Die vorliegende Arbeit soll sich mit den Pastourellen der Carmina Burana beschäftigen. Anhand einiger ausgewählter Lieder und Textfragmente wird versucht, das Phänomen der Pastourelle im Hinblick unterschiedlicher Definitionen in der Forschungsliteratur darzustellen und die betreffende Textauswahl dem Genre zuzuordnen.
Hierbei soll zunächst einmal der charakteristische Unterschied von „Hoher“ und „Niederer“ Minne in historischem und gesellschaftlichem Kontext aufgezeigt werden, um anschließend der Entstehung der außergewöhnlichen Benediktbeuerner Liedersammlung (clm), die scheinbar gar nicht in die damalige ständisch geprägte Zeit passen will, nachzugehen.
Ebenso wird die Frage aufgeworfen, ob es überhaupt so etwas wie eine deutschsprachige Pastourelle gibt oder ob es sich hierbei eher um einen weitgefaßten Gattungsbegriff handelt, der auf einige Lieder des unhöfischen Minnesangs, welche teilweise Merkmale einer „echten“ Pastourelle aufweisen, angewendet wird.
Hierbei dürfen „Hirtenlied“ und „Schäferstündchen“ nicht allzu wörtlich genommen werden, um überhaupt eine Auswahl treffen zu können.
Der Exkurs in die Welt der akademischen Wegelagerer möge dem Leser einen Einblick in die Gefühlswelt der Vagantendichter und ihrer Lebensart verschaffen, um so den Reiz nachvollziehen zu können, den die unkonventionelle liebe auf so manchen Dichter ausübte, der eher dem Umfeld traditioneller Ständeordnung und fest bestimmter Umgangsformen als minne-Sänger entstammte.
Inhalt
Einleitung
Hoher Minnesang und höfische minne
Niedere Minne und liebe im Grünen
Exkurs: Vaganten und Goliarden
Die Carmina Burana
Der Gattungsbegriff der Pastourelle
Hirtenlied und Schäferstündchen in den Carmina Burana
Literatur
Einleitung
Die vorliegende Arbeit soll sich mit den Pastourellen der Carmina Burana beschäftigen. Anhand einiger ausgewählter Lieder und Textfragmente wird versucht, das Phänomen der Pastourelle im Hinblick unterschiedlicher Definitionen in der Forschungsliteratur darzustellen und die betreffende Textauswahl dem Genre zuzuordnen.
Hierbei soll zunächst einmal der charakteristische Unterschied von „Hoher“ und „Niederer“ Minne in historischem und gesellschaftlichem Kontext aufgezeigt werden, um anschließend der Entstehung der außergewöhnlichen Benediktbeuerner Liedersammlung (clm), die scheinbar gar nicht in die damalige ständisch geprägte Zeit passen will, nachzugehen.
Ebenso wird die Frage aufgeworfen, ob es überhaupt so etwas wie eine deutschsprachige Pastourelle gibt oder ob es sich hierbei eher um einen weitgefaßten Gattungsbegriff handelt, der auf einige Lieder des unhöfischen Minnesangs, welche teilweise Merkmale einer „echten“ Pastourelle aufweisen, angewendet wird.
Hierbei dürfen „Hirtenlied“ und „Schäferstündchen“ nicht allzu wörtlich genommen werden, um überhaupt eine Auswahl treffen zu können.
Der Exkurs in die Welt der akademischen Wegelagerer möge dem Leser einen Einblick in die Gefühlswelt der Vagantendichter und ihrer Lebensart verschaffen, um so den Reiz nachvollziehen zu können, den die unkonventionelle liebe auf so manchen Dichter ausübte, der eher dem Umfeld traditioneller Ständeordnung und fest bestimmter Umgangsformen als minne -Sänger entstammte.
Hoher Minnesang und höfische minne
Erstmals ist das Wort „Minnesang“ als solches um 1200 bei Hartmann von Aue und Walther von der Vogelweide belegt und stellt eine Form der Unterhaltung dar, die einem engbegrenzten Kreis von Zuhörern vorbehalten war. Minnesang ist Ständelyrik, von Angehörigen des Ersten Standes gemacht und allein an diese gerichtet. Auch wenn der Minnesang eine in sich geschlossene Kunstform darstellt, die einer geschlossenen Gesellschaft entspringt, deren Leben bis ins letzte Detail von Verhaltensvorschriften weltlicher und geistlicher Natur bestimmt ist, so ist der Minnesang dennoch eine Form des geduldeten Ausbrechens aus gewohnten Konventionen. Denn entgegen aller vorherrschenden Zwänge setzt der Minnesang die außereheliche Liebe, den ehelichen Treuebruch um der wahren triuwe willen, voraus.
