Qualitätsentwicklung in den Sprachschulen im Rahmen der Integration von Zuwanderern


Magisterarbeit, 2007

124 Seiten, Note: sehr gut


Leseprobe


Inhaltsverzeichnis

Danksagung

Abbildungsverzeichnis

Tabellenverzeichnis

Abkürzungsverzeichnis

Einleitung

1. Sprachintegration der Zuwanderer
1.1. Zuwanderungsland Deutschland
1.2. Der Einfluss von Zuwanderung auf die deutsche Gesellschaft
1.2.1. Wirtschaftliche Effekte
1.2.2. Kulturelle Effekte
1.2.3. Politische Effekte
1.3. Rolle und Probleme der Integration
1.4. Sprache als Schlüssel zur Integration
1.5. Integrationskurse
1.5.1. Rahmenbedingungen
1.5.2. Beteiligte Akteure
1.5.2.1. Bundesamt für Migration und Flüchtlinge
1.5.2.2. Kursteilnehmer
1.5.2.3. Lehrkräfte
1.5.2.4. Kursträger

2. Qualitätsmanagement
2.1. Übertragung der Qualitätssicherungsverfahren auf den Bildungsbereich
2.2. Qualität beim Sprachenlernen
2.3. Maßnahmen zur Qualitätssicherung und -entwicklung
2.3.1. Inspektion
2.3.2. Externe Leistungsbewertung
2.3.2.1. Die Sprachenprüfungen an den Goethe-Insituten
2.3.2.2. Die Sprachenprüfungen der Volkshochschulen
2.3.3. Kollegiale Evaluation
2.3.4. Unterrichtsbeobachtung
2.3.5. Selbstevaluation
2.4. Die bekanntesten Bildungsträger und ihre Qualitätsmanagementsysteme
2.4.1. Die Volkshochschulen
2.4.2. Private Sprachschulen
2.4.2.1. Die Euro-Schulen und die ISO-Norm
2.4.2.2. Die Eurocentres undEAQUALS

3. Konzept zur Beurteilung der Qualitätsentwicklung im Rahmen Kursträgerzulassung und Vorortprüfung
3.1. Grundzüge des Konzeptes
3.1.1. Qualitätsbereiche und -anforderungen
3.1.2. Arbeitsblätter
3.2. Das SaarLernNetz-Modell
3.3. EFQM-Modell
3.3.1. Unterkriterien der Bewertung. Arbeitsblätter
3.4. DIN-Modell
3.5. Zusammenfassender Vergleich der Einzelmodelle

Zusammenfassung

Literaturverzeichnis

Abbildungsverzeichnis

Abbildung 1: Ein Auszug aus dem Katalog SaarLernNetz

Abbildung 2: Beispiel eines Arbeitsblattes

Abbildung 3: Grundschema des EFQM-Modells

Abbildung 4: EFQM-Modell

Abbildung 5: Das EFQM-Modell modifiziert für die Integrationskursträger

Abbildung 6: Bewertungsschema von RADAR

Abbildung 7: Bewertungsmatrix des EFQM-Modells

Abbildung 8: Beispiel eines Arbeitsblattes angepasst an DIN-Modell

Tabellenverzeichnis

Tabelle 1: Zusammenfassung zweier Möglichkeiten zur Bearbeitung der Bewertungsbögen

Tabelle 2: Zusammenfassender Vergleich der Einzelmodelle

Abkürzungsverzeichnis

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Danksagung

An dieser Stelle möchte ich allen, die mir bei der Erstellung dieser Arbeit zur Seite standen, ganz herzlich Danke sagen. Mein besonderer Dank gilt Herrn Dr. Reiner Schmidt und Herrn Prof. Dr. Ralf E. Ulrich für die fachliche Betreuung und vielfältige Unterstützung.

Diese Arbeit profitiert in vielfältiger Weise von meinem Praktikum am Bundesamt für Migration und Flüchtlinge in Nürnberg vom 01.03.06 bis 14.04.2006. Besonderen Dank schulde ich Herrn Harald Ryfisch, dem Referatsleiter, und Herrn Andreas Schlüter, dem Mitarbeiter des Referats 320 im BAMF für die Betreuung meines Praktikums.

Meinen Kolleginnen und Kollegen vom AG8 im IBG möchte ich für die freundliche Aufnahme und die Möglichkeit der Mitarbeit in ihrer Arbeitsgruppe sowie den wissenschaftlich und privat anregenden Aufenthalt danken.

Mein besonderer Dank geht auch an meine Familie und meine Freunde für die kritische und liebevolle Unterstützung.

Einleitung

In den vergangenen Jahren ist in Deutschland die Nachfrage nach Deutschkursen stark gestiegen. Die Interessenten stellen heute ein breites Spektrum von Personengruppen dar - von Studienbewerbern und Personen mit begrenztem Aufenthalt in Deutschland bis zu Aussiedlern und Asylberechtigten. Der gestiegene Bedarf an Deutschkursen wurde fast ausschließlich durch kostenpflichtige Kurse neuer Anbieter abgedeckt, die häufig unseriös und unqualifiziert sind und derzeit in DaF-Kursen lediglich ein profitables Geschäft vermuten (vgl. Jung 2004: 46). Ich selbst musste diese Erfahrung während eines Aupair- Aufenthaltes machen, als ich mit unqualifizierten Lehrkräften und schlecht organisierten Sprachkursen konfrontiert wurde. Dies und ein Praktikum im Rahmen meines Soziologie­Studiums im Bereich Qualitätsmanagement bei der „Parker Hannifin GmbH“, einem Produktionsunternehmen, sowie ein weiteres Praktikum beim Bundesamt für Migration und Flüchtlinge in Nürnberg, auch im Bereich Qualitätsmanagement, haben mein Interesse an diesem Thema geweckt. Meine Arbeit soll dazu beitragen, die Qualitätsstandards der angebotenen Sprachkurse anzugleichen und zu verbessern.

Da die Untersuchung der Qualität von Sprachkursen für alle Zielgruppen den vorgegebenen Rahmen meiner Magisterarbeit sprengen würde, ziehe ich eingrenzend nur Sprachkurse für den Migrationsbereich in Betracht. Insbesondere zur Integration in die Berufs- und Arbeitswelt sind Kenntnisse der deutschen Sprache ein entscheidender Schlüssel. Ebenso sind deutsche Sprachkenntnisse eine wichtige Voraussetzung für eine bessere Akzeptanz der Zuwanderer durch die deutsche Bevölkerung. Für die deutschsprachige Mehrheitsgesellschaft ist es von großer Bedeutung, dass Zuwanderer[1] die deutsche Sprache als Verkehrssprache beherrschen. Entsprechend ist Deutsch als Zweitsprache in den Sprachkursen zu vermitteln, so der Vorschlag des Sprachverbands Deutsch für ausländische Arbeitnehmer e.V. (1998: 291). Es fehlt jedoch ein einheitliches und umfassendes Instrumentarium, das bestimmte Standards oder Normen für diese Kurse, wie man sie aus dem Bereich der produzierenden Industrie kennt, garantieren kann.

Die vorliegende Arbeit versucht deshalb, folgende Fragestellungen zu untersuchen:

- Ist die Sprachintegration der Migranten überhaupt notwendig?
- Sind die aus der Industrie stammenden Qualitätssicherungsverfahren auf den Bildungsbereich übertragbar?
- Welche Qualitätssysteme werden zurzeit verwendet, um die Qualität von Sprachkursen zu sichern?
- Welche Vor- und Nachteile haben sie?

Ein wichtiges Ziel der vorliegenden Arbeit ist die Bewertung vorliegender Quellen und analysierter Daten sowie das Aufzeigen von Forschungsdefiziten in den Bereichen der Integration von Migranten und Qualitätsentwicklung in den Sprachschulen für Migranten. Der erwartete Wissenszuwachs dieser Magisterarbeit liegt dabei in der Analyse der verbreiteten Qualitätsmanagementsysteme und Ausarbeitung eines Konzeptes zur Beurteilung der Durchführung von Qualitätsentwicklung für die Integrationskursträger.

Die Übersicht über die Forschungslage wurde hier durch den Umstand erschwert, dass die Thematik Integration Gegenstand von sehr unterschiedlichen und oft stark segmentierten wissenschaftlichen Disziplinen, wie Linguistik, Pädagogik, Soziologie, Bevölkerungswissenschaft und Ökonomie ist. Ein weiteres vordringliches Ziel dieser Arbeit ist es daher, die zwischen den Disziplinen oft schwer erkennbaren Bezüge anhand eines möglichst vollständigen und integrierenden Konzepts zu verdeutlichen und davon ausgehend die engen Verbindungen von Spracherwerb und anderen Aspekten der Integration von Migranten systematisierend zu klären.

Obwohl sich diese Arbeit primär auf die Verhältnisse in der Bundesrepublik Deutschland bezieht, wurden die wichtigsten internationalen Untersuchungen zusätzlich zur Systematisierung der Ergebnisse herangezogen. Meist überwiegt der Bezug auf die außerdeutschen Untersuchungen. Dies hat den Grund, dass die Ergebnisse der anderen Aufnahmeländer von großer Bedeutung sind, denn erst im internationalen Vergleich können sich die Übertragbarkeit und die Relevanz der theoretischen Modellierungen erweisen.

Zur Bearbeitung der Fragestellungen wurde die Arbeit in drei übergeordnete Kapitel gegliedert. Den Ausgangspunkt der Untersuchung bildet die Sprachintegration der Zuwanderer. Nach einem einleitenden Überblick über das Zuwanderungsland Deutschland wird der Einfluss von Zuwanderung auf die deutsche Gesellschaft skizziert und die Rolle der Integration reflektiert. Das Erlernen der gemeinsamen Sprache Deutsch ist für die Menschen, die nach Deutschland migrieren, ein Schlüssel zur Integration. Dadurch wird eine gleichberechtigte Teilhabe am gesellschaftlichen, politischen, kulturellen und wirtschaftlichen Leben in Deutschland ermöglicht. Kapitel 1.5., das sich den Integrationskursen für Migranten widmet, stellt den Themenschwerpunkt dieser Arbeit dar.

