Alternde Belegschaften. Ein Problem für die Personalpolitik von Unternehmen?


Diplomarbeit, 2008

82 Seiten, Note: 1,7


Leseprobe


INHALTSVERZEICHNIS

ABBILDUNGSVERZEICHNIS

TABELLENVERZEICHNIS

ABKÜRZUNGSVERZEICHNIS

1 EINLEITUNG
1.1 Zielsetzung
1.2 Aufbau der Arbeit

2 DER DEMOGRAFISCHE WANDEL IN DEUTSCHLAND
2.1 Einflussfaktoren
2.1.1 Fertilität
2.1.2 Mortalität und Lebenserwartung
2.1.3 Migration
2.2 Altersaufbau und Bevölkerungsentwicklung in Deutschland

3 ENTWICKLUNG DES ARBEITSANGEBOTS
3.1 Das Erwerbspersonenpotential
3.2 Entwicklung des Erwerbspersonenpotentials
3.2.1 Quantitative Entwicklung des Erwerbspersonenpotentials
3.2.2 Entwicklung der Altersstruktur des Erwerbspersonenpotentials

4 AUSWIRKUNGEN DES DEMOGRAFISCHEN WANDELS AUF DIE ALTERSSTRUKTUR IN UNTERNEHMEN
4.1 Möglichkeiten betrieblicher Altersstrukturen
4.2 Untersuchung der Altersstruktur in Unternehmen mittels Arbeitsmarktdaten...
4.2.1 Entwicklung der Erwerbstätigkeit Älterer seit Beginn der 90er Jahre
4.2.2 Einflüsse gesetzlicher Rahmenbedingungen
4.2.3 Differenzierte Betrachtung der Erwerbsbeteiligung 55-65 Jähriger
4.2.4 Mittel- bis langfristige Entwicklung der Altersstruktur in Unternehmen ...
4.3 Altersstrukturanalysen bei ausgewählten Unternehmen
4.3.1 Daimler AG
4.3.2 E.ON AG
4.3.3 Kleine und mittlere Unternehmen
4.4 Zwischenfazit

5 LEISTUNGSFÄHIGKEIT IM ALTER
5.1 Einschätzung der Unternehmen
5.2 Physische Leistungsfähigkeit
5.3 Kognitive Leistungsfähigkeit und Erfahrungsleistung
5.3.1 Fluide Intelligenz
5.3.2 Kristalline Intelligenz
5.4 Entwicklung der Arbeitsunfähigkeitsfälle
5.5 Auswirkungen auf die Produktivität von Unternehmen

6 KONSEQUENZEN UND HANDLUNGSMÖGLICHKEITEN FÜR UNTERNEHMEN
6.1 Leistungsfähigkeit und Gesundheit
6.2 Qualifikation und Innovationsfähigkeit
6.3 Reaktionen von Unternehmen auf den demografischen Wandel
6.3.1 Daimler AG und E.ON AG
6.3.2 Kleine und mittlere Unternehmen

7 ZUSAMMENFASSUNG UND AUSBLICK

LITERATURVERZEICHNIS

ANHANG

ABBILDUNGSVERZEICHNIS

Abbildung 1: Entwicklung der Geburtenraten von 1990 - 2006

Abbildung 2: Wanderungssaldo der BRD von 1965-2006

Abbildung 3: Altersstruktur des Einwanderungssaldo von 2000 - 2006

Abbildung 4: Veränderung des Bevölkerungsaufbaus in der BRD von 1910-2050

Abbildung 5: Erwerbspersonenpotential vs. Personen im erwerbsfähigen Alter in der BRD von 1990 - 2050

Abbildung 6: Altersstruktur des gesamtdeutschen Erwerbspersonenpotentials 1996 bis 2040

Abbildung 7: Bevölkerung im erwerbsfähigen Alter im Jahr 2006

Abbildung 8: Mögliche Alterstrukturen der Belegschaft

Abbildung 9: Erwerbstätigkeit im Vergleich mit Bevölkerung im Jahr 1991

Abbildung 10: Entwicklung der 55-65 jährigen Erwerbstätigen in Deutschland

Abbildung 11: Entwicklung der Erwerbsbeteiligung Älterer

Abbildung 12: Entwicklung der Alterstruktur bei der Daimler Chrysler AG

Abbildung 13: Altersstruktur der Belegschaft von E.ON Deutschland im Jahr 2005

Abbildung 14: Alterspezifische Leistungsfähigkeit im Urteil der Personalverantwortlichen

Abbildung 15: Mögliche Beziehung zwischen Produktivität und Lohn über die Lebensarbeitszeit

Abbildung 16: Arbeitsunfähigkeitstage nach Krankheitsarten 2004

Abbildung 17: Arbeitsunfähigkeit nach Alter und Krankheitsarten

Abbildung 18: Arbeitsunfähigkeitsfälle nach Altersgruppen: Fallhäufigkeit und Falldauer, AOK-Mitglieder, 2005

