Wir leben heute in einer Welt der Vielfalt, die einerseits geprägt ist von Globalisierung und Multikulturalität und andererseits von einer Individualisierung der Lebensentwürfe, Wünsche und Hoffnungen. Kinder erfahren schon frühzeitig, dass ihre Art zu wohnen, zu essen, sich zu kleiden oder zu feiern nicht die einzige Möglichkeit ist, ein erfülltes Leben zu haben. Sie treffen auf fremde Kulturen oder ungewohnte Sitten und Gebräuche, die für sie nicht immer nachvollziehbar und akzeptabel sind, da sie nicht ihren Normen und Einstellungen entsprechen oder so fremd sind, dass sie abstoßend wirken.
Diese Vielfalt kann Kinder, aber auch viele Erwachsene, überfordern, denn eigene Werte, Normen und Vertrautes werden dadurch in Frage gestellt und relativiert. Um die Sicherheit von Normen und Werten und dadurch die Orientierung nicht zu verlieren, reagieren viele Kinder wie auch Erwachsene auf solche Verunsicherungen mit stereotypen Abwehrmechanismen. Im besten Falle werden die Unterschiede ignoriert, im schlimmsten Falle werden Menschen, die nicht der eigenen Gruppennorm entsprechen, ausgeschlossen, gehänselt, beleidigt oder sogar mit körperlicher Gewalt bekämpft.
Intolerantes Verhalten ist kein Phänomen einer benachteiligten Randgruppe, sondern betrifft alle Schichten. Kinder, die unsportlich sind, werden von den anderen ausgelacht. Überdurchschnittlich leistungsstarke Schüler werden an weiterführenden Schulen als Streber verachtet. Wer nicht der Norm entspricht, kann schnell untergehen. Doch was ist die Norm in einer Welt der Vielfalt? Gibt es überhaupt noch eine übergreifende Norm? Muss es diese Norm überhaupt geben? Ist es nicht viel wichtiger, dass sich die Menschen trotz ihrer Unterschiede verständigen können bzw. wollen und lernen miteinander zu leben, um Konflikte zwischen ihnen zu bewältigen und den gesellschaftlichen Zusammenhalt zu sichern? Dazu bedarf es eines großen Maßes an Toleranz. Nur wer gelernt hat, Heterogenität nicht als Bedrohung, sondern als Chance für die Vielfalt von Ideen und Kultur zu sehen, wird sich in Zukunft selbstsicher im Leben behaupten können. Toleranz ist daher eine intellektuelle, kommunikative und soziale Schlüsselkompetenz, die benötigt wird, um sich als Individuum zu behaupten und aktiv am Leben in einer demokratischen Gesellschaft und im Arbeitsleben teilnehmen zu können. Welchen Beitrag die Grundschule dazu leisten kann, soll in dieser Arbeit ebenso thematisiert werden wie die Grenzen der Toleranzvermittlung in der Schu
Inhaltsverzeichnis
- Leben in einer Welt der Vielfalt
- Bedeutung von Toleranz für das Leben in einer Welt der Vielfalt
- Anliegen und Ziel dieser Arbeit
- Toleranzkonzepte
- Zur Geschichte der Toleranz
- Toleranzkonzepte in der Philosophie
- Toleranzkonzepte in der Pädagogik
- Toleranzkonzepte in der Psychologie und der Vorurteilsforschung
- Toleranz - Kindern erklärt
- Toleranzvorstellungen von Grundschulkindern - eine Fragebogenerhebung und Interviews in den Klassenstufen 4-6
- Voraussetzungen, Chancen und Grenzen der Toleranzerziehung in der Grundschule
- Psychologische, soziale, ökonomische und gesellschaftliche Voraussetzungen für Toleranz und Toleranzlernen
- Nutzen und Risiken von Toleranz für Grundschulkinder
- Chancen für die Toleranzerziehung in der Grundschule
- Grenzen der Toleranzerziehung in der Grundschule
- Toleranzerziehung als Aufgabe der Grundschule
- Strategien der Toleranzvermittlung
- Soziale Erziehung – Toleranz als Resultat sozialen Lernens
- Interkulturelle Erziehung – Toleranz als Schlüsselkompetenz in einer multikulturellen Gesellschaft
- Moralische Erziehung - Toleranz als moralisch-kognitive Kompetenz
- Methoden der Toleranzerziehung
- Toleranzerziehung in der grundschulpädagogischen Praxis
- Toleranzerziehung als Thema in den Rahmenlehrplänen der Grundschule
- Praxisorientierte Unterrichtsmaterialien zur Toleranzerziehung im Vergleich
- Karina und Romana Merks: Toll, toller, tolerant
- Bertelsmann Stiftung: Eine Welt der Vielfalt
- Ute Behr/Christa Franz: Werte vermitteln mit Nele und Tom
- Orientierungshilfen zur Förderung der Toleranzkompetenz in der Grundschule – Ein Resümee
Zielsetzung und Themenschwerpunkte
Diese Arbeit untersucht die Bedeutung von Toleranzerziehung in der Grundschule im Kontext einer multikulturellen Gesellschaft. Sie beleuchtet verschiedene Toleranzkonzepte, analysiert Voraussetzungen und Grenzen der Toleranzvermittlung im schulischen Umfeld und präsentiert praxisorientierte Ansätze.