Im zweiten Kapitel wird das Qualitätsmanagement untersucht. Qualitätsmanagement ist in der Industrie bereits seit Langem etabliert. Die Frage, ob die aus der Industrie stammenden Qualitätssicherungsverfahren auf den Bildungsbereich übertragbar sind, wird in diesem Kapitel behandelt. Die forschungsleitende Hypothese der vorliegenden Arbeit ist, dass es bei den meisten Qualitätssicherungsverfahren nicht um die Produktqualität, sondern um die Qualität des Prozesses geht, zum Beispiel wie Bildungsangebote vorbereitet, durchgeführt und evaluiert werden. Um Unterricht auswerten zu können gibt es verschiedene Verfahren, die in einem weiteren Abschnitt analysiert werden. Bei der anschließenden Analyse von verschiedenen Qualitätssystemen wird die Vermutung aufgestellt, dass zwei Aspekte eine Rolle spielen: die Sicherung einer Mindestqualität und die ständige Weiterentwicklung von Qualität. Das heißt, es muss ein Mindeststandard garantiert werden, der jedoch keinen Stillstand auf einem Niveau bedeuten soll.

Nachfolgend (Kapitel 3) wird ein von mir entwickeltes Konzept für die Evaluation einer Sprachschule vorgestellt. Einige abschließende Bemerkungen (Zusammenfassung) runden die Magisterarbeit ab.

1. Sprachintegration der Zuwanderer

Ein wichtiges Ziel des ersten Kapitels ist das Aufzeigen der Notwendigkeit der Sprachintegration von Zuwanderern in Deutschland. Um mögliche entgegenkommende Fragen, wie - lohnt sich der finanzielle Aufwand für die Integration der Ausländer? Was bringen Ausländer mit nach Deutschland? - zu beantworten, möchte ich das Kapitel mit der allgemeinen Thema Deutschland als Zuwanderungsland einleiten. Danach wird der Einfluss der Zuwanderung in den Bereichen Wirtschaft, Kultur und Politik beschrieben. In einem weiteren Abschnitt wird auf die Rolle der Integration bzw. Sprachintegration eingegangen. Die Rolle der Sprache und Sprachkurse für die Zuwanderer schließen das Kapitel ab.

1.1. Zuwanderungsland Deutschland

Mit 15 Millionen Immigranten gehört Deutschland zu den wichtigsten Einwanderungsländern in der Europäischen Union (EU) und der OECD2. Die bevölkerungspolitischen Ziele werden von der Politik selten offen genannt. Man kann aber annehmen, wenn man den aktuellen demografischen Diskurs in den Medien in Betracht zieht, dass heute meist der Erhalt einer bestimmten Größe, Struktur und Verteilung der Bevölkerung - also eine Entwicklung ohne starkes Wachstum, starken Rückgang, deutliche Alterung und starke räumliche Konzentration - angestrebt wird.

Deutschland und alle anderen Länder Europas haben nicht nur demografisch potenziell schrumpfende, sondern auch alternde Bevölkerungen. Diese Alterung entsteht, weil die Erhöhung der Lebenserwartung auf der einen Seite und sinkende Geburtenzahlen auf der anderen Seite für einen höheren Anteil älterer Menschen an der Gesamtbevölkerung sorgen. Die steigende Lebenserwartung hat viel mit dem Rückgang der Säuglings- und Müttersterblichkeit zu tun, mit der erfolgreichen Bekämpfung der epidemischen Infektionskrankheiten sowie mit der Verbesserung der medizinischen Betreuung im höheren Alter. Die Lebenserwartung beträgt bei Männern 76,21 und bei Frauen 81,78 Jahre (Statistisches Bundesamt, <http://www.destatis.de/basis/d/bevoe/bevoetab3.php>).

Weniger Geburten wiederum sind eine langfristige Folge sinkender Fertilität, auf die eine Reihe grundsätzlicher und sozioökonomischer Änderungen zurückzuführen ist. Zu diesen Änderungen zählen zum Beispiel: bessere Qualifikation und Emanzipation von Frauen, Rationalisierung der Familienplanung, sinkender ökonomischer Nutzen von Kindern (vgl. Fassmann 2004, <http://www.bamf.de/cln042/SharedDocs/ Anlagen/DE/Migration/Downloads/ZuwanderungsratExpertisen/exp-fassmann-zuwander ungsrat,templateId=raw,property=publicationFile.pdf/exp-fassmann-zuwanderungsrat. pdf>).

Eine niedrige Fertilitätsrate bei einer gleichzeitig hohen Lebenserwartung ist für Europa kennzeichnend. Kein anderer Kontinent weist eine geringe Fertilität auf wie Europa. Eine weitgehend stabile, wenn auch sehr niedrige Fertilität weisen Staaten wie Deutschland und Österreich mit einer totalen Fertilitätsrate (TFR) von 1,3 auf (Statistisches Bundesamt 2006, <http://www.destatis.de/ presse/deutsch/pm2006/p1220023.htm>). Ohne Zuwanderung ist demnach eine alternde und schrumpfende Bevölkerung vorprogrammiert.

Die Probleme der Alterung und des Schrumpfens der Bevölkerung stellen die Bevölkerung und Gesellschaft vor der Notwendigkeit sich an diese Bedingungen anzupassen. Alle Institutionen und sozialen Sicherungssysteme, auf die die Altersstruktur der Bevölkerung nachhaltigen Einfluss ausübt, unterliegen erneuten Untersuchungen. Das betrifft vorwiegend alle Systeme des gesellschaftlichen Lebens, vor allem aber die Systeme der Pensions- und Krankenversicherung, das Bildungssystem sowie die Organisation von Pflege und Betreuung im Alter. Dazu kommt die aktuelle Wirtschaftslage Deutschlands mit potenziell schrumpfenden Inlandsmärkten, einem sinkenden Erwerbspotenzial und möglicherweise auch einem sinkenden Innovationspotenzial durch Alterung der Erwerbsbevölkerung. Kann man den Bevölkerungsrückgang und Alterung politisch beeinflussen? Kann die Zuwanderung diese Probleme lösen?

Es besteht ein Konsens in der Literatur, dass die Alterung der Bevölkerung in Deutschland durch Zuwanderung nicht aufgehalten werden kann. Die Zuwanderung könnte jedoch zu einer spürbaren Abmilderung des Alterungsprozesses beitragen (vgl. Fassmann 2004: 12; Brücker 2004: 4, Münz/Ulrich 2000, <http://www.migration- info.de/migrationundbevoelkerung/archiv/ausgaben/ausga be0005.pdf>). Um die Zahl der Bevölkerung im erwerbsfähigen Alter konstant zu halten, muss die Zuwanderung fehlende potenzielle Arbeitskräfte ersetzen. Damit diese kompensatorische Migrationspolitik wirksam ist, muss man mit einer Verdoppelung der derzeitigen (im Jahr 2003 - rund 800.000) Zuzüge rechnen.

Abschließend möchte ich nochmals die in Forscherkreisen verbreitete Meinung betonen, dass Zuwanderung kein „demografisches Allheilmittel“ gegen Bevölkerungsrückgang und Alterung sein kann. Sie ist aber ein wichtiger Bestandteil bevölkerungspolitischer Handlungsoptionen. Um die Bevölkerungspolitik sinnvoll und effektiv gestalten und die Bedeutung der Integration der Zuwanderer für die Gesellschaft verstehen zu können, muss man sich des Einflusses der Zuwanderung auf verschiedene Bereiche des Gesellschaftslebens bewusst werden. Im nächsten Kapitel wird deshalb auf die Auswirkungen der Zuwanderung eingegangen. Es sollen folgende Fragen beantwortet werden: Wie verändert sich das gesellschaftliche Leben im aufnehmenden Land? Wie wirkt sich die Zuwanderung auf das aufnehmende Land aus?

1.2. Der Einfluss von Zuwanderung auf die deutsche Gesellschaft

Das BAMF (Kohlmeier/Schimany 2005) untersucht in seinem Beitrag zur Pilotstudie „The Impact of Immigration on Europe’s Sociétés“ den Einfluss der Zuwanderung auf die deutsche Gesellschaft und legt dabei einige Schwerpunkte, auf die in dieser Arbeit Bezug genommen wird.

1.2.1. Wirtschaftliche Effekte

Mit Blick auf den Einfluss der Zuwanderung in der deutschen Wirtschaft werden zunächst Sozialversicherungssystem und Arbeitsmarkt betrachtet, anschließend werden Zuwanderer als ethnische Unternehmer und Zuwanderer als Konsumenten analysiert.

Die negative Einstellung gegenüber Zuwanderern, die in den letzten zehn Jahren in den meisten industrialisierten Ländern offensichtlich vorherrschte, äußert sich vor allem in der Angst vor negativen Auswirkungen der Zuwanderung auf die wirtschaftliche Situation der einheimischen Bevölkerung. Zuwanderer werden häufig als eine Belastung für die öffentlichen Haushalte betrachtet, da sie einerseits vermeintlich weniger Steuern und Beiträge zahlen, andererseits jedoch mehr Sozialleistungen in Anspruch nehmen. Demgegenüber sind der Öffentlichkeit die möglichen positiven, indirekten Fiskaleffekte der Zuwanderung schwer zu vermitteln, z.B. makroökonomische Auswirkungen auf den Arbeitsmarkt, Wachstum des Bruttosozialproduktes (BSP) oder Leistungen an und beim Einsatz von einheimischen Arbeitskräften und einheimischem Kapital (vgl. Kohlmeier/Schimany 2005: 25).

Empirische Studien zeigen ebenfalls positive Auswirkungen der Zuwanderung auf Deutschland. Loeffelholz und Köpp (1998: 92, 125) haben Daten zu Einkommen, Beschäftigung, Bildung etc. verwendet und kamen bereits 1998 zu dem Ergebnis, dass Zuwanderer damals einen Nettobeitrag von 25 bis 35 Milliarden DM pro Jahr zu den öffentlichen Haushalten geleistet haben. Ein weiteres Ergebnis ist, dass durch Zuwanderung seit 1988 bis 1998 85.000 neue Arbeitsstellen geschaffen wurden und sich die Wachstumsrate des BSP um 1,3 Prozent erhöhte. Diese Ergebnisse liefern eine einmalige Momentaufnahme des Zuwanderungsprofils.

