thematik der Magisterarbeit ein und skizziert die filmische Entwicklung von Jean-Pierre Jeunet. Der zweite Teil beschäftigt sich mit dem manieristischen Stil, der im Zentrum der Analyse steht. Er beleuchtet die Begriffs- und Bedeutungsgeschichte des Manierismus sowie dessen charakteristische Merkmale. Es werden die kulturellen, künstlerischen und ästhetischen Grundlagen des Manierismus erläutert und dessen Einfluss auf die Gestaltung von Kunstwerken untersucht.
Der dritte Teil beschäftigt sich mit der Frage, wie der manieristische Stil auf das filmische Medium übertragen werden kann. Er analysiert die Herausforderungen und Möglichkeiten der filmischen Adaption manieristischer Stilmittel.
Der vierte Kapitel beleuchtet das filmische Oeuvre Jean-Pierre Jeunets unter dem Aspekt des manieristischen Stils. Es analysiert einzelne Filme wie Alien: Resurrection, Delicatessen, Un long dimanche de fiançailles, La cité des enfants perdus und Le fabuleux destin d'Amélie Poulain im Hinblick auf stilistische Merkmale, die auf den Manierismus zurückzuführen sind.
Schlüsselwörter
Jean-Pierre Jeunet, Manierismus, Filmanalyse, Stilmittel, Narration, Filmischer Raum, Ikonographie, Subjektivität, Künstlichkeit, Deformation, Fantastisches, Groteskes, Hollywoodkino, Postmoderne.
- Arbeit zitieren
- M.A. Bastian Sillner (Autor:in), 2006, Manieristische Elemente in den Filmen Jean-Pierre Jeunets, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/79691