Eines der brisantesten und explosivsten Krisengebiete der Welt ist zweifellos der Nahe Osten. Spätestens mit der Gründung des Staates Israel im Jahre 1948 nahm dieser Konflikt seinen Anfang. Bis zum heutigen Tage wurde trotz zahlreicher internationaler Vermittlungsbemühungen keine Lösung dieses Konflikts erreicht. In den neunziger Jahren des vergangenen Jahrhunderts wurden bereits verschiedene Ansätze zur Lösung dieses Konfliktes unternommen. Beispielgebend waren hierfür die Konferenzbeschlüsse von Madrid (1991), die Prinzipienerklärung von Oslo (1993) sowie das Treffen des PLO-Vorsitzenden Yasir Arafat mit dem israelischen Ministerpräsidenten Edhu Barak (2000) auf Einladung Bill Clintons in Camp David. Während in Madrid und Oslo erste Ergebnisse erzielt wurden, welche Anlass zu verhaltenem Optimismus gaben, wurde bereits das unter dem Namen Camp David II bekannt gewordene Treffen weitestgehend ergebnislos beendet und trug demnach in keiner Weise zu einer weiteren Entspannung der Lage bei. Im Gegenteil: Mit dem Ausruf der Al-Aksa-Intifada im September des Jahres 2000 war und ist bis zum heutigen Tage ein Dialog der Konfliktparteien kaum noch möglich. Gegenseitige Schuldzuweisungen und tief sitzendes Misstrauen sowohl auf israelischer als auch auf arabischer Seite bestimmen seitdem wieder das politische Klima in dieser Region. Durch die jüngsten Ereignisse, insbesondere durch den Libanonkrieg im Jahre 2006, durch die faktische politische Spaltung Palästinas in Fatah und Hamas geführte Regionen und durch die stetig wachsenden und unverhohlenen Drohungen aus Teheran an Israel verschärfte sich die Lage weiterhin immanent. [...]
Inhaltsverzeichnis
1. Einleitung
2. Gemeinsam jeder für sich
3. Aktuelle Entwicklungen und Ausblick
Bibliographie
1. Einleitung
Eines der brisantesten und explosivsten Krisengebiete der Welt ist zweifellos der Nahe Osten.[1] Spätestens mit der Gründung des Staates Israel im Jahre 1948 nahm dieser Konflikt seinen Anfang. Bis zum heutigen Tage wurde trotz zahlreicher internationaler Vermittlungsbemühungen keine Lösung dieses Konflikts erreicht. In den neunziger Jahren des vergangenen Jahrhunderts wurden bereits verschiedene Ansätze zur Lösung dieses Konfliktes unternommen. Beispielgebend waren hierfür die Konferenzbeschlüsse von Madrid (1991), die Prinzipienerklärung von Oslo (1993)[2] sowie das Treffen des PLO-Vorsitzenden Yasir Arafat mit dem israelischen Ministerpräsidenten Edhu Barak (2000) auf Einladung Bill Clintons in Camp David. Während in Madrid und Oslo erste Ergebnisse erzielt wurden, welche Anlass zu verhaltenem Optimismus gaben, wurde bereits das unter dem Namen Camp David II[3] bekannt gewordene Treffen weitestgehend ergebnislos beendet und trug demnach in keiner Weise zu einer weiteren Entspannung der Lage bei. Im Gegenteil: Mit dem Ausruf der Al-Aksa-Intifada im September des Jahres 2000 war und ist bis zum heutigen Tage ein Dialog der Konfliktparteien kaum noch möglich. Gegenseitige Schuldzuweisungen und tief sitzendes Misstrauen sowohl auf israelischer als auch auf arabischer Seite bestimmen seitdem wieder das politische Klima in dieser Region. Durch die jüngsten Ereignisse, insbesondere durch den Libanonkrieg im Jahre 2006, durch die faktische politische Spaltung Palästinas in Fatah und Hamas geführte Regionen und durch die stetig wachsenden und unverhohlenen Drohungen aus Teheran an Israel verschärfte sich die Lage weiterhin immanent.
Dieser fundamentale Vertrauensverlust zwischen den Parteien lässt sich nur durch das politische Engagement Dritter kompensieren. Es erfordert ein nachhaltiges internationales Engagement, was das Eröffnen einer politischen Perspektive für beide Seiten und Garantien für deren baldige Umsetzung impliziert. Dennoch entsteht vor dem Hintergrund anhaltender Gewalt und wachsender Kriegsrhetorik der Eindruck, dass die Bemühungen externer Akteure weitestgehend ins Leere laufen. Die notwendige Intervention Dritter bedarf deshalb erweiterter Aktivitäten als die bloße Vermittlungstätigkeit.