Die Studie von Sinn et al. (2001: 226) untersucht im Unterschied dazu Auswirkungen der Zuwanderung auf die Sozialversicherungssysteme und öffentlichen Haushalte unter der Annahme, dass Transfers und Beiträge von Zuwanderern innerhalb ihres Lebenszyklus variieren. Ihrer Meinung nach sind Zuwanderer bei der Renten- und Pflegeversicherung Nettozahler und stellen bei der Kranken- und Arbeitslosenversicherung eine Belastung dar. Nur Zuwanderer, die seit mehr als 25 Jahren in Deutschland leben, leisteten mehr, als sie in Anspruch genommen haben. Die Autoren interpretieren diese Ergebnisse als Beweis für die Assimilationshypothese, nach der die Abhängigkeit von Zuwandererhaushalten von Sozialleistungen mit zunehmender Aufenthaltsdauer abnimmt, und betonen die Rolle der Integration für die Zuwanderer.

In Zeiten, die durch ein starkes Wachstum der Wirtschaft gekennzeichnet waren, wurden weniger Zweifel in Bezug auf die positiven Auswirkungen der Zuwanderung geäußert. Eines der besten Beispiele hierfür ist das Meinungsbild der deutschen Bevölkerung in den 1960er bis 1970er Jahren. Das Wirtschaftswachstum jener Jahre wäre ohne die Beschäftigung motivierter Gastarbeiter nicht in demselben Maße möglich gewesen. Zusätzliche Arbeitsplätze wurden durch die Beschäftigung der Zuwanderer geschaffen. Weiterhin bedeutete das Wirtschaftswachstum entsprechend höhere Einkommen (vgl. Kohlmeier/Schimany 2005: 32).

Heute stellen die Auswirkungen der Migration auf den Arbeitsmarkt ein wichtiges Thema dar. Es bestehen Bedenken, dass entweder das Lohnniveau vor Ort gesenkt wird oder die Arbeitsplätze in Billiglohnländer exportiert werden und Zuwanderer einheimische Arbeitnehmer in Deutschland ersetzen. Wenn nur unqualifizierte Arbeitskräfte zuwandern und mit den unqualifizierten, inländischen, Arbeitskräften konkurrieren, kommt es theoretisch zur Senkung des Lohnniveaus. Die Verbilligung der Arbeit führt aber auch zu einer Erhöhung der Rendite des Kapitals und der qualifizierten Arbeit. Wandern dagegen qualifizierte Arbeitskräfte ein, so werden die Verdienstunterschiede zwischen qualifizierten und unqualifizierten Arbeitern geringer und die Kapitaleigner und unqualifizierten Arbeiter können Gewinne aus der Einwanderung ziehen. Empirische Studien zu diesem Problem (vgl. z.B. Bauer/Zimmermann 1999: 22, 25; Sinn 2001: 327) kommen zu dem Ergebnis, dass Zuwanderung im Allgemeinen keinen oder nur einen sehr geringen negativen Lohneffekt haben kann und sich in manchen Fällen sogar positiv auswirkt.

Zuwanderer als ethnische Unternehmer

Die Selbstständigkeit von Zuwanderern bringt wichtige sozioökonomische Vorteile sowohl für die Beteiligten als auch für die Zuwanderergemeinde und das Gastgeberland des Zuwanderers (vgl. Sinn 2001: xxi).

Erstens bieten Zuwandererunternehmen häufig Güter und Dienstleistungen an, die einheimische Unternehmen mit großer Wahrscheinlichkeit nicht im Angebot haben. Die zugewanderten Unternehmer schaffen zweitens durch ihre Firmengründungen ihre eigenen Arbeitsplätze. Dadurch können sie einige der Probleme vermeiden, die sie bei der Suche nach einem Arbeitsplatz bekommen könnten, wie z.B. mangelnde Sprachkenntnisse, ein Mangel an Qualifikation oder deren Nichtanerkennung oder Diskriminierung durch die Arbeitgeber vor Ort. Drittens können die Zuwandererunternehmen, wenn sie erfolgreich sind, Arbeitsplätze für andere Zuwanderer und Einheimische schaffen (ebd.).

In Deutschland sind insgesamt 570 000 Arbeitnehmer bei ausländischen Arbeitgebern beschäftigt (vgl. Loeffelholz und Köpp 1998: 147). Von den mehr als 2,6 Millionen Türken in Deutschland sind rund 60 000 selbstständig. Mit über 300 000 Beschäftigten erwirtschaften sie pro Jahr 26 Milliarden Euro. Sie sind längst nicht mehr nur in der Gastronomie und im Einzelhandel tätig. Knapp 10 Prozent führen einen eigenen Handwerksbetrieb, 22 Prozent haben sich im Dienstleistungsbereich selbstständig gemacht.

Türken sind in Deutschland mittlerweile zu einem gewichtigen und oft unterschätzten Wirtschaftsfaktor geworden. Z.B. in Berlin, wo etwa 140 000 Türken leben, erwirtschaften türkische Unternehmer mit vier Milliarden Euro knapp ein Fünftel des Bruttosozialprodukts der Stadt. Es ist auch bekannt, dass spezialisierte türkische Imbisseinrichtungen einen größeren Umsatz machen als die Hauptwettbewerber McDonalds und Burger King (vgl. Zecher 2004, <http://www.stem.de/id/wirtschaft/untemehmen/meldungen/525661.html>).

Zuwanderer als Konsumenten

Zuwanderer bringen Präferenzen für bestimmte Produkte und Dienstleistungen mit sich und schaffen dadurch eine Nachfrage nach Gütern aus ihren Heimatländern. Die Türken in Deutschland bilden beispielsweise eine wesentliche Konsumentengruppe im Immobilien-, Kfz- und Börsenmarkt, und türkische Haushalte verzeichnen einen stärkeren Konsum als deutsche Haushalte. Die Berliner Marketingagentur Beys konnte herausfinden, dass die konsumfreudige Zielgruppe der unter 40-Jährigen unter den Türken mehr als 60 Prozent ausmacht. Unter den Deutschen sei die Gruppe mit weniger als 40 Prozent viel kleiner (vgl. Zecher 2004, <http://www.stern.de/id/wirtschaft/unternehmen/meldungen/525661. html>).

Schlussfolgernd ist hier anzumerken, dass es offensichtlich ist, dass die Gesamtauswirkungen von Zuwanderung von dem Erfolg der Zuwanderer auf dem Arbeitsmarkt abhängen. Die Arbeitsmarktintegration von Zuwanderern ist von entscheidender Bedeutung für die Auswirkungen der Zuwanderung auf die Sozialversicherungssysteme in den Gastgeberländern. Des Weiteren wird sie sowohl für die Zuwanderer als auch für die einheimische Bevölkerung als Voraussetzung für eine gesellschaftliche Integration betrachtet. Je schneller Zuwanderer in den Arbeitsmarkt integriert werden, desto eher ist eine Akzeptanz durch die einheimische Bevölkerung zu erwarten und desto früher werden die ökonomischen Erwartungen von Zuwanderern erfüllt.

Die misslingende Integration von Zuwanderern hat in der letzten Zeit die Aufmerksamkeit der Forschung auf sich gezogen. Deutsche Forscher (Fassmann 2004, <http://www.bamf.de/cln043/nn566334/SharedDocs/Anlagen/DE/Migration/Downloads /ZuwanderungsratExpertisen/exp-fassmann-zuwanderungsrat.htmlnnn = true>; Brücker 2004, <http://www.bamf.de/cln043/nn566334/SharedDocs/Anlagen/DE/Migration

/Downloads/ZuwanderungsratExpertisen/exp-brueckner-zuwanderungsrat.htmlnnn =true>; Zimmermann 2002: 17 u.a.) sehen eine mangelnde Bildung und die niedrigeren Qualifikationen von Zuwanderern nach Deutschland als die Hauptursache ihrer schwachen Beteiligung am Arbeitsmarkt. Dies verhindert wiederum die intensivere gesellschaftliche Integration von Zuwanderern. Die Verbesserung des Bildungs- und Ausbildungsniveaus von Zuwanderern, insbesondere hinsichtlich grundlegender Fertigkeiten wie Kenntnisse der deutschen Sprache und Kultur ist deshalb die erste und notwendigste Maßnahme zur Integrationsförderung.

1.2.2. Kulturelle Effekte

Die Auswirkungen der Zuwanderung im kulturellen Kontext beziehen sich auf zwei Aspekte: die Veränderung der Kulturlandschaft durch die Zuwanderung und die Auswirkungen der Zuwanderung auf die kulturellen Handlungsweisen von Angehörigen der Mehrheitsgesellschaft.

Bei der Analyse von Zuwanderung spielt die Religion eine wichtige Rolle. Die religiöse Vielfalt in Deutschland hat sich durch die Immigration deutlich erweitert. Dazu sind auch Einflüsse auf den religiös-kulturellen Kontext festzustellen. Im Mittelpunkt der kulturbezogenen Debatten steht die mittlerweile auf 3 Prozent der Gesamtbevölkerung angewachsene muslimische Minderheit. Hinter den Christen bildet sie die zweitgrößte Religionsgemeinschaft in Deutschland (Zentralrat der Muslime in Deutschland 2006, <http://zentralrat.de/2594.php>). Sie ist bestrebt, eigene religiöse Institutionen und Rituale in Deutschland zu verankern. Dazu gehören zum Beispiel der Bau neuer repräsentativer Moscheen und muslimische Friedhöfe, eine Kleiderordnung, die Einführung von Islamunterricht an öffentlichen Schulen.

