Die folgende Untersuchung nimmt Jaspers Religionsphilosophie kritisch unter die Lupe. Es soll gezeigt werden, dass Jaspers Philosophieverständnis eine Übereinstimmung mit den genuin christlich-theologischen Glaubensgehalten notwendigerweise ausschließt. Es wird sich herauskristallisieren, dass es nicht ausschließlich der Glaube an ein singulär gültiges Offenbarungsgeschehen einer Religion als nur einer der Faktoren ist, der im Fokus von Jaspers Kritik steht. Vielmehr ist Jaspers Denken generell kritisch positioniert gegenüber jeglicher Form von Dogmatik. Es soll dabei der Weg nachgezeichnet werden, welche Argumente gegen den christlichen Offenbarungsglauben aus der Perspektive von Jaspers philosophischem Glauben sprechen. Im Anschluss daran soll gezeigt werden, wie eine Transformation des Offenbarungsglaubens nach Jaspers aussehen könnte. Zusätzlich sei darauf hingewiesen, dass die Offenbarungskritik mit ihrem Absolutheitsanspruch zwar im Fokus der Arbeit steht, aber darüber hinaus auch die Kritik an dem Phänomen der christlichen Religion insgesamt thematisiert wird. Dazu gehören dann auch Exkurse, die Jaspers in das Phänomen der Mystik und in das Programm der natürlichen Theologie unternimmt. Der Kritik an diesen beiden Phänomenen wird auch im Rahmen dieser Untersuchung Rechnung getragen.
Es ist nicht möglich, Jaspers Offenbarungskritik losgelöst in Form einer isolierten Betrachtung darzustellen, zu erläutern und zu kritisieren, ohne auf wesentliche Grundgehalte seiner Philosophie einzugehen. Daher nimmt die Erläuterung von wesentlichen Gehalten der Jaspersschen Philosophie einen breiten Raum ein in dieser Arbeit. Methodisch begründen kann man die ausführliche Darstellung der Philosophie Jaspers' mit dem Hinweis darauf, dass deren Grundzüge gleichsam sowohl das Arsenal der Religionskritik als auch das anzustrebende Ideal der Religion darstellen. Sobald die Grundsätze des Heidelberger Philosophen dargelegt sind, können hieraus seine religionskritischen Argumente abgeleitet und erläutert werden, welche auf seiner philosophischen Herkunft basieren. Hinsichtlich der Kernfrage einer Subjekt-Objekt-Spaltung lässt sich für die Theorie des Umgreifenden somit ein begriffliches Grundgerüst herleiten, mit Hilfe dessen sein Existenzbegriff dargelegt werden kann.
Inhaltsverzeichnis
- Einleitung
- Erster Teil: Grundzüge der Philosophie Jaspers
- I. Epistemologische Grundlage: Subjekt-Objekt-Spaltung
- II. Ontologische Konsequenzen aus der Subjekt-Objekt-Spaltung
- 1. Das Umgreifende als das eigentliche Sein
- 2. Das Umgreifende und seine verschiedenen Manifestationen
- III. Der Mensch als Freiheit: Anthropologische Ansätze
- 1. Die vier Verwirklichungsdimensionen des Menschen
- 2. Existenz als Freiheit des Menschen
- Zweiter Teil: Kritik am christlichen Offenbarungsglauben
- I. Theoretischer Teil der Kritik am Offenbarungsglauben
- 1. Offenbarung und Offenbarungsglaube
- 2. Religion und Philosophie im Spannungsfeld
- 3. Kritik der Leibhaftigkeit der Transzendenz
- 3.1 Der Kultus als leibhafte Transzendenz
- 3.2 Leibhaftigkeit im Gottessgedanken der Religion
- 3.2.1. Die Chiffer des einen Gottes statt Leibhaftigkeit der Transzendenz
- 3.3 Leibhaftigkeit in Form von Jesus Christus
- 3.3.1. Jesus als Chiffer der Transzendenz statt Inkarnation
- 4. Gegen den Absolutheitsanspruch
- 4.1 Philosophisches Argument gegen den Absolutheitsanspruch
- 4.2. Biblisches Argument gegen den Absolutheitsanspruch
- 4.3. Jaspers Kritik am Absolutheitsanspruch im Spiegel der Theologie
- II. Praktischer Teil der Kritik am Offenbarungsglauben
- 1. Gewalt durch Absolutheitsanspruch
- 1.1 Geistige Gewalt durch Seelenlenkung
- 1.2 Politische Gewalt
- 1.3. Appell zur Überwindung des Absolutheitsanspruches
- 2. Einbuße von Freiheit durch Absolutheitsanspruch
- 4. Offenbarungsglaube und Grenzsituationen
- 4. Abbruch der Kommunikation durch Offenbarungsglaube und Mystik
- III. Philosophischer Glaube als Ausweg?
- 2. Glaubensgehalte des philosophischen Glaubens
- IV. Würdigung und Kritik von Jaspers Religionsphilosophie – eine Bilanz
- Jaspers' philosophische Grundlegung
- Kritik am Absolutheitsanspruch des Offenbarungsglaubens
- Die Rolle der Grenzsituationen
- Das Konzept des philosophischen Glaubens
- Die Bedeutung von Freiheit und Verantwortung
Zielsetzung und Themenschwerpunkte
Diese Masterarbeit befasst sich mit Karl Jaspers’ Kritik am christlichen Offenbarungsglauben. Im Zentrum steht die Frage, inwiefern Jaspers die Überlegenheit der Philosophie gegenüber dem Offenbarungsglauben argumentiert und welche Folgen diese Kritik für den Menschen und die Gesellschaft hat.
Zusammenfassung der Kapitel
Die Einleitung stellt die Relevanz der Thematik im historischen Kontext dar und erläutert den Wandel des Verhältnisses zwischen Philosophie und Theologie. Der erste Teil der Arbeit widmet sich den Grundzügen von Jaspers' Philosophie, insbesondere seiner epistemologischen Grundlage, den ontologischen Konsequenzen und dem anthropologischen Konzept der Freiheit. Der zweite Teil analysiert Jaspers' Kritik am Offenbarungsglauben, sowohl in theoretischer als auch in praktischer Hinsicht. Dabei werden die Folgen des Absolutheitsanspruchs des christlichen Glaubens für die Gesellschaft und den Einzelnen beleuchtet. Der dritte Teil untersucht die Möglichkeit eines philosophischen Glaubens als Alternative zum Offenbarungsglauben. Schließlich gibt die Arbeit eine Bilanz der Würdigung und Kritik von Jaspers' Religionsphilosophie.
Schlüsselwörter
Karl Jaspers, Offenbarungsglaube, Philosophie, Religionsphilosophie, Grenzsituationen, Absolutheitsanspruch, Freiheit, Verantwortung, philosophischer Glaube.
- Quote paper
- Arndt Krause (Author), 2019, Karl Jaspers' Kritik am christlichen Offenbarungsglauben, Munich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/902134