Kinderfreundschaften spielen eine große Rolle für die Entwicklung eines jeden Kindes. Durch die zunehmende Forschung auf diesem Gebiet ist heute bekannt, dass in den ersten Lebensjahren nicht nur die Mutter-Kind-Beziehung bestimmend ist, sondern dass auch die Gleichaltrigen eine eigenständige Rolle in der Sozialisation des Kindes einnehmen (vgl. Artikel des Ministeriums für Frauen, Jugend, Familie und Gesundheit des Landes NRW). Laut Karl Waldhecker (2001) können sich die Erfahrungen in diesen beiden Bereichen ergänzen, jedoch nicht ersetzen. Freunde erfüllen Funktionen, die Eltern und Kinder anderer Altersgruppen nicht übernehmen können (Wagner 1991). Schon im Vorschulalter sind Freundschaftsbeziehungen üblich und relativ stabil (Schmidt-Denter & Zierau 1994).
Der Umgang und die Auseinandersetzung mit Gleichaltrigen, der Gewinn spezifischer Erfahrungen und die besonderen Herausforderungen, die Freundschaften mit sich bringen, bilden einen wichtigen Ort des sozialen Lernens, losgelöst von Autoritäten und auf einer gleichwertigen Ebene, und fördern so die soziale Kompetenz der Kinder (vgl. Wagner 1994; Hoffmann 1992; Valtin 1994). „Gleichaltrige geben Kindern ein Gefühl der Sicherheit, Vertrautheit, Selbstbejahung und Emotionalität“ (Hoffmann 1992, S.45).
Wagner (1991) spricht von der alltäglichen Erfahrung einer emotionalen und kognitiven Befriedigung, die Kinder und Erwachsene empfinden, wenn sie mit einem Freund zusammen sind.
Freundschaftsbildungen im Kindergarten sind ein Indiz für soziale Entwicklungsfortschritte (Schmidt-Denter & Zierau 1994), denn Freundschaften tragen erheblich dazu bei, dass das Kind soziale Fähigkeiten erlernt wie anderen zuzuhören, sich in andere hineinzuversetzen, auf Schwächere Rücksicht zu nehmen, nachzugeben und anderen Hilfe, Trost und Unterstützung anzubieten (Artikel des Ministeriums für Frauen, Jugend, Familie und Gesundheit des Landes NRW). Zurückweisungserlebnisse und Eifersucht fungieren ebenso als wichtige Lernprozesse wie die Versöhnung nach einem Streit. Freunde tauschen Informationen aus, berücksichtigen die Interessen des anderen und lachen gemeinsam; das Spiel des einen motiviert das des anderen (Landesarbeitsgemeinschaft für Gesundheitsförderung Saarland e.V. 1999). Sie lernen mit- und voneinander, üben sich im Teilen, in Kooperation, Wettbewerb, Vertrauen und Sensibilität, lernen moralische Normen kennen und verhindern, dass Konflikte in physische Aggression umschlagen (Wagner 1991, 1994; Krappmann 1994).
Inhaltsverzeichnis
- 1. Einleitung oder Zur Bedeutung von Kinderfreundschaften
- Freundschaft als Form der sozialen Beziehung
- 2. Freundschaft als Form der sozialen Beziehung
- 2.1 Soziale Beziehungen
- 2.2 Freundschaft als Beziehungstyp
- 2.2.1 Merkmale von Freundschaften
- 3. Der Freundschaftsbegriff im Laufe der kindlichen Entwicklung
- 3.1 Selmans Stufenmodell der Entwicklung des Freundschaftsverständnisses mit Erläuterungen zu den Stufen 0 und 1
- 4. Der Kindergarten
- 4.1 Die Bedeutung des Kindergartens
- 4.2 Der Eintritt in den Kindergarten
- 5. Bedingungen für die Entstehung von Kinderfreundschaften
- 5.1 Personale Bedingungen
- 5.1.1 Alter
- 5.1.2 Geschlecht
- 5.1.3 Ethnische Zugehörigkeit
- 5.1.4 Körperliche (physische) Attraktivität
- 5.1.5 Intelligenz
- 5.1.6 Persönlichkeitseigenschaften, Interessen und andere Merkmale
- 5.1.7 Soziale Schicht
- 5.1.8 Soziale Motive und Orientierungen
- 5.1.9 Soziale Erfahrungen
- 5.2 Wagners Filtermodell zur Selektion potentieller Freunde
- 5.3 Situationale Bedingungen
- 5.3.1 Geographisch-räumliche Struktur
- 5.3.2 Räumliche Nähe
- 5.3.3 Materielle Ausstattung und architektonisch-räumliche Struktur
- 5.3.4 Vertrautheit
- 5.3.5 Einfluss von Eltern und Erziehern
- 6. Kontaktaufnahme und Freundschaftsbeginn
Zielsetzung und Themenschwerpunkte
Die vorliegende Arbeit befasst sich mit der Entwicklung von Freundschaft im Kindergartenalter. Sie untersucht die Bedeutung von Kinderfreundschaften für die soziale Entwicklung und beleuchtet die Faktoren, die die Entstehung von Freundschaften beeinflussen.
- Bedeutung von Kinderfreundschaften für die Sozialisation
- Entwicklung des Freundschaftsverständnisses im Kindergartenalter
- Einflussfaktoren auf die Entstehung von Kinderfreundschaften, sowohl personale als auch situationale Bedingungen
- Das Konzept des Kindergartens als sozialer Lernort
- Kontaktaufnahme und Freundschaftsbeginn im Kindergarten
Zusammenfassung der Kapitel
Die Einleitung beleuchtet die Bedeutung von Kinderfreundschaften für die Entwicklung eines Kindes und stellt die Rolle von Freundschaften in der Sozialisation dar. Kapitel 2 befasst sich mit dem Konzept der sozialen Beziehung und definiert Freundschaft als einen spezifischen Typ von sozialer Beziehung. Kapitel 3 analysiert die Entwicklung des Freundschaftsverständnisses bei Kindern anhand des Stufenmodells von Selman. Kapitel 4 beschäftigt sich mit dem Kindergarten als sozialer Lernort und betrachtet die Bedeutung des Kindergartens für die Entwicklung von Freundschaften. Kapitel 5 untersucht die Bedingungen für die Entstehung von Kinderfreundschaften, wobei sowohl personale als auch situationale Faktoren betrachtet werden. Das Kapitel analysiert verschiedene Aspekte wie Alter, Geschlecht, Intelligenz und soziale Motive, die eine Rolle bei der Auswahl von Freunden spielen. Schließlich widmet sich Kapitel 6 der Kontaktaufnahme und dem Beginn von Freundschaften im Kindergarten.
Schlüsselwörter
Kinderfreundschaft, Kindergarten, soziale Entwicklung, Sozialisation, Freundschaftsverständnis, personale Bedingungen, situationale Bedingungen, Kontaktaufnahme, Freundschaftsbeginn.
- Quote paper
- Anna Badstübner (Author), 2002, Entwicklung von Freundschaft als Form der sozialen Beziehung im Kindergartenalter, Munich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/89130