- Definition und Entwicklung des Toleranzbegriffes
- Psychologische und gesellschaftliche Aspekte von Toleranz und Intoleranz
- Konzepte und Strategien der Toleranzerziehung in der Grundschule
- Analyse von Unterrichtsmaterialien zur Toleranzerziehung
- Chancen und Herausforderungen der Toleranzförderung in der Grundschule
Zusammenfassung der Kapitel
Leben in einer Welt der Vielfalt: Dieses Kapitel führt in das Thema ein und betont die Bedeutung von Toleranz angesichts der zunehmenden Globalisierung und Multikulturalität. Es zeigt, wie frühzeitig Kinder mit Diversität konfrontiert werden und wie wichtig es ist, Toleranz als Schlüsselkompetenz zu fördern, um ein friedliches Zusammenleben zu gewährleisten. Der Text illustriert dies am Beispiel von Kindern, die mit Abweichungen von ihren gewohnten Normen und Erwartungen umgehen müssen und wie wichtig es ist, dass Kinder lernen, Heterogenität nicht als Bedrohung, sondern als Chance zu sehen.
Toleranzkonzepte: Dieses Kapitel bietet einen Überblick über verschiedene theoretische Ansätze zum Thema Toleranz. Es umfasst einen historischen Abriss, philosophische, pädagogische und psychologische Perspektiven. Der Abschnitt "Toleranz - Kindern erklärt" und die anschließende Erhebung der Toleranzvorstellungen von Grundschulkindern stellen einen wichtigen Bezug zur Praxis her, indem sie zeigen, wie Kinder das Konzept der Toleranz verstehen und erleben.
Voraussetzungen, Chancen und Grenzen der Toleranzerziehung in der Grundschule: Dieses Kapitel befasst sich mit den Rahmenbedingungen für erfolgreiche Toleranzerziehung in der Grundschule. Es werden psychologische, soziale, ökonomische und gesellschaftliche Faktoren untersucht, die Toleranzlernen beeinflussen. Sowohl Chancen als auch Grenzen der Toleranzvermittlung werden beleuchtet, um ein realistisches Bild der Möglichkeiten und Herausforderungen zu zeichnen.
Toleranzerziehung als Aufgabe der Grundschule: Hier werden verschiedene Strategien und Methoden der Toleranzvermittlung in der Grundschule vorgestellt. Die Kapitel betrachten soziale, interkulturelle und moralische Erziehung als wichtige Bausteine. Es werden konkrete Methoden diskutiert, die Lehrer*innen in der Praxis einsetzen können, um Toleranz zu fördern.
Toleranzerziehung in der grundschulpädagogischen Praxis: In diesem Kapitel wird die Umsetzung von Toleranzerziehung in der Praxis analysiert. Es wird der Einfluss von Rahmenlehrplänen untersucht und verschiedene praxisorientierte Unterrichtsmaterialien im Detail verglichen, um deren Stärken und Schwächen zu beleuchten. Die ausgewählten Materialien bieten einen konkreten Einblick in die didaktische Umsetzung des Themas.
Orientierungshilfen zur Förderung der Toleranzkompetenz in der Grundschule – Ein Resümee: Dieses Kapitel fasst die wichtigsten Erkenntnisse der Arbeit zusammen und bietet Orientierungshilfen für die Praxis. Es zieht die Fäden der vorherigen Kapitel zusammen und gibt einen Ausblick auf weitere Forschungsfragen und Handlungsfelder.