TABELLENVERZEICHNIS

Tabelle 1: Einschätzung durch die Personalverantwortlichen 35

Tabelle 2: Aussagen von Betrieben in Deutschland 36

Anhang:

Tabelle 3: Bevölkerung und Erwerbsbeteiligung nach Altersklassen von 1991-1993 70

Tabelle 4: Bevölkerung und Erwerbsbeteiligung nach Altersklassen von 1994-1996 71

Tabelle 5: Bevölkerung und Erwerbsbeteiligung nach Altersklassen von 1997-1999 72

Tabelle 6: Bevölkerung und Erwerbsbeteiligung nach Altersklassen von 2000-2002 73

Tabelle 7: Bevölkerung und Erwerbsbeteiligung nach Altersklassen von 2003-2006 74

Tabelle 8: Genesis-Abfrage zur Bevölkerungsfortschreibung in der Bundesrepublik 75

ABKÜRZUNGSVERZEICHNIS

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

1. EINLEITUNG

Die sich kontinuierlich wandelnden Umweltbedingungen stellen für die Personalpolitik eines Unternehmens eine große Herausforderung dar. Diese Veränderungen können unterschiedlichster Art und Herkunft sein. So können etwa ökonomische Trends wie die zunehmende Globalisierung, der immer schneller voranschreitende technologische Fort- schritt und die Verlagerung von einer Produktions- hin zu einer Dienstleistungsgesell- schaft ebenso eine Rolle spielen wie die Vereinbarkeit von Familie und Beruf im Rah- men gesellschaftlicher Trends.1

Auch die Politik nimmt mit den gesetzlichen Rahmenbedingungen einen enormen Ein- fluss auf die Personalpolitik. So sehen sich Unternehmen beispielsweise seit jüngster Vergangenheit mit dem Allgemeinen Gleichbehandlungsgesetz2 oder in manchen Bran- chen mit Mindestlöhnen konfrontiert. Im Rahmen dieser Arbeit ist besonders die am 11.11.2005 im Koalitionsvertrag zwischen CDU, CSU und SPD festgehaltene Anhebung des Rentenzugangsalters auf 67 Jahre von großer Bedeutung.3

In den vergangenen Jahren sind immer mehr die Veränderungen, die durch die demo- graphische Entwicklung in Deutschland und vielen anderen Industrienationen ausgelöst werden in den Fokus gerückt. Zumeist hört man von dem drohenden zukünftigen Fach- kräftemangel, aber auch die Alterung der Belegschaften wird vermehrt thematisiert. So stößt man immer häufiger auf Artikel wie „Der Mittelstand im demografischen Wan- del“4, „Deutsche Bevölkerung schrumpft und altert dramatisch“5 oder „Die Last mit den Alten“6, die alle vor einer drohenden Alterung der Belegschaften warnen und die mögli- chen Konsequenzen aufzeigen.

Der große Teil der diesbezüglichen Literatur nimmt das „Problem“ alternde Belegschaft als gegeben an und behandelt nur mögliche Handlungsalternativen, ohne dabei zu be- rücksichtigen, dass die Unternehmen sich nicht zwangsläufig an das Arbeitsangebot anpassen müssen, sondern auch nach Möglichkeiten suchen können, die Entwicklungen zu umgehen.

1.1 Zielsetzung

Ziel dieser Arbeit ist es herauszufinden, ob sich die Unternehmen dem gegebenen Ar- beitsangebot anpassen und somit die Herausforderung des demografischen Wandels tatsächlich annehmen. Des Weiteren soll untersucht werden, ob eine Alterung der Be- legschaft überhaupt ein Problem für Unternehmen darstellt und wenn ja, wie darauf reagiert werden kann. Für die Handlungsalternativen werden nur grobe Ansätze präsen- tiert, da detaillierte Untersuchungen konkreter Maßnahmen den Rahmen dieser Arbeit sprengen würden.

1.2 Aufbau der Arbeit

Zunächst wird im Kapitel 2 definiert, was demografische Entwicklung bedeutet und welche Faktoren sie beeinflussen. Diese Faktoren werden im Anschluss erläutert, ihre Entwicklung herausgestellt und gezeigt, wie sie auf die demografische Entwicklung einwirken. Daraufhin wird die genaue Alterstruktur in Deutschland sowie ihre vergangene und zukünftige Entwicklung dargestellt.

Im anschließenden Kapitel 3 wird die Auswirkung der beschriebenen Entwicklung der Bevölkerung auf Größe und Alterstruktur des Arbeitsangebotes untersucht. Hierzu wird zunächst das Erwerbspersonenpotential als Hilfsgröße eingeführt, bevor seine genaue Zusammensetzung untersucht und mit der Zusammensetzung der Personen im erwerbs- fähigen Alter verglichen wird. Dieser Vergleich dient dazu herauszufinden, ob die Trends der demografischen Entwicklung sich im Arbeitsangebot widerspiegeln.

