Die doppelsinnige Welt in E.T.A. Hoffmanns Märchen „Der goldene Topf“


Hausarbeit, 2006

15 Seiten, Note: 1,7


Leseprobe


Inhaltsverzeichnis

1 Einleitung

2 Die märchenhaften Attribute
2.1 Erzählperspektive- und struktur
2.2 Ironie

3 Die Symbolik
3.1 Das Spiegelmotiv
3.2 Der goldene Topf

4 Die zweideutige Märchenwelt
4.1 Die Realität
4.2 Das Wunderbare
4.3 Die Verbindung von Realität und Wunderbarem

5 Resümee

6 Literatur- und Quellenverzeichnis

1 Einleitung

Er wurde seit dem Anbruch des Realismus geradezu als etwas Fremdartiges, Absonderliches empfunden. Gerade er hat aber die europäische Dichtung nachhaltig beeinflusst. Der Literat E.T.A. Hoffmann (1776-1822) gilt als ein vorzüglicher Repräsentant deutscher Dichtung, der durch seine Werke zu einer entfernten historischen Figur geworden ist.[1]

„Der goldene Topf“ mit dem Untertitel „Ein Märchen aus der neuen Zeit“ entstand 1813 und ist das bedeutendste Stück aus Hoffmanns Sammlung „Die Fantasiestücke in Collot`s Manier“, sowie eines seiner wichtigsten Werke. Eine der wichtigsten Facetten dieses Märchens ist die Darstellung der doppelsinnigen Welt durch die Verbindung von Wunderbarem und Realem. Dies gelingt Hoffmann in der Tat sehr gut und es ist interessant zu analysieren, wie sich die verschiedenen Welten im Märchen herauskristallisieren und anhand von Textstellen belegen lassen.

Aus diesem Grund liegt der Schwerpunkt dieser Hausarbeit auf der Frage, wie Hoffmann den Leser in die doppelsinnige Welt des goldenen Topfes einbindet?

Nach einer kurzen Analyse der Erzählstruktur- bzw. Perspektive wird der für Hoffmann typische Aspekt der Ironie erwähnt, mit der er den Leser in die zweideutige Märchenwelt einbindet. Ebenso werden wichtige bedeutungstragende Symbole, wie z.B. das Spiegelmotiv analysiert, da sie sich ebenfalls sehr gut in den Kontext der doppelsinnigen Welt integrieren lassen. Zum Schluss wird dann die reale- und wunderbare Welt, ebenso wie die Verbindung beider beschrieben und anhand von Textstellen belegt.

Die Novelle handelt vom Studenten Anselmus, der zwischen zwei Welten voller Phantasie und Einfällen steht: der bürgerlichen, philisterhaften auf der einen Seite und dem Reich der Poesie, der phantastischen Welt auf der anderen. Hin und Her gerissen zwischen Realität und Phantasie lebt der Protagonist in Dresden, wo er sich in Serpentina, die Tochter des Archivars Lindhorst, verliebt. Serpentina erklärt ihm, dass Lindhorst, mit einem Fluch behaftet, solange eine Doppelexistenz als Salamander führen wird, bis seine Töchter verheiratet sind. Ein Apfelweib erscheint, raubt den goldenen Topf und versucht zu verhindern, dass Anselmus zunehmend mit dem Reich des Phantastischen in Berührung kommt.

Sie macht ihm glauben, dass er Veronika liebt und versetzt ihn zurück in die Welt der bürgerlichen Sphäre. Schließlich überwältigt Lindhorst das Apfelweib und das Liebespaar Anselmus und Serpentina kann endlich, gut beschützt vom goldenen Topf, in Atlantis, zur Ruhe kommen.

Im Mittelpunkt des Märchens steht somit der Konflikt zwischen den beiden Welten, der als Kampf um den Stundenten Anselmus dargestellt wird.[2]

Hoffmanns erzähltechnisches Vexierspiel verstrickt den Leser derart, dass er nicht mehr zu sagen vermag, wo die vertraute Erfahrungsrealität aufhört und das Wunderbare beginnt. Nur die Illusion eines topographischen nachgewiesenen Raums ist die Basis, von der er seine Märchenhelden- und mit ihnen den Leser- schrittweise aus der exakt benannten Wirklichkeit in eine phantastische Gegenwirklichkeit entführt.[3]

2 Die märchenhaften Attribute

2.1 Erzählperspektive- und struktur

Das Märchen ist in zwölf Vigilien (lat. Nachtwachen) aufgeteilt und unterscheidet sich deutlich von traditionellen Märchen der Gebrüder Grimm. Es beginnt nicht mit den üblichen Worten „Vor langer Zeit bzw. Es war einmal“, sondern mit einer klaren realen Zeit- und Ortsangabe. „Am Himmelfahrtstag, nachmittags um drei Uhr rannte ein junger Mensch in Dresden (…)“.[4]

Ein klarer Unterschied zum Volksmärchen wird auch in der Gestaltung des Helden deutlich. So sind im Volksmärchen die Handlungen des Helden, aufgrund seines unveränderlichen Charakters vorherbestimmt. Bei Hoffmann hingegen unterläuft der Held Anselmus, einem steten Entwicklungsprozess, bei dem der Leser sein Ziel nicht direkt erkennen kann. Ebenso muss der Märchenheld nicht wie sonst üblich selbst um seine angetraute Frau kämpfen. In dieser Novelle steht er zwischen zwei Frauen (Serpentina und Veronika), die sich ihm regelrecht aufdrängen und ihn umwerben.