Schlüsselwörter
Toleranz, Toleranzerziehung, Grundschule, Multikulturalität, Interkulturelle Erziehung, Soziale Erziehung, Moralische Erziehung, Diversität, Vorurteile, Integration, Unterrichtsmaterialien, Rahmenlehrplan.
Häufig gestellte Fragen (FAQs) zu: Toleranzerziehung in der Grundschule
Was ist der Gegenstand dieser Arbeit?
Diese Arbeit untersucht die Bedeutung von Toleranzerziehung in der Grundschule im Kontext einer multikulturellen Gesellschaft. Sie beleuchtet verschiedene Toleranzkonzepte, analysiert Voraussetzungen und Grenzen der Toleranzvermittlung im schulischen Umfeld und präsentiert praxisorientierte Ansätze zur Förderung von Toleranzkompetenz bei Grundschulkindern.
Welche Themen werden in der Arbeit behandelt?
Die Arbeit umfasst ein breites Spektrum an Themen, darunter die Definition und Entwicklung des Toleranzbegriffs, psychologische und gesellschaftliche Aspekte von Toleranz und Intoleranz, Konzepte und Strategien der Toleranzerziehung in der Grundschule, die Analyse von Unterrichtsmaterialien und die Chancen und Herausforderungen der Toleranzförderung in der Grundschule. Es werden verschiedene Perspektiven einbezogen, darunter philosophische, pädagogische und psychologische Ansätze. Die Arbeit beinhaltet auch eine empirische Untersuchung der Toleranzvorstellungen von Grundschulkindern.
Welche Kapitel umfasst die Arbeit?
Die Arbeit gliedert sich in folgende Kapitel: Leben in einer Welt der Vielfalt; Toleranzkonzepte; Voraussetzungen, Chancen und Grenzen der Toleranzerziehung in der Grundschule; Toleranzerziehung als Aufgabe der Grundschule; Toleranzerziehung in der grundschulpädagogischen Praxis; und Orientierungshilfen zur Förderung der Toleranzkompetenz in der Grundschule – Ein Resümee. Jedes Kapitel befasst sich mit einem spezifischen Aspekt der Toleranzerziehung, beginnend mit der Einführung des Themas und endend mit einer Zusammenfassung der wichtigsten Erkenntnisse und Handlungsempfehlungen.
Welche konkreten Beispiele oder Unterrichtsmaterialien werden vorgestellt?
Die Arbeit analysiert verschiedene praxisorientierte Unterrichtsmaterialien zur Toleranzerziehung, darunter "Toll, toller, tolerant" von Karina und Romana Merks, "Eine Welt der Vielfalt" der Bertelsmann Stiftung und "Werte vermitteln mit Nele und Tom" von Ute Behr/Christa Franz. Diese Materialien werden im Detail verglichen, um deren Stärken und Schwächen im Hinblick auf die Vermittlung von Toleranz zu beleuchten.
Welche Zielgruppe spricht die Arbeit an?
Die Arbeit richtet sich in erster Linie an Lehrkräfte der Grundschule, Schul- und Pädagoginnen und Pädagogen, sowie an alle, die sich mit der Thematik der Toleranzerziehung und der Förderung von interkultureller Kompetenz auseinandersetzen. Die Ergebnisse können auch für die Gestaltung von Weiterbildungsmaßnahmen und für die Entwicklung von geeigneten Unterrichtsmaterialien genutzt werden.
Welche Schlüsselwörter charakterisieren die Arbeit?
Schlüsselwörter sind: Toleranz, Toleranzerziehung, Grundschule, Multikulturalität, Interkulturelle Erziehung, Soziale Erziehung, Moralische Erziehung, Diversität, Vorurteile, Integration, Unterrichtsmaterialien, Rahmenlehrplan.
Welche Schlussfolgerungen zieht die Arbeit?
Die Arbeit fasst die wichtigsten Erkenntnisse zusammen und bietet Orientierungshilfen für die Praxis der Toleranzerziehung in der Grundschule. Sie betont die Bedeutung von frühzeitiger und umfassender Toleranzerziehung in einer zunehmend multikulturellen Gesellschaft und zeigt Möglichkeiten und Grenzen der Toleranzvermittlung im schulischen Kontext auf.
- Quote paper
- Katja Sass (Author), 2004, Erziehung zur Toleranz in einer Welt der Vielfalt, Munich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/82957