Glaubt man der These von Professor Johannes Helmrath, so löste die Eroberung von Konstantinopel am 29. Mai 1453 durch die Türken im lateinischen Westen unweigerliche einen tiefen Schock aus. Des weiteren bezeichnete dieser Untergang des Byzantinischen Reiches das Ende einer Epoche, wenn nicht sogar des gesamten Mittelalters. Allerdings lässt sich dieser Schock nirgendwo in Europa registrieren. Es ist nicht einmal eine Krise im Glauben der lateinischen Christen festzustellen. Gewiss, es werden Gedichte verfasst (Oliver de la Marche), die der angeblichen seelischen Qual Ausdruck verleihen sollen und gewiss finden zahlreiche Schwüre von Edelleuten statt, die es vorzogen, einzig die romantische Seite eines Kreuzzugsgedankens zu sehen und dies halt nur in rein theoretischer Natur. An den Höfen Europas ist man vorwiegend mit sich selbst beschäftigt. So ist in Deutschland Kaiser Friedrich III. viel zu schwach, ist finanziell alles andere als in der Lage, sich nach Konstantinopel zu begeben. Außerdem verfügt er über keinerlei Autorität bei den Fürsten. In Frankreich und England kommt noch der geographische Faktor hinzu, der Balkan und Konstantinopel sind weit entfernt, es werden also keine eigenen Interessensphären berührt. Zudem ist man in den Ländern von Karl VII. und Heinrich VI. noch zu sehr durch den Hundertjährigen Krieg geschwächt und hat mit seinen Nachwehen zu kämpfen. Als auf der britischen Insel 1455 die Rosenkriege zwischen den Häusern York und Lancaster ausbrechen, ist es dem Monarch aufgrund einer geistigen Umnachtung unmöglich, weiterhin den Regierungsgeschäften nachzugehen. Eine ständige Konkurrenz zu Burgund sorgt in Frankreich dafür, dass der König sich außerstande sieht, sein Land zu verlassen. Alfonso von Aragon sorgt lediglich für Verteidigungsmaßnahmen seiner Besitzungen in Italien und Herzog Philipp der Gute von Burgund begnügt sich mit einem pompösen Festbankett und dem anschließenden „Fasaneneid“, welcher aber nicht über den Abend hinaus kommt. Einzig Ladislaus von Ungarn hat berechtigten Grund zur Sorge, wird er doch unmittelbar von den Türken bedroht.
Inhaltsverzeichnis
- Einleitung
- Enea Silvio Piccolomini
- Das Konzil von Ferrara-Florenz
- Das Patriarchat von Konstantinopel
- Fazit
Zielsetzung und Themenschwerpunkte
Diese Arbeit untersucht die Reaktion des lateinischen Westens auf den Fall Konstantinopels im Jahr 1453 und hinterfragt die These eines europaweiten Schocks. Die Arbeit analysiert die Rolle verschiedener Akteure und die Gründe für das ausbleibende groß angelegte militärische Eingreifen.
- Die Reaktion des lateinischen Westens auf den Fall Konstantinopels
- Die Rolle Enea Silvio Piccolominis (Pius II.)
- Das Konzil von Ferrara-Florenz und seine Bedeutung
- Das Selbstverständnis des Patriarchats von Konstantinopel
- Die politische und religiöse Situation in Europa im 15. Jahrhundert
Zusammenfassung der Kapitel
Einleitung: Die Einleitung stellt die These von Johannes Helmrath in Frage, wonach der Fall Konstantinopels 1453 einen tiefen Schock im lateinischen Westen auslöste. Sie argumentiert, dass ein solcher Schock nicht nachweisbar ist und die Reaktion der europäischen Mächte eher von Eigeninteressen und internen Konflikten geprägt war. Die Schwäche des Kaisers Friedrich III., die Folgen des Hundertjährigen Krieges in Frankreich und England sowie die Rosenkriege in England werden als Gründe für das mangelnde Engagement angeführt. Lediglich Ladislaus von Ungarn sah sich unmittelbar bedroht. Die Einleitung führt somit zu den drei zentralen Themen der Arbeit: Enea Silvio Piccolomini, das Konzil von Ferrara-Florenz und das Patriarchat von Konstantinopel.
Enea Silvio Piccolomini: Dieses Kapitel beleuchtet das Leben und Wirken des Humanisten Enea Silvio Piccolomini, der später Papst Pius II. wurde. Es wird seine literarische Tätigkeit, sein Wandel vom Anhänger der konziliaren Idee zum Verfechter des päpstlichen Herrschaftsanspruches und seine Rolle bei den Versuchen, einen Kreuzzug gegen die Osmanen zu organisieren, beschrieben. Seine humanistische Bildung und sein Engagement für einen Kreuzzug nach dem Fall Konstantinopels werden hervorgehoben, ebenso seine Analyse der politischen und religiösen Situation Europas. Der Text veranschaulicht, wie Piccolomini die Schwäche des Papsttums und die mangelnde Einheit der europäischen Mächte wahrnahm und wie diese Wahrnehmung seine Handlungen und sein Denken prägte. Seine persönliche Betroffenheit und seine Versuche, einen Kreuzzug zu initiieren, werden im Kontext seiner politischen und religiösen Überzeugungen betrachtet.
