Was versteht man unter Zivil- bzw. Bürgergesellschaft und welche Rolle kommt dem „Dritten Sektor“ dabei zu?


Essay, 2007

10 Seiten, Note: 2,3


Leseprobe

Einleitung

Seit jeher haben die Menschen Vorstellungen von einer bestimmten Gesellschaft. Ob es dabei um politische Utopien geht oder um den Wunsch nach einer Gesellschaft, in der bestimmte moralische oder religiöse Werte vorherrschen: Die Menschen fragen sich immer, was noch möglich ist, streben nach einer besseren, höheren Form des Zusammenlebens. Nicht zuletzt der Zusammenbruch des Sozialismus in den Ostblockstaaten hat dies gezeigt. Laut Max Scheler unterscheiden wir uns von den Tieren durch die Fähigkeit, uns außerhalb der Realität, des Gegebenen, etwas vorstellen und anstreben zu können.

Ganz aktuell in dieser Woche beim G8-Gipfel in Heiligendamm werden Themen rund um Globalisierung und die sich daraus ergebenden Ungleichheiten diskutiert - Themen, die uns immer mehr beschäftigen. Um zu Lösungen zu gelangen, müssen die Nationen zusammenarbeiten. Jedoch fängt im Kleinen bekanntlich alles an. Nicht nur Staaten sind gefragt, sondern vor allem der einzelne Bürger. Eine ganz entscheidende Rolle spielen Gruppeninitiativen und das Engagement Einzelner; beides trägt dazu bei, um anderen Menschen zu helfen, kulturelle Einrichtungen zu fördern und zu pflegen oder Interessen zu vertreten. Diese Initiativen, die den 3. Sektor ausmachen, sind Teil der Idee von einer „Bürgergesellschaft“ oder „Zivilgesellschaft“, einer Gesellschaftsform, die sich durch sittliche Werte auszeichnet und die Entwicklung politisch-gesellschaftlicher Ordnungen zum Ziel hat. Sie will Antworten auf aktuelle Herausforderungen der Globalisierung mit den sich verändernden Arbeitswirklichkeiten finden und die sich immer mehr verschärfenden sozialen und ökonomischen Ungleichheiten verringern.

Besonders in den letzten Jahren wurde der Dritte Sektor verstärkt in Zusammenhang mit dem Konzept der Zivilgesellschaft gebracht. Was genau darunter zu verstehen ist und wo man den 3. Sektor verorten kann, soll im Folgenden besprochen werden. Außerdem soll eine Organisation bürgergesellschaftlichen Handelns näher beleuchtet und kritisch hinterfragt werden.

Hauptteil

Die Geschichte des Begriffs Bürgergesellschaft/ Zivilgesellschaft

Die Begriffe Bürgergesellschaft und Zivilgesellschaft werden oft synonym verwendet und erfuhren immer wieder verschiedene Definitionen und Betrachtungsweisen. Ihre moderne Bedeutung erhielten sie vorwiegend im 17./18. Jahrhundert vor allem durch Kant, Ferguson oder Aristoteles. Hier bezeichneten sie eine neue, utopische und erst noch zu verwirklichende Form einer Gesellschaft, in der die Menschen als Bürgerinnen und Bürger aufgefasst wurden:

Bürger, die ohne staatliche Gängelung, selbstständig, friedlich und gleichberechtigt miteinander umgehen (Kocka 2003: 1). Aristoteles bezeichnet damit eine Gemeinschaft, in der die Bürgerinnen und Bürger das Gute tugendhaft verwirklichen.

Doch seit Hegel und Marx änderte sich der Sprachgebrauch und aus dem Begriff Bürgergesellschaft wurde „bürgerliche Gesellschaft“. Er wurde jetzt kritisch und polemisch gebraucht, nicht nur in marxistischen Kreisen; der Bürger wurde als „Bourgeois“ bezeichnet.

In den 1980er Jahren erfuhren die Begriffe eine regelrechte Konjunktur und man orientierte sich wieder an der ursprünglichen Bedeutung. „Zivilgesellschaft“[1] stand nun wieder für eine neue, freie und sich selbst regulierende Gesellschaft, die frei von äußeren Zwängen war. Obwohl es sich noch heute um einen schillernden Begriff handelt, versteht man darunter in erster Linie eine Gesellschaft, die sich deutlich von der Allmacht des Staates absetzt (vgl. Birkhölzer 2005: 12). Doch was genau kann man sich darunter vorstellen? Wodurch zeichnet sich die Bürgergesellschaft aus und wo genau kann man den 3. Sektor dort einordnen?

Zunächst wird der Begriff Bürgergesellschaft näher beleuchtet.

Das Konzept der Bürgergesellschaft

Das Wort „Bürger“ in Bürgergesellschaft deutet schon darauf hin, dass die Gesellschaft aus eben jenen besteht. Und zwar aus Bürgern, die aktiv an der Gesellschaft teilnehmen und sie gestalten. Dieser wird demnach eine Selbstorganisation zugetraut, die ohne (oder fast ohne) die Hilfe des Staates oder des Marktes auskommt. Die heutige politische Bedeutung der Bürgergesellschaft hängt vor allem mit der Überwindung der Diktaturen in Ost- und Mitteleuropa sowie in Südamerika zusammen. Eine Bürgergesellschaft anzustreben bedeutet demnach mehr Demokratie zu fordern. Häufig wird der Begriff aber auch grundsätzlich unpolitisch aufgefasst und umschreibt das ehrenamtliche Engagement, das Vertreten überindividueller Interessen in Organisationen, Institutionen und Assoziationen. Man unterscheidet demnach zwei Bedeutungen: Zum einen werden darin alle Organisationen zusammengefasst, die den Dritten Sektor ausmachen und zum anderen wird darunter ein gesamtgesellschaftliches Modell verstanden, in dem zwar der Dritte Sektor eine entscheidende Rolle spielt, das Staat und Markt aber ebenfalls mit umfasst – Der Staat wirkt hier motivierend und aktivierend (obwohl auch das teilweise kritisiert wird, dazu aber später mehr). Da in diesem Essay aber gerade herausgearbeitet werden soll, welche Rolle der Dritte Sektor in der Bürgergesellschaft spielt, dient das gesamtgesellschaftliche Modell als Grundlage meiner Betrachtungen.

[...]


[1] Im Folgenden soll der Einfachheit halber nur noch der Begriff „Bürgergesellschaft“ verwendet werden.

Ende der Leseprobe aus 10 Seiten

Details

Titel
Was versteht man unter Zivil- bzw. Bürgergesellschaft und welche Rolle kommt dem „Dritten Sektor“ dabei zu?
Hochschule
Technische Universität Dresden
Veranstaltung
Leben und Arbeiten im „Dritten Sektor“
Note
2,3
Autor
Jahr
2007
Seiten
10
Katalognummer
V85704
ISBN (eBook)
9783638006781
ISBN (Buch)
9783638914109
Dateigröße
436 KB
Sprache
Deutsch
Schlagworte
Zivil-, Bürgergesellschaft, Rolle, Sektor“, Leben, Arbeiten, Sektor“
Arbeit zitieren
Uta Beckhäuser (Autor:in), 2007, Was versteht man unter Zivil- bzw. Bürgergesellschaft und welche Rolle kommt dem „Dritten Sektor“ dabei zu?, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/85704

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