Die Arbeit untersucht aus steuerungstheoretischer Perspektive, inwiefern das Leitprinzip bundesstaatlicher Sportpolitik, die „Autonomie des Sports“, das Verhältnis zwischen Staat und organisiertem Sport zutreffend beschreibt und inwiefern dieses als funktional zu bewerten ist. Es wird herausgestellt, dass Sportverbände Autonomie als eine prinzipielle Abwesenheit staatlicher Steuerung innerhalb ihres Gesellschaftsbereichs begreifen, welche über die grundgesetzlich zugesicherte Vereinsautonomie hinausgeht. Derart begriffen, muss die Autonomie des Sports anhand fünf entwickelter Kategorien von Sportpolicies differenziert werden: Im Rahmen generell gewährter Sportförderung besitzt der organisierte Sport autonome Verfügungsmöglichkeiten über diese, befindet sich jedoch ebenso in Konkurrenz zu anderen Gesellschaftsbereichen wie bei der funktionalisierenden Sportförderung, in der er dem Staat als Wohlfahrtsverband gegenübertritt und sehr begrenzt autonom ist. Wendet der Staat regulierende, instrumentalisierende oder den Spitzensport fördernde Policies an, befindet sich der Sport in einem außergewöhnlichen bilateral-korporatistischem Verhältnis zum Staat, das die Autonomie eines Verbandes über seinen Gesellschaftsbereich zwar ermöglicht, jedoch der Art nach lediglich in der (Spitzen-)Sportförderung praktisch gegeben sein kann. Letztere wird daher einer ausführlichen, durch qualitative Experteninterviews gestützten, empirischen Fallstudie unterzogen. In dieser wird festgestellt, dass im Bund aufgrund institutioneller Einschränkungen von einer Makro-Steuerung zwischen Breiten- und Spitzensportförderung weitgehend abgesehen wird. In der Spitzensportförderung selbst wird dem organisierten Sport das Recht zugestanden, die Förderprinzipien und damit auch die staatlichen Ziele zu formulieren. In der prozessuralen Abwicklung dieser beschränkt sich der Bund auf eine haushaltsrechtliche Überwachungsfunktion, die in Hinblick auf die Outputsteigerung des Spitzensports im Sinne des größtmöglichen Erfolgs bei internationalen Wettkämpfen als eher dysfunktional anzusehen ist. Steuerungsmängel ergeben sich des Weiteren vor allem in der Selbststeuerung des Sports, die u.a. in der Gefahr etwaiger klientelistischer Mittelverwendung sowie in der durch die föderal organisierte Spitzensportförderung bedingte Interessenvielfalt des organisierten Sports gesehen werden. Daraus wird geschlussfolgert, dass eine aktiv gestaltende Sportpolitik auf die Veränderung der Rahmenbedingungen...
Inhaltsverzeichnis
- Abkürzungsverzeichnis
- Abbildungs- und Tabellenverzeichnis
- Verzeichnis der im Rahmen der Arbeit durchgeführten Experteninterviews
- Zusammenfassung
- Einleitung
- Aufbau der Arbeit
- Politikwissenschaftliche Quellenlage zum Sport
- Ansatz und Methode
- Theoretische Vorüberlegungen - Zur Verknüpfung von politischer Steuerung, Autonomieprinzip und organisiertem Sport
- Die Theorie politischer Steuerung
- Zum Verständnis von politischer Steuerung
- Kritik an der Steuerungsperspektive und Abgrenzung zum Governance-Begriff
- Das Verhältnis von Staat und Verbänden bei der politischen Steuerung
- Die Autonomie des Sports
- Die Mehrebenenstruktur des organisierten Sports
- Unterschiedliche Bezugsrahmen der Autonomie des Sports
- Politische Steuerung unter dem Autonomieprinzip
- Das Autonomieprinzip als zutreffendes Leitprinzip bundesdeutscher Sportpolitik?
- Ein staatliches Steuerungsmodell des Sports
- Kategorisierung staatlicher Sportpolicies
- Instrumentalisierende Sportpolicies und funktionalisierende Sportförderung
- Generelle Sportförderung
- Regulierende Sportpolicies
- Spitzensportförderung
- Die Staat-Verbände-Beziehungen im Sport
- Das Ausmaß der Autonomie des Sports in den einzelnen Sportpolicies
- Zwischenfazit: Autonomie als zutreffendes Leitprinzip bundesstaatlicher Sportpolitik?
- Fallstudie: Autonomie als zutreffendes Leitprinzip bundesdeutscher (Spitzen-)Sportförderung?
- Kriterien für eine Autonomie des Sports in der Sportförderung
- Erste Fallbetrachtung: Eingriff in die Autonomie des Sports durch eine Makro-Steuerung zwischen Breiten- und Spitzensport?
- Vertikale Aufteilung der Sportförderaufgaben
- Exkurs: Die begrenzte Brauchbarkeit juristischer Abgrenzungsversuche der föderalen Aufgabenzuständigkeit im Sport
- Horizontale Aufteilung der Sportförderaufgaben im Bund
- Das Ausmaß der Koordinierung der Sportförderung
- Bewertung
- Zweite Fallbetrachtung: Autonomie des Sports in der Spitzensportförderung des Bundes?
