Behandlung von alten und kranken Menschen bei den Ainu


Hausarbeit (Hauptseminar), 2006

22 Seiten, Note: sehr gut 1,0


Leseprobe


Inhaltsverzeichnis

1. Einleitung

2. Verbreitungsgebiet und Herkunft

3. Lebensweise

4. Geschichtliche Entwicklung

5. Religion
5.1. Ramat
5.2. Kamui
5.3. Inau
5.4. Bärenfest
5.5. Haus und Feuerstelle

6. Behandlung von alten Menschen

7. Tod, Krankheiten und Begräbnis
7.1.Tod
7.2. Krankheiten
7.2.1. Gewöhnliche Krankheiten
7.2.2. Metaphysische Krankheiten
7.3. Begräbnis

8. Fazit

9. Literaturverzeichnis

10. Abbildungsverzeichnis

1. Einleitung

In meiner Seminararbeit möchte ich die Ainu im Norden Japans etwas näher beleuchten. Der besondere Schwerpunkt soll dabei auf der Behandlung von Alten und Kranken liegen. Diese scheint sich bei den verschiedenen Wildbeuter- und Pflanzerkulturen in der ethnologischen Literatur zunächst sehr unterschiedlich darzustellen. Von menschenunwürdigen Ritualen wie der Altentötung beispielsweise bei den Tschuktschen in Sibirien ist die Rede oder davon, dass ältere Menschen einfach ausgesetzt und sich selbst überlassen werden. Diese Behauptungen erfordern eine eingehendere Betrachtung, welche ich bei den Ainu im nördlichen Japan vollziehen möchte.

Um jedoch näher auf die Situation und die Behandlung von alten und kranken Menschen in diesem Volk eingehen zu können, werde ich zunächst mit dem kulturellen Hintergrund der Ainu näher zum zentralen Thema meiner Seminararbeit hinführen. Dabei werde ich das Verbreitungsgebiet der Ainu, ihre Herkunft und Geschichte sowie insbesondere ihre Religion kurz darstellen.

2. Verbreitungsgebiet und Herkunft

Die Siedlungsgebiete der Ainu umfassen die Insel Hokkaido, die nördlichste der vier japanischen Hauptinseln, sowie die Südhälfte von Sachalin und die Inseln der Kurilenkette, wobei in der heutigen Zeit nur noch Hokkaido als Siedlungsgebiet „übrig geblieben“ ist (vgl. Karte Abb.2, S.4). Die ethnische Selbstbezeichnung „Ainu“ steht für „Mensch“. Eine Ableitung vom japanischen Wort „imu“ (Hund) ist mit großer Wahrscheinlichkeit falsch und wirft vielmehr einen Blick auf die Stellung und Wertschätzung der Ainu als Minderheit in der japanischen Gesellschaft[1].

Die Zahl der Ainu wird nach aktuellen Erhebungen auf knapp 24.000 geschätzt[2], bei Fitzhugh ist die Rede von bis 50.000[3]. In der Vergangenheit hatte man mehrfach ein Aussterben befürchtet. Dies schien jedoch unbegründet. Wie Ölschleger betont, zeigt ein Blick auf die Bevölkerungszahlen zwischen 1804 und 1940 zwar einen Rückgang von 21.697 auf 16.170 Menschen, jedoch fiel die Zahl nie unter 15.000[4]. Ohnuki-Tierney schreibt in diesem Kontext, dass der letzte der Kurilen-Ainu 1941 gestorben ist.

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abb.1 Veränderung des Ainu-Territoriums im Zeitraum 1400 bis 1945

Im Bezug auf Technik und soziale Organisation ist die Ainu-Kultur auf Hokkaido am komplexesten und am weitesten entwickelt[5]. Für Hokkaido spricht Ohnuki-Tierney von 18.000 tatsächlichen Ainu; diese Zahl bezieht sich allerdings auf Daten, welche sie im Jahr 1981 als Arbeitsgrundlage verwendete[6]. Somit scheint sich die Bevölkerungszahl im Vergleich zu den Ermittlungen von Ölschleger und Fitzhugh in den letzten zwanzig Jahren erfreulich positiv entwickelt zu haben.

Der genaue Herkunftsort der Ainu ist schwer bestimmbar. Es gibt mehrere Thesen. Ölschleger spricht von Beweisen für eine mongolide Zugehörigkeit der Ainu, welche sich von den Japanern weniger deutlich unterscheiden sollen als beispielsweise die Germanen von den Romanen. Langköpfigkeit und starke Behaarung, welche tatsächlich sehr charakteristische Merkmale der Ainu sind, nehmen andere Forscher zum Anlass, um eine Zugehörigkeit zur australoiden Rasse (Australien, Südindien, westliches Ozeanien) anzunehmen[7] ; denn die benachbarten Völker im asiatischen Raum sind eher spärlich behaart.

