Die Herrschaft der Barkiden in Spanien

Hamilkar, Hasdrubal und Hannibal in Iberien


Hausarbeit (Hauptseminar), 2004

19 Seiten, Note: 2,0


Leseprobe


Inhaltsverzeichnis:

Die Herrschaft der Barkiden in Spanien

1. Spanien vor den Barkiden

2. Der Übergang des Hamilkar Barkas nach Spanien
2.1 Hamilkar in Spanien – 237 bis 229/228 v. Chr
2.2 Hamilkars Verindungen nach Karthago
2.3 Etablierung von Herrschaft: Leuke Akra

3. Hasdrubal wird Nachfolger
3.1. Expansion und Herrschaftssicherung
3.2. Eine neue Stadt: Qart-hadasht - Cartagena

4. Hannibal in Spanien: 221 v. Chr. bis Sagunt
4.1. Hannibals Kriegszüge in Iberien

5. Die Macht der Barkiden

6. Literatur- und Quellenverzeichnis

Die Herrschaft der Barkiden in Spanien

Zwei große Ereignisse, namentlich der Erste und Zweite Punische Krieg, waren immer wieder Gegenstand wissenschaftlicher Diskussionen, Darstellungen und Abhandlungen und sind es bis heute. Wie so oft in der Geschichtsschreibung stellen solch große Ereignisse vermeintlich kleinere in den Schatten, doch sind es oftmals kürzere, als weniger wichtig angesehene Phasen, die das Verständnis für eine historische Kontinuität schaffen können. Ein Beispiel dafür ist die Herrschaft der Barkiden in Spanien, wobei auch die relativ dürftige Quellenlage ein Grund dafür sein könnte, dass die wissenschaftliche Auseinandersetzung mit dieser Zeit hinter anderen Themen zurücksteht. Die Barkiden, ein Begriff, der mittlerweile soweit etabliert ist, dass man ihn überall in der Forschung findet, leitet sich her von dem Beinamen des Hamilkar Barkas, was in etwa „der Blitz“[1] bedeutet. Entsprechend waren die Barkiden also die „Familie des Blitzes“[2] und eine der prominentesten Familien Karthagos zu ihrer Zeit. Der Begriff schließt auch ihre Parteigänger in Karthago mit ein und sogar die Geschichtsschreibung hat sich angewöhnt, „das von Hamilkar begründete karthagische Herrschaftsgebiet in Spanien kurzerhand als ‚Barkidenreich’ zu bezeichnen.“[3] Doch warum verließen die Barkiden den afrikanischen Kontinent Richtung Europa und was taten sie dort?

Diese Arbeit soll herausstellen, wie Hamilkar Barkas, sein leiblicher Sohn Hannibal und sein Schwiegersohn Hasdrubal ihren Einzugsbereich auf der iberischen Halbinsel erweiterten und sicherten. Dabei wird zu klären sein, wie dabei ihr Verhältnis und ihre Beziehungen in die alte Heimat ausgesehen haben. Im Hintergrund steht auch die Frage, wie weit es sich bei den von den Barkiden beherrschten Gebieten tatsächlich um ein ‚Barkidenreich’ gehandelt haben könnte.

In der Vergangenheit wurde der Aufenthalt der Barkiden in Spanien zumeist als Vorspiel zum Zweiten Punischen Krieg betrachtet. Entsprechend finden sich Themen wie die Kriegsschuldfrage, der von Hasdrubal geschlossene Ebrovertrag und die römischen Gesandtschaften nach Iberien oftmals in diesem Kontext. Diese Themen werden in dieser Arbeit außen vor bleiben müssen, um die Vorgehensweisen der Barkiden möglichst unabhängig von der römischen Geschichte betrachten zu können.