Der Deutsche Olympische Sportbund (DOSB) unterstützt im Rahmen seiner Aktion „Integration durch Sport“ Vereine, die sich besonders um die Eingliederung von ausländischen Mitbürgern bemühen (vgl. Schulte 2006, <www.sport.ard.de>).

Dem Sport wird bei der Integration eine wichtige Rolle zugeschrieben. Insbesondere im Fußball finden wesentlichen Kontakte zwischen Deutschen und Zuwanderern statt (vgl. Kohlmeier/Schimany 2005: 50). Einerseits ist eine allgemein erwartete Funktion des Sports, Integration zu unterstützen, andererseits scheint diese Erwartung jedoch nicht erfüllt zu werden, zumindest was den Fußballsport betrifft. Hier sorgen ethnische Auseinandersetzungen zwischen der gegnerischen Mannschaften und Anhänger für negative Schlagzeilen. Eine Lösung für dieses Problem wird z.B. in der Mitgliedschaft junger Migranten in den Mehrheitsvereinen gesehen, wodurch auch für die Eltern, die durch ihre Kinder am Vereinsleben teilnehmen, leichter integriert werden können. Das ist „eine gute Chance zum Aufstieg“, meint in einem Interview von der Deutschen Welle Hans-Georg Soeffner, der Projektleiter zur Assimilation im Fussballmilieu, und verweist auf die deutsche Nationalmannschaft, die „Deutschsein“ neu definiert. Fast ein Viertel der deutschen Nationalmannschaft besteht aus Spielern mit ausländischer Herkunft (vgl. Fong 2006, <www.dw-world.de>).

Zwei Aspekte im Bereich Migration und Medien sind zu betrachten: auf der einen Seite Zuwanderer als Konsumenten und auf der anderen Seite Zuwanderer als Gegenstand der deutschen Medien. In den deutschen Medien steht ein breites Angebot für Ausländer zur Verfügung: Es werden über 50 fremdsprachige Zeitungen produziert, es wurden Ethnoportale im Internet etabliert, es gibt Ethnoradiosender (z.B. Radyo Metropol FM, WDR Funkhaus Europa, SFB/Radio multikulti), durch den Empfang von Kabel- und Satellitenprogrammen wird zudem der Konsum muttersprachlicher Angebote verstärkt (vgl. Kohlmeier/Schimany 2005: 52).

Eine mediale Absonderung der zugewanderten Bevölkerung findet aber nicht statt - das zeigt eine im Juli 2001 vorgelegte Studie über die Mediennutzung und Integrationsbereitschaft der Migranten aus der Türkei. Die Studie macht deutlich, dass die Hälfte der Migranten deutsche und türkische Medien gleichzeitig nutzen. Ausschließlich deutsche Medien nutzen 28 % und ausschließlich türkische nur 17 %. Je jünger die Befragten sind, desto weniger beschränken sie sich auf die Medien des Herkunftslandes. Welche Zeitungen, Radio- oder Fernsehprogramme gewählt werden, wird außerdem durch den Bildungsabschluss, die Aufenthaltsdauer, die Sprachkompetenz und weitere Faktoren bestimmt (vgl. Jordanova-Duda 2001, <http://isoplan.de/aid/2001-3/medien.htm>).

Im Vergleich mit den Migranten aus Türkei sehen die neuen Spätaussiedler (Einreise im Jahr 2000/2001) laut der Studie vom Institut für Journalistik und Kommunikationsforschung (IJK) zur Hälfte deutsches Fernsehen und zur Hälfte russisches Fernsehen, wobei das deutsche Fernsehen leicht überwiegt. Anders verhält es sich für jene Spätaussiedler, die zwischen 1992 und 1999 zugezogen sind. Sie schauen zu ca. 70% deutsches Fernsehen (Artes/Diemand 2005, <http://www.zkm.de/medienundwirtschaft /d/ZKMBericht2005.pdf>).

Was die Darstellung von Migranten in den deutschen Medien betrifft, so kann man unterschiedliche Tendenzen beobachten. In der Boulevardpresse wird häufig ein verzerrtes, oft negatives Bild von Ausländem gezeichnet. Gleichzeitig gehen seriöse Medien mit dem Thema vorsichtig um. Bestimmte vorurteilsstärkende Bilder, wie z.B. Frauen mit Kopftuch oder ethnische Ehrenmorde werden jedoch von allen Medien immer wieder benutzt, um Andersartigkeit und Rückständigkeit zu vermitteln (vgl. Kohlmeier/Schimany 2005: 53).

Im Bereich der Musik kann man keine spezifischen Kulturphänomene feststellen, die die Auswirkungen der Zuwanderung widerspiegeln. Es gibt aber die Tendenz, dass sich ethnische Populärkultur ausweitet, indem viele ethnische Diskotheken und Clubs eröffnet werden, die auch von Angehörigen anderer Nationalitäten besucht werden. In den letzten Jahren kann man in der Musikszene zudem einige junge deutsche Stars mit Migrationshintergrund beobachten (vgl. Kohlmeier/Schimany 2005: 54).

In der Literaturwissenschaft bezeichnet der Begriff Interkulturelle Literatur Werke, die sich mit dem Thema Zuwanderung befassen. Das ist ein relativ neues und signifikantes Phänomen der deutschen Gegenwartsliteratur: die literarische Produktion junger Autoren und Autorinnen, die (in zweiter oder bereits dritter Generation) Nachkommen von Einwandererfamilien und häufig zwischen mehreren Kulturen aufgewachsen sind (vgl. Geiser 2006, <www.fask.uni-mainz.de/inst/gi/abstracts/abstract-mg.pdf>; Chiellino 2000: 17). Migranten sind hier einerseits Schriftsteller, anderseits wird die Migration zum Gegenstand dieser Literatur. Viele Autoren nicht-deutscher Herkunft sind mittlerweile im deutschen Literaturwesen erfolgreich; die meisten schreiben sowohl auf Deutsch als auch in ihrer Muttersprache. Viele von ihnen schreiben in ihren Werken, wenn auch nicht ausschließlich, über ihre Erfahrungen mit der Migration und der Fremdheit sowie über den Bezug zum Herkunftsland (ebd.).

Im deutschen Film wurde die Thematik der Migration oft aufgegriffen: Viele Filme behandeln die Ankunft der Zuwanderer nach Deutschland oder die Gegebenheiten in den Herkunftsländern. Nach dem Film von Fatih Akins „Kurz und schmerzlos“ (1998) gab es eine neue Welle von Spielfilmen türkischstämmiger Nachwuchsregisseure in Deutschland, die sich mit den nationalen Stereotypen, türkischen Hintergründen und dem aktuellen Blick auf das Alltägliche im Leben in zwei oder sogar mehreren Kulturen in Deutschland beschäftigen. Höhepunkt und ein Zeichen dafür, dass Filme von Migranten Teil der deutschen Filmkultur geworden sind und Migrantenthemen ein breites Publikum begeistern können, war die Verleihung des Goldenen Bären für Fatih Akins „Gegen die Wand“ auf der Berlinale 2004 (vgl. Kohlmeier/Schimany 2005: 58).

Zuwanderung bringt auch eine große Sprachenvielfalt nach Deutschland. Nicht nur in den Medien, sondern auch im Alltagsleben sind Herkunftssprachen der großen Zuwanderergruppen präsent und prägen das öffentliche Leben. Beispielsweise gehören fremdsprachige Hinweise in Behörden, Verkehrsmitteln etc. mittlerweile zum Alltag. Eine Veränderung der deutschen Sprache lässt sich allerdings nicht feststellen. Das kann man damit erklären, dass die Aufnahme von fremdsprachlichen Begriffen in der Regel mit einer Prestige- und Machtfrage verbunden ist und dann das als kulturell höher stehend Aufgefasste übernommen wird: Die Sprachen der Zuwanderer in Deutschland haben eine geringe Wertschätzung, so dass ihr Einfluss auf das kulturelle Leben unwesentlich ist (vgl. Kohlmeier/Schimany 2005: 56).

Ein kreativer Umgang mit der deutschen Sprache findet allerdings in der türkisch­deutschen Jugendkultur statt: In den 1990er Jahren entwickelte sich mit Kanakisch - Türkendeutsch - eine eigene Sprachkultur, die stark auf deutsche Unterhaltungsmedien abgefärbt hat (vgl. Schmidt-Fink 2002, <http://www.isoplan. de/aid/index.htm?http://www.isoplan.de/aid/2002-4/sprache.htm>).

Schlussfolgernd ist hier anzumerken, dass die Kulturlandschaft in Deutschland durch die Zuwanderung vielfältiger geworden ist. Sogar an einer typisch deutschen Tradition, dem deutschen Karneval, nehmen Migranten mittlerweile teil. Außerdem hat sich in mehreren Städten ein eigenständiger „Karneval der Kulturen“ etabliert (Berlin, Bielefeld), auf dem sich verschiedene Zuwanderergruppen präsentieren.

1.2.3. Politische Effekte

Im Folgenden wird das Mitwirken von Migranten in verschiedenen politischen Institutionen in Deutschland thematisiert werden: Es steht die Frage im Mittelpunkt, inwiefern Zuwanderer auf kommunale Verwaltungen, Gewerkschaften und politische Parteien Einfluss ausüben können.

Der politische Diskurs über Migration und Migranten in Deutschland hat sich in den vergangenen Jahren durch einige politische Ereignisse verändert: z.B. durch die Reform des Staatsangehörigkeitsrechts zum 1. Januar 2000, durch die GreenCard­Verordnung zum 1. August 2000 und das Zuwanderungsgesetz, das im Jahr 2004 erlassen wurde. Die Integration von Migranten und deren Assimilation wurden zum Hauptthema von Untersuchungen und politischen Debatten.

