Die 1553 von zwei sephardischen Juden im italienischen Exil veröffentlichte Ferrara-Bibel ist zwar nicht die erste Übersetzung des hebräischen Originals, aber eine der Bedeutendsten. Ihre Einzigartigkeit beruht auf der im höchsten Maße sorgfältigen Wort-für-Wort Übersetzung des massoretischen Textes, die sich darum bemüht „la verdad hebrayca“ so authentisch wie möglich in der spanischen Sprache zu erhalten. Das Ergebnis ist eine Sprache, die zwischen dem hebräischen Original und der Zielsprache liegt. Sie übernimmt größtenteils die Syntax und die Grammatik ersterer, füllt sie aber mit spanischer Lexik. Ziel dieser Calque-Übersetzung war es, den ehemals zwangsgetauften und später im Exil rekonvertierten Juden, die des Hebräischen nicht mehr oder kaum mächtig waren, die Auseinandersetzung mit dem biblischen Text zu ermöglichen und durch die enge Verbindung mit der Vorlage den Wiedererkennungseffekt zu fördern. Trotz ihrer Funktionalität hatte diese Übersetzungsmethode nicht nur Anhänger – wie die obigen Zitate verdeutlichen – da sie die Grammatikregeln und Stilvorgaben der Zielsprache in vielen Fällen außer Acht lässt.
Diese Arbeit beschäftigt sich mit den Besonderheiten der Calque-Übersetzung auf der Grundlage der Bücher Haggai und Deuteronomium der Biblia de Ferrara und erörtert die Problematik der Methode anhand der kontroversen Rezeption des gesamten Werkes. Zunächst soll jedoch geklärt werden, wie verlässlich und vor allem angemessen und glaubwürdig Bibeltexte, bzw. ihre Übersetzungen für linguistische Untersuchungen sind. Um die Bedeutung der Ferrara-Bibel für die sephardische Diaspora zu verdeutlichen, folgt ein kurzer historischer Einblick in die Umstände ihrer Entstehung, der durch einen Exkurs in die Geschichte der Bibelübersetzung aus dem massoretischen Text in das Spanische bis 1553 abgeschlossen wird. Daraufhin soll die Calque-Methode zunächst in Theorie und Praxis vorgestellt werden, bevor ihre Vor-und Nachteile für die zeitgenössischen und späteren Leser am Beispiel der Biblia de Ferrara erörtert werden.
Inhaltsverzeichnis
- Einleitung
- Bibelübersetzungen als Grundlage für empirische Sprachwandeluntersuchungen
- Die Ferrara Bibel: Entstehung und geschichtlicher Kontext
- Geschichtlicher Hintergrund
- Die Rolle Ferraras
- Zielgruppe der Biblia de Ferrara
- Geschichte der Bibelübersetzung in spanischer Sprache
- Zur Calque-Methode in der Bibelübersetzung
- Methode
- Beispiele
- Syntax
- Wortsemantik
- Morphologie
- Stil
- Problematik
- Schluss
Zielsetzung und Themenschwerpunkte
Diese Arbeit untersucht die Calque-Methode in der Bibelübersetzung am Beispiel der Biblia de Ferrara (1553). Das Hauptziel ist die Erörterung der Besonderheiten dieser Übersetzungsmethode und ihrer Problematik im Kontext der Rezeption des Werkes. Die Arbeit beleuchtet die Eignung von Bibelübersetzungen für linguistische Untersuchungen und betrachtet den historischen Hintergrund der Ferrara-Bibel und ihren Stellenwert für die sephardische Diaspora.