1. Spanien vor den Barkiden

Im Jahre 237 v. Chr. muss die iberische Halbinsel aus karthagischer Perspektive ein Barbarenland gewesen sein: Man kannte zwar die Küstengebiete, da man mit ihnen Handel trieb, aber das Binnenland war bislang unerforscht geblieben. Das Land war besiedelt von vielerlei Stämmen, „who were broken up into small political and geographical elements, always likely to extend or contract, to combine together, or to move to another area.”[4] Seit 900 v. Chr. waren in verschiedenen Einwanderungs-wellen die Kelten über die Pyrenäen in die Halbinsel eingedrungen und hatten sich vor allem im Norden und Westen angesiedelt. Diese, teils wie Nomaden lebenden Hirtenstämme, siedelten in den klimatisch rauen Hochebenen und waren von kriegerischer Natur. Eine uns überlieferte Untergruppe ist die der Keltiber im Nordosten des Landes, die sowohl als Nomaden lebten als auch in „befestigten Höhensiedlungen von burgartigem Charakter [..], die in den antiken Quellen als ‚Städte’ bezeichnet werden.[5] Neben den Nomadenstämmen gab es die im Süden und Osten ansässigen, vom östlichen Mittelmeerraum beeinflussten Völker. Sie waren stärker urbanisiert, vor allem an der Mittelmeerküste und im Tal des Baetis. Die antiken Quellen und auch die moderne Forschung bezeichnen sie in ihrer Gesamtheit als „Iberer“[6]. Zwar ist ihnen weder eine gemeinsame Kultur oder gemeinsame ethnische Einheit zuzuschreiben, doch benutzten sie ein gemeinsames Alphabet und hatten in ihren größeren Städten schon seit längerem Handel mit den Karthagern getrieben.

2. Der Übergang des Hamilkar Barkas nach Spanien

Nach den schwerwiegenden Verlusten von Sardinien und Sizilien an die Römer, die einhergingen mit hohen Reparationsforderungen an die Karthager, mussten sich diese ausgleichend eine neue Machtbasis schaffen.[7] Die durch den Lutatius-Vertrag angeschlagene Infrastruktur der Karthager beeinträchtigte die „Abwicklung der traditionellen Überseepolitik“[8] in erheblichem Maße. Um seine Position im Mittelmeerraum wieder zu festigen, benötigten Karthago also einen Ausgleich für die verloren gegangenen Gebiete im Mittelmeer.

Wir wissen nicht, ob zunächst eine Fortsetzung der karthagischen Initiativen in Libyen und Numidien geplant gewesen ist, welche Hanno 247 v. Chr. bis Theveste vorangetrieben hatte. Allerdings kann man wegen der Zerstörungen Libyens davon ausgehen, dass dort die Aussichten auf reichen Gewinn nicht allzu gut waren, so dass Spanien in das Blickfeld der Karthager rückte. Dort waren die reichen Bodenschätze[9] im Tal des Flusses Baetis auch Hamilkar Barkas bekannt, dem es gelang, nach Ende des Söldnerkrieges zum führenden Feldherren Karthagos aufzusteigen.[10] Der karthagische Demos bestätigte ihn und schuf damit die Grundvoraussetzung für Hamilkars Initiative in Spanien:

„Sobald die Karthager die Ruhe in Libyen wiederhergestellt hatten, entsandten sie sogleich Hamilkar an der Spitze eines neu aufgestellten Heeres nach Iberien. Dieser brach mit seinen Truppen und mit seinen damals 9-jährigen Sohn Hannibal auf, setzte bei den Säulen des Herakles über und ging daran, die Herrschaft der Karthager in Iberien wiederherzustellen.“

(Pol. II, 1-2.)

Karthago und Spanien standen seit Jahrhunderten in Handelsbeziehungen miteinander und es werden vor dem ersten Punischen Krieg karthagische Besitzungen auf der iberischen Halbinsel vermutet.[11] Dennoch ist Polybios Bericht der einzige, der die Frage einer „Reconquista“[12] aufwirft. Weder Appian[13] noch Diodor[14], die ebenfalls von der Überfahrt nach Spanien berichten, erwähnen eine Widerherstellung karthagischer Herrschaft in Iberien.[15] Ob früherer Besitz verloren gegangen war oder ob er in erwähnenswertem Ausmaß nie bestand – die Ausgangslage wäre die gleiche: Hamilkar betrat ein Land, in dem der karthagische Einfluss marginal gewesen sein dürfte.

Bei ihm waren sein Schwiegersohn Hasdrubal, der nach Appian eine Begleitflotte befehligte und sein ältester Sohn Hannibal. Die in diesem Zusammenhang von Polybios überlieferte Szene von Hannibals Schwur[16] auf die ewige Feindschaft mit den Römern wird in der neueren Forschung meist als unhistorisch bewertet[17], wenngleich Hannibal sie möglicherweise selbst in die Welt gesetzt hat[18].

2.1 Hamilkar in Spanien – 237 bis 229/228

Das Ziel Hamilkars in Spanien war, wie eingangs erwähnt, durch materielle und territoriale Gewinne die Verluste Karthagos wieder auszugleichen.[19] Das bedeutete, neue Gebiete zu unterwerfen, sich in ihnen als Herrscher zu etablieren und schließlich die reichen Bodenschätze des spanischen Südens auszubeuten.

