Im Rahmen unseres Hauptseminars haben wir uns mit verschiedenen Aspekten des Sozialstaats in Deutschland von Bismarck bis Blüm beschäftigt. Mein Auftrag war es, die Positionen der Liberalen im deutschen Kaiserreich zur sozialen Frage zu untersuchen. Dabei beschränkte ich mich auf die Arbeit der liberalen Parteien auf Reichsebene. Ihre Arbeit auf kommunaler Ebene ist nicht Gegenstand dieser Seminararbeit.
Eine weitverbreitete Auffassung besagt, dass Liberalismus und Sozialpolitik ein Paradox darstellen. In Bezug auf mein Thema würde das bedeuten: „Die Liberalen des Kaiserreiches kümmerten sich nicht um die soziale Not der unteren Schichten ihrer Zeit.“ Das Ziel meiner Seminararbeit ist demnach festzustellen, welche Ansichten die Liberalen des Kaiserreiches zu den sozialen Problemen vertraten, und wie man das liberale Spektrum hinsichtlich dieser Frage zu differenzieren hat. Die Heterogenität des liberalen Spektrums war so groß, dass man zwischen den einzelnen Parteien unterscheiden muss, wenn man vom Liberalismus spricht. Die zwei wichtigsten und widersprüchlichsten Flügel innerhalb des Liberalismus waren die Nationalliberalen und die Linksliberalen, von denen auch weiterhin die Rede sein wird.
Im ersten Teil wird der Begriff der sozialen Frage und das Gesellschaftsbild des Liberalismus vorgestellt. Danach beschäftige ich mich mit der chronologischen Entwicklung der liberalen Parteien seit ihrer Gründung, mit ihren Spaltungen und Wiedervereinigungen, so dass die Namen der Parteien und der Personen bekannt werden und man auf sie zurückgreifen kann. Die Gemeinsamkeiten aller liberaler Gruppierungen werden im dritten Kapitel dargestellt. Die Epoche des Kaiserreichs habe ich in vier Phasen aufgeteilt. Für jede Phase wurde versucht, die typischen liberalen Profile der Zeit darzustellen und ihre Haltungen zur Sozialpolitik deutlich zu machen. Dabei beziehe ich mich hauptsächlich auf die schon erwähnten zwei wichtigsten Richtungen des Liberalismus, auf die Nationalliberalen und auf die Linksliberalen. Der erste Abschnitt fällt mit der Zeit zwischen dem Gründungsjahr des deutschen Kaiserreiches 1871 und 1878/79 zusammen. Hier wird hauptsächlich die Gleichsetzung des deutschen Liberalismus mit dem Manchestertum und die Rolle des Manchestertums bei der Ablehnung der sozialen Frage diskutiert. Der zweite Abschnitt erstreckt sich von der Einführung der Schutzzölle im Jahr 1880 bis zum Rücktritt Bismarcks im Jahr 1890.
Inhaltsverzeichnis
- Einleitung
- Grundsätze der sozialen Frage und des Liberalismus
- Was ist die 'soziale Frage`?
- Gesellschaftsbild des Liberalismus
- Entwicklung der liberalen Parteien
- Prinzipien liberaler Sozialreform
- Bildung
- Selbsthilfe versus Staatsintervention
- Solidarität durch Assoziationen: Genossenschaften und Gewerkvereine
- Die Positionen der liberalen Parteien zur sozialen Frage in ihrer chronologischen Entwicklung
- Liberale Ära (1871 – 1879)
- Sozialversicherungsgesetzgebung: die Frage nach der richtigen Kombination von Selbsthilfe und staatlicher Verordnung (1880-1890)
- Perspektivwechsel liberaler Sozialpolitik (1891 – 1899)
- Neuorientierung des Liberalismus (1900/06 - 1914)
- Fazit
Zielsetzung und Themenschwerpunkte
Diese Seminararbeit befasst sich mit der Position der Liberalen im Deutschen Kaiserreich zur 'sozialen Frage'. Das Hauptziel der Arbeit ist es, die Ansichten der Liberalen zu den sozialen Problemen der Zeit zu untersuchen und das liberale Spektrum hinsichtlich dieser Frage zu differenzieren. Dabei wird die Heterogenität des liberalen Spektrums berücksichtigt und zwischen den verschiedenen liberalen Parteien unterschieden.
- Definition und Entwicklung der 'sozialen Frage'
- Das Gesellschaftsbild des Liberalismus
- Die Entwicklung der liberalen Parteien im Kaiserreich
- Prinzipien liberaler Sozialreform
- Die Positionen der liberalen Parteien zur Sozialpolitik in verschiedenen Epochen des Kaiserreichs
Zusammenfassung der Kapitel
Das erste Kapitel der Arbeit führt den Begriff der 'sozialen Frage' ein und stellt die Grundprinzipien des Liberalismus vor. Im zweiten Kapitel wird das Gesellschaftsbild des Liberalismus erläutert, das auf dem Gedanken der Autonomie des Individuums und dem freien Spiel der individuellen Kräfte basiert. Das dritte Kapitel behandelt die Entwicklung der liberalen Parteien im Kaiserreich, ihre Spaltungen und Wiedervereinigungen, um die Namen der Parteien und Personen im Kontext der Arbeit zu klären. Die Gemeinsamkeiten aller liberaler Gruppierungen werden in diesem Kapitel dargestellt.
Schlüsselwörter
Die Arbeit beschäftigt sich mit dem Thema der 'sozialen Frage' im Kontext des deutschen Kaiserreichs. Die wichtigsten Schlüsselwörter sind: Liberalismus, Nationalliberale, Linksliberale, soziale Frage, Sozialpolitik, Selbsthilfe, Staatsintervention, Genossenschaften, Gewerkvereine, Manchestertum, Wirtschaftsliberalismus, Adam Smith, John Prince-Smith.
- Arbeit zitieren
- Katarina Bezakova (Autor:in), 2007, Liberale Antworten auf die soziale Frage im deutschen Kaiserreich, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/88062