Die Ursprache - Vom Gebärden bis zur Aussprache


Hausarbeit, 2007

13 Seiten, Note: 1,3


Leseprobe


Gliederung

1. Vorwort

2. Die Sprache, (k)eine Wesensfrage

3. Die Reinheit des Gedichtes

4. Die Anrufe und das Benennen

5. Der ursprüngliche Unterschied
5.1 Entfalten der Möglichkeiten

6. Nachwort

Literatur

1. Vorwort

Anhand des Gedichts „Ein Winterabend“ von Georg Trakl möchte Martin Heidegger erfahren, was Sprache ist. Was macht Sprache zur Sprache und wie spricht die Sprache?

Er möchte sich an den Ort der Sprache begeben und sie nicht von außen einer Beschreibung unterziehen. Geleitet von dem Satz: „die Sprache spricht“[1], versucht Heidegger sich der Sprache über das Gesprochene des Gedichts zu nähern. Daher gleicht seine Untersuchung einer Gedichtinterpretation, in dessen Verlauf sich die Modi der Sprache enthüllen.

Heidegger verwendet für seine Untersuchung zur Sprache einen erweiterten Sprachbegriff. Sprache ist nicht mehr nur menschliche Äußerung, vielmehr vollzieht sich Sprache in jedem Zustand des Menschen. Sowohl im Wachen, Bewussten als auch im träumenden Zustand kommuniziert der Mensch. Für den Menschen ist es nach Heidegger das Natürlichste überhaupt, da der Mensch selbst in Gedanken spricht. Daher bedarf es keines besonderen Willens zum Sprechen, man antwortet auf die Äußere wie auf die innere Welt sprechend, „Sprache ist überall“[2].

Bei jeder Wahrnehmung treffen wir auf Sprache. Jeder Wahrnehmung und jedem Affekt folgt eine sprachliche Erwiderung auf Gesprochenes. Alles uns Begegnende spricht, auch wenn wir die Sprache noch nicht verstehen können und keinen Begriff für das sich Ereignende haben. Das Passierende ist als ein einzelnes oder als ein Bündel von Zeichen zu verstehen.

Der Mensch hält sich je schon im Horizont der Sprache auf, lediglich innerhalb der Sprache ist Bewusstsein möglich. Während wir denken gelangen wir in die Spuren der Sprache. Trotzdem können wir der Sprache immer nur nachdenken. Sprache ist vor allem da, auch vor den Benennungen. Jeder Prozess ist ein Resultat von Gesprochenem.

Der Mensch befindet sich demnach in unmittelbarer Nähe zur Sprache. Er ist das einzige Lebewesen, was mit der Sprache umfangreich handeln kann. Weder ist der Mensch gezwungen, die Welt auf nur eine Art wahrzunehmen, noch folgen die Gegenstimmen einem triebgesteuerten Muster.

Die Hausarbeit folgt der Fragestellung, wie die Sprache sich konstituiert und ob man von einem Wesen der Sprache sprechen kann? Was ist das Allgemeingültige der Sprache, was zeichnet sie als Sprache aus und was bewährt sich von der Sprache?

2. Die Sprache, (k)eine Wesensfrage

Wenn Sprache spricht, zeigt sie sich als eine Tätigkeit, sie präsentiert sich als ein Ereignis im zeitlichen Hergang. Aus dem Akt spricht die Sprache zu uns, sie flüstert dem Hörenden ihr Wesen zu. Doch was zeichnet die Handlung der Sprache aus, was charakterisiert die Weise ihres Erscheinens?

Erst einmal muss die Perspektive des Sprechens eingenommen werden. Aus einem nicht sprachlichen Standpunkt gelangen wir nach Heidegger nicht in den Raum der Sprache.

Aus dem Blickwinkel der Vernunft lässt sich Sprache eben sowenig beleuchten wie sie nicht aus einem göttlichen Ursprung erklärbar ist. Sie ist kein Derivat eines höher gestellten logos und nicht nur bloßes Handwerkszeug. Die Sprache muss aus sich selbst erläutert werden. Von Außen der Sprache ein Maß anlegen zu wollen wäre zu engstirnig und würde uns der Sprache nicht näher bringen. Die Sprache, auf die Heidegger stößt, folgt eigenen Regeln.

Solange wir von dem Satz: „Sprache ist Sprache“[3] ausgehen, schweben wir über einem Abgrund. Aus dieser Annahme gelangen wir nicht zum Ursprung von Sprache, doch wo sich etwas vom Grund wegbewegt, muss es einen Bezugsort geben. Selbst im Sprechen als schlichte Äußerung erreichen wir nicht den Punkt, wo Sprache entsteht. Etwas muss der Verlautbarung, dem äußerlichen Sprechen, vorangehen. Aussagen zum Zweck der intersubjektiven Kommunikation sind nur ein Modus der Sprache und der eigentlichen Sprache nachgestellt. Das Wesen der Sprache kann nicht aus oberflächlichen Erscheinungen erfasst oder erklärt werden. Im Gesprochenen vollendet sich die Sprache, aber wie die Sprache sich konstituiert, blieb bislang unbeachtet.