Nach seiner Landung in der alten phönizischen Stadt Gades, dem heutigen Cadiz, versuchte Hamilkar alsbald die Kontrolle über die Gold- und Silbervorkommen der Sierra Morena zu erlangen. Dies scheint ihm in relativ kurzer Zeit geglückt zu sein und wird vor allem mit der Aufnahme von Münzprägungen in Gades belegt, wo in zunehmender Qualität Bronze-, Silber- und Goldmünzen entstanden.[20]

Über die genaue Vorgehensweise des ersten Barkiden in Spanien ist uns relativ wenig bekannt, sämtliche antike Berichterstatter betonen aber die kriegerische Prägung von Hamilkar. Belegt ist, dass der Barkide mit seinem Heer gegen die Iberer, Tartessier und Kelten erfolgreich war,[21] wobei er den zahlenmäßigen Vorteil seiner Gegner durch Taktik ausglich. Auch weil es den südiberischen Stämmen nicht gelang, ihre Kräfte gegen den Afrikaner zu bündeln, feierte Hamilkar Sieg auf Sieg. „Viele iberische Stämme wurden gewaltsam unterworfen, viele kamen der gewaltsamen Unterwerfung durch Übergabe zuvor.“[22] Wie Diodor berichtet[23] wurden tausende Einheimische entweder getötet oder in Hamilkars Heer eingereiht, sein Herrschaftsraum wuchs kontinuierlich bis zum Kap de la Nao an der iberischen Ostküste.[24]

Wie aus den Kriegszügen zu vermuten, stellte das Heer wohl den bedeutsamsten Faktor seiner Hispanienpolitik dar.[25] Waren Eroberungen, Unterwerfung und Beutezüge charakteristisch für seine Regierung, gab es anscheinend aber auch Zeichen für friedliche Beziehungen zu iberischen Stämmen: Nachdem Hamilkar einen iberischen Fürsten, den Diodor als „Indortes“[26] überliefert, durch Blendung und anschließende Kreuzigung getötet hatte, ließ er – so berichtet der Sizilier – über 10.000 Gefangene aus dessen Gefolge frei, von denen sich ihm ein Teil anschloss und ein Teil sich andernorts niederließ. Dennoch scheint Diplomatie nicht das bevorzugte Mittel Hamilkars gewesen zu sein, diese sollte aber bei seinem Nachfolger von größerer Bedeutung sein.

2.2 Hamilkars Verbindungen nach Karthago

Dass Hamilkar während seines Aufenthaltes in Iberien die Verbindung in seine alte Heimat nicht abreißen ließ, wird in den Quellen mehrfach deutlich: So stattete Hamilkar nach Cornelius Nepos „ganz Afrika mit Pferden, Waffen, Gefangenen und Geld (aus der Kriegsbeute) aus“.[27] Detaillierter berichtet Appian von den Zahlungen nach Karthago, ihm zufolge floss ein Teil der Beute an die Armee, ein Teil nach Karthago – vermutlich in die Staatskasse – und der letzte Teil an seine Parteigänger.[28] Uns ist weder überliefert, in welcher Regelmäßigkeit und Höhe Zahlungen nach Karthago erfolgten, noch wie groß der für die Staatskasse bestimmte Anteil war. Appian – und seinem Bericht folgend mancher Forscher – hat Hamilkar vorgeworfen, er hätte durch diese Zahlungen nur das Volk für seinen illegitimen Beutezug gewinnen wollen[29]. Da jedoch „nirgends erwähnt wird, dass die karthagische Regierung an dieser Verteilung der Einkünfte Anstoß nahm, muss man davon ausgehen, dass diese Maßnahmen […] im Kompetenzbereich des Feldherren lagen“[30]. Weil ein Großteil seines Heeres, einer karthagischen Tradition folgend, aus Söldnern bestand[31], wird Hamilkar ganz selbstverständlich auch für deren Bezahlung zuständig gewesen sein. Ebenso wie die Bezahlung des Heeres war auch die Entsendung eines Teiles der Kriegsbeute in die Heimat ein normaler Vorgang, der auch dabei geholfen haben dürfte, den antibarkidischen Parteigängern des Hanno den Wind aus den Segeln zu nehmen.[32]

[...]


[1] Vgl. L.M. Günther, Barkiden: DNP (2000) 450-451.

[2] Ebd.

[3] Heftner 1997, S. 196.

[4] Richardson 1986, S. 16.

[5] Heftner 1997, S. 195.

[6] Ebd.

[7] Vgl. Seibert 1993, S. 25; Christ 2003, S. 45; Huß 1985, S. 270.

