Konzepte von Soft Power


Seminararbeit, 2000

17 Seiten, Note: 1,7


Leseprobe


Inhaltsverzeichnis

1.MACHTENTWICKLUNGEN
1.1 TRADITIONELLE AUSRICHTUNG VON MACHT
1.2 TRADITIONELLE MACHTRESSOURCEN
1.3 VERÄNDERUNG VON MACHT

2 SOFT POWER
2.1 INFORMATION
GLAUBWÜRDIGKEIT
FREI UND ÖFFENTLICH
2.2 VORANNAHMEN
KOMPATIBILITÄT
AUSRICHTUNG
ATTRAKTIVES NETZWERK

3 PROBLEME UND SCHWACHSTELLEN VON SOFT POWER
3.1 MOMENTE VON SOFT POWER
SOFT POWER ALS GRUNDLAGE VON HARD POWER
SOFT POWER ALS META – EBENE VON HARD POWER
3.2 FAZIT
KRITIKPUNKTE

1 Machtentwicklungen

Macht im hier betrachteten Verständnis ist primär ausgerichtet auf zwischenstaatliche Beziehungen. Dabei sind im Prinzip nur wenige Staaten wirklich in der Lage, international Einfluss zu erlangen. Dieser Einfluss basiert auf Möglichkeiten, anderen zu drohen oder diese mit militärischen Mitteln zu kontrollieren. Internationale Politik aus diesem Blickwinkel lässt nur Staaten als Akteure zu, da allein diese über militärisches Potenzial verfügen, also in der Lage sind, notfalls ihre Ziele oder Ideale zu verteidigen bzw. durchzusetzen.

1.1 Traditionelle Ausrichtung von Macht

Diese Hard Power verfolgt im Zuge des nationalen Interesses vorrangig Sicherheitspolitische Ziele, das heißt ganz im Sinne der Staatsräson Erhaltung und Ausbau der eigenen Machtposition, um sich gegenüber anderen Nationen halten und durch Kontrolle und Einfluss über andere die eigene Position noch verbessern zu können. Weiterhin sollen eigene Interessen anderen aufgezwungen werden.

1.2 Traditionelle Machtressourcen

Die Mittel der Macht unterliegen subjektiven Kriterien und Sicherheitsansprüchen. So gilt für manche noch heute die Bevölkerungsstärke als ein wichtiges Mittel, um im internationalen Vergleich als mächtig dazustehen. Durch ihre Steuern und als potenzielle Soldaten bildet die Bevölkerung das Fundament für militärische Macht, Schlagkraft und dementsprechend auch Herrschaft z.B. über Nachbarstaaten. Andernorts ist Macht eine geo-strategische Frage – wie viel Einfluss hat „mein“ Land und wo stehen die Anderen.

Oder Macht ist abhängig vom Zugang zu Ressourcen, damit eine Nation auch lang anhaltende Auseinandersetzungen durchstehen kann. All dies lässt sich theoretisch in Mittel zur Kriegsführung, also zur gewaltsamen Durchsetzung eigener Interessen umwandeln. Allein die Möglichkeit, dass eine Nation seine Machtressourcen in einem Konflikt gegen eine andere Nation einsetzen könnte ist weithin ein Drohpotenzial, mit

dem sich als schwächer empfundene Opponenten schnell zum einlenken bewegen lassen.

„Power in this sense means holding the high cards in the international poker game (…) if your opponent is showing cards that can beat anything you hold, fold your hand. If you know you will lose a war, don’t start it.” (Nye 1990, S. 26)

Die Relevanz von bestimmten Ressourcen für die Bestimmung der Machtposition eines Akteurs ist jedoch nicht immer eindeutig, sie ist größtenteils subjektiver Natur und lässt sich eigentlich nur in einer tatsächlichen militärischen Auseinandersetzung bestimmen. Die eigentliche Kraft einer Ressource entsteht erst in der Umsetzung in ein Mittel, um seine Macht durchzusetzen bzw. zu erkämpfen. Denn neben dem Vorhandensein bestimmter, als Machtmittel empfundener Ressourcen ist auch das Potenzial diese Mittel sinnvoll und effizient einzusetzen ein Zeichen für Stärke. Beispielsweise während des Zweiten Weltkrieges waren die USA zu Beginn militärisch eher ihren Gegnern (besonders Japan) unterlegen, da sie vorhandene Ressourcen nicht voll umgesetzt haben. Die Macht, die heute den USA (auch im Rückblick) zugestanden wird, entstand erst in der Mobilisierung und Verbesserung der eigenen Kräfte zur Umsetzung des eigenen Potenzials in Machtmittel wie Waffen, Schiffe, Flugzeuge oder Soldaten.

Durch diese unterschiedlichen Auffassungen, wodurch sich Macht bestimmen lässt, entsteht im Sinne von Nye’s Pokerspiel viel Spielraum für Bluffs, aber auch für Missverständnisse, die im Falle einer tatsächlichen kriegerischen Auseinandersetzung für den Unterschätzenden sehr kostspielig im Sinne von Ressourcen und letztendlich auch Menschenleben sein kann. „However, (...) proof of power lies not in the resources but in the changed behavior of nations.” (Nye 1990, S. 174)

In Zukunft scheint aber die Kontrolle des politischen Umfeldes schwieriger zu werden. Durch die Ausbreitung an nicht-staatlichen, internationalen Akteuren, die sich dem direkten Einfluss von Einzelstaaten zunehmend entziehen, gleichzeitig aber durch ihre Forderungen und eigenen Machtpositionen auf Staaten wirken können, kommt es zu einer Diffusion der Macht.

1.3 Veränderungen von Macht

“Hard power (...) still counts. It is the ultimate, because existential, currency of power. But on the day-to-day level, "soft power" ... is the more interesting coin ... Today there is a much bigger payoff in getting others to want what you want.” (Josef Joffe 1997, zitiert nach Arquila, Ronfeldt 1999; S. 40)

Darum muss eine Unterscheidung getroffen werden: „the distinction between power over other countries and power over outcomes must be clear“ (Nye 1990, S. 175). Diese Macht über Ergebnisse, Entscheidungen, wird von der traditionellen Auffassung von Macht im Sinne der Hard Power nicht mehr erfasst. Einzelstaaten haben danach immer weniger Möglichkeiten, direkten Einfluss auf das komplexe System der Internationalen Politik zu nehmen.

Neben der Ausbreitung von NGOs und nicht-staatlichen Akteuren allgemein wirken sich weitere Entwicklungen verändernd auf die Form von Macht aus. Unter anderem sind dies die Informationsrevolution und eine zunehmende internationale Interdependenz. Letztere ist zwar kein wirklich neuer Trend, von der internationalen Interdependenz hat z.B. schon Kant in seinen Werken geschrieben, jedoch verstärkt durch vor allem technologische Umwälzungen im Zuge der Informationsrevolution werden hier ganz neue Dimensionen erreicht.

Die technologischen Entwicklungen der letzten Jahre haben zu einer rasanten Zunahme internationaler wirtschaftlicher, aber auch politischer Interdependenzen geführt – der alte Spruch, dass es egal sei ob in China ein Sack Reis umfalle trifft nicht mehr so ganz zu. Wenn der asiatische Aktienmarkt einbricht, dann hat das auch Konsequenzen für scheinbar unbeteiligte Länder wie Mexiko oder Deutschland. Aber

z.B. kann sich auch ein Bürgerkrieg in Südamerika direkt und negativ auf den holländischen Tulpenexport auswirken.

Dadurch, das Kommunikation und Warentransport nicht nur schneller sondern auch preiswerter geworden sind, können sich vermehrt transnationale Firmen aufbauen bzw. zusammenschließen, die allein durch ihre Größe und nationale Ungebundenheit in der Lage sind, neue Interessensschwerpunkte und Fragen, losgelöst von staatlichen Einstellungen und Standpunkten, auf die Tagesordnung zu setzen.