Die Rolle der Europäischen Union wird in der öffentlichen Wahrnehmung häufig auf die des potentesten Geldgebers für die Autonomiegebiete Palästinas gesehen. Auch wenn es richtig ist, dass sehr viele EU-Mittel zum Aufbau der Infrastruktur und der Bildungssysteme dem Westjordanland und dem Gaza zur Verfügung gestellt werden, charakterisiert sich hinter dieser Fassade ein anderes Verständnis von einer möglichen Befriedung der Region. Die Europäische Union hat sich in den letzten Jahren gewiss zu einem Player mit einem nicht unerheblichen Gewicht in der Nahostfrage entwickelt. Nicht zuletzt begründet sich dieses Engagement auch durch die geografische Nähe zu den Krisenregionen und den damit verbundenen Sicherheitsrisiken für die Europäische Union. Insbesondere trug jedoch die zunehmende Integration in einer gemeinsamen europäischen Außenpolitik zu dieser Entwicklung bei.
Im vorliegenden Beitrag wird der Versuch unternommen, die Politik der Europäischen Union im Nahen Osten zu skizzieren und dabei nach einer Entwicklungslinie zum Verständnis der Europäischen Union gegenüber den Konfliktparteien sowie zum Selbstverständnis der Europäischen Union als externe Einflussgröße in diesem Konflikt zu suchen. Dabei wird auf die institutionellen Rahmenbedingungen – GASP und EMP – nur kurz eingegangen. Ebenso kann keine detaillierte Charakteristik aller europäischen Standpunkte sowie Maßnahmen gegeben werden, vielmehr erfolgt die Darstellung anhand einiger ausgewählter Beispiele anhand der aktuellen Entwicklung.
2. Gemeinsam jeder für sich
Die Europäische Union sieht sich immer wieder Vorwürfen ausgesetzt, im Nahen Osten ausschließlich wirtschaftlich aktiv zu sein und es beim politischen Engagement und Einfluss bei Lippenbekenntnissen zu belassen.[4] Die zentralen institutionellen Instrumente der Nahostpolitik bestehen jedoch aus den Bereichen der Gemeinsamen Außen- und Sicherheitspolitik (GASP), der Euro-Mediterrane Partnerschaft (EMP) und der Europäischen Nachbarschaftspolitik (ENP). An dieser Stelle muss einschränkend erwähnt werden, dass sowohl die Mittelmeer- als auch die Nachbarschaftspolitik von der Nahostpolitik im engeren Sinne gesondert betrieben werden. Doch eine klare Zergliederung der beiden Bereiche ist faktisch nicht möglich, zumal die Nahostfrage die Außen- und Sicherheitspolitik der Europäischen Union und auch die Zusammenarbeit innerhalb der EMP beeinflusst.
Die Ziele der Europäischen Union in der Außenpolitik zum Nahen Osten bestehen insbesondere in den weichen Sicherheitsrisiken. Hierzu gehören militanter Islamismus, organisierte Kriminalität (insbesondere Drogenhandel) und illegale Migration. Allerdings lässt der Kampf gegen den internationalen Terrorismus die Grenze zwischen harten und weichen Sicherheitsrisiken zunehmend verschwimmen. Über das sicherheitsstrategische Interesse hinaus sind auch wirtschaftliche, geostrategische und historische Verantwortungen für ein Engagement der Europäischen Union im Nahen Osten tragend. Aus historischer Sicht hat Europa eine moralische Verantwortung gegenüber Israel und dessen arabischen Nachbarn. „Der europäische Kolonialismus, die Weltkriege und ihre Folgen für die regionale Mächtekonstellation, der Holocaust, die Staatsgründung Israels und die europäische Beteiligung an der Austragung des Kalten Krieges haben den Nahen Osten nachhaltig geprägt.“[5] Darüber hinaus bestehen in der Wahrung des Völkerrechts und der Menschenrechte sowie in der Integration der zehn Millionen Immigranten nahöstlicher oder nordafrikanischer Herkunft innerhalb der Europäischen Union sowohl realpolitische als auch normative Leitlinien des europäischen Engagements in dieser Region. „Europa hat gar keine andere Wahl, als sich an den Aufräumarbeiten dieses historischen Scherbenhaufens zu beteiligen.“[6]
Trotz dieses allgemeinen Interesses der Europäischen Union konnte lange eine gemeinsame Nahostpolitik nicht konstatiert werden. In Anlehnung ihrer historischen Hintergründe engagierten sich die europäischen Staaten in unterschiedlicher Weise. Bis zum Ausbruch des dritten israelisch-arabischen Krieges gab es keinen Ansatz einer gemeinsamen europäischen Nahostpolitik. Dies lag im hohen Maße daran, dass nicht jedes europäische Land überhaupt in einer gewissen Weise eine Nahostpolitik verfolgte. Zudem gingen die Meinungen der Mitgliedsländer hinsichtlich der zu beziehenden Stellung im Nahost-Konflikt weite auseinander.
