Es war wohl ein sehr umstrittenes Projekt, doch seine Befürworter konnten sich gegen alle Widerstände durchsetzen und bauten den Zweiten Tempel von Jerusalem, mit dessen Vollendung 515 v. Chr. die zweite große Periode der antiken Geschichte Israels als „Zeit des Zweiten Tempels“ begann1, die erst im Jahre 70 mit der Zerstörung des durch Herodes umfassend erweiterten Tempelareals, auch Dritter oder Herodianischer Tempel genannt, endete. In einer Zeit, da das Volk nicht mehr zusammen im Lande lebt, sondern die Diaspora in der bekannten Welt beginnt, bildet er den Orientierungspunkt der zerstreuten Gemeinde Israel. Zahlreiche Texte des Alten Testaments drücken diese Bedeutung aus, wie zum Beispiel die Wallfahrtspsalmen (Ps 120-134). Bis in die Zeit des Neuen Testaments bleibt er der religiöse Mittelpunkt und Wallfahrtsort der zerstreuten jüdischen Gemeinde. Im Gegensatz zum salomonischen Tempel, der wie eine Art „Hauskirche“ der israelischen und später judäischen Könige war, die diesen verwalteten und den Kult bestimmten2, wurde der Zweite Tempel von Jerusalem zum Mittelpunkt der sich nun bildenden Gemeinde. Man kann wohl mit Recht sagen, dass Haggai, von dem uns so wenig überliefert wird, entscheidend für die Aufnahme der Baumaßnahmen gewirkt hat. Seine wenigen Worte hatten eine ungeheure Durchschlagskraft, die eine schwache Volksgruppe und deren politischen Anführer zu diesem, in ihrer wirtschaftlich schweren Zeit, großen Projekt motivierte. Exegetisch näher betrachtet wird dabei Hag 1,1-15a, da in diesem Abschnitt besonders gut die Intention des Propheten sichtbar wird. Des weiteren soll aber auch das ganze Buch Haggai in den Blick genommen werden, da manche Besonderheiten dieses Propheten und seiner Botschaft nur so richtig beleuchtet werden können. Leitende Fragen sind dabei: Welche Rolle hat der Tempel? Wer ist Haggai? Was will er? Welches Ziel verfolgt er? Welche Bedeutung hat der Bau des Jerusalemer Tempels für ihn? Welche Rolle hat das Volk und welche hat JHWH? Besteht ein Zusammenhang zwischen Tempel, Volk und JHWH? Exkurse zum Deuteronomium, zu Ezechiel 10f. und 43 sowie zu Jesaja 66,1f. werden zum einen ähnliche, zum anderen divergierende Meinungen zu Haggai aufzeigen, aber auch die Besonderheit der Botschaft, des Anliegens und der Durchschlagskraft des „kleinen“ Propheten herausstellen.
Inhaltsverzeichnis
- Einleitung
- 1. Ausgangssituation
- 2. Analyse zu Haggai
- 2.1. Einleitungsfragen
- 2.2. Übersetzung und Textkritik zu Haggai 1,1-15a
- 2.3. Beobachtungen
- 2.3.1. Kurze Betrachtung zur Redaktion
- 2.4. Einzelbetrachtungen
- 2.4.1. Haggais Ansprechpartner
- 2.4.2. Haggais Volk und seine Situation
- 2.4.3. Haggais Interesse an Serubbabel für den Tempelbau
- 2.4.4. Haggais Motiv und Begründung für den Bau
- 3. Der Zusammenhang Gott – Volk – Tempel bei Haggai
- Exkurs I: Die Stätte, die der Herr, euer Gott, erwählen wird, seinen Namen dort wohnen zu lassen (Dtn)
- Exkurs II: Ez 10,18f; 11,22f und 43,1-4
- Exkurs III: Jesaja 66,1f
- 4. Zusammenfassung
- Literaturverzeichnis
Zielsetzung und Themenschwerpunkte
Die Arbeit befasst sich mit dem Tempelbaukonzept des Propheten Haggai, insbesondere mit der Analyse des Zusammenhangs zwischen Gott, Volk und Tempel im Buch Haggai. Die Arbeit befasst sich mit den Hintergründen und der Motivation des Propheten, mit den Herausforderungen des Tempelbaus in einer Zeit der wirtschaftlichen Not und mit der Bedeutung des Tempels für das zerstreute Volk Israel.
- Der Tempelbau im Kontext des Exils und der Rückkehr nach Judäa
- Haggais Rolle als Prophet und seine Botschaft zur Wiedererrichtung des Tempels
- Die Bedeutung des Tempels als Symbol der göttlichen Gegenwart und der Einheit des Volkes
- Die politische und soziale Situation Judas nach der Rückkehr aus dem Exil
- Der Zusammenhang zwischen Tempel, Volk und JHWH in der Prophetenrede Haggais
Zusammenfassung der Kapitel
- Einleitung: Diese Einleitung stellt den historischen Kontext des Tempelbaus in Jerusalem dar, schildert die Bedeutung des Tempels für das Volk Israel und definiert den Fokus der Arbeit auf das Buch Haggai.
- 1. Ausgangssituation: Dieses Kapitel beschreibt die politische und soziale Situation Judas nach der Rückkehr aus dem babylonischen Exil. Es werden die wirtschaftlichen Herausforderungen und die Spannungen zwischen den Rückkehrer*innen und den Zurückgebliebenen beleuchtet. Die Rolle der persischen Herrscher in Bezug auf den Tempelbau wird beleuchtet.
- 2. Analyse zu Haggai: Dieses Kapitel untersucht Haggais Botschaften, insbesondere den Text in Haggai 1,1-15a. Es werden die Intention des Propheten, seine Rolle im Tempelbau und seine Ansprache an das Volk analysiert. Die Bedeutung des Tempels als Ort der göttlichen Gegenwart wird beleuchtet.
- 3. Der Zusammenhang Gott – Volk – Tempel bei Haggai: Dieses Kapitel untersucht die Beziehung zwischen Gott, Volk und Tempel in Haggais Aussagen. Es werden Exkurse zu anderen biblischen Texten einbezogen, um die Bedeutung des Tempels in verschiedenen Kontexten zu beleuchten. Das Kapitel analysiert, wie der Tempel für Haggai als Ausdruck der göttlichen Gegenwart und der Einheit des Volkes fungiert.
Schlüsselwörter
Die Arbeit befasst sich mit den zentralen Begriffen Tempelbau, Exil, Rückkehr, Prophet, Haggai, JHWH, Gott, Volk, Tempel, Einheit, Geschichte Israels, Zerstreuung, Zweiter Tempel, Kult, Jerusalem, babylonisches Exil, persische Herrschaft, soziale Situation, wirtschaftliche Situation.
- Arbeit zitieren
- Michael Schuft (Autor:in), 2007, Das Tempelbaukonzept des Propheten Haggai, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/85067