Komprimierte Inhaltsangaben am Anfang der Vigilien verleihen dem Märchen unter anderem einen auktorialen Erzählcharakter, wobei vom Autor angenommen werden darf, dass er weiß, was mit seinen Charakteren geschehen wird. Der Erzähler mischt sich oft in das Märchen ein und kommuniziert direkt mit dem Leser. So wird er z.B. in der 12. Vigilie direkt angesprochne. „Aber vergebens bleibt alles Streben, dir, günstiger Leser (...)“.[5]

Die Verbindung der gegensätzlichen Welten gelingt dem auktorialen Erzähler dadurch, dass er ironisch wird. Durch die persönliche Anrede an den Leser durchbricht der fiktive Erzähler die Grenzen des fiktiven Märchens, um dessen Phantasie immer stärker in die Geschichte einzubeziehen. „Ich wollte, dass du, günstiger Leser! am dreiundzwanzigsten September auf der Reise nach Dresden begriffen wärest (…)“.[6]

Er verwendet oft den Konjunktiv des Wunsches und setzt dann eine lange Geschichte im Präteritum, der typischen Erzählzeit fort. Der Leser des Textes, der somit nach und nach immer tiefer in die Geschichte verstrickt wird, wird zunehmend Teil des Märchens, ähnlich der Studenten Anselmus, der eintaucht in eine Welt, die er anfangs nur kopiert. Durch das raffinierte Überspringen der Erzähler-Leser Grenze wird das prinzipielle Interesse an der Geschichte geweckt.

In keinem anderen Kunstmärchen wird der Leser ähnlich intensiv an der Herstellung der erzählten Welt beteiligt wie im „Goldenen Topf“. Der in Ich-Form redende Autor greift mehrmals direkt in den Erzählvorgang ein und fordert den Rezipienten auf, diesen oder jenen wichtigen Bestandteil durch eigene Phantasieanstrengungen zu ergänzen. Dies wird besonders in der 4. Vigilie deutlich: „Wohl darf ich geradezu dich selbst guter Leser fragen, ob du in deinem Leben(…)“.[7]

Am Ende ändert Hoffmann den Erzählmodus und der reine Ich- Erzähler schließt die letzte Vigilie ab.

[...]


[1] Martini, Fritz: Die Märchendichtung E.T.A. Hoffmanns. In: E.T.A. Hoffmann, hg. von Helmut Prang, Darmstadt 1976, S. 158.

[2] Steinecke, Hartmut: E.T.A. Hoffmann. Fantasiestücke in Callot`s Manier, Werke 1814. In: E.T.A. Hoffmann, Sämtliche Werke Bd. 2/1, hg. von Hartmut Steinecke et. al. Frankfurt am Main 1993. S. 766.

[3] Wührl, Paul-Wolfgang: Erläuterungen und Dokumente. E.T.A. Hoffmann: Der goldene Topf. Stuttgart 1982, 2004. S. 58.

[4] Hoffmann, E.T.A.: Der goldene Topf. Ein Märchen aus der neuen zeit. Reclam UB 101. S. 5.

[5] Vgl. ebd. Hoffmann, E.T.A, S. 96.

[6] Vgl. ebd. Hoffmann, E.T.A, S. 57.

[7] Vgl. ebd. Hoffmann, E.T.A., S. 28.

Ende der Leseprobe aus 15 Seiten

Details

Titel
Die doppelsinnige Welt in E.T.A. Hoffmanns Märchen „Der goldene Topf“
Hochschule
Ruhr-Universität Bochum  (Germanistisches Institut)
Veranstaltung
E.T.A. Hoffmann
Note
1,7
Autor
Jahr
2006
Seiten
15
Katalognummer
V83808
ISBN (eBook)
9783638001137
ISBN (Buch)
9783638910712
Dateigröße
484 KB
Sprache
Deutsch
Schlagworte
Welt, Hoffmanns, Märchen, Topf“, Hoffmann
Arbeit zitieren
Hanna Cieslak (Autor:in), 2006, Die doppelsinnige Welt in E.T.A. Hoffmanns Märchen „Der goldene Topf“, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/83808

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