- Die Eignung von Bibelübersetzungen für sprachwissenschaftliche Analysen
- Der historische Kontext der Entstehung der Biblia de Ferrara
- Die Calque-Methode: Theorie und Praxis
- Vorteile und Nachteile der Calque-Methode in der Biblia de Ferrara
- Rezeption und Kritik der Biblia de Ferrara
Zusammenfassung der Kapitel
Einleitung: Die Einleitung führt in die Thematik der Arbeit ein und stellt die Biblia de Ferrara als bedeutende Bibelübersetzung vor. Sie hebt die einzigartige Wort-für-Wort-Übersetzung des massoretischen Textes hervor und beschreibt das Ziel, die hebräische Wahrheit authentisch im Spanischen wiederzugeben. Die resultierende Sprache wird als Zwischenstufe zwischen Hebräisch und Spanisch charakterisiert und die kontroverse Rezeption der Übersetzungsmethode wird angekündigt. Die Einleitung skizziert den weiteren Aufbau der Arbeit, der sich mit der Eignung von Bibelübersetzungen für linguistische Untersuchungen, dem historischen Kontext der Ferrara-Bibel und der Calque-Methode auseinandersetzt.
Bibelübersetzungen als Grundlage für empirische Sprachwandeluntersuchungen: Dieses Kapitel diskutiert die Verwendung von Bibelübersetzungen in der Sprachwissenschaft. Es werden sowohl kritische Stimmen, die die stilistischen Vorgaben und die Abhängigkeit von Vorlagen hervorheben, als auch positive Aspekte, wie die Vergleichbarkeit und die Dokumentation sprachlicher Veränderungen über die Zeit, beleuchtet. Der Beitrag von Georg Kaiser wird vorgestellt, der die Vorteile von Bibelübersetzungen für synchrone und diachrone Untersuchungen betont, obwohl Interferenzen und Fehlübersetzungen nicht ausgeschlossen werden können. Der Fokus liegt auf der Eignung der Übersetzungen, trotz ihrer Einschränkungen, für die sprachwissenschaftliche Forschung, da sie oft von Muttersprachlern oder qualifizierten Experten erstellt wurden.
Die Ferrara Bibel: Entstehung und geschichtlicher Kontext: Dieses Kapitel bietet einen historischen Überblick über die Entstehung der Biblia de Ferrara und ihren Kontext. Es beleuchtet den geschichtlichen Hintergrund, die Rolle Ferraras als Entstehungsort und die Zielgruppe der Bibel (ehemals zwangsgetauften Juden). Die Geschichte der spanischen Bibelübersetzungen bis 1553 wird ebenfalls dargestellt, um die Bedeutung der Ferrara-Bibel im Kontext der vorhandenen Übersetzungen zu verdeutlichen. Der Abschnitt betont den historischen und sozialen Hintergrund als wichtigen Kontext für die Verständnis der Übersetzungsphilosophie und der gewählten Calque-Methode.
Zur Calque-Methode in der Bibelübersetzung: Dieses Kapitel widmet sich der Calque-Methode selbst. Es beschreibt die Methode detailliert, sowohl theoretisch als auch anhand von Beispielen aus den Bereichen Syntax, Wortsemantik, Morphologie und Stil. Die Problematik der Methode wird ausführlich erörtert, wobei die Vernachlässigung der grammatikalischen Regeln und stilistischen Vorgaben der Zielsprache im Vordergrund stehen. Die Kapitel analysieren die Auswirkungen dieser Methode auf die Lesbarkeit und die Rezeption der Biblia de Ferrara, sowohl für Zeitgenossen als auch für spätere Leser, und betont den Spagat zwischen der Aufrechterhaltung der "hebräischen Wahrheit" und der Verständlichkeit im Spanischen.
Schlüsselwörter
Biblia de Ferrara, Calque-Methode, Bibelübersetzung, Judenspanisch/Ladino, Sprachwandel, Sprachwissenschaft, sephardische Diaspora, massoretischer Text, historische Linguistik, Übersetzungskritik.
Häufig gestellte Fragen zur Biblia de Ferrara
Was ist der Gegenstand dieser Arbeit?
Diese Arbeit analysiert die Calque-Methode in der Bibelübersetzung anhand der Biblia de Ferrara (1553). Sie untersucht die Besonderheiten dieser Methode, ihre Problematik und ihre Rezeption im historischen Kontext.