Die Verwaltung von Migration zog in den vergangenen Jahren vermehrt die Aufmerksamkeit von Forschenden auf sich. Insbesondere die Veränderung der Verwaltung, die unter dem Begriff der interkulturellen Öffnung zusammengefasst wird, steht im Mittelpunkt des Interesses. So gehen Bommes (2003: 462ff) und Koch (2002: 333) der Frage nach, inwieweit Migration und das Auftauchen von Migranten in Organisationen sozialstrukturelle Folgen mit sich bringen. Sie untersuchen zwei Kommunalverwaltungen und die Veränderung der politischen Administration nach dem Eintreffen von Migranten in einer vergleichenden Studie. Sie haben festgestellt, dass sich die Organisationen unter dem Einfluss von Migranten zwar verändern, diese Veränderungen aber sowohl in Bezug auf die Qualität als auch die Quantität von den zuvor vorhandenen inneren Strukturen dieser Organisation abhängig sind.

Der Einfluss von Migranten innerhalb von Parteien ist in der Wissenschaft kaum dokumentiert. Daten über die Staatsangehörigkeit der Mitglieder werden von den Parteien nicht herausgegeben. Es gibt aber diverse parteinahe Einzelorganisationen (vgl. Kohlmeier/Schimany 2005: 64). Der CDU sind beispielsweise die Deutsch-Türkische Union in Berlin (DTU) und das Deutsch-Türkische Forum (DTF) in NRW angegliedert. Bündnis 90/Die Grünen haben die Immigrantenvereinigung Immergrün hervorgebracht. Zur FDP gehört die Liberale Deutsch-Türkische Vereinigung (LTD). Auf den Listen aller Parteien kandidieren zudem immer wieder eingebürgerte Migranten. Was die politischen Tendenzen von Zuwanderern betrifft, so fühlen sich im Jahre 2000 32,2 Prozent der Ausländer in Deutschland der SPD zugeneigt, jeweils 8,5 Prozent der CDU und den Grünen sowie 1,7 Prozent der FDP. Die Gründe dafür waren die Religions- und Ländergruppenzugehörigkeit sowie die soziale Herkunft der Eingebürgerten (ebd.).

Das von den Gewerkschaften zu bearbeitende Problem besteht nach dem geltenden Sozial- und Tarifrecht und dem Sozialgesetzbuch nicht in der rechtlichen Benachteiligung, die aus der ausländischen Staatsangehörigkeit entstehen könnte, sondern in einer strukturellen Diskriminierung (z.B. mangelnde Aufstiegsmöglichkeiten) und in der Ausländerfeindlichkeit innerhalb der Betriebe. Die Gewerkschaften können ihren Kampagnen gegen Ausländerfeindlichkeit durch diese Thematik in der gewerkschaftlichen Bildungsarbeit analysieren und formulieren Stellungnahmen zur deutschen Zuwanderungs­und Integrationspolitik (vgl. Kohlmeier/Schimany 2005: 62).

Zusammenfassend lässt es sich anmerken, dass die Anwesenheit von Migranten in Zuwanderungsstaaten oder auch in Organisationen führt zu strukturellen Veränderungen, deren Intensität von den bereits vorhandenen Bedingungen anhängig ist. Entscheidend sind dabei die rechtlichen Strukturen, die den Aufenthalt der Migranten regulieren, so in Deutschland das geltende Ausländer- und Staatsangehörigkeitsgesetz. Diese Strukturen bestimmen, ob und in welcher Form politische Partizipation überhaupt möglich ist. Sie bestimmen gleichzeitig den Einfluss dieser Gruppen - sind sie potenzielle Wählergruppen oder Gruppen von relativ einflusslosen Nichtwählern?

Die in diesem Kapitel genannten Effekte betonen nochmals die unvermeidlichen Veränderungen in verschiedenen Bereichen der Gesellschaft durch die Zuwanderung und greifen das Problem der Integration auf sowie deren Rolle und Probleme, sowohl für die annehmende Gesellschaft als auch für die Zugewanderten selbst.

1.3. Rolle und Probleme der Integration

Den Erfolg der Integration in die Gesellschaft bestimmt die gesellschaftliche Einstellung gegenüber den Zuwanderern, also die Bereitschaft für deren Aufnahme. Die Auswirkungen von Zuwanderung auf eine Gesellschaft hängen vom allgemeinen Verständnis des Themas Zuwanderung in der Aufnahmegesellschaft und der damit verknüpften Integrationspolitik ab. Sprachkenntnisse, Bildung und Beschäftigung sind für die Integration von Zuwanderern von entscheidender Bedeutung. Der Zugang zu den Bildungs- und Ausbildungsmöglichkeiten sowie der Zugang zum Arbeitsmarkt haben weit reichende Auswirkungen auf die Lebensbedingungen und Wohnverhältnisse. Darüber hinaus spielen die rechtliche Gleichstellung und die Möglichkeiten einer politischen Beteiligung für die Integration von Zuwanderem eine wichtige Rolle (vgl. Kohlmeier/Schimany 2005: 69).

In zahlreichen Ländern der Welt ist die Integration gut gelungen (vgl. Weltkommission für internationale Migration 2005: 44, <http://www.bamf.de/ nn971400/SharedDocs/Anlagen/DE/Migration/Publikationen/Sonstige/bericht-global- commission.html>). Dort wurde den Migranten ermöglicht, einen bedeutenden Beitrag zur wirtschaftlichen, gesellschaftlichen und kulturellen Entwicklung der Aufnahmegesellschaften zu leisten. Andererseits stellt die Integration in einigen Ländern ein Problem dar. Das können z.B. die Gewalttaten in den französischen Vorstädten (Paris, Oktober 2005) bestätigen. In vielen Ländern leiden die Migranten der ersten Generation oft unter physischen und psychischen Problemen und weisen eine eingeschränkte Fertilität auf. Sie haben niedrigere Bildungsabschlüsse als die Einheimischen und leben in qualitativ schlechteren Unterkünften. Darüber hinaus haben Migranten eher eine Beschäftigung, die schlecht bezahlt wird und einen niedrigeren Status hat, und sie sind eher von Langzeitarbeitslosigkeit betroffen als andere Mitglieder der Gesellschaft (ebd.).

Solche negativen Folgen der Migration entstehen aufgrund verschiedener Faktoren. Dazu gehören Diskriminierung auf dem Arbeits- und Wohnungsmarkt, die mangelnde Befähigung von Migranten, den gleichen Zugang zu Bildung und Gesundheitsversorgung zu erhalten, Fremdenfeindlichkeit, Humankapital der Migranten sowie ein niedriges Bildungsniveau und begrenzte Sprachkenntnisse. Im Allgemeinen ist der sozioökonomische Status der Kinder und Enkelkinder von Migranten weitaus besser als der ihrer Eltern und Großeltern. Die Aufstiegsmobilität vieler Migrantenkinder ist in der Tat einer der positivsten Aspekte der internationalen Migration (ebd.).

Wenn man die Entwicklung der Integrationspolitik in Deutschland untersucht, kann man feststellen, dass Zuwanderung lange Zeit als temporäres Phänomen angesehen wurde. Als die erste Anwerbung der ausländischen Arbeitnehmer im Jahr 1955 stattfand, wurde davon ausgegangen, dass die ausländischen Arbeitnehmer nach Ende ihrer Arbeitsverpflichtung wieder in ihre Heimatländer zurückkehren würden. Eine umfassende Integrationspolitik schien nicht notwendig zu sein. Einzelne Bemühungen zur Integration von Zuwanderern in die deutsche Gesellschaft orientierten sich am Rechtsstatus der Zuwanderer bei ihrer Ankunft und wurden von der Regierung in unterschiedlichem Maße unterstützt. Nur einige soziale Probleme in diesem Bereich haben von der Regierung Unterstützung gefunden: z.B. wurde die Integration von Personen mit deutscher Abstammung aus Osteuropa u.a. durch Sprachkurse und Beratungsangebote gefördert (vgl. Kohlmeier/Schimany 2005: 70).

Nachdem die Bundesregierung die Anwerbung von ausländischen Arbeitskräften 1973 gestoppt hatte, wuchs die ausländische Bevölkerung aufgrund der Familienzusammenführung weiter an (vgl. Loeffelholz/von Köpp 1998: 25ff). Als Folge davon kam es Ende der 1970er Jahre zu großen Problemen im Schulbereich: Lehrkräfte wurden mit Sprachschwierigkeiten und Entfremdungseffekten der zweiten Generation konfrontiert. Zudem wurden vielfältige Probleme von interethnischen Beziehungen offensichtlich. Vor diesem Hintergrund wurde die Zuwanderung zum ersten Mal als politisches und gesellschaftliches Problem betrachtet (ebd.).

Die Integrationspolitik vergangener Jahrzehnte verlief stufenweise: Die Anwerbung von Gastarbeitern und die folgende Familienzusammenführung führten zu einer Reihe von Maßnahmen, die soziale Unterstützung, Beratung und den Zugang zu den staatlichen Wohlfahrtseinrichtungen sicherstellen sollten. Die Integrationspolitik befasste sich jedoch kaum mit der dauerhaft bleibenden Zuwanderungsbevölkerung. Defizite zeigten sich vor allem in den Bereichen Bildung, Berufstätigkeit und politische Beteiligung. Deutschland ist kein Einwanderungsland war die lange Zeit vorherrschende Meinung, wodurch die Chancen zur Integrationspolitik blockiert wurden (vgl. Drieschner 2006, <http://www.zeit.de/2006/16/contra 26.07.06>; Beyerischer Rundfunk 2006, <http://www.br-online.de/alpha/deutschklasse/hintergrund/>; Kohlmeier/Schimany 2005: 71 u.a.).

Das Fehlen einer umfassenden Integrationspolitik führte dazu, dass Zuwanderer im Vergleich zu Deutschen strukturell benachteiligt waren, was ihre Integration in den verschiedenen gesellschaftlichen Bereichen erschwerte. Mit dem Regierungswechsel im Jahr 1998 wurden in der Integrationspolitik jedoch neue Wege beschritten, z. B. mit der Reform des Staatsangehörigkeitsgesetzes 2000, das die Einbürgerung von Ausländern der zweiten Generation erleichterte (vgl. Kohlmeier/Schimany 2005: 71). Die Verabschiedung des Zuwanderungsgesetzes im Juli 2004 ist ein zentrales Ergebnis dieser Debatte. Seitdem begreift sich Deutschland zunehmend als Zuwanderungsland. Gleichzeitig wird die Integration von Zuwanderern zum ersten Mal als politisches Ziel definiert. Das Zuwanderungsgesetz schreibt Neuankömmlingen die Pflicht zum Besuch von Integrationskursen vor. Auch für Ausländer, die bereits seit Längerem in Deutschland leben, besteht unter bestimmten Umständen die Pflicht zur Teilnahme, aber auch ein freiwilliger Besuch der Kurse ist möglich. Weiterhin wurde für die Initiierung und Begleitung des Integrationsprozesses die Beratung für Migranten neu geordnet (ebd.).

