„Die ‚Aufklärung’, welche die Freiheiten entdeckt hat, hat auch die Disziplinen erfunden.“ Dieser Satz Foucaults zeigt eine immer wieder übersehene enorme Widersprüchlichkeit der Moderne auf: Sowohl die Selbstverwirklichung als auch die Disziplinierung und Beherrschung des Individuums erhalten neue, ungeahnte Möglichkeiten.
In der vorliegende Arbeit möchte ich versuchen, die Wirkungsweise der gesellschaftlichen Disziplinierung etwas genauer zu betrachten. Die Methoden dieses Prozesses werden dabei anhand einiger ausgewählter Beispiele verdeutlicht. Daran anschließen soll eine kurze Skizze der Möglichkeiten, ob und wie dem etwas entgegengesetzt werden könnte, um die Autonomie des Einzelnen zu stärken. Und damit eine Gesellschaft zu ermöglichen, die das große Versprechen der Emanzipation auch einzulösen im Stande ist – als „eine Assoziation, worin die freie Entwicklung eines jeden die Bedingung für die freie Entwicklung aller ist.“
Es mag vielleicht etwas verwundern, wie viele unterschiedliche Bereiche des gesellschaftlichen Lebens hier behandelt werden. Und daran könnte sich der Vorwurf knüpfen, daß detaillierte Einzelstudien einer Gesamtdarstellung, die notwendig vielfach skizzenhaft bleiben muß, vorzuziehen seien. Allerdings entspricht das nicht meinem Verständnis von Philosophie als einer Wissenschaft, die gerade über isoliertes Fachwissen hinausgehen muß, um allgemeinere Tendenzen aufzeigen zu können. Ob mir dies gelungen ist, möge der Leser selbst beurteilen. Im einzelnen wird es um den Staat, die Arbeit bzw. die ökonomische Sphäre, die Erziehung und, als aktuelles Beispiel, um das Internet gehen. Ich hoffe, mit dieser Auswahl einen mehr oder weniger repräsentativen Querschnitt der Gesellschaft zu liefern. Andere, durchaus ebenfalls spannende Bereiche können leider gar nicht oder nur ganz am Rande behandelt werden: die Behandlung von Kranken, das Konsumverhalten oder das kulturelle Leben.
Inhaltsverzeichnis
- Einleitung.
- Definition der verwendeten Begriffe.
- Ausgewählte Bereiche der Disziplinierung
- Der Staat.
- Die Arbeit.
- Die Erziehung.
- Das Internet
- Alternativen zur Disziplinierung
- Fazit
Zielsetzung und Themenschwerpunkte
Diese Arbeit befasst sich mit der Wirkungsweise der gesellschaftlichen Disziplinierung und untersucht, wie sie sich in ausgewählten Bereichen des gesellschaftlichen Lebens manifestiert. Dabei wird die Anwendung der Disziplinierungsmethoden an konkreten Beispielen verdeutlicht. Anschließend werden Möglichkeiten einer Stärkung der individuellen Autonomie und einer Gesellschaft skizziert, die das Versprechen der Emanzipation einlösen kann.
- Die Rolle des Staates bei der Herausbildung der Disziplinargesellschaft.
- Die Methoden der Disziplinierung, insbesondere Normierung, Überwachung, Registrierung und Bestrafung.
- Die Bedeutung des panoptischen Modells als exemplarische Form der Überwachung.
- Die Verinnerlichung der Disziplin als Mittel der Selbstkontrolle.
- Möglichkeiten, der Disziplinierung entgegenzuwirken und individuelle Autonomie zu stärken.
Zusammenfassung der Kapitel
Die Einleitung stellt die zentrale These dar, dass die Moderne sowohl Selbstverwirklichung als auch Disziplinierung und Beherrschung des Individuums ermöglicht. Die Arbeit untersucht anhand ausgewählter Beispiele, wie diese Disziplinierung funktioniert.
Kapitel 2 beleuchtet die doppelte Bedeutung des Begriffs "Disciplina" und erklärt, wie Disziplin als ein weites Spektrum von Methoden und Instrumenten verwendet wird, um die Glieder einer Institution bestimmten Regeln zu unterwerfen.
Kapitel 3.1 fokussiert auf die Rolle des Staates bei der Herausbildung der Disziplinargesellschaft. Anhand des modernen Gefängnisses als Elementarform der Disziplinargesellschaft werden die Methoden der Normierung, Überwachung, Registrierung und Bestrafung erläutert.
Schlüsselwörter
Disziplinargesellschaft, Disziplinierung, Staat, Arbeit, Erziehung, Internet, Panoptikum, Überwachung, Normierung, Selbstkontrolle, Autonomie, Emanzipation.
- Arbeit zitieren
- Axel Weipert (Autor:in), 2006, Die Disziplinierung der Gesellschaft, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/84676