Der russische Ethnologe Leo Sternberg, auf den sich Wirz und Arutiunov beziehen, sieht viele kulturelle Gemeinsamkeiten mit den Bewohnern Mikronesiens und anderen Südseeinselgruppen: Die Schambinde der Männer als Unterkleid oder das Auslegeboot sowie der Webeapparat, welcher in seinen Augen viele Ähnlichkeiten mit indonesischen Exemplaren aufweist[8].

Andererseits haben die Ainu jedoch auch von benachbarten altsibirischen Völkern wie den Gilijaken zahlreiche Dinge und Traditionen übernommen, wie die Hundezucht, den Schlitten oder die Schneeschuhe. Dies geschah aber mit großer Wahrscheinlichkeit erst im Laufe der vergangenen zweihundert Jahre[9].

Die äußeren Merkmale der Ainu lassen aber nur eine sehr unzureichende Einordnung zu. Kulturell verlässliche Beweise für Verbindungen sind allein schon aufgrund fehlender schriftlicher Zeugnisse[10] nahezu unmöglich.

In neueren Untersuchungen, in denen genetische Merkmale[11] und Charakteristika der Fingerabdrücke, Zähne und der Blutgruppen erfasst wurden, zeigt sich relativ eindeutig eine mongolide Zuordnung. Somit vermutet man nach aktueller Forschungslage die ursprüngliche Heimat der Ainu doch entweder auf dem eurasischen Kontinent oder in Gebieten südlich der japanischen Inselkette[12].

3. Lebensweise

Der traditionelle Lebenslauf bzw. Alltag der Ainu basiert auf Jagen, Fischen und dem Sammeln von Pflanzen. Auf Hokkaido wurde in einigen Regionen des Weiteren Gartenbau betrieben. Die Produkte umfassten vor allem Hirse, Rüben, Bohnen, verschiedene Getreidearten und Kartoffeln. Je nach regionalen Gegebenheiten variiert die Bedeutung der jeweiligen Tier- und Pflanzenarten für die Wirtschaft der Ainu sehr stark.

Für Hokkaido sind Sikahirsch und Lachs für die Ernährung von signifikanter Bedeutung. Der Braunbär spielt im religiösen Bezug eine wichtige Rolle (siehe unten). Fuchs, Hase oder Eichhörnchen wurden besonders wegen des Pelzes verfolgt. Meeressäuger und Wale wurden nur an einigen Stellen an der Küste gejagt. Insgesamt war die wirtschaftliche Kultur der Ainu auf Hokkaido aber auf das Leben im Landesinneren ausgerichtet[13].

[...]


[1] Ölschleger, Hans Dieter in: Staatliches Museum für Völkerkunde München 2002, S.14; vgl. Wirz, S.7

[2] Umfrage der Präfekturregierung Hokkaido 1999: 23.767 Menschen bezeichneten sich selbst als Ainu

[3] Fitzhugh, S.9

[4] Ölschleger in: Staatliches Museum für Völkerkunde München 2002, S.14

[5] Ohnuki-Tierney, S.22

[6] Ohnuki-Tierney, S.19

[7] Ölschleger in: Staatliches Museum für Völkerkunde München 2002, S.15, vgl. Peng & Geiser, S.9 f.

[8] Wirz, S.6 vgl. auch Arutiunov, S.A.in: Fitzhugh, S.29-31

[9] Witz, S.6

[10] die Ainu sind usprünglich eine schriftlose Kultur

[11] vgl. Fitzhugh, S.17

[12] Ölschleger in: Staatliches Museum für Völkerkunde München 2002, S.15

[13] Ölschleger in: Staatliches Museum für Völkerkunde München 2002, S.17

Ende der Leseprobe aus 22 Seiten

Details

Titel
Behandlung von alten und kranken Menschen bei den Ainu
Hochschule
Ludwig-Maximilians-Universität München  (Institut für Ethnologie und Afrikanistik)
Veranstaltung
Die Behandlung von alten und kranken Menschen in Wildbeuter- und Pflanzerkulturen
Note
sehr gut 1,0
Autor
Jahr
2006
Seiten
22
Katalognummer
V87710
ISBN (eBook)
9783638032971
ISBN (Buch)
9783638931403
Dateigröße
1039 KB
Sprache
Deutsch
Schlagworte
Behandlung, Menschen, Ainu, Behandlung, Menschen, Wildbeuter-, Pflanzerkulturen
Arbeit zitieren
Rudi Loderbauer (Autor:in), 2006, Behandlung von alten und kranken Menschen bei den Ainu, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/87710

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