Integration basiert außerdem auf Gegenseitigkeit. Sie ist kein einseitiges Zugehen der Zuwandererbevölkerung auf die Aufnahmegesellschaft. Sie ist ein langfristiger und vielschichtiger Prozess, der sowohl von den Migranten als auch von den Mitgliedern der Aufnahmegesellschaft verlangt, sich dazu zu bekennen, den anderen zu respektieren und sich einander anzunähern. Wichtig ist hier die nachdrückliche Werbung - politische Aufklärung und PR-Kampagnen - um die Akzeptanz der Integrationspolitik bei der Mehrheitsbevölkerung ohne Migrationshintergrund und um deren aktive Mitwirkung im Integrationsalltag sowie bei der Umsetzung der Integrationskonzepte zu steigern. Denn lernen muss in der Einwanderungsgesellschaft nicht nur die Zuwandererbevölkerung, sondern auch die Mehrheitsgesellschaft, die ebenfalls Adressat der Integrationspolitik sein muss. Nur dadurch wird ein positives und friedvolles Miteinander ermöglicht.

Die Weltkommission für internationale Migration nennt in ihrem Bericht (vgl. Weltkommission für internationale Migration 2005: 44, <http://www.bamf.de/nn971400/SharedDocs/Anlagen/DE/Migration/Publikationen/Sonst ige/bericht-global-commission.html>) folgende mögliche Probleme bei der Integration der Zuwanderer: Marginalisierung, Intransparenz der Politik, Nicht-Akzeptieren der Rechte, Pflichten und Werte der Aufnahmegesellschaft, ungenügender Schutz der weiblichen Migranten und Kinder und passive Teilnahme in allen Bereichen des gesellschaftlichen Lebens des Aufnahmelandes. Auf diese einzelnen Aspekte wird es im Folgenden eingegangen.

Als Folge der mangelhaften Integration sind die Aufnahmeländer nicht dazu in der Lage, Nutzen aus dem Beitrag zu ziehen, den die Migranten zum Wohl der Gesellschaft leisten können. Die Weltkommission betont, wie wichtig es ist, dafür zu sorgen, dass Migranten ihr Potenzial ausschöpfen und ihre Ziele erreichen können. Außerdem weist sie auf die Gefahren hin, die mit dem Ausschluss und der Marginalisierung von Migranten und Migrantenkindern verbunden sind (vgl. Weltkommission für internationale Migration 2005: 44, <http://www.bamf.de/nn971400/SharedDocs/Anlagen/DE/Migration/Publikat ionen/Sonstige/bericht-global-commission.html>). Das Wachsen von benachteiligten und isolierten Migrantengemeinschaften wird laut Prof. Bade (vgl. Bade 2005, <http://www.welt.de/print-welt/article181759/IntegrationgibtesnichtimPassiv.html>) einen hohen sozialen und finanziellen Preis haben. Darüber hinaus kann die Marginalisierung Auswirkungen auf die öffentliche Sicherheit haben und dazu führen, dass sich andere Mitglieder der Gesellschaft von der Anwesenheit der Migranten bedroht fühlen.

Die Gefahr in solchen Situationen besteht darin, dass die Mitglieder der Migranten- und Minderheitenbevölkerung sich aus der Gesellschaft zurückziehen und nach militanten Wegen suchen, ihrer Frustration Luft zu machen und ihre Identität zu bestätigen. Diese Gefahr scheint dadurch bestätigt, dass rund 70 Prozent Intensivtäter in Deutschland aus Migrantenfamilien stammen (Vieth-Entus 2007, <http://www.tagesspiegel.de/ berlin/archiv/23.02.2007/3101457.asp>). Solche Szenarien stellen nicht nur eine Bedrohung für die öffentliche Sicherheit und den Rechtsstaat dar, sondern sie schaffen neue Hindernisse auf dem Weg zur Integration und zum gesellschaftlichen Zusammenhalt, indem sie eine negative Einstellung gegenüber den Migrantengemeinschaften hervorrufen und ethno-nationalistische bzw. völkische Orientierungen gegen „Russen“, „Türken“ oder „Fremde“ seitens der Einheimischen entwickeln. Das gilt nicht nur für Neonazis, deren Mitgliedschaft im Jahr 2004 um 25 Prozent Zuwachs erfahren hat, sondern auch für zahlreiche neue Rechtsorientierungen (vgl. Bade 2005, <http://www.welt.de/print- welt/article181759/IntegrationgibtesnichtimPassiv.html>). Alle beteiligten Akteure - Migrantengemeinschaften, nationale und lokale Regierungen sowie der private Sektor - können nur gewinnen, wenn sie zusammenarbeiten und sich bemühen, solche negativen Folgen zu vermeiden.

Intransparenz der Politik

Ein weiterer Punkt, den die Kommission anspricht (vgl. Weltkommission für internationale Migration 2005: 45, <http://www.bamf.de/nn971400/SharedDocs/Anlagen/DE/ Migration/Publikationen/Sonstige/bericht-global-commission.html>), ist die Transparenz der Politik. Eine Zuwanderungs- und Flüchtlingspolitik, die nicht gerecht und transparent ist, nicht öffentlich diskutiert wird und nicht auf einem Konsens beruht, weckt Misstrauen und Feindseligkeiten unter den Bürgern der Zielländer und behindert den Integrationsprozess. Regierungen müssen der Öffentlichkeit vermitteln, warum sie Migranten und Flüchtlinge aufnehmen, wie viele aufgenommen werden und welche Unterstützungen sie vom Staat erhalten (vgl. Bade 2005: 7). Eine kohärente Integrationspolitik muss auf dem Respekt vor den kulturellen Unterschieden basieren, die Migranten mit sich bringen. Dieser Respekt ist aus mehreren Gründen unerlässlich: Erstens ist der Dialog zwischen unterschiedlichen Kulturen eine wichtige Erfahrung; zweitens bringen neue Kulturen auch neue Fähigkeiten, Energien und Ausdrucksformen in eine Gesellschaft, und drittens müssen Migranten ihre Selbstachtung bewahren können, so dass sie sich nicht eingeengt oder gar bedroht fühlen (ebd.).

Pflichten und Werte der Aufnahmegesellschaft Staaten sind dafür verantwortlich, dafür zu sorgen, dass Migranten mit den Gesetzen, Sitten und Gebräuchen sowie den Werten der Aufnahmegesellschaft vertraut sind, während die Migranten dafür verantwortlich sind, diese zu achten. Wenn es für Migranten schwierig ist, unter den Gesetzen und der Verfassung ihres Gastgeberlandes zu leben, sollten sie es in Erwägung ziehen, dieses zu verlassen, oder sich, nach dem Erwerb der Staatsbürgerschaft des Aufnahmelandes, für politische Veränderungen mit friedlichen und demokratischen Mitteln einzusetzen. Integration wird behindert, wenn Migranten sich grundsätzlich gegen die Werte der Gesellschaft stellen, in der sie leben, oder wenn Einheimische sich weigern zu akzeptieren, dass die Anwesenheit der Migranten rechtmäßig ist (vgl. Weltkommission für internationale Migration 2005: 48, <http://www.bamf.de/nn971400 /SharedDocs/Anlagen/DE/Migration/Publikationen/Sonstige/bericht-global- commission.html>).

Schutz der weiblichen Migranten und Kinder

Die Kommission betont die Bedeutung des Schutzes der weiblichen Migranten (ebd.). Der Kommission ist bewusst, dass alle Gesellschaften durch Ungleichheit zwischen den Geschlechtern gekennzeichnet sind, und dass diese Ungleichheiten gleichermaßen Migranten wie andere Mitglieder der Gesellschaft betreffen. Migration kann Frauen mehr Mitspracherecht und Eigenständigkeit geben. Sie kann die Auswanderung aus Gesellschaften mit traditionellen und patriarchalischen Autoritätsformen bedeuten. Es wird der Frau möglich zu arbeiten, ihr eigenes Geld zu verdienen und Entscheidungsgewalt in ihrem täglichen Leben auszuüben. Außerdem können Migrantinnen neue Qualifikationen erwerben und einen höheren sozioökonomischen Status erreichen (ebd.).

Häufig wird angenommen, dass Migrantenkinder sich schneller an ihre neue Umgebung anpassen als ihre Eltern und Großeltern. Obwohl es Belege gibt, die diese Behauptung stützen, wäre es gefährlich, daraus zu schließen, dass die Integration von Migrantenkindern etwas ist, was sich selbst überlassen werden kann (ebd.).

Für Kinder, die von Land zu Land mitgenommen werden, kann der Verlust einer vertrauten Lebensart und das Leben in einer Gesellschaft, in der Sprache, Kultur und Werte von dem Eigenen abweichen, traumatisierend wirken. Migration kann außerdem zu Spannungen zwischen den Generationen und Geschlechtern innerhalb der Familien führen.

Diese Konflikte können sich direkt auf die Gesundheit und das Wohlergehen der jüngsten Familienmitglieder auswirken. Im schlimmsten Fall können sie Gewalt und andere Formen des Missbrauchs zur Folge haben. Wenn Migrantenkinder älter werden, können sie bezüglich ihrer Identität und ihres Zugehörigkeitsgefühls ein Gefühl des Fremdseins und der Unsicherheit erfahren. Dies gilt besonders dann, wenn sie mit Diskriminierung und Fremdenfeindlichkeit von anderen Mitgliedern der Gesellschaft konfrontiert werden. Kinder von Migranten mit irregulärem Status sind besonders anfällig, da sie effektiv staatenlos sind und möglicherweise nicht ihr Recht auf Bildung ausüben können.