Das Konzil von Ferrara-Florenz: Dieses Kapitel befasst sich mit dem Konzil von Ferrara-Florenz (1439) und seinen Auswirkungen auf die Reaktion des Westens auf den Fall Konstantinopels. Der Text analysiert die Rolle des Konzils in der politischen und religiösen Landschaft des 15. Jahrhunderts und bewertet dessen Einfluss auf die Beziehungen zwischen Rom und Konstantinopel. Es wird diskutiert, wie die Entscheidungen und Ergebnisse des Konzils die Handlungsfähigkeit des Papsttums im Kontext des Falles Konstantinopels beeinflusst haben. Der Text analysiert mögliche Gründe, warum das Konzil nicht zu einer stärkeren gemeinsamen Reaktion des Westens geführt hat. Das Kapitel verbindet die Ereignisse des Konzils mit der darauffolgenden Ohnmacht des Papsttums gegenüber dem osmanischen Vormarsch.
Das Patriarchat von Konstantinopel: Dieses Kapitel untersucht das Selbstverständnis des Patriarchats von Konstantinopel im Verhältnis zu Rom. Es analysiert die politischen und religiösen Spannungen zwischen beiden Institutionen und deren Bedeutung für die Reaktion auf den Fall Konstantinopels. Die Analyse konzentriert sich auf die Rolle des Patriarchats im Kontext des byzantinischen Reiches und dessen Zusammenbruch. Es wird erörtert, wie das Selbstverständnis des Patriarchats die strategischen Entscheidungen und das Handeln in der Krise beeinflusst hat. Der Text verknüpft die Geschichte des Patriarchats mit dem größeren Thema der politischen und religiösen Entwicklungen im späten Mittelalter.
Schlüsselwörter
Konstantinopel, Fall Konstantinopels 1453, Enea Silvio Piccolomini, Pius II., Konzil von Ferrara-Florenz, Patriarchat von Konstantinopel, Kreuzzug, Byzantinisches Reich, Osmanen, Lateinischer Westen, Papsttum, Politische Fragmentierung, Religiöse Krise.
Häufig gestellte Fragen (FAQ) zur Arbeit: Reaktion des lateinischen Westens auf den Fall Konstantinopels 1453
Was ist das Thema dieser Arbeit?
Diese Arbeit untersucht die Reaktion des lateinischen Westens auf den Fall Konstantinopels im Jahr 1453 und hinterfragt die These eines europaweiten Schocks. Sie analysiert die Rolle verschiedener Akteure und die Gründe für das ausbleibende groß angelegte militärische Eingreifen.
Welche zentralen Themen werden behandelt?
Die Arbeit konzentriert sich auf drei zentrale Themen: die Rolle Enea Silvio Piccolominis (später Papst Pius II.), das Konzil von Ferrara-Florenz und das Selbstverständnis des Patriarchats von Konstantinopel im Kontext des Falls Konstantinopels.
Welche These wird in der Einleitung aufgestellt?
Die Einleitung stellt die These von Johannes Helmrath in Frage, wonach der Fall Konstantinopels 1453 einen tiefen Schock im lateinischen Westen auslöste. Stattdessen argumentiert sie, dass die Reaktion der europäischen Mächte eher von Eigeninteressen und internen Konflikten geprägt war (Schwäche Friedrichs III., Hundertjähriger Krieg, Rosenkriege).
Welche Rolle spielte Enea Silvio Piccolomini?
Das Kapitel über Enea Silvio Piccolomini beleuchtet dessen Leben und Wirken als Humanist und späterer Papst Pius II. Es beschreibt seine literarische Tätigkeit, seinen politischen Wandel und seine Bemühungen um einen Kreuzzug gegen die Osmanen. Seine humanistische Bildung, seine Analyse der europäischen Situation und seine persönliche Betroffenheit werden hervorgehoben.
Welche Bedeutung hatte das Konzil von Ferrara-Florenz?
Das Kapitel zum Konzil von Ferrara-Florenz (1439) analysiert dessen Rolle in der politischen und religiösen Landschaft des 15. Jahrhunderts und dessen Einfluss auf die Beziehungen zwischen Rom und Konstantinopel. Es untersucht, wie die Entscheidungen des Konzils die Handlungsfähigkeit des Papsttums im Kontext des Falls Konstantinopels beeinflussten.
Welche Rolle spielte das Patriarchat von Konstantinopel?
Das Kapitel zum Patriarchat von Konstantinopel untersucht dessen Selbstverständnis im Verhältnis zu Rom und analysiert die politischen und religiösen Spannungen zwischen beiden Institutionen. Es konzentriert sich auf die Rolle des Patriarchats im Kontext des byzantinischen Reiches und dessen Zusammenbruch.
Welche Schlüsselwörter charakterisieren die Arbeit?
Schlüsselwörter sind: Konstantinopel, Fall Konstantinopels 1453, Enea Silvio Piccolomini, Pius II., Konzil von Ferrara-Florenz, Patriarchat von Konstantinopel, Kreuzzug, Byzantinisches Reich, Osmanen, Lateinischer Westen, Papsttum, Politische Fragmentierung, Religiöse Krise.
Gibt es eine Zusammenfassung der Kapitel?
Ja, die Arbeit bietet Kapitelzusammenfassungen, die die zentralen Argumente und Ergebnisse jedes Kapitels prägnant darstellen.
Für wen ist diese Arbeit gedacht?
Diese Arbeit ist für akademische Zwecke gedacht und dient der Analyse von Themen im Zusammenhang mit dem Fall Konstantinopels im 15. Jahrhundert.
- Arbeit zitieren
- Magister Artium Yves Dubitzky (Autor:in), 2000, Der Fall Kostantinopels 1453, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/81895