Welche Themen werden behandelt?
Die Arbeit behandelt folgende Themen: Die Eignung von Bibelübersetzungen für sprachwissenschaftliche Analysen; den historischen Kontext der Entstehung der Biblia de Ferrara; die Calque-Methode (Theorie und Praxis); die Vor- und Nachteile der Calque-Methode in der Biblia de Ferrara; und die Rezeption und Kritik der Biblia de Ferrara. Sie beleuchtet auch den Stellenwert der Bibel für die sephardische Diaspora.
Was ist die Zielsetzung der Arbeit?
Das Hauptziel ist die Erörterung der Besonderheiten der Calque-Methode und ihrer Problematik in der Biblia de Ferrara. Die Arbeit untersucht, wie gut sich Bibelübersetzungen für linguistische Untersuchungen eignen und beleuchtet den historischen Hintergrund und die Bedeutung der Ferrara-Bibel.
Was ist die Calque-Methode?
Die Calque-Methode ist eine Übersetzungsmethode, bei der die Satzstruktur und die Wortwahl der Ausgangssprache (Hebräisch) möglichst wörtlich in die Zielsprache (Spanisch) übertragen wird. Die Arbeit analysiert diese Methode anhand von Beispielen aus Syntax, Wortsemantik, Morphologie und Stil und beleuchtet die damit verbundenen Probleme.
Welche Probleme birgt die Calque-Methode?
Die Calque-Methode kann zu grammatikalisch unkorrekten und stilistisch unglücklichen Übersetzungen führen, da die grammatikalischen Regeln und stilistischen Vorgaben der Zielsprache vernachlässigt werden. Dies kann die Lesbarkeit und die Rezeption der Übersetzung beeinträchtigen.
Welche Rolle spielt die Biblia de Ferrara für die sephardische Diaspora?
Die Arbeit untersucht die Biblia de Ferrara im Kontext der sephardischen Diaspora, da sie für diese eine bedeutende Rolle spielte. Der historische und soziale Hintergrund wird als wichtiger Kontext für das Verständnis der Übersetzungsphilosophie und der gewählten Calque-Methode betrachtet.
Wie wird die Biblia de Ferrara in der Arbeit eingeordnet?
Die Biblia de Ferrara wird als bedeutende Bibelübersetzung vorgestellt, die eine einzigartige wortwörtliche Übersetzung des massoretischen Textes anstrebte, um die „hebräische Wahrheit“ authentisch im Spanischen wiederzugeben. Die resultierende Sprache wird als Zwischenstufe zwischen Hebräisch und Spanisch charakterisiert.
Welche Kapitel umfasst die Arbeit?
Die Arbeit umfasst Kapitel zur Einleitung, Bibelübersetzungen als Grundlage für empirische Sprachwandeluntersuchungen, die Entstehung und den geschichtlichen Kontext der Biblia de Ferrara, die Calque-Methode in der Bibelübersetzung und ein Schluss.
Welche Schlüsselwörter sind relevant?
Relevante Schlüsselwörter sind: Biblia de Ferrara, Calque-Methode, Bibelübersetzung, Judenspanisch/Ladino, Sprachwandel, Sprachwissenschaft, sephardische Diaspora, massoretischer Text, historische Linguistik, Übersetzungskritik.
Wie werden Bibelübersetzungen in der Sprachwissenschaft eingesetzt?
Die Arbeit diskutiert die Verwendung von Bibelübersetzungen in der Sprachwissenschaft. Sie beleuchtet sowohl die kritischen Stimmen, die stilistische Vorgaben und die Abhängigkeit von Vorlagen hervorheben, als auch die positiven Aspekte wie Vergleichbarkeit und Dokumentation sprachlicher Veränderungen über die Zeit. Der Beitrag von Georg Kaiser wird vorgestellt.
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- Ana Colton-Sonnenberg (Author), 2007, Die Calque-Methode in der Bibelübersetzung am Beispiel der Biblia de Ferrara, Munich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/87444