Für Heidegger ist das Phänomen der Sprache umfassender, obzwar der menschliche Sprachvorgang bei dem Denken beginnt ist uns bereits vorher etwas gegeben: „Das Dingen der Dinge“[4]. Die vollziehende Tätigkeit der Dinge spricht zu uns und hörend müssen wir dem Gesprochenen, den Spuren ihrer Sprache folgen, um zum Grund der Sprache vorzudringen. Sie ist immer schon da, bevor wir sie erreichen können. Hörend eifern wir dem Wesen nach, doch geht selbst dem Vernehmen Bedeutsames voran. Die Sprache geht jeder menschlichen Tätigkeit voraus. „Das Verstehen gründet primär in der Zukunft“[5].

Der Mensch befindet sich in der sprechenden, vernetzten Welt. Um jedoch dem Wesen näher zu kommen müssen wir erkunden was, das „Bündige jener Bindung ist“[6]. Obwohl wir über die Zeichen nachdenken können werden wir immer nur an das Tor, an die Schilder der Sprache gelangen.

Die Sprache bedingt den zeitlichen Verlauf und bildet so die Grundlage für Erfahrung und Erkenntnis. Die ursprüngliche Wesensprägung der Sprache macht die Welt für den Menschen erst begreifbar. Das Sprechen der Sprache ist aber „weder Ausdruck noch eine [bewusste] Betätigung“[7], sondern das Natürlichste.

Die Sprache der Welt und der Dinge sowie die hörenden Subjekte sind dem ständigen Wandel unterzogen. Der Mensch steigt dem Gesprochenen nach, er folgt dem Vollzug der gebärdenden Welt, ohne dass die Sprache dabei auf einen linearen Endpunkt zulaufen würde.

Auch wenn Heidegger skandiert, nicht dem Wesen der Sprache nachgehen zu wollen, sondern die Sprache der Sprache zu erhellen, ist seine Untersuchung dennoch geprägt von einer Referenz zum Wesen der Sprache. „Die Sprache“ ist eine Ontologie der Sprache basierend auf dem Versuch, das Allgemeingültige der Sprache zu finden.

3. Die Reinheit des Gedichtes

Im Gedicht vollendet sich nach Heideggers Vorstellung[8] rein Gesprochenes, welches uns zum Verbindenden in der Sprache führt. Nur wie spricht das Gedicht?

Das Gesprochene des Gedichts bewahrt die Sprache und sie bewährt sich in diesem Geäußerten. Aber die Sprache schließt sich darin nicht ab, vielmehr verbirgt sich in diesem rein Gesprochenen ein Anfang für weitersprechen. Die Sprache des Gedichts reizt, indem sie eine Vielzahl an Bildern entstehen lässt. Im Gedicht spricht die reine Sprache weil sie Ambivalenzen erzeugt. Gedichte bilden nichts Konkretes ab, sondern eröffnen Möglichkeiten.

Die Sprache spricht im Gedicht aus sich selbst heraus, da sie mehrfältiges ausspricht, einen breiten Gehalt hat und das dichtende Element ein „möglicherweise Anwesendes in seinem Anwesen“[9] abbildet.

Wir hören nicht einen Dichter, sondern lauschen dem Strom unseres eigenen Geistes. Daher kommt die Sprache des Gedichts auch ohne Sprecher aus. Das dichtend Gesprochene regt unsere Phantasie an, wir tauchen durch das Potenzielle in die Vitalität der Sprache.

[...]


[1] Bermes, C.: Sprachphilosophie. S. 169

[2] ebd. S. 168

[3] Bermes, C.: Sprachphilosophie. S. 169

[4] ebd. S. 176

[5] Heidegger, M.: Sein und Zeit. S. 350

[6] Bermes, C.: Sprachphilosophie. S. 172

[7] Bermes, C.: Sprachphilosophie. S. 174

[8] Heidegger sieht auch in diesem Wort als Vor-stellung eine gewisse Relevanz für die Sprache. Vgl.: Heidegger, M.: Vom Wesen der Sprache. S. 34

[9] Bermes, C.: Sprachphilosophie. S. 174

Ende der Leseprobe aus 13 Seiten

Details

Titel
Die Ursprache - Vom Gebärden bis zur Aussprache
Hochschule
Europa-Universität Flensburg (ehem. Universität Flensburg)  (Institut für Philosophie)
Veranstaltung
Einführung in die Sprachphilosophie
Note
1,3
Autor
Jahr
2007
Seiten
13
Katalognummer
V87605
ISBN (eBook)
9783638022804
ISBN (Buch)
9783638923569
Dateigröße
403 KB
Sprache
Deutsch
Schlagworte
Ursprache, Gebärden, Aussprache, Einführung, Sprachphilosophie
Arbeit zitieren
Hauke Reher (Autor:in), 2007, Die Ursprache - Vom Gebärden bis zur Aussprache , München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/87605

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