Deutlich wird zwischen Ehe und Liebe unterschieden, da Liebe aus freiem und selbstlosem Willen geschieht, Ehe hingegen in erster Linie eine Verpflichtung darstellt.[1] Hier steht also benevolentia gegen officium. Einzig der Minnesang erlaubt eine solche Mißachtung der gottgewollten Vereinigung zwischen Mann und Frau, setzt aber gleichzeitig als höchstes und beschränkendes Ideal die ere der schoenen frouwe, welche ebenso wie die verehrte Person für den wahren Ritter unantastbar ist. Daher bewegt sich der Minnende zwischen erhoffter fröide und erlittenem liep-leit in einem steten Zustand des truren.[2]
Die Hohe und ritterliche Minne erfährt ihren Reiz aus der fetischistisch anmutenden Unterwerfung des tapferen Ritters unter die Fuchtel der fast marienhaft verehrten Dame. „Etwas vom Glanze der reinen Gottesmutter scheint auf sie übergegangen.“ stellt H. Brinkmann treffend fest.[3] Der ansonsten freie und selbstbewußte Ritter unterwirft sich aus eigenem Antrieb der ihm körperlich und (zur damaligen Zeit!) auch geistig unterlegenen Frau, um in einer künstlich geschaffenen Situation deren Gunst zu erlangen. Das „schwache“ Geschlecht obsiegt über das starke und stolze Männlichkeitsbild des Mittelalters. Der Freie ist betwungen und erlebt plötzlich ein ihm bis dahin unbekanntes Gefühl der Abhängigkeit, eine umgekehrte Lehenssituation. Im Verzicht auf alle ihm zustehenden Gunstbezeugungen sucht der ansonsten Mächtige seine unerreichbare Lebens- und Liebeserfüllung.
Selbst der „Mächtigste der Hohenstaufen“, Kaiser Heinrich, war der unnahbaren Zartheit einer holden erlegen: „mir sint diu riche und diu lant undertan, swenn ich bi der minneclichen bin; und swenne ich von ir gescheide von dan, sost mir al min gewalt und min richtuom da hin.“ [4]
Mit Kaiser Heinrich findet der Minnesang einen seiner würdigsten Vertreter an der Spitze der mittelalterlichen Ständepyramide, welcher durchaus eine gewisse Vorbildfunktion erfüllt. Fast alle Minnesänger zählten sich zum weltlichen oder geistlichen Adel, von Kaiser Heinrich als gesellschaftlich am höchsten stehend bis hinunter zu einem niederen Ministerialen wie etwa Friedrich von Hausen. Diejenigen, die ihre Kunst zum Beruf machten, so z. B. Walther von der Vogelweide, suchten ihren Platz im Gefolge eines Gönners. Dennoch blieben diese meistens mittellose Fahrende Gesellen. Von Walther ist überliefert, daß er im Troß Phillips von Schwaben zeitweise sein Auskommen fand, indem auf einer Auflistung der Hofhaltungskosten ein gewisser waltero de vogelweid einen Pelzmantel erhalten hatte. Erst am Ende seines Lebens konnte dieser voll stolz ausrufen: „all die werlt, ich han min lehen!“ und wurde seßhaft.
Dennoch erfreuten sich die Sänger ausgesprochener Hochachtung im Umfeld ihrer Zuhörerschaft und waren sich ihrer Bedeutung für die Gesellschaft bewußt. So hören wir Reinmar sich selbst preisen: „Der ie die welt gefröite baz danne ich (MF 164,3), daz ich mich fröite und fröide gap (MF 185,25)“ Und auch Walther von der Vogelweide, der „so manegen man von sender not geholfen (L 120,34f)“ habe stand seinem oft befehdeten Konkurrenten in Sachen Selbst- und Frauenlob nicht nach: „ich han zer welte manegen lip/ gemachet fro, man unde wip (L 67,21f).“
Die Minnesänger verstanden sich als gesellschaftliches „Sprachrohr der Gefühle und Wünsche ihres Publikums“[5], welches half, wenigstens im Geiste den eigenen Stand mit Idealen und Tugenden auszustatten, die ein lasterhaftes – nämlich unzüchtiges – Sehnen gestatteten, ohne verwerflich zu erscheinen, da die hohe Kunst der Hohen Minne ja gerade im Genuß an der Nichterfüllung des Wunsches nach fleischlicher Vereinigung bestand und schon ein huldvoller Gruß der Angebeteten den Minnenden in Entzücken versetzte. Wichtig ist, daß dem Verlangen, von der Geliebten erhört zu werden, nicht nachgegeben wird, da diese nur durch ihre Unnahbarkeit sich selbst ihre Reinheit und ere, letztlich ihre Verehrungswürdigkeit bewahrt. In dem Moment, wo die Verehrte dem Drängen des ihr undertanen Sängers nachgibt, richtet sie sich selbst und verliert ihren Reiz – ganz im Gegensatz zur sogenannten Niederen Minne, die gerade davon lebt, mehr oder minder schnell und einvernehmlich zueinander zu finden.
[...]
[1] Henning Brinkmann: Der deutsche Minnesag, in: Hans Fromm (Hrsg.): Der deutsche Minnesang. Aufsätze zu seiner Erforschung, Darmstadt 1972, S.97
[2] ders.: S.105
[3] ders.: S.112
[4] Kaiser Heinrich Nr. 3 – MF 4, 23
[5] Günther Schweikle: Minnesang, Stuttgart/Weimar 19952, S. 114
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