Aber auch gesellschaftliche Organisationen können sich einfacher auf internationaler Ebene organisieren und ihre Potenziale bündeln, mit der Folge dass sie ebenfalls neue Sensibilitäten, ein verändertes Problembewusstsein sowie andersartige Konfliktlinien in die internationale Politik einbringen. Diese beiden neuen Akteursgruppen haben in manchen Gebieten bereits mehr Einfluss (und Macht) erlangt als Einzelstaaten. Dieser außerstaatliche Einfluss bleibt jedoch (vorerst?) sehr issue-orientiert und tritt nur bei speziellen Problemen hervor.

Diese Akteure stehen auch nicht für neue Akteure in der Anwendung von Hard Power, da sie keine vorrangig sicherheitspolitischen Ziele verfolgen sondern stets gesellschaftliche (NGOs) oder eigene, wirtschaftliche Interessen (Unternehmen) verfolgen. Vielmehr zeigen sie auf, dass es eine neue Art der Machtpolitik gibt, die sich nicht mehr explizit der Mittel der Hard Power bedient.

Um in dieser neuen Machtordnung mit von der Partie zu sein wird es notwendig neue Konzepte von Macht zu verwenden:

2 Soft Power

“information” and “power” are becoming increasingly intertwined. Across many political, economic, and military areas, informational “soft power” is taking precedence over traditional, material “hard power.” (Arquila, Ronfeldt 1999, S. IX)

Soft Power funktioniert nicht wie die traditionelle Hard Power über Zwang und Gewalt sondern mittels Transmission von Informationen, von Ideen, von Werten und Normen. Das Konzept der Soft Power soll den sich verändernden Strukturen Rechnung tragen; es ist auf diese ausgerichtet.

Um Macht zu erlangen sollen – im Sinne der Soft Power – die Akteure Einfluss auf die Strukturen internationaler Entscheidungsprozesse nehmen. Durch aktive Beteiligung am agenda-setting können bestimmte – eigene – Ziele und Sichtweisen formuliert und auf das internationale Parkett gezogen werden. Mittels der Einflussnahme auf Institutionen, besser noch mit Hilfe der Schaffung von Institutionen, kann man diesen einen Weg weisen, der als Ergebnis im Bestfall die Festlegung von eigenen Werten als internationale Norm hat. Es geht also um das schaffen und setzen von Standards,

Grundeinstellungen, um die Strukturen internationaler Politik beeinflussen zu können:

„ (...) proof of power lies in the changed behavior of nations.” (Nye 1990, S. 174)

Um diesen Einfluss zu erlangen ist Information und ihre Verbreitung der Schlüssel:

„soft power rests ultimately on credibility and (...) this derives from the production and dissemination of free (public) information“ (Arquila, Ronfeldt 1999, S. 40).

2.1 Information

Für die Soft Power ist es also notwendig, um glaubwürdig und dadurch einflussreich zu sein, Information zu produzieren und zu verbreiten. Information bedarf hiernach zweier Eigenschaften: sie muss glaubwürdig sein, also von einer freien Quelle, und sie soll öffentlich sein.

Glaubwürdigkeit

Glaubwürdigkeit ist eine Frage der Erfahrung des Rezipienten. In diesem Falle haben nicht-staatliche Organisationen aus politischer Sicht einen gewissen Vorteil, da sie es sich theoretisch nicht leisten können, Falschinformationen zu verbreiten.

Ein Beispiel dafür (und zum Teil auch dagegen!) findet sich für die ‚neuen’ Akteure, wenn man zurückblickt auf die von Greenpeace erzeugte Protestwelle gegen die Versenkung der Bohrplattform Brent Spar in der Nordsee. Da sich Greenpeace in seiner Geschichte seinen Namen damit verdient hat, bestimmte Sachverhalte an die Öffentlichkeit zu zerren, wurden auch in diesem Fall die veröffentlichten ‚Fakten’ als glaubwürdig angesehen. Umso stärker waren die Proteste sowohl national als auch international – schließlich ging es darum, eine von einem Staat (England) getroffene Entscheidung zu beeinflussen. Durch wohlgezielte Informationskampagnen und Einbeziehung von Medien aller Art konnte Greenpeace den Protest kanalysieren – schließlich wurde die Bohrinsel nicht versenkt.

