Das deutsche Wirtschaftssystem - Ende eines Erfolgmodells?


Hausarbeit, 2006

31 Seiten, Note: 2,3


Leseprobe


Inhaltsverzeichnis

1. Einleitung

2. Die Soziale Marktwirtschaft
2.1. Definition
2.2. Geschichtlicher Hintergrund
2.3. Entstehung, Entwicklung und Durchsetzung
2.4. Prinzipien der Sozialen Marktwirtschaft
2.4.1. Wettbewerbsordnung
2.4.2. Geldordnung
2.4.3. Sozialordnung

3. Die ersten Probleme des deutschen Wirtschaftssystems
3.1. Stabilisierungskrise (1961-1973)
3.2. Die erste Phase der Beschäftigungskrise (1974-1979)
3.3. Die zweite Phase der Beschäftigungskrise (1980-1989)

4. Gegenwärtige Problemfelder und Lösungsansätze
4.1. (Massen)Arbeitslosigkeit
4.1.1. Gründe
4.1.2. Lösungsansätze
4.2. Wachstumskrise
4.2.1. Gründe
4.2.2. Lösungsansätze
4.3. Globalisierung
4.3.1. Probleme
4.3.2. Lösungsansätze

5. Fazit

6. Literaturverzeichnis

1. Einleitung

Es galt jahrelang als das Erfolgsmodell, war weltweit beneidet und oft kopiert, und wurde als „Modell Deutschland“ gepriesen: das deutsche Wirtschafssystem. Doch seit vielen Jahren steigt Deutschland, der einstige wirtschaftliche Riese, „mit langsamen, schweren Schritten, wie von Roboterhand gesteuert“[1], ab. Erst langsam, dann mit immer größerem Tempo. Der Bewunderung, die Deutschland für sein Wirtschaftswachstum im „goldenen Zeitalter“ der 1950er und 1960er Jahre mit einem ernormen Wirtschaftswachstum, glänzenden Arbeitsmarktzahlen und stetig wachsendem Wohlstand erntete, ist heutzutage Entsetzen über die dramatische Arbeitsmarktlage und die schwächende Wirtschaft gewichen. Betrachtet man die ökonomische Realität und vergleicht man die wirtschaftliche Entwicklung der vergangenen Jahre mit anderen europäischen Nationen oder den USA, dann scheint das deutsche Wirtschaftsmodell kaum noch zukunftsfähig zu sein. Selbst Spanien und Irland, die wirtschaftlich Deutschland immer hinterher hangen, haben mittlerweile deutlich höhere Wachstumsraten – das „Modell Deutschland“ ist zu einem Auslaufmodell geworden.

In meiner Hausarbeit über das Thema „Das deutsche Wirtschaftssystem – Ende eines Erfolgmodells?“ versuche ich einen Einblick in die Geschichte des deutschen Wirtschaftssystem und eine Situationsbeschreibung über die derzeitigen Probleme zu geben. Am Anfang meiner Arbeit werde ich auf die Entstehung, Entwicklung und Prinzipien der Sozialen Marktwirtschaft eingehen, die als nach dem Krieg konzipierte Wirtschaftsordnung trotz miserabler Startbedingungen für die Rückkehr Deutschlands an die Weltwirtschaft und den Wirtschaftsboom in den 1950er und 1960er Jahren sorgte.

Danach zeige ich auf, welche wirtschafts- und tarifpolitischen Fehlent­wicklungen bereits nach dem Ende des Wirtschaftswunders in den 1970er und 1980er Jahren auftraten, die heute im mit den Problemen der Massenarbeitslosigkeit, der Wachstumskrise und globalen Problemen behaftet sind. Gleichzeitig werde ich aber auch Lösungsvorschläge zur Verbesserung der Situation aufzeigen, um dann unter Berücksichtigung meiner Fragestellung zu einem abschließenden Fazit zu kommen.

2. Die Soziale Marktwirtschaft

2.1. Definition

Der Begriff der Sozialen Marktwirtschaft wird für die nach dem Krieg in Westdeutschland konzipierte und wirtschaftspolitische Ordnung verwendet. Aufgabe der sozialen Marktwirtschaft ist es, auf der Grundlage der Marktwirtschaft das Prinzip der Freiheit mit dem des sozialen Ausgleichs und der sozialen Gerechtigkeit zu verbinden.[2]

2.2. Geschichtlicher Hintergrund

Für die wirtschaftliche Entwicklung in der Bundesrepublik Deutschland nach dem Zweiten Weltkrieg war entscheidend, dass die vor, während und nach dieser Zeit entwickelte Idee über die Schaffung eines neuen freiheitlichen Wirtschaftssystems nach dem Ende Krieges in die Praxis umgesetzt werden konnte. Die Durchsetzung des Konzepts war vor allem dem Engagement der Freiburger Schule um ihre geistigen Quellen Walter Eucken, Franz Böhm, Wilhelm Röpke, Alexander Rüstow und Alfred Müller-Armack – dem Erfinder des Namens „Soziale Marktwirtschaft“ – zu verdanken, die sich stark für ein freiheitliches Wirtschaftssystem einsetzen. Bereits vor Kriegsende wurde dieses Modell des Ordoliberalismus entwickelt, dass Freiheit, Effizienz und sozialen Ausgleich gewähren sollte. Die Freiburger Schule war der Meinung, dass nur eine marktwirtschaftliche Ordnung in der Lage sei, den Wohlstand der Bundesrepublik zu erhöhen und den sozialen Ausgleich herbeizuführen.[3] Denn ihrer Beurteilung nach, war die damalige Wirtschaftsnot nur teilweise kriegsbedingt, sondern vor allem das Resultat der von den National­sozialisten eingeführten Lenkungswirtschaft, die das marktwirtschaftliche Zusammenwirken der gesamtwirtschaftlichen Produktivkräfte gelähmt habe.[4]

2.3. Entstehung, Entwicklung und Durchsetzung

Bereits im Potsdamer Abkommen von 1945 wurde festgelegt, dass Deutschland eine wirtschaftliche Ordnung erhalten solle. Die zentrale Planwirtschaft und die Lenkungswirtschaft wurden bei den politischen Parteien aber ebenso vehement abgelehnt wie der Kapitalismus. Vielmehr sollte die deutsche Wirtschaft durch „planvolles Wirtschaften und Lenkung der Wirtschaft“[5] geprägt sein.

Diesem Bestreben widersetzte sich jedoch der spätere Bundeskanzler Ludwig Erhard (CDU), der als „Vater der Sozialen Marktwirtschaft“ gilt. Denn trotz Widerständen aus der eigenen Partei, den Besatzungsmächten und den Gewerkschaften leitete der damalige Direktor der Wirtschaftsverwaltung der Bizone und spätere Bundeswirtschaftsminister den ersten Schritt zur Sozialen Marktwirtschaft ein: die Währungsreform. Der Erfolg dieser Reform hing davon ab, ob nach dem Tag X des Geldschnitts auch genügend Waren bereit stünden, um den Bürgern zu zeigen, dass für ihr neues Geld auch Güter zu bekommen sind. Denn ein der neuen Geldmenge in etwa entsprechendes Gütervolumen bildete die wesentliche Bedingung für die von Erhard beabsichtigte Preisfreigabe. Die gesetzliche Grundlage über die „Leitsätze für die Bewirtschaftung und Preispolitik nach der Geldreform“[6] wurde schließlich am 17. Juni 1948 geschaffen.

Drei Tage später, also am 20./21. Juni 1948, trat die Währungsreform in Kraft. Die Beseitigung des inflationären Geldes war die notwendige Bedingung für das Funktionieren der neuen Wirtschaftsordnung. Kurz darauf erfolgten in den drei Westzonen zwei weitere Maßnahmen: die gleichzeitige Aufhebung der Preisbindung verbunden mit einem Abbau der Lohnkontrollen und die Aufhebung einer großen Zahl von Rationisierungsvorschriften, die die Verteilung von Ressourcen und Produkten bestimmt hatten.

Auch wenn Grund­stoffe, Grundnahrungsmittel und der Wohnungsmarkt weiterhin staatlicher Regulierung unterlagen und auch die Löhne bis November gebunden blieben, war damit der Schritt in die Marktwirtschaft vollzogen. Der Produktionsanstieg bestätigte die an die Wirtschaftsreform geknüpften Erwartungen.[7]

Obwohl das 1949 entstandene Grundgesetz keine konkrete Wirtschafts­ordnung vorschrieb, wurden durch die Festlegung von Bedingungen wie der Sicherung der Grundrechte, das Recht auf freie wirtschaftliche Betätigung, die freie Berufs- und Arbeitsplatzauswahl oder das Recht auf Privateigentum die Basis für einen arbeitsteiligen Wirtschaftsprozess geschaffen. Ordnungs­politische Entscheidungen wie das Tarifgesetz, das Betriebsverfassungs­gesetz oder das Gesetz zur Wettbewerbsordnung gaben dem Einzelnen immer mehr Freiheiten und sorgten für die endgültige Durchsetzung der Marktwirtschaft. Mit diesen Entscheidungen wurden schließlich die Weichen für das deutsche Wirtschaftswunder und die Wiedereingliederung Westdeutschlands in die Weltwirtschaft gelegt.[8]

2.4. Prinzipien der Sozialen Marktwirtschaft

2.4.1. Wettbewerbsordnung

Die Leistungsfähigkeit der Marktwirtschaft hängt davon ab, dass freier und funktionsfähiger Wettbewerb auf möglichst vielen Märkten besteht. Dieser Wettbewerb muss vom Staat gefördert und geschützt werden, etwa durch Subventionsabbau, Deregulierung oder durch bestimmte Wettbewerbsegeln. Zwei wirtschaftspolitische Leitbilder prägen die deutsche Wettbewerbs­ordnung: der wohlfahrtsökonomische Ansatz und systemtheoretische Ansatz. Während sich der wohlfahrtsökonomische Ansatz ausschließlich auf ökonomische Zusammenhänge konzentriert, steht im systemtheoretischen Ansatz die Freiheitsfunktion des Wettbewerbs im Vordergrund.

Die drei wichtigsten Instrumente der deutschen Wettbewerbspolitik sind im „Gesetz gegen Wettbewerbsbeschränkungen“ enthalten: Antikartellpolitik, Miss­brauchs­aufsicht und Fusionskontrolle.

Die Antikartellpolitik verbietet die Zusammenarbeit von zwei oder mehr rechtlich selbständig bleibenden Unternehmen auf der gleichen Wirtschaftsstufe, die in der Form eines Kartells durch Verträge und Beschlüsse den freien Wettbewerb zu verhindern suchen. Die Praktizierung eines nicht zugelassenen Kartells ist verboten und strafbar und kann mit Sanktionen oder Bußgeldern geahndet werden. In bestimmten Tatbeständen kann das Kartellverbot aber gelockert respektive aufgehoben werden.

Die Missbrauchsaufsicht richtet sich gegen Wettbewerbsbeschränkungen jeder Art auf Grund bestehender Marktmacht eines Unternehmens. Ziel ist es, die Vorteile eines marktbeherrschenden Unternehmens im Sinne der gleichen Wettbewerbsfreiheit aller einzelnen auszugleichen. So soll etwa die Behinderung gegenüber Unternehmen der gleichen Wirtschaftsstufe durch die Marktmacht eines Unternehmens verhindert werden.