Die Weltkommission betont (vgl. Weltkommission für internationale Migration 2005: 50, <http://www.bamf.de/nn971400/SharedDocs/Anlagen/DE/Migration/

Publikationen/Sonstige/bericht-global-commission.html>), dass die Rechte, das Wohlergehen und die Bildungsbedürfnisse von Migrantenkindern von allen Mitgliedern der Gesellschaft in vollem Umfang beachtet werden müssen. Während der Integration in eine neue Gesellschaft sollte Migrantenkindern ebenfalls die Möglichkeit gegeben werden, mit ihrem Herkunftsland und dessen Kultur in Kontakt zu bleiben.

Teilnahme in allen Bereichen des gesellschaftlichen Lebens des Aufnahmelandes Integration und gesellschaftlicher Zusammenhalt kann auch durch zielgerichtete Unterstützung und Dienste für Migranten gefördert werden, insbesondere in den Schlüsselbereichen Beschäftigung, Qualifikation und, wie bereits erwähnt, Sprachschulung.

Integration findet am effektivsten am Arbeitsplatz und in der Schule statt. Gerade in diesen gesellschaftlichen Kontexten können Migranten und andere Mitglieder der Gesellschaft am leichtesten einen Sinn für gegenseitigen Respekt entwickeln, Freundschaften schließen und gemeinsame Ziele verfolgen. Wird die Integration auf dieser Ebene nicht gefördert, kann auch nicht erwartet werden, dass ehrgeizigere und zentralisierte Initiativen ihre beabsichtigte Wirkung erzielen (ebd.).

Für Migranten, die die offizielle Sprache ihrer neuen Heimat nicht sprechen, ist es besonders schwierig, aktive Bürger zu werden. Daher muss der Erwerb von angemessenen Sprachkenntnissen als Hauptpflicht von langfristig oder dauerhaft in Deutschland bleibenden Migranten gesehen werden. Die Einwanderungsländer sollten in den Integrationsprozess investieren, indem sie Unterstützung beim Erwerb dieser Kenntnisse zukommen lassen.

1.4. Sprache als Schlüssel zur Integration

Deutschland ist stark von Zuwanderung geprägt. Integration ist somit von zentraler Bedeutung. Zuwanderinnen und Zuwanderer soll eine gleichberechtigte Teilhabe am gesellschaftlichen, politischen, kulturellen und wirtschaftlichen Leben in Deutschland ermöglicht werden. Deswegen steht im Mittelpunkt aller Bemühungen zur Integration der Gedanke der Chancengleichheit.

Die Menschen, die nach Deutschland zuwandern, kommen aus den unterschiedlichsten Kulturkreisen. Wichtig sind deshalb gemeinsame Orientierungspunkte, die den Prozess der Integration strukturieren und steuern. Ein zentrales Element gelungener Integration ist das Erlernen der gemeinsamen Sprache Deutsch, die - als Schlüssel zur Integration - den Zugang zu allen gesellschaftlichen Bereichen erleichtert (vgl. BAMF 2007, <http://www.bamf.de/ cln042/nn566316/DE/Integration/integration- node.htmlnnn=true>).

Sprache hat im Prozess der Integration eine überragende Bedeutung, da sie mehrere Funktionen erfüllt. Sie ist sowohl Medium der alltäglichen Kommunikation als auch eine Ressource, insbesondere bei der Bildung und auf dem Arbeitsmarkt. Zudem können Sprachen und Sprachakzente als Symbole von Zusammengehörigkeit oder auch Fremdheit wirken und zu Diskriminierungen führen. Durch Sprachkompetenzen in der jeweiligen Landessprache sind im großen Maße Differenzen im Zugang zu Bildung, Einkommen, den zentralen Institutionen und gesellschaftlicher Anerkennung ebenso wie zu sozialen Kontakten bedingt. Sprachliche und kulturelle Vielfalt kann dabei einerseits zu innovativen Anreizen und interkulturellem Austausch führen, andererseits aber auch Verständigungs­und Abstimmungsprobleme nach sich ziehen (vgl. Esser 2006: i)

Um die Probleme der Sprachintegration zu identifizieren, muss man sich die dem Erwerb der Landessprache zugrunde liegenden Mechanismen, sozialen Bedingungen und Folgen klar machen. Spracherwerb kann man als Ergebnis eines Zusammenwirkens des Lernens der Migranten einerseits und bestimmter sozialer Bedingungen andererseits verstehen. Der Erwerb der Landessprache als Zweitsprache der Migranten wird durch eine Reihe von Faktoren beeinflusst. Dazu gehören Bedingungen im Herkunfts- und Aufnahmeland, die Struktur einer ethnischen Gemeinde, die individuellen und familiären Lebensbedingungen (vgl. Esser 2006: ii). Als besonders entscheidende Faktoren erweisen sich das Einreisealter, die Bildung der Migranten selbst und ihrer Eltern. Als hindernd können sich solche Faktoren wie eine starke ethnische Konzentration im Wohnumfeld, Kommunikationsmöglichkeiten in der Herkunftssprache und das Verfügen über herkunftssprachliche Medien auftreten (ebd.).

Für die Integration von Migranten auf dem Arbeitsmarkt sind neben dem Bildungsniveau und der Berufserfahrung umfassende Kompetenzen in der Landessprache von überragender Bedeutung. Sprachliche Defizite verringern die Chance, überhaupt eine Beschäftigung zu finden oder eine höhere Stellung und damit ein höheres Einkommen zu erlangen. Wer die Landessprache nicht umfassend beherrscht, kann auch vorhandene und wertvolle eigene Kenntnisse und Berufserfahrungen kaum nutzen (vgl. Esser 2006: iv).

Es wird inzwischen kaum noch bestritten, dass die Sprache ein zentraler Bestandteil der Integration von Migranten in der Aufnahmegesellschaft ist. Am 01.01.2005 trat das Zuwanderungsgesetz (BAMF: 2005, <http://www.bamf.de/cln042/nn565184/ SharedDocs/Rechtsgrundlagen/DE/DasBAMF/aufenthg.htmlnnn=true>; Storr: 2005: 231ff; Frings 2005: 79ff) und in seiner Folge die Integrationskursverordnung in Kraft, womit erstmalig ein Mindestrahmen staatlicher Integrationsangebote geschaffen wurden. Den Kern dieser staatlichen Integrationsangebote bildet der Integrationskurs, den ich im nächsten Kapitel etwas genauer darstellen werde. Von besonderem Interesse hierbei sind die Rahmenbedingungen und die beteiligten Akteure.

1.5. Integrationskurse

1.5.1. Rahmenbedingungen

Mit dem In-Kraft-Treten des Zuwanderungsgesetzes am 01.01.2005 wurde in Deutschland ein Mindestrahmen staatlicher Integrationsangebote geschaffen. Kernstück des Zuwanderungsgesetzes ist die Verpflichtung erwachsener Zuwanderer zur Teilnahme an den so genannten Integrationskursen (vgl. Storr 2005: 230; Frings 2005: 79).

Ziel der Integrationskurse ist die Förderung der Integration von Migranten. Kenntnisse der deutschen Sprache und des Rechts- und Gesellschaftssystems sind wichtig, um dem Ziel der gleichberechtigten Teilhabe und Chancengleichheit näher kommen zu können. Insbesondere zur Integration in die Berufs- und Arbeitswelt sind Kenntnisse der deutschen Sprache ein entscheidender Faktor. Ebenso sind deutsche Sprachkenntnisse eine wichtige Voraussetzung für eine bessere Akzeptanz der Zuwanderer durch die deutsche Bevölkerung. Für die deutschsprachige Mehrheitsgesellschaft ist es von großer Bedeutung, dass Zuwanderer die deutsche Sprache als Verkehrssprache beherrschen (vgl. BAMF 2006: 3).

Der Integrationskurs strebt daher das Erlangen ausreichender Sprachkenntnisse an, die dem Niveau B1 - der ersten Stufe der selbstständigen Sprachverwendung - auf der Skala des Gemeinsamen Europäischen Referenzrahmens für Sprachen entsprechen (ebd.).

Dafür wird ein Unterricht gefordert, der primär auf die Kommunikationsfähigkeit abzielt und sich an der Lebenswirklichkeit der Zugewanderten orientiert. So verstanden muss der Sprachunterricht zu folgenden Zielen beitragen (Buhlmann: 2005, 4):

1. Verbesserung der Voraussetzungen für die Teilnahme der Zuwanderer am sozialen Leben in Deutschland, z.B.:

- Erwerb von sprachlichen Mitteln zur besseren Bewältigung des eigenen Alltags
- Erwerb von Kommunikationsmitteln zur Bewältigung von Behördengängen, zur Regelung der Probleme der Kinder in Schule und Kindergarten, zur Kommunikation beim Arzt, auf der Bank etc.
- Erwerb von sprachlichen Mitteln zur Kommunikation mit der Nachbarschaft, Kollegen und deutschsprachigen Bekannten bzw. Freunden in der Freizeit

2. Verbesserung der Voraussetzungen für die Teilnahme der Zuwanderer am Erwerbsleben in Deutschland, z.B.:

- Erwerb von Kommunikationsmitteln zur Bewältigung der beruflichen Qualifizierungsmaßnahmen
- Erwerb von Kommunikationsmitteln zur Bewältigung der Arbeitssituation

3. Verbesserung der Voraussetzungen für die Teilnahme der Zuwanderer am gesellschaftlichen Leben in Deutschland, z.B.:

- Erwerb der sprachlichen Mittel zur Kommunikation in Versammlungen, Treffen, Vereinen etc.
- Erwerb der sprachlichen Mittel zur Information über politische, wirtschaftliche und gesellschaftliche Ereignisse
- Erwerb von sprachlichen Mittel zur Kommunikation im kommunalen Kontext

4. Verbesserung der Voraussetzungen für die Teilnahme der Zuwanderer am kulturellen Leben in Deutschland, z.B.:

- Erwerb von sprachlichen Mitteln zur Information über kulturelle Ereignisse und Teilnahme an entsprechenden Veranstaltungen wie Stadtteilfesten, Informationsveranstaltungen etc.