Erst hinterher wurden die Rufe der Betreiber gehört, dass die Informationen teilweise sehr stark manipuliert waren.

Die – bestimmten Informationsquellen zugestandene – „credibility“ kann Gelegenheit zu gezielter Desinformation bieten. Die Nachwirkungen manipulierter Information sind dabei oftmals jedoch zu vernachlässigen, sofern sie nicht an den Grundfesten von Werteinstellungen rüttelt. Im Fall der Brent Spar, aber z.B. auch bei der gezielten Verbreitung von manipulierten Bildern im Kosovo – Krieg zeigt sich der besondere Einfluss der Soft Power. Denn in beiden Fällen wurde die Information als Machtmittel eingesetzt um Einfluss auf Entscheidungen zu nehmen, im ersteren Fall eine konkrete, im Falle der NATO ging es um die Vermittlung bzw. den Schutz einer Einstellung. Dafür lassen sich auch Kollateralschäden akzeptieren, denn die Sache dient einem anderen Zweck, der Verbreitung von Wertvorstellungen: Freiheit und Frieden.

Frei und öffentlich

Die zweite Anforderung die das Soft Power Konzept an Information stellt ist z.T. bereits eine Frage der zugrundeliegenden Ideologie (aber sie ist nicht im entferntesten so bedeutsam wie die Glaubwürdigkeit). Das Prinzip der Soft Power funktioniert am besten, wenn Information öffentlich zugänglich ist und frei produziert werden kann. Erst dadurch kann Soft Power die Bedeutung erlangen, die ihr jetzt zuteil wird.

Die oben genannten technologischen Innovationen ermöglichen vor allen Dingen den schnellen Transfer von Wissen, von Information. Zugleich verringern sie die Zugangsbeschränkungen, d.h. die Anzahl der potenziellen Empfänger und Produzenten steigt rapide an.

„the growth of a vast new information infrastructure — including not only the Internet, but also cable systems, direct broadcast satellites, cellular phones, etc. — in which the balance is shifting away from one-to-many broadcast media (…) toward many-to-many interactive media. (…) a growing, (…) population is enjoying an ease of entry and access to the new infrastructure for commercial, social, diplomatic, military, and other interactions. This easy access is resulting in a huge increase in global interconnectivity.” (Arquila, Ronfeldt 1999, S. IX)

Diese Entwicklung bedarf einer Grundlage, wie sie in freien, demokratischen Gesellschaften zu finden ist. Wie aktuelle Beispiele zeigen, leistet sich ein totalitäres Regime diese Offenheit nicht. So wird beispielsweise in China, Nordkorea oder in Kuba immer noch versucht, den Zugang zum Internet zu beschränken oder zumindest zu

kontrollieren. Dies geschieht aus der Befürchtung heraus, das eigene System könnte nicht mehr attraktiv genug sein um mit der Außenwelt – frei, demokratisch etc. – zu konkurrieren.

[...]

Ende der Leseprobe aus 17 Seiten

Details

Titel
Konzepte von Soft Power
Hochschule
Freie Universität Berlin  (Otto-Suhr-Institut)
Veranstaltung
Militär- und Sicherheitspolitik im technologischen Wandel.
Note
1,7
Autor
Jahr
2000
Seiten
17
Katalognummer
V886
ISBN (eBook)
9783638105668
ISBN (Buch)
9783640202416
Dateigröße
430 KB
Sprache
Deutsch
Anmerkungen
Soft Power funktioniert nicht wie die traditionelle Hard Power über Zwang und Gewalt sondern mittels Transmission von Informationen, von Ideen, von Werten und Normen. Das Konzept der Soft Power soll den sich verändernden Strukturen Rechnung tragen, es ist auf diese ausgerichtet.
Schlagworte
Soft Power, Hard Power, Zwang, Gewalt, Information, Werte, Normen, CNN-Effekt, Baywatch, Mach, Politik, Internet, Agenda, Agenda-setting, Einfluss, warfare, Klas Roggenkamp, Information, Kultur, Holly
Arbeit zitieren
Klas Roggenkamp (Autor:in), 2000, Konzepte von Soft Power, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/886

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