Frankreich sah sich aufgrund seiner kolonialen Vergangenheit in Nordafrika und der engen wirtschaftlichen Bindung an den arabischen Maghreb als Mittler zwischen der arabischen und der europäischen Welt, tendierte jedoch im Nahostkonflikt eher zur arabischen Seite.[7] Die Bundesrepublik Deutschland hingegen sah sich durch den Holocaust bedingt in einer stärkeren Verantwortung gegenüber Israel und hielt sich im Nahen Osten stets im Hintergrund. Diese Einstellung verfolgt die Bundesrepublik Deutschland bis zum heutigen Tage. Die Beziehungen von Großbritannien als ehemalige Mandatsmacht in Palästina waren zu Israel und den arabischen Staaten eher neutral.[8]
Die Entwicklung einer gemeinsamen Position der Europäischen Union in der Nahostfrage ging mit der Ausgestaltung der europäischen Integration einher. Je mehr diese voranschritt, desto mehr wurden außenpolitische Kompetenzen der Nationalstaaten an die Europäische Gemeinschaft beziehungsweise an die Europäische Union abgegeben. Im Jahre 1970 wurde die Europäische Politische Zusammenarbeit (EPZ) ins Leben gerufen, welche sich auch mit dem Nahost-Konflikt befasste. Im Jahre 1980 erklärte der Europarat, dass im Sinne einer Lösung des israelisch-arabischen Konflikts das Selbstbestimmungsrecht des palästinensischen Volkes anerkannt werden und die PLO in die Verhandlungen einbezogen werden muss, doch beließ es die Europäische Gemeinschaft seinerzeit dabei, die „Rolle eines Zaungastes“ einzunehmen.[9]
[...]
[1] Grundsätzlich handelt es sich hierbei um einen politisch-geografischen Sammelbegriff für die (außereuropäischen) Länder am östlichen Mittelmeer. Dazu zählen die arabischen Staaten Vorderasiens, Israel, Ägypten, die Türkei und der Iran. Aus US-amerikanischer Sicht wird diese Region Mittlerer Osten genannt.
[2] Israel erkennt darin die PLO an. Die PLO ihrerseits verpflichtet sich zum Frieden und zum Streichen jener Paragraphen ihrer Charta, in denen zur Auslöschung Israels aufgerufen wird. Es werden Schritte zu einer Autonomie der palästinensischen Gebiete vereinbart.
[3] Camp David I bezeichnet die positiven Schritte, die im Jahre 1979 zwischen Jimmy Carter, Anwar As-Sadat und Menachem Begin stattfanden.
[4] Vgl. unter anderem Rhein (1999), Jaeger (2004), Schmidt (2001).
[5] Schäfer (2004), S. 46.
[6] So verurteilte Frankreich nach Ausbruch des Sechs-Tage-Krieges Israel und bezog in der UNO Position für die arabischen Staaten. Dabei beriefen sie sich darauf, dass jeder Staat in der Region ein Existenzrecht habe und Angriff eines Staates auf einen Nachbar nicht zu tolerieren sei. Vgl. Greilsammer / Weiler (1984), S. 131.
[7] Vgl. Dosenrode / Stubkjaer (2002), S. 61.
[8] Vgl. Dosenrode / Stubkjaer (2002), S. 65.
[9] Vgl. Johannsen (2004), S. 161.
- Arbeit zitieren
- Mathias Kunze (Autor:in), 2008, Die Position der EU-Außenpolitik im Nahen Osten, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/89007
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