[8] Barceló 1989, S. 177.

[9] Vgl. Lancel 1998, S. 66; Zu Geographie, Einwohnern und Bodenschätzen Barceló 1988, S. 87ff und Richardson 1984, S. 11-18.

[10] Nach Diod. XXV 8 erlangte er die „Strategie über ganz Libyen“. Die neuere Forschung nimmt an, dass darunter auch die „Strategie Iberiens“ subsumiert gewesen ist. So Huß 1985, S. 270; Heftner 1997, S. 194; Christ 2003, S. 45 und Wollner 1987, S. 96f.

[11] Vgl. Huß 1985, S. 271; Barceló 1988, S. 72ff.

[12] Lancel 1998, S. 65f. Nach Seibert 1993, S. 26 Anm. 5 beschränkten sich die Besitzungen auf vereinzelte Handelsniederlassungen.

[13] App. Iber. 5,17: “Barca, now in sole charge of the army and having with him his son-in-law, Hasdrubal, went over to Gades and, having crossed the straits into Iberia, plundered the possessions of the Iberians […]”.

[14] Diod. XXV 10,1: “When Hamilcar was placed in command at Carthage he soon enlarged the empire of his country and ranged by sea as far as the Pillars of Heracles, Gadeira, and the ocean”.

[15] Vgl. Barceló 1988, S. 72ff und Lancel 1998, S. 64-66.

[16] Nach Pol. III, 11-12 habe Hasdrubal seinen Sohn gefragt, „ob er ihn auf seinem Zuge begleiten wolle. Als er freudig ja gesagt habe und nach Knabenart ihn sogar noch dringend darum gebeten habe, da habe jener seine Rechte ergriffen, ihn an den Altar geführt und unter Berührung der Opfer den Schwur leisten lassen, niemals den Römern wohlgesinnt zu sein.“ Vgl. Seibert 1993, S. 26ff. Einen Forschungsüberblick liefert Huß 1985, S. 271.

[17] Vgl. dazu Heftner 1997, S. 194; Christ 2003, S. 46; anderer Meinung ist z.B. Lancel 1995, S. 378f.

[18] Vgl. Lancel 1995, S. 378f.

[19] Die in der antike vorherrschende Meinung, Hamilkar wolle in Spanien für einen neuen Krieg gegen Rom rüsten (Pol. III 10,5; Nep. Ham. 1,4 und 3,1; Liv. XXI 2,3 und 3,4) wird in der neueren Forschung nicht akzeptiert. Vgl. Huß 1985, S. 271 und Ebd. Anmerkungen 12-15; Christ 2003, S. 45; Seibert 1993 S. 34.

[20] Vgl. Christ 2003, S. 47; Lancel 1998, S. 67; Huß 1985, S. 274; Zu den Minen in Iberien: Blasquéz 1989, S. 158f.

[21] Vgl. dazu Christ 2003, S. 46f sowie Heftner 1997, S. 195 und ausführlich Huß 1985, S. 271ff.

[22] Huß 1985, S. 272.

[23] Diod. XXV 10,4.

[24] Vgl. Huß 1985, S. 271-273.

[25] Vgl. Barceló 1989, S. 168.

[26] Diod. XXV 10, 2.

[27] Nep. Ham. 4,1.

[28] App, Iber. 5, 18: “for everything that he seized, he divided up, and gave one third to the army, to make them more enthusiastic collaborators in his wrong-doing; one third he sent to Carthage itself; and one third he distributed to his political allies.”

[29] App. Iber. 5,18: “[…] to make them more enthusiastic collaborators in his wrong-doing”.

[30] Wollner 1983, S. 98.

[31] Vgl. Barceló 1989, S. 173.

[32] Vgl. Seibert 1993, S. 31 Anm. 27.

Ende der Leseprobe aus 19 Seiten

Details

Titel
Die Herrschaft der Barkiden in Spanien
Untertitel
Hamilkar, Hasdrubal und Hannibal in Iberien
Hochschule
Universität zu Köln  (Institut für Altertumskunde)
Veranstaltung
Hauptseminar "Hannibal ad portas"
Note
2,0
Autor
Jahr
2004
Seiten
19
Katalognummer
V85638
ISBN (eBook)
9783638014250
ISBN (Buch)
9783656019442
Dateigröße
496 KB
Sprache
Deutsch
Schlagworte
Herrschaft, Barkiden, Spanien, Hauptseminar, Hannibal
Arbeit zitieren
Niklas Möring (Autor:in), 2004, Die Herrschaft der Barkiden in Spanien, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/85638

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