Die Bedeutung von Individualisierungstendenzen für den Lebenslauf


Seminararbeit, 2006

15 Seiten, Note: 1,7


Leseprobe


Inhaltsverzeichnis

1. Einleitung, Eingrenzung und Fragestellung

2. Individualisierung nach den Klassikern der Soziologie
2.1 Georg Simmel
2.2 Émile Durkheim
2.3 Max Weber
2.4 Norbert Elias

3. Soziologie des Lebensverlaufs

4. Dimensionen der Individualisierung
4.1 Veränderung von sozialen Beziehungen
4.2 Individualisierung als Autonomie
4.3 Individualisierung und Berufsverläufe

5. Schlussbetrachtung

6. Literaturverzeichnis

7. Internetquellen

1. Einleitung, Eingrenzung und Fragestellung

Diese Hausarbeit ist zur Vertiefung des Soziologieseminars „Soziologie der Individualisierung“ erstellt wurden. Sie dient zum Erwerb eines Leistungsscheines. Das Thema der Arbeit lautet: „Die Bedeutung von Individualisierungstendenzen für den Lebenslauf“. „Individualisierung ist ein Prozess, bei dem sich die Art des Eingebundenseins des Individuums in die Gesellschaft verändert. Der Individualisierungsprozess ist in diesem Sinne die Veränderung des Verhältnisses von Individuum und Gesellschaft im Verlaufe der Zeit“[1] Natürlich gibt es auch zu diesem Thema verschiedene Konzepte oder Sichtweisen. Um die wichtigsten und bedeutendsten vorzustellen, werden zunächst jene von Max Weber, Norbert Elias, Georg Simmel und Émile Durkheim betrachtet. Im Anschluss daran beschäftigt sich diese Hausarbeit mit der Soziologie des Lebensverlaufs. „Die Soziologie des Lebensverlaufs beschäftigt sich mit den Stadien und Prozessen, die sich über den gesamten Lebensverlauf erstrecken: insbesondere die Familien- und Haushaltsgeschichte, Bildungs- und Ausbildungswege, Erwerbs- und Berufskarrieren, Wohnungs- und Wohnortsverläufe und Wanderungen.“[2] Im letzten Teil dieser Hausarbeit geht es um die Dimensionen der Individualisierung. Hier sollen die Veränderung der sozialen Beziehungen, Individualisierung als Autonomie und Individualisierung mit dem Blick auf die Berufsverläufe näher beleuchtet werden. Es muss in der Regel immer auf die Ursachen der Veränderungen schauen, wenn festgestellt wurde, dass Veränderungen aufgetreten sind. Für mich stellt sich die Frage, wie sich der in der Presse so oft diskutierte Fall der Arbeitslosigkeit auf die sozialen Beziehungen einzelner Individuen auswirkt und ob es zwangsläufig nur negative Effekte gibt oder auch positive Aspekte zum Vorschein kommen.

2. Individualisierung nach den Klassikern der Soziologie

Die nächsten Unterkapitel beschäftigen sich mit den verschiedenen Sichtweisen der soziologischen Klassiker, wie Max Weber, Émile Durkheim und Norbert Elias zum Thema Individualisierung.

2.1 Georg Simmel

Für ihn ist das Verhältnis von Individuum und Gesellschaft von zentraler Bedeutung für die Soziologie. Er spricht dabei von einem sozialen Ausdruck eines tiefen und grundlegenden Dualismus. Dieser Dualismus ist nicht greifbar, er kann nur durch antagonistische Prinzipien beschrieben werden. Solch ein antagonistisches Prinzip könnte zum Beispiel in unserem Geiste das Allgemeine und das Besondere sein.[3] Wenn Georg Simmel[4] in seinen Werken von Individualisierung spricht, meint er die Zunahme der Verschiedenheiten der Individuen innerhalb einer Gesellschaft. Als Gesellschaft bezeichnet er ein Gebilde, das im Ganzen den dynamischen Veränderungen, wie Ein- und Austritt einzelner Individuen, Stand hält. Für das Bestehen einer Gesellschaft werden nach Simmel drei Bedingungen benötigt:

(1) Erkennen anderer Menschen mit Hilfe gemeinsamer, allgemeinmenschlicher Kategorien, um sie zu erfahren und mit ihnen in Verbindung zu treten. Dabei ist es aber nicht wichtig, ob ein Mensch diese Kategorie in Gänze ausfüllen kann oder ob die Kategorie den Mensch in Gänze ausfüllt. Je deutlicher uns eine Person wird, umso mehr allgemeine Kategorie benötigen wir zur Beschreibung.
(2) Jeder Mensch ist gesellschaftlich und auch nicht- gesellschaftlich bestimmt. Diese Teile beeinflussen einander, nicht immer gleich stark. Simmel beschreibt dies dadurch, dass er sagt, jeder Mensch ist gleichzeitig Produkt und Produzent seiner sozialen Umgebung.
(3) Jeder Mensch denkt, es gibt eine Gesellschaft, die in sich stabil ist, eine innere, harmonische Ordnung besitzt und nicht auf die dynamischen Vorgänge des Verlassens und Eintretens reagiert. Des Weiteren sieht jeder Mensch einen vorbestimmten Platz für sich selbst. Es spielt dabei keine Rolle, ob diese Stelle in der Gesellschaft erreicht wird oder werden kann.[5]

Simmel erklärt in seinem Werk auch, dass die Individualisierung mit zunehmender Gruppenstärke auch immer größer wird. Wenn eine Gruppe klein ist, werden alle Mitglieder benötigt, um die Gruppe zu erhalten. Dadurch ist der Einfluss der Individuen einer kleinen Gruppe untereinander sehr groß. Je größer die Gruppe wird, umso mehr verteilen sich die Aufgaben die zum Erhalt notwendig sind. Dadurch entfernen sich die Mitglieder voneinander. Jeder Mensch versucht sich zu spezialisieren, um sich den Lebenserhalt so einfach wie möglich zu gestalten. Durch die Erweiterung der Gruppe wird die Konkurrenz immer größer und die Spezialisierung nimmt zu, dadurch nimmt auch die Individualisierung zu.

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten[6]

Quantitative Veränderungen bei Simmel im Überblick

2.2 Émile Durkheim

Das Verhältnis von Individuum und Gesellschaft ist ein zentrales Thema in Durkheims[7] Lehre. Er war der erste Soziologe, der versucht hat die Beziehung von Individuum und Gesellschaft durch Empirie zu überprüfen. Émile Durkheim geht, wie Georg Simmel, davon aus, dass sich die Individuen einer Gruppe immer unähnlicher werden. Die verschiedenen Gruppen einer Gesellschaft gleichen sich immer mehr an. Durkheim unterscheidet in zwei soziale Typen:

(1) Individualtypen und

(2) Kollektivtypen.

Ebenso kann das Bewusstsein der Individuen unterschieden werden. Er spricht von:

(1) Kollektivbewusstsein, das gemeinsame religiöse Überzeugungen, Werte, Normen und Moralvorstellungen umfasst. Und von

(2) Individualbewusstsein, das sich in jedem Individuum selbst differenziert.[8]

Der Staat, die Wirtschaft, das Recht und die Kirche werden durch die kollektiven Gefühle und Handlungen getragen. Die gemeinsamen Inhalte, die für alle Menschen gelten, sind bei der Geburt noch äußerlich und müssen im Verlauf des Lebens verinnerlicht werden[9].

2.3 Max Weber

Max Weber[10] entwickelte zwischen dem Ende des 19. Jahrhunderts und Anfang des 20. Jahrhunderts eine soziologische Theorie. Weber vertritt die Vorstellung des „naiven Realismus“[11]. Das heißt, dass Menschen, Dinge und Vorgänge existieren. Auch jede Person einer Gesellschaft setzt voraus, dass die Dinge und Menschen vorhanden sind und diese in ihre Entscheidungen mit einbezogen werden können. Sie wird aber nie ihre komplette Umwelt mit einbeziehen können, sondern nur den für sie wichtigen Anteil. Durch diese Eingrenzung der eigenen Umwelt schaffen Personen sich ihre eigene Welt. Handelt es sich hierbei um eine „soziale“ Welt, ist es eine besondere Art des Handelns, nämlich das für Weber zentrale Element, das „soziale Handeln“. Das Handeln wird dadurch sozial, dass es sich am Verhalten anderer Individuen orientiert. So schätzt das handelnde Individuum die Chancen für den Erfolg der eigenen Handlung, durch die Orientierung am erwarteten Verhalten der anderen Menschen, ab. Laut Max Weber beginnt das „soziale Handeln“ bereits im Kopf, durch das Einbeziehen anderer in die eigene Handlung.[12] Also könnte man das Verhältnis von Individuum und Gesellschaft bei Weber eher als Verhältnis zwischen Individuen beschreiben, wodurch in letzter Konsequenz eine Gesellschaft entsteht[13]. Handeln ist für Weber immer selbst gestaltet. Dadurch erlangt das Handeln eine Wert- und Sinnhaftigkeit. So spricht er davon, dass ein Individuum seinem Verhalten immer subjektiven Sinn versieht[14]. Dieser subjektive Sinn lässt ein Motiv entstehen. Wenn ein Individuum, angetrieben von diesem Motiv, handelt, tut es das, weil es glaubt es sei in diesem Situationszusammenhang sinnvoll. D. h. das Motiv ist der sinnhafte Grund des eigenen Handelns. Für Max Weber sind diese Motive „Wertinteressen“, konkrete Konzepte von Wertideen.

[...]


[1] Vgl: Kippele, Flavia: Was heißt Individualisierung?: Die Antworten soziologischer Klassiker. Opladen: Westdeutscher Verlag, 1997. S. 15.

[2] Allmendinger, Jutta: Lebensverlauf und Sozialpolitik: Die Ungleichheit von Mann und Frau und ihr öffentlicher Ertrag. Frankfurt/ Main: Campus Verlag, 1994. S. 26.

[3] Vgl. Ebd. S. 62 ff.

[4] „Georg Simmel (* 1. März 1858 in Berlin; † 28. September 1918 in Straßburg) war ein deutscher Philosoph und Soziologe. Er gehörte zu den Vertretern der Lebensphilosophie und war Begründer der "formalen Soziologie".“

http://de.wikipedia.org/wiki/Georg_Simmel#Leben_und_Wirken.

Stand: 26.Juli.2006

[5] Vgl: Kippele, Flavia: Individualisierung. 1997. S. 69.

[6] Ebd: S. 71

[7] David Émile Durkheim (*15. April 1858 in Épinal, Frankreich; †15. November 1917 in Paris) war ein französischer Soziologe. Er gilt als einer der Begründer der Soziologie als empirische Wissenschaft mit eigenständiger Methode, die nicht nur der Illustration von Hypothesen sondern deren Beweis dient.

http://de.wikipedia.org/wiki/Emile_Durkheim.

Stand: 26. Juli 2006.

[8] Vgl. Posner, Christine: Die Bedeutung sozialer Einbindung für die Entwicklung von Individualisierungsprozessen: Eine Annäherung an das Phänomen der Individualisierung sowie eine empirische Analyse der sozialen Bindungen unter den Bedingungen des sozialen Umbruchs in Deutschland. Frankfurt am Main: Europäischer Verlag der Wissenschaften, 2002. S. 25 ff.

[9] Vgl: Kippele, Flavia: Individualisierung. 1997. S. 91.

[10] Maximilian Carl Emil Weber (* 21. April 1864 in Erfurt; † 14. Juni 1920 in München) war ein deutscher Jurist, Nationalökonom und Soziologe.

http://de.wikipedia.org/wiki/Max_Weber#Leben.

Stand: 26. Juli 2006.

[11] Weber, Max; Winckelmann, Johannes (Hg.): Gesammelte Aufsätze zur Wissenschaftslehre. 7. Aufl. Tübingen: Siebeck, 1988. S. 437.

[12] Ebd. S. 110.

[13] Ebd. S. 108

[14] Weber, Max: Aufsätze. 1988, S. 437.

Ende der Leseprobe aus 15 Seiten

Details

Titel
Die Bedeutung von Individualisierungstendenzen für den Lebenslauf
Hochschule
Helmut-Schmidt-Universität - Universität der Bundeswehr Hamburg
Note
1,7
Autor
Jahr
2006
Seiten
15
Katalognummer
V87800
ISBN (eBook)
9783638032025
ISBN (Buch)
9783640325450
Dateigröße
456 KB
Sprache
Deutsch
Schlagworte
Bedeutung, Individualisierungstendenzen, Lebenslauf
Arbeit zitieren
Sandy Stanke (Autor:in), 2006, Die Bedeutung von Individualisierungstendenzen für den Lebenslauf, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/87800

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