Die Fusionskontrolle ist darauf gerichtet, funktionierenden Wettbewerb zu erhalten, indem sie Zusammenschlüsse verhindert, die auf einem der betroffenen Märkte zur Entstehung oder Verstärkung einer marktbe­herrschenden Stellung führen können.[9]

2.4.2. Geldordnung

Die Stabilität des Geldes ist eine Voraussetzung dafür, dass die Marktwirtschaft wirtschaftlich und sozial leistungsfähig ist. Die Bedeutung eines stabilen Geldwerts kommt in der Inflation am deutlichsten zum Vorschein. Der Kontrolle der Geldmenge kommt die Schlüsselrolle bei der Stabilitätspolitik zu.

Die Verantwortung dafür liegt bei der Deutschen Bundesbank, die in ihrer funktionellen und personellen Unabhängigkeit für die Versorgung der Wirtschaft mit Geld zuständig ist. Bei der Ausübung ihrer Befugnisse kann die Bundesbank autonom entscheiden.

Allerdings ist sie gesetzlich verpflichtet, die allgemeine Wirtschaftspolitik der Regierung zu unterstützen. Die Ziele dieser Wirtschaftspolitik sind Vollbeschäftigung, Zahlungsbilanzausgleich, angemessenes Wirtschafts­wachstum und Geldwertstabilität (magisches Viereck).

[...]


[1] Vgl. Steingart, Gabor.: Deutschland. Der Abstieg eines Superstars. Pieper Verlag. München. 2005. S. 51.

[2] Vgl. Hartmann/Härter: Allgemeine Wirtschaftslehre für kaufmännische Auszubildende. 28., aktualisierte Auflage. Rinteln 1997. S. 434.

[3] Vgl. Schlecht, Otto: Grundlangen und Perspektiven der Sozialen Marktwirtschaft. Tübingen. 1990. S. 10-16.

[4] Vgl. Grosser, Dieter/Lange, Thomas/Müller-Armack, Andreas/Neuss, Beate: Soziale Marktwirtschaft. Geschichte – Konzept – Leistung. Stuttgart; Berlin; Köln; Mainz. Kohlhammer. 1998. S. 6.

[5] Vgl. Schlecht, Otto/Stoltenberg, Gerhard (Hrsg.): Soziale Marktwirtschaft. Grundlagen, Entwicklungslinien, Perspektiven. Herder Verlag. Freiburg. 2001. S. 66.

[6] Vgl. Zinn, Karl Georg: Soziale Marktwirtschaft. Idee, Entwicklung und Politik der bundesdeutschen Wirtschaftsordnung. BI-Taschenbuch-Verlag. Mannheim; Leipzig; Wien; Zürich. 1992. S. 66-69.

[7] Vgl. Zinn, K. G.: Soziale Marktwirtschaft. S. 66-69.

[8] Vgl. Grosser, O./Lange, T./Müller-Armack, M./Neuss, B.: Soziale Marktwirtschaft. S. 11-13.

[9] Vgl. Andersen, Uwe (Hrsg.): Soziale Marktwirtschaft unter neuen Rahmenbedingungen. Wochenschau-Verlag. Schwalbach. 1996. S. 15-16.

Ende der Leseprobe aus 31 Seiten

Details

Titel
Das deutsche Wirtschaftssystem - Ende eines Erfolgmodells?
Hochschule
Universität Osnabrück
Veranstaltung
Polit-ökonomische Grundlagen
Note
2,3
Autor
Jahr
2006
Seiten
31
Katalognummer
V80676
ISBN (eBook)
9783638879408
ISBN (Buch)
9783638920995
Dateigröße
443 KB
Sprache
Deutsch
Anmerkungen
Kommentar des Dozenten: - Systematische Gliederung - in sich stringente neoliberale Argumentationsmuster - fehlende Reflexion alternativer Analysansätze, vor allem in Bezug auf die Massenarbeitslosigkeit und der "Wachstumskrise" (z.B. technologischer Fortschritt)
Schlagworte
Wirtschaftssystem, Ende, Erfolgmodells, Polit-ökonomische, Grundlagen
Arbeit zitieren
Frederik Böckmann (Autor:in), 2006, Das deutsche Wirtschaftssystem - Ende eines Erfolgmodells?, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/80676

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