Das seltene Ereignis einer Jahrtausendwende, die strenggenommen erst 2001 eintritt, weckt in den Menschen unterschiedliche Erwartungen, entweder Endzeitstimmungen oder Hoffnung auf eine neue bzw. bessere Zeit. Während sich die Endzeitstimmung vorwiegend bei verschiedenen neueren Sekten findet, die mit der Jahrtausendwende das Ende der Zeit herannahen sehen, gibt es von alters her eine Hoffnung der Christenheit, die mit dem Namen Chiliasmus (griechisch) oder Millenarismus (lateinisch) bezeichnet wird. Die Leitidee des Chiliasmus ist, daß die Gerechten zusammen mit Christus auf einer erneuerten Erde herrschen werden. Die Chiliasten erwarteten ein tausendjähriges irdisches Messiasreich, das der eschatologischen Vollendung der Schöpfung und der Geschichte vorausgeht.
Aus der langen Geschichte christlicher chiliastischer Vorstellungen und Utopien soll in dieser Arbeit das Konzept der apokalyptischen Geschichtstheologie des Zisterzienserabtes Joachim von Fiore (um 1135 geboren in Celino Kalabrien und gestorben am 30.03.1202 in Canale bei Turin) dargestellt und erarbeitet werden. Apokalyptisch deshalb, weil Joachim auf der Grundlage der Offenbarung des Johannes eine umfassende Deutung und Gliederung der gesamten Geschichte der Menschheit (Heilsgeschichte) entwickelte. Nicht minder, weil er mit Hilfe von Bibelexegese die Ankunft eines neuen Zeitalters (irdisch und historisch) zu berechnen versuchte, daß sich wesentlich von der bisherigen Geschichte der Menschheit und Christenheit unterscheidet und bis zum Jüngsten Gericht andauert.
Im ersten Schritt wird es darum gehen, die Methodik seines Arbeitens herauszustellen: die exegetischen Voraussetzungen in der Theologie Joachims zu klären, sowie auf seine Zeitgliederungen (Schemata) und Zahlensymbolik einzugehen. Joachims Geschichtsentwurf beruht auf einem dreiteiligen Bild vom Gesamtverlauf der Geschichte, dieses Bild verbindet er mit der göttlichen Trinität. Im zweiten Schritt wird es zunächst darum gehen, auf das Schema von Reife und Blüte in den drei Weltzeiten einzugehen und dann den Verlauf des Überganges von der 2. zur 3. Weltzeit zu skizzieren. Danach kommt werde ich kurz auf die Struktur der Geist-Kirche eingehen.
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Inhaltsverzeichnis
- Einleitung
- 1. Joachims Verständnis von der Heiligen Schrift
- 2. Joachim von Fiores Zeitschemata
- 2.1. Die 7 Zeitalterlehre
- 2.2. Die drei Stadien der Weltgeschichte
- 3. Die Zahlensymbolik
- 4. Joachims Reife- und Blüteschema der drei Weltzeiten
- 5. Die Übergangszeit vom 2. zum 3. Status
- 6. Die „,ecclesia spiritualis“ im 3. Status
- 7. Literaturangaben
Zielsetzung und Themenschwerpunkte
Diese Arbeit befasst sich mit der apokalyptischen Geschichtstheologie des Zisterzienserabtes Joachim von Fiore. Ziel ist es, sein Konzept einer dreiteiligen Gliederung der Menschheitsgeschichte (Heilsgeschichte) auf der Grundlage der Offenbarung des Johannes darzustellen und zu erarbeiten. Joachim berechnete mithilfe der Bibelexegese die Ankunft eines neuen Zeitalters, das sich deutlich von der bisherigen Geschichte unterscheidet und bis zum Jüngsten Gericht andauert.
- Die exegetischen Voraussetzungen in Joachims Theologie
- Die Zeitschemata und die Zahlensymbolik bei Joachim von Fiore
- Das Schema von Reife und Blüte in den drei Weltzeiten
- Der Verlauf des Überganges von der 2. zur 3. Weltzeit
- Die Struktur der „ecclesia spiritualis“
Zusammenfassung der Kapitel
- Einleitung: Die Arbeit stellt das Konzept der apokalyptischen Geschichtstheologie von Joachim von Fiore vor und erläutert seine Bedeutung im Kontext der chiliastischen Vorstellungen der Christenheit.
- 1. Joachims Verständnis von der Heiligen Schrift: Dieses Kapitel beleuchtet die exegetischen Grundlagen von Joachims Theologie, insbesondere seine Verwendung der Typologie und des „intellectus spiritualis“, welche er durch eine Vision erlangte.
- 2. Joachim von Fiores Zeitschemata: Dieses Kapitel untersucht Joachims Zeitschemata, einschließlich der 7 Zeitalterlehre und der drei Stadien der Weltgeschichte. Es beleuchtet seine These von der progressiven Entwicklung der Heilsgeschichte.
- 3. Die Zahlensymbolik: Dieses Kapitel untersucht die Bedeutung der Zahlensymbolik in Joachims Werk, die er zur Deutung der Geschichte und der Offenbarung einsetzt.
- 4. Joachims Reife- und Blüteschema der drei Weltzeiten: Dieses Kapitel analysiert Joachims Schema von Reife und Blüte, das er auf die drei Weltzeiten anwendet, und erörtert die Übergänge zwischen diesen Stadien.
- 5. Die Übergangszeit vom 2. zum 3. Status: Dieses Kapitel befasst sich mit der Übergangszeit zwischen der zweiten und dritten Weltzeit und den Herausforderungen und Veränderungen, die sie mit sich bringt.
- 6. Die „ecclesia spiritualis“ im 3. Status: Dieses Kapitel beschreibt die Merkmale der „ecclesia spiritualis“, der spirituellen Kirche, die im dritten Stadium der Geschichte entsteht.
Schlüsselwörter
Joachim von Fiore, Apokalypse, Heilsgeschichte, Geschichtstheologie, Chiliasmus, Millenarismus, intellectus spiritualis, Typologie, Zeitschemata, drei Stadien der Weltgeschichte, ecclesia spiritualis, Offenbarung des Johannes
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- Thorsten Hübner (Author), 2000, Die Aktualisierung des apokalyptischen Denkens: Joachim von Fiore: Die drei Stadien der Heilsgeschichte, Munich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/8196