- Systemtheoretische Vorüberlegungen: Das Leistungsprinzip im Spitzensport und dessen Übernahme in die staatliche Spitzensportförderung
- Akteure in der Spitzensportförderung des Bundes
- Die Aufgliederung der Verbandsförderung
- Die Festsetzung der Förderprinzipien der Verbandsförderung
- Die prozessuale Verbandsförderung
- Die Diskussion um den Treuhändervertrag
- Exkurs: Die Einrichtung des „Goldenen Plan Ost“
- Bewertung
- Autonomie als funktionales Leitprinzip bundesdeutscher Spitzensportförderung?
- Die Unbrauchbarkeit steuerungstheoretischer Erkenntnisse zur Beschreibung von Dysfunktionalitäten in der Spitzensportförderung
- Neo-Korporatistische Funktionalitätslogiken
- Probleme der Selbststeuerung des Spitzensports
- Die Gefahr des Klientelismus im organisierten Sport
- Steuerungsprobleme durch den DOSB/BL aufgrund der föderalen Struktur des organisierten Sports
- Bewertung der bisherigen Rolle des Bundes in der Spitzensportförderung
- Die Legitimität stiftende Rolle des Bundes in der Spitzensportförderung
- Die funktionale Rolle des Bundes in der Spitzensportförderung
- Bewertung
- Implikationen für die künftige Rolle des Bundes in der Spitzensportförderung
- Der Bund als genereller finanzieller Förderer des Spitzensports
- Der Bund als normgebende Institution in der Spitzensportförderung
- Der Bund als struktureller Förderer
- Einschränkungen
- Bewertung: Autonomie als funktionales Leitprinzip?
- Fazit
- Erkenntnisse zur Autonomie des Sports und zur Vielfalt von Sportpolicies
- Erkenntnisse über die Funktionalität des Autonomieprinzips in der Spitzensportförderung und Implikationen
- Ausblick auf die weitere Forschung
- Einarbeitung der empirischen Erkenntnisse in die (Steuerungs-)Theorie
- Implikationen für eine auf den organisierten Sport ausgerichteten Perspektive
- Weitere Untersuchungsmöglichkeiten der Autonomie des Sports
- Literaturverzeichnis
Zielsetzung und Themenschwerpunkte
Die vorliegende Diplomarbeit befasst sich mit der politischen Steuerung des Sports in Deutschland. Im Zentrum der Arbeit steht die Frage, ob Autonomie als zutreffendes und funktionales Leitprinzip bundesstaatlicher Sportpolitik anzusehen ist.
- Theoretische Fundierung des Konzepts der politischen Steuerung im Sport
- Analyse des Autonomieprinzips im Sport und seiner Relevanz für die deutsche Sportpolitik
- Bewertung des Autonomieprinzips als Leitprinzip für verschiedene Sportpolicies
- Fallstudie zur Spitzensportförderung: Analyse der Funktionsweise und Bewertung der Rolle des Bundes
- Empirische Überprüfung der Funktionsweise und Herausforderungen der Autonomie im Sport
Zusammenfassung der Kapitel
- Kapitel 1: Einleitung: Die Arbeit legt den Fokus auf die politische Steuerung des Sports in Deutschland und stellt die Forschungsfrage nach der Tauglichkeit des Autonomieprinzips als Leitprinzip dar.
- Kapitel 2: Theoretische Vorüberlegungen: Dieses Kapitel analysiert das Konzept der politischen Steuerung und das Autonomieprinzip im Sport, um die Grundlage für die weitere Untersuchung zu schaffen.
- Kapitel 3: Das Autonomieprinzip als zutreffendes Leitprinzip bundesdeutscher Sportpolitik?: Dieses Kapitel untersucht verschiedene staatliche Sportpolicies und die Rolle des Autonomieprinzips innerhalb dieser Policies.
- Kapitel 4: Fallstudie: Autonomie als zutreffendes Leitprinzip bundesdeutscher (Spitzen-)Sportförderung?: Dieses Kapitel analysiert die Spitzensportförderung des Bundes und betrachtet die Autonomie des Sports in diesem Bereich.
- Kapitel 5: Autonomie als funktionales Leitprinzip bundesdeutscher Spitzensportförderung?: Dieses Kapitel setzt sich mit der Funktionalität des Autonomieprinzips in der Spitzensportförderung auseinander und analysiert die Herausforderungen und Probleme.
Schlüsselwörter
Die Arbeit beschäftigt sich mit den Themenfeldern politische Steuerung, Autonomie des Sports, Staat-Verbände-Beziehungen, Sportförderung, Spitzensportförderung, Bundesstaatliche Sportpolitik, Leitprinzip, Funktionsfähigkeit, Herausforderungen, Fallstudie, empirische Analyse, Deutschland.
- Quote paper
- Dipl.-Verwiss Wicke Martin (Author), 2007, Die politische Steuerung des Sports in Deutschland, Munich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/90244