Um diese Ziele in der Wirklichkeit umsetzen zu können, sind jedoch noch andere Ziele zu erreichen, die in den DaZ-Unterricht integriert sein müssen, wie z.B.:

- Förderung der Fähigkeit der Zugewanderten, sich mit den eigenen Fähigkeiten, Stärken, Schwächen und Interessen aktiv in die deutsche Gesellschaft einzubringen
- Steigerung des Selbsthilfepotenzials der Zugewanderten durch Förderung von Selbstständigkeit und Eigenverantwortung
- Förderung der Identitätsfindung und Handlungsfähigkeit in den Kulturen
- Förderung der Fähigkeit zu interkulturellem Lernen
- Förderung der Fähigkeit zu reflektierendem Lernen
- Förderung der Fähigkeit zu lebenslangem Lernen (vgl. Buhlmann 2005: 5).

Diese Liste ließe sich fortsetzen. Aus der Auflistung einiger Hauptziele, die nicht rein sprachlicher Natur sind, geht aber bereits hervor, dass der DaZ-Unterricht auch nichtsprachliche Inhalte aus den verschiedensten Bereichen transportieren bzw. die Teilnehmer in die Lage versetzen muss, sich diese selbst zu erschließen.

Zu dieser Zielsetzung, den Lerninhalten und Methoden der Integrationskurse hat das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge bereits 2004 ein Konzept für einen bundesweiten Integrationskurs vorgelegt (BAMF 2007, <http://www.bmi.bund.de/cln028/nn174266/Internet/Content/Broschueren/2005/Integrat ionskurse de.html>). In diesem Konzept sind die Grundstruktur vom Integrationskurs und seine Inhalte festgelegt, jedoch sind sie in Abstimmung mit der Bewertungskommission weiterentwickelt worden. Die Integrationskurse werden im Umfang von 630 Stunden3 durchgeführt, die sich auf Basissprachkurs, Aufbausprachkurs und Orientierungssprachkurs verteilen. Auf der Basis dieses Konzepts wird darüber hinaus ein Rahmencurriculum für den gesamten Integrationskurs entwickelt. Dieses Rahmencurriculum bildet künftig die Basis für die Unterrichtsgestaltung. Es legt die Grundlage für die Entwicklung von Lehr- und Lernmaterialien und ist zugleich Teil der Maßnahmen zur Qualitätssicherung (ebd.).

1.5.2. Beteiligte Akteure

An dem komplexen Prozess der Durchführung der Integrationskurse sind einige Akteure beteiligt, die und deren Aufgaben ich im Folgenden beschreibe.

1.5.2.1. Bundesamt für Migration und Flüchtlinge

Mit dem Zuwanderungsgesetz wurden dem Bundesamt für Migration und Flüchtlinge wesentliche konzeptionelle und Steuerungsaufgaben zur Durchführung der Integrationskurse übertragen. Die Regionalkoordinatoren, die in den Regionalstellen tätig sind, koordinieren die Kurse auf örtlicher Ebene und führen die Vorortkontrollen durch. Sie diagnostizieren ebenfalls den regionalen Bedarf für Jugendlichen-, Frauen- und Alphabetisierungskurse (§13 Integrationskursverordnung) und sind für die Beurteilung der Qualität und die Zulassung der Kursträger sowie der Kursinteressenten zuständig. Die Bewertungskommission, eingerichtet im August 2003, hat das Bundesamt bei der Vorbereitung der Integrationskurse beraten und dient zurzeit der fachlichen Begleitung und Bewertung der Kursdurchführung. Die Kommission soll die Lehrpläne, die Lehr- und Lernmaterialien sowie die Abschlusstests der Integrationskurse bewerten.

Eine weitere Aufgabe des Bundesamtes ist die Entwicklung von Verfahren der Qualitätskontrolle, die Fortentwicklung des Integrationskurskonzeptes sowie der speziellen Konzepte für Frauen-, Jugendlichen-, Eltern- und Alphabetisierungskurse. (vgl. BAMF 2007, <http://www.bamf.de/cln042/nn5653 56/DE/Integration/ Integrationskurse/ Informationen/1-aufgaben-des-bundesamtes.html>).

1.5.2.2. Kursteilnehmer

Folgende Personengruppen haben einen gesetzlichen Anspruch auf Teilnahme an einem Integrationskurs (vgl. BAMF 2007, <http://www.bamf.de/cln042/nn565356/DE/ Integration/Integrationskurse/Kursteilnehmer/kursteilnehmer-node.htmlnnn=true>):

- Ausländer, die sich dauerhaft im Bundesgebiet aufhalten, wenn sie erstmals eine Aufenthaltserlaubnis zu Erwerbszwecken, zum Zwecke des Familiennachzuges, aus humanitären Gründen oder eine Niederlassungserlaubnis nach §23 Abs. 2 Aufenthaltsgesetz erhalten.

Ein Anspruch besteht nicht bei Kindern, Jugendlichen und jungen Erwachsenen, die eine schulische Ausbildung aufnehmen und ihre bisherige Schullaufbahn in der Bundesrepublik fortsetzen sowie bei erkennbar geringem Integrationsbedarf.

[...]


[1] Im folgenden Text werden anstelle der Doppelbezeichnungen die Personen- und Funktionsbezeichnungen in männlicher Form verwendet, stehen aber jeweils für die weibliche und männliche Form.

[2] Organisation for Economic Cooperation and Development (OECD) - deut.: Organisation für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung).

[3] Die Festlegung auf630 Stunden wurde in Anlehnung an die Erfahrungen aus anderen Ländern vorgenommen:
- Australien hat als maximale Förderdauer 510 Stunden Englischunterricht festgelegt.
- In den Niederlanden umfasst der staatlich finanzierte Kurs (einschließlich Orientierungskurs) 600 Stunden.
- In Frankreich können anerkannte Flüchtlinge bis zu 800 Stunden gefördert werden; Neuankömmlinge mit anderem Status (Familienzusammenführung; Arbeitsaufnahme) erhalten einen Sprachkurs von 200-500 Stunden (vgl. Maas/Mehlem 2003: 102).

Ende der Leseprobe aus 124 Seiten

Details

Titel
Qualitätsentwicklung in den Sprachschulen im Rahmen der Integration von Zuwanderern
Hochschule
Universität Bielefeld
Note
sehr gut
Autor
Jahr
2007
Seiten
124
Katalognummer
V88754
ISBN (eBook)
9783638034647
Dateigröße
3769 KB
Sprache
Deutsch
Anmerkungen
Zweitgutachten Deutschland ist heute faktisch eines der wichtigsten Einwanderungsländer Europas. Viele Immigranten kamen und kommen mit nur geringen oder keinen Kenntnissen der deutschen Sprache hierher. Auch die Kinder der Immigranten beherrschen Deutsch teilweise nur in sehr geringem Maße. Zugleich ist bekannt, wie wichtig die Beherrschung der deutschen Sprache für den Erfolg auf dem Arbeitsmarkt und für die Integration in die deutsche Gesellschaft ist. Deshalb ist in den letzten Jahren viel in Sprachkurse investiert worden unddie Nachfrage nach Deutschkursen ist unter Immigranten sehr stark gestiegen. In diesem „Wachstumsmarkt“ haben sich aber auch einige Sprachschulen etabliert, die qualitativ keinen guten Unterricht bieten. Da viele dieser Sprachschulen mit öffentlichen Mitteln finanziert werden, kann der Markt hier kaum regulierend wirken. Damit wird Qualitätskontrolle und –management bei Sprachschulen zu einem relevanten und wichtigen Thema im Kontext der gestiegenen und wachsenden Bemühungen um die Integration von Zuwanderern in Deutschland. Diesem Thema hat Irina Moiseenko sich mit ihrer Magisterarbeit zugewandt. Sie hat einerseits einen persönlichen Bezug zum Thema, da sie selbst Sprachkurse als Teilnehmerin kennengelernt hat. Sie kann in ihrer Magisterarbeit aber auch Erfahrungen und Beobachtungen aus verschiedenen Praktika verwenden, u.a. einem am Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (BAMF) in dem sie mit Qualitätsmanagement von Sprachkursen beschäftigt war. Frau Moiseenko wendet sich dem Thema in einem durchaus breiten Kontext zu, indem Sie zunächst im ersten Kapitel die Rolle der Sprachbeherrschung für die Integration von Zuwanderern überhaupt, die Rahmenbedingungen der Sprachintegration und die beteiligten Akteure analysiert. Dieser umfassende Zugang ist eine Stärke der Arbeit und macht sich in den folgenden Kapiteln wiederholt bezahlt. Insbesondere gelingt es der Autorin, die wichtige Rolle der Sprache als Schlüssel von Integration überzeugend herauszuarbeiten. Im zweiten Kapitel ihrer Magisterarbeit behandelt die Autorin verschiedene Ansätze zum Qualitätsmanagement. Kritisch diskutiert sie Möglichkeiten der Übertragung allgemeiner Qualitätssicherungsansätze auf den Bildungsbereich. Nach der Behandlung der methodischen Ansätze analysiert sie das Qualitätsmanagement von Volkshochschulen und privaten Sprachschulen. Im dritten Kapitel ihrer Magisterarbeit entwickelt die Autorin ein eigenes Konzept zur Qualitätsbewertung im Rahmen von Kursträgerzulassungen und Vorortprüfungen.Dieses Konzept wird stringent und klar abgeleitet und dargestellt und bis in Details wie die Punktegewichtung ausgeführt. Es erscheint dem Gutachter als praktikabel und funktional...
Schlagworte
Qualitätsentwicklung, Sprachschulen, Rahmen, Integration, Zuwanderern
Arbeit zitieren
Irina Moiseenko (Autor:in), 2007, Qualitätsentwicklung in den Sprachschulen im Rahmen der Integration von Zuwanderern, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/88754

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