Im 4. Kapitel wird gezeigt, wie sich die in Kapitel 3 beschriebenen zahlenmäßigen Ver- änderungen in den Unternehmen auswirken. Dabei wird anhand von Arbeitsmarktdaten betrachtet, wie sich die Strukturen innerhalb der Unternehmen in den vergangenen Jah- ren entwickelt haben und inwiefern die Unternehmen die demografischen Entwicklun- gen in der Vergangenheit angenommen haben. Hieraus sollen Schlussfolgerungen ge- zogen werden, wie die Unternehmen mit diesen externen Entwicklungen umgegangen sind und somit auch in Zukunft umgehen werden. Eingebettet wird diese Untersuchung in die gesetzlichen Rahmenbedingungen und deren Einfluss auf die Entwicklungen. Im Anschluss daran werden diese Erkenntnisse mit aktuellen Entwicklungen in den Unter- nehmen anhand von Beispielen untermauert.

Nachdem herausgestellt wurde, wie sich die demografische Entwicklung zahlenmäßig in den Unternehmen auswirkt, wird im 5. Kapitel untersucht, ob eine alternde Beleg- schaft überhaupt ein Problem für Unternehmen darstellt. Hierzu wird die Entwicklung der Leistungsfähigkeit - unterteilt in physische und psychische Aspekte - und die Anfäl- ligkeit für Krankheiten älterer Mitarbeiter7 untersucht. Anschließend wird der mögliche Einfluss der älteren Mitarbeiter auf die Produktivität des Unternehmens betrachtet.

Im 6. Kapitel werden dann mögliche, aus den Entwicklungen entstehende Konsequen- zen für die Unternehmen abgeleitet und einige Handlungsmöglichkeiten aufgezeigt, mit denen diese Konsequenzen gemildert bzw. vermieden werden können. Im ersten Ab- schnitt soll hierzu gezeigt werden, über welche Informationen die Unternehmen verfü- gen müssen, um gezielt handeln zu können, bevor dann in den folgenden Abschnitten auf Leistung, Gesundheit, Qualifikation und Wissen als am stärksten betroffene Fakto- ren eingegangen wird.

2. DER DEMOGRAFISCHE WANDEL IN DEUTSCHLAND

Die demografische Entwicklung eines Landes bezeichnet die Veränderung der Altersstruktur seiner Bevölkerung. Diese Veränderung hängt im Wesentlichen von drei Faktoren ab: der Fertilität (Geburtenrate), der Mortalität (Sterblichkeit) bzw. Lebenserwartung und dem Wanderungssaldo des Landes.8 Diese Einflüsse sollen im Folgenden kurz erläutert werden, bevor die demografische Entwicklung der vergangenen Jahre in Deutschland genauer betrachtet wird.

2.1 Einflussfaktoren

2.1.1 Fertilität

Die Fertilität oder Geburtenrate eines Landes wird im Allgemeinen definiert als die durchschnittliche Anzahl lebend geborener Kinder pro Frau im gebärfähigen Alter. In der BRD hat sich die Fertilität in den vergangenen hundert Jahren drastisch verändert. So sank die Geburtenrate von etwa vier Kindern pro Frau Anfang des 20. Jahrhunderts durch einige prägende Ereignisse auf heute gerade noch 1,319 Kinder pro Frau. Dazwi- schen unterlag sie enormen Schwankungen. Diese wurden ausgelöst von Ereignissen, wie etwa den Weltkriegen oder dem daran anschließenden Wirtschaftswunder, das in der Babyboom Phase Anfang der sechziger Jahre gipfelte und Ende der sechziger Jahre ein abruptes Ende durch den so genannten Pillenknick10 fand. In Westdeutschland pen- delte sich die Geburtenrate dann seit den siebziger Jahren zwischen 1,3 und 1,4 Kindern pro Frau ein.11 Diese niedrige Geburtenrate liegt weit unter der zum Erhalt der Bevölke- rung nötigen Rate von 2,1 Kindern pro Frau12, d.h. es besteht ein Geburtendefizit. Es sterben also jährlich mehr Menschen als Kinder geboren werden. Demnach hätte der Bevölkerungsrückgang in der Bundesrepublik bereits ab den Siebzigern beginnen kön- nen, wenn dieser Effekt nicht von einem bislang überwiegend positiven Wanderungs- saldo aufgefangen worden wäre.13

Der westdeutsche Trend der Geburtenraten wurde durch die Wiedervereinigung 1989 unterbrochen, bevor 1998 wieder ein ähnliches und auch gleich stabiles Niveau erreicht wurde.

Die Entwicklung der Geburtenraten in der Bundesrepublik seit 1990 verdeutlicht folgende Grafik:

Abbildung 1: Entwicklung der Geburtenraten von 1990 - 2006

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Quelle: Eigene Darstellung nach Statistisches Bundesamt (2007a),

Bei der zukünftigen Entwicklung der Geburtenraten in Deutschland gehen die Progno- sen etwas auseinander. So geht beispielsweise das Statistische Bundesamt von einer konstant bleibenden Rate von 1,4 Kindern pro Frau aus, während die Vereinten Natio- nen eine wachsende Rate prognostizieren, die bis 2050 eine Rate von 1,85 Kindern pro Frau erreichen soll.14 Diese Prognosen sollten differenziert betrachtet werden, da gegen- läufige Einflussfaktoren existieren. Da wären zum Beispiel einerseits die wachsende Familienorientierung der Politik und der Unternehmen, welche die Geburtenrate sicher positiv beeinflussen und andererseits der weiter steigende Trend in der Frauenerwerbs- quote, welche einen Anstieg der Geburtenrate sicher nicht fördert.

Wie bereits angedeutet, spielt die Sterberate einer Gesellschaft ebenso eine bedeutende Rolle bei der Bevölkerungsentwicklung wie die Geburtenrate, weshalb sie im nächsten Schritt untersucht und erläutert werden soll.

2.1.2 Mortalität und Lebenserwartung

Unter Mortalität oder Sterblichkeit einer Gesellschaft wird die Anzahl an Todesfällen (ohne Totgeborene) pro tausend Menschen der mittleren Bevölkerung verstanden. Häufig werden auch altersspezifische Sterbeziffern, wie beispielsweise die Säuglingssterblichkeit oder ähnliches, berechnet.15

Die Lebenserwartung einer Gesellschaft und ihre Sterblichkeit hängen stark voneinander ab, da bei einer hohen Sterblichkeit logischerweise das zu erwartende Durchschnittsalter sinkt und umgekehrt.

Wie in den meisten Industrienationen ist die Lebenserwartung in Deutschland auf Grund der positiv veränderten Umwelt- und Lebensbedingungen sowie der kontinuier- lich verbesserten medizinischen Versorgung im vergangenen Jahrhundert stark ange- stiegen. Dies liegt zum einen an einer rückläufigen Kindersterblichkeit in den ersten Lebensjahren und zum anderen an einem stetig steigenden Lebensalter. Dabei überwiegt der Einfluss des steigenden Lebensalters, da der Zuwachs in der Lebenserwartung e- norm ist.16 So lag die Lebenserwartung eines 1907 geborenen Mädchens bei 48,3 Jahren und die eines im gleichen Jahr geborenen Jungen bei 44,8 Jahren. Im Jahr 1951 war die Lebenserwartung bereits auf 68,5 Jahren bei Mädchen bzw. 64,6 Jahren bei Jungen an- gestiegen und ein 2006 geborenes Mädchen wird statistisch gesehen bereits 82,08 Jahre alt, während ein Junge dieses Jahrgangs voraussichtlich 76,64 Jahre alt wird. Der Trend einer steigenden Lebenserwartung wird sich laut Statistischem Bundesamt auch in Zu- kunft fortsetzen, wenn auch etwas langsamer, da die weitere Erhöhung fast ausschließ- lich aus einer Verlängerung des Lebens im Alter resultiert.17

2.1.3 Migration

Wie bereits oben angesprochen, stellt die Migration einen weiteren wichtigen Bestand- teil der demografischen Entwicklung dar. Ohne einen positiven Wanderungssaldo wäre die Bevölkerung in Deutschland bereits seit Jahrzehnten rückläufig. Einen Wande- rungshöhepunkt erlebte die Bundesrepublik zu Beginn der 90er Jahre, als nach der Wie- dervereinigung und den Grenzöffnungen der GUS-Staaten viele im Krieg vertriebene deutsche Familien zurück in ihre alte Heimat kamen.18 Obwohl es auch Jahre mit nega- tivem Wanderungssaldo gab, hatte die Bundesrepublik in den vergangen 50 Jahren im Durchschnitt einen positiven Wanderungssaldo von knapp 200.000 Personen pro Jahr.19 Die Entwicklung des Wanderungssaldos von 1965 bis 2006 zeigt die nachfolgende Gra- fik.

Abbildung 2: Wanderungssaldo der BRD von 1965 -2006

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Quelle: Statistisches Bundesamt (2007b), Tabelle 3.1

Ein wichtiger Aspekt im Zusammenhang mit der demografischen Entwicklung und der Nettozuwanderung ist natürlich die Altersverteilung der Migranten. Der überwiegende Teil der Einwanderer ist unter 35 Jahren, was die Erhöhung des Durchschnittsalters ge- ringfügig abmildert bzw. nicht zusätzlich verschärft. Zudem besteht ab dem fünfund- fünfzigsten Lebensjahr eher eine Tendenz zur Abwanderung von Ausländern.20 Vor allem in den Jahren seit 2004 ist eine starke Zunahme dieses Trends zu beobachten. So haben im Jahre 2006 knapp 20.000 Personen über fünfzig die Bundesrepublik verlassen. Davon war sogar mehr als die Hälfte fünfundsechzig Jahre und älter. Diese älteren Auswanderer sind zumeist ausländische Mitbürger aus anderen europäischen Staaten. Nur etwa ein Fünftel dieser 20.000 Personen sind deutsche Staatsbürger.21 Die Alters- verteilung des Eingewanderungssaldos und der oben genannte Trend werden nachfol- gend in Abbildung 3 illustriert.

Abbildung 3: Altersstruktur des Einwanderungssaldo von 2000 - 2006

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Quelle: Eigene Darstellung mit Daten des Statistischen Bundesamts (2004a-d; 2005; 2006b; 2007b)

Die Grafik zeigt deutlich, dass in den vergangenen Jahren die Nettozuwanderung zwar stark abgenommen hat, der relative Anteil an Jüngeren aber umso größer wurde. Der Rückgang der Nettomigration dürfte sowohl in den rückläufigen Zuwanderungen von Spätaussiedlern als auch in den vermehrten Fortzügen von Deutschen begründet sein.22 Dieser Rückgang ist aber nicht weiter besorgniserregend, da in Abbildung 2 bereits deutlich wurde, dass die Zuwanderungsrate enormen Schwankungen unterliegt. Es ist also nicht zu erwarten, dass dieser Trend der vergangen Jahre von Dauer ist. Dies wird auch aus den verschiedenen Einschätzungen diverser Institutionen bezüglich der Netto- einwanderung in Deutschland deutlich. So rechnet zum Beispiel das Statistische Bun- desamt im Durchschnitt mit 100.000 - 300.000 Einwanderern pro Jahr oder die Verein- ten Nationen mit 211.000 Einwanderern pro Jahr in den kommenden fünfzig Jahren für die Bundesrepublik. Dennoch sind diese Raten nicht ausreichend zum Erhalt der Bevöl- kerungszahl, da die Vereinten Nationen in einer „Replacement Migration“-Studie he- rausgefunden haben, dass hierfür bis 2050 eine jährliche Nettozuwanderung von 344.000 Personen nötig wäre.23 Wie sich dieser Sachverhalt, die Fertilität und die Mor- talität in der demografischen Situation Deutschlands widerspiegeln, wird im folgenden Abschnitt erläutert.

2.2 Altersaufbau und Bevölkerungsentwicklung in Deutschland

Es geht bereits aus den Erklärungen der Einflussfaktoren hervor, dass sich in der Bun- desrepublik ein enormer demografischer Strukturwandel vollzieht. Durch das Aufeinan- dertreffen von sinkenden Geburtenraten und einer rückläufigen Sterblichkeit hat sich die Bevölkerungspyramide seit dem Beginn des 20. Jahrhunderts sehr stark verändert, weg von ihrer „idealen“ Tannenbaum-Form. In den fünfziger Jahren war sie nach unten hin stark ausgefranst, was eine Folge des Geburtenrückgangs und der Verluste der zwei großen Weltkriege war. Im Jahr 2005 sind diese Fransen am oberen Ende der Bevölke- rungspyramide zum Teil noch zu erkennen, während eine große Zentrierung auf den mittleren Jahrgängen liegt. Dies ist, wie bereits im Rahmen der Fertilität angesprochen, ein Resultat der Babyboom-Jahre. Nach unten hin sieht man deutlich den anfangs star- ken und dann relativ gleichmäßigen Rückgang der Geburtenraten seit dem Ende der sechziger Jahre.24 Diese Entwicklung der Bevölkerungspyramide von 1910 über ausge- wählte Stationen bis 2050 wird in der folgenden Abbildung 4 illustriert.

Abbildung 4: Veränderung des Bevölkerungsaufbaus in der BRD von 1910-2050

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Quelle: Eisenmenger et. al (2006), S. 16/18

Die Zukunftsprognosen ergeben sich nach Berechnungen des Statistischen Bundesamtes mit einem angenommenen Wanderungssaldo von nur 100.000 Personen pro Jahr (Un- tergrenze) und unter den Annahmen der mittleren25 Bevölkerungsentwicklung. Diese Annahmen beinhalten eine annähernd konstante Geburtenrate von 1,4 Kindern pro Frau und einer Lebenserwartung von 88 Jahren für Mädchen und 83,5 Jahren für Jungen in 2050.26

Demnach wird der Bauch der Pyramide, der sich 2005 noch in der Mitte befand, bis 2030 die Altersstufe der 65-jährigen und älteren Personen erreichen, womit sich der Altenquotient, also die Anzahl von Personen im Rentenalter pro hundert Personen im üblichen Erwerbsalter zwischen zwanzig und fünfundsechzig, von 32 Ende des Jahres 2005 bis zum Jahr 2050 beinahe verdoppeln wird. Es werden also im Jahr 2050 in Deutschland auf drei Bürger im Erwerbsalter etwa zwei Rentner kommen. Diese Alters- verschiebung kann man auch gut an obiger Abbildung 4 erkennen, wenn man die Ent- wicklung von 2005 bis 2050 betrachtet.27

Der Anteil der über 65-Jährigen steigt demnach von 19% auf 33%, während der Anteil der unter 20-Jährigen von 20% auf 15% sinkt. Aus dieser Entwicklung und der Tatsa- che, dass auch der mittlere Bevölkerungsanteil um 9% zurück geht, folgt direkt, dass das Durchschnittsalter der deutschen Gesellschaft in dieser Zeit deutlich ansteigen muss.28

Des Weiteren ist zu erkennen, dass die Gesamtbevölkerung abnimmt. Geht man von der durchaus realistischen Annahme der mittleren Bevölkerungsentwicklung mit einer jährlichen Zuwanderung von 200.000 Migranten aus, so wird die Bevölkerung in Deutschland bis 2050 auf 74 Millionen Bürger sinken; mit einer Zuwanderung von nur 100.000 Personen jährlich sogar bis auf 69 Millionen.29

Diese Entwicklungen in der Bevölkerung können nicht vollständig auf das Arbeitsange- bot übertragen werden, da lediglich ein Teil der Bevölkerung dem Arbeitsmarkt zur Verfügung steht. Eine reine Steigerung der Lebenserwartung beispielsweise tangiert den Arbeitsmarkt nicht, während die Geburtenrate das zukünftig zur Verfügung stehende

Arbeitsangebot direkt beeinflusst. Allerdings betreffen Teile der beschriebenen Entwicklungen auch die Personen im erwerbsfähigen Alter und somit den Pool, aus dem die Unternehmen hauptsächlich ihre Arbeitskräfte gewinnen.30 Die daraus resultierenden Folgen für das Arbeitsangebot und somit auch für die Unternehmen werden im folgenden Kapitel untersucht.

3. ENTWICKLUNG DES ARBEITSANGEBOTS

Nach den in Kapitel 2 beschriebenen Entwicklungen der Altersstruktur und des Bestan- des der Bevölkerung in der Bundesrepublik liegt die Vermutung nahe, dass sich auch das Arbeitsangebot in den kommenden Jahren drastisch verändern wird. Insbesondere wenn man berücksichtigt, wie stark die Kohorten der heute 35- bis 49-Jährigen besetzt sind und wie schwach im Gegensatz hierzu die jüngeren Jahrgänge sind. Ziel dieses Kapitels ist es deshalb zu untersuchen, wie sich das theoretische Arbeitsangebot, also der Anteil der Personen in Deutschland im Alter zwischen 15 und 65, in den kommen- den Jahren zahlenmäßig entwickeln wird. Da nicht alle Personen der genannten Alters- klasse dem Arbeitsmarkt zur Verfügung stehen, bedient sich die Arbeitsmarktforschung einer Hilfsgröße, dem so genannten Arbeitskräftepotential oder auch Erwerbspersonen- potential.31

3.1 Das Erwerbspersonenpotential

Das Erwerbspersonenpotential ist in verschiedene Größen unterteilt, die teilweise amt- lich festgestellt werden und somit bekannt sind, teilweise aber auch geschätzt werden müssen. Der bekannte Teil des Erwerbspersonenpotentials umfasst die so genannten Erwerbspersonen, d.h. alle tatsächlich Erwerbstätigen - hierzu gehören abhängige Be- schäftigte, Selbständige und mithelfende Familiengehörige32 - sowie die registrierten Arbeitslosen.

Der unsichere Anteil setzt sich zusammen aus der aktiven und der passiven Stillen Re- serve. Die aktive Stille Reserve bezeichnet Erwerbslose, die aktiv Arbeit suchen, aber auf die Hilfe der Agentur für Arbeit verzichten, sich also nicht arbeitslos melden. Zur passiven Stillen Reserve gehören nicht arbeitslos gemeldete Personen, die aus persönli- chen Gründen, wie Entmutigung, ungünstiger Arbeitsmarktlage oder Ähnlichem, die Arbeitssuche eingestellt haben, aber bei Verbesserung der Rahmenbedingungen wieder in ein Arbeitsverhältnis eintreten würden. Ebenso zur passiven Stillen Reserve gehören Personen, die sich in so genannten Warteschleifen, wie etwa zwischen Schule und Aus- bildung, befinden oder solche, die an Fortbildungs- und Umschulungsmaßnahmen teil- nehmen und Personen, die vorzeitig aus dem Erwerbsleben ausgeschieden sind. Zu- sammenfassend gehören also zur passiven Stillen Reserve alle Arbeitslosen im üblichen erwerbsfähigen Alter, die nicht arbeitslos gemeldet sind und nicht aktiv Arbeit suchen, aber bereit sind zu arbeiten, wenn ihnen eine Arbeit angeboten wird.33

Da die Stille Reserve nicht bekannt ist, muss sie geschätzt werden. Dies geschieht mit- tels eines regressionsanalytischen Schätzverfahrens. Hierzu wird eine Dekomposition des Erwerbspersonenpotentials in zwei Bestandteile vorgenommen, den bekannten Be- standteil „Bevölkerung“ und den zu schätzenden Parameter „Potentialerwerbsquote“. Durch weitere Berechnungen erhält man das geschätzte Erwerbspersonenpotential.34 Da diese Berechnungen zu weit führen würden, kann das Erwerbspersonenpotential nach dem Institut für Arbeitsmarkt- und Berufsforschung vereinfacht wie folgt unterteilt werden:

Erwerbstätige

+ registrierte Arbeitslose = Erwerbspersonen + aktive Stille Reserve = effektives Arbeitsangebot + Passive Stille Reserve = Erwerbspersonenpotential

Nicht zum Erwerbspersonenpotential gehören dementsprechend die Personen, die sich aus persönlichen Gründen dem Arbeitsmarkt vollständig entziehen oder nur in Ausnahmesituationen, etwa bei Arbeitsplatzverlust des Partners etc., bereit sind zu arbeiten. Persönliche Gründe können hier unterschiedlicher Natur sein. So kann etwa das Einkommen des Partners zur Versorgung der Familie ausreichen oder eine Krankheit hindert den Betreffenden daran, einer Arbeit nachzugehen. Dies sind nur zwei mögliche Beispiele von vielen. Zu dieser Kategorie der Personen, die sich dem Arbeitsmarkt vollständig entziehen, gehören allerdings nur etwa ein Fünftel der Bevölkerung im erwerbsfähigen Alter, mit sinkender Tendenz (vgl. Abb. 5).35

Mittels des beschriebenen Erwerbspersonenpotentials machen sich die demografischen Veränderungen eines Landes auch auf dem Arbeitsmarkt bemerkbar. In welchem Rah- men diese Veränderungen stattfinden, wird im folgenden Abschnitt untersucht. Hierzu wird zuerst betrachtet, wie sich das Erwerbspersonenpotential quantitativ in der Ver- gangenheit entwickelt hat und wie es sich in Zukunft entwickeln wird. Im Anschluss wird das Augenmerk auf die Entwicklung der Altersstruktur innerhalb des Erwerbsper- sonenpotentials gerichtet.

3.2 Entwicklung des Erwerbspersonenpotentials

Nachdem das Erwerbspersonenpotential abgegrenzt wurde, wird nun die Entwicklung seiner Größe und Altersstruktur betrachtet und mit der Bevölkerung im erwerbsfähigen Alter verglichen.

3.2.1 Quantitative Entwicklung des Erwerbspersonenpotentials

Wie in 3.1 angesprochen, stellt sich nur ein Fünftel der Personen im erwerbsfähigen Alter nicht dem Arbeitsmarkt zur Verfügung. Dieser Anteil an „Arbeitsmarktverweige- rern“ ist von 1970 bis 1990 in Folge einer sehr viel höheren Erwerbsbeteiligung stark gesunken. Dadurch und durch das Hineinwachsen der Babyboom-Generation in das erwerbsfähige Alter, stieg das Erwerbspersonenpotential in Westdeutschland von 26,9 Millionen im Jahr 1970 auf 32,4 Millionen in 1990.36 In Folge der Wiedervereinigung stieg es für Gesamt-Deutschland im Jahr 1990 sogar bis auf 42,89 Millionen und bis 2004 um weitere 1,59 Millionen auf 44,48 Millionen. Nach Berechnungen des IAB, mit einer angenommenen Zuwanderungsrate von 200.000 per anum, wird das Erwerbsper- sonenpotential bis 2010 noch einmal geringfügig auf 44,5 Millionen Personen anstei- gen, bevor es bis 2020 langsam und in den darauf folgenden zehn Jahren sprunghaft bis auf 39,41 Millionen fallen wird. Im Jahr 2050 wird es Schätzungen zufolge sogar einen Tiefststand von 35,45 Millionen erreichen.37

Die beschriebene quantitative Entwicklung des Erwerbspersonenpotentials im Vergleich zu der Entwicklung der Personen im erwerbsfähigen Alter wird für ausgewählte Jahre von 1990 bis 2050 in folgender Grafik illustriert. Die Relation von Erwerbspersonenpotential zu Personen im erwerbsfähigen Alter wird auch als Potentialerwerbsquote bezeichnet. An der Annäherung des Erwerbspersonenpotentials an die Personen im erwerbsfähigen Alter erkennt man deutlich den bisherigen und auch zukünftigen Anstieg der Potentialerwerbsquote und somit den Rückgang des Anteils an Personen, die sich dem Arbeitsmarkt vollständig verweigern.

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abbildung 5: Erwerbspersonenpotential vs. Personen im erwerbsfähigen Alter in der BRD von 1990 - 2050

Quelle: Eigene Darstellung. Daten aus: Fuchs (2003); Fuchs/Söhnlein (2005); Fuchs/Söhnlein (2007)

Dieser dargestellte Rückgang des Erwerbspersonenpotentials wurde in den vergangen Jahren in Verbindung mit der Demografischen Entwicklung häufig diskutiert. Dies ist ein Thema, das für Unternehmen langfristig sicherlich an Bedeutung gewinnen wird, da im Rahmen einer Verringerung des Arbeitsangebots mit häufigerem Auftreten von Missmatches38 und einem erhöhten Fachkräftemangel zu rechnen ist.39 Von weit größerem Interesse für diese Arbeit ist allerdings die Altersstruktur des Erwerbspersonenpotentials, welche im nächsten Abschnitt betrachtet wird.

3.2.2 Entwicklung der Altersstruktur des Erwerbspersonenpotentials

Kurzfristig ist jedoch von wesentlich größerer Bedeutung, wie sich die Altersstruktur des Erwerbspersonenpotentials entwickelt. Wie bereits gezeigt wurde, folgt die Ent- wicklung desselben in etwa der Entwicklung der Bevölkerung im erwerbsfähigen Alter. Dies gilt entsprechend auch bei der Alterstruktur. Der größte Anteil des Erwerbsperso- nenpotentials liegt bei den Personen zwischen 30 und 49 Jahren, gefolgt vom Personen- kreis der 50- bis 64-Jährigen, die Ende der 90er Jahre die 15- bis 29-Jährigen von der zweiten Position verdrängten. Anhand der folgenden Grafik wird deutlich, dass sich die zuletzt genannte Gruppe im Laufe der Jahre bei etwa 20% einpendeln wird, während die Gruppe der 50-Jährigen und älteren langfristig nicht mehr unter 30% fällt.40

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abbildung 6: Altersstruktur des gesamtdeutschen Erwerbspersonenpotentials 1996 bis 2040

Quelle: Fuchs/Thon (1999), S. 4

Es ist offensichtlich, dass sich der Anteil der 30- bis 49-jährigen und der Anteil der über 50-jährigen Personen bis ca. 2021 aufeinander zu bewegt; es findet also eine Verschie- bung zwischen diesen beiden Altersgruppen statt. Diese Verschiebung ist darin begrün- det, dass die Gruppe der Babyboom-Jahrgänge in die Altersklasse der über 50-Jährigen übergeht. Dies wird auch in Abbildung 7 deutlich, wenn man gedanklich die stark be- setzte Kohorte der Babyboom-Jahrgänge in Pfeilrichtung verschiebt. Hinzu kommt, dass die Gruppe der Jungen stagniert und somit nicht genügend Junge nachrücken, um die mittlere Altersgruppe auf ihrem bestehenden Niveau zu halten. Daraus folgt, dass nicht alle Personen aus der mittleren Altersgruppe, welche die 50 überschreiten, durch Jüngere ersetzt werden können. Der Anteil der unter 50-Jährigen wird zwar weiterhin deutlich das Erwerbspersonenpotential dominieren, der Anteil der über 50-Jährigen wird aber dennoch merklich zunehmen.41

Da etwa in 2021 die Spitze der Babyboom-Jahrgänge das Rentenalter erreicht hat, fällt der Anteil der Älteren an der Belegschaft wieder, aber auch die Größe des Arbeitsange- botes sinkt. Dies hat zur Folge, dass Unternehmen das Niveau ihrer Produktivität mit einer schrumpfenden Belegschaft erhalten müssen oder versuchen, ungenutzte Potentia- le zu erschließen. Hier kämen beispielsweise die Weiterbeschäftigung ihrer älteren Mit- arbeiter über die Rentenzugangsgrenze hinaus oder eine Erhöhung der Frauenerwerbs- quote in Frage.

Positiv zu bemerken ist, dass nachdem die Babyboom-Jahrgänge in Rente sind, ein rela- tiv ausgeglichenes Erwerbspersonenpotential zurück bleibt. Obwohl mit einem sehr viel kleineren Arbeitskräfteangebot ausgekommen werden muss, wird es den Unternehmen doch möglich sein, eine relativ ausgewogene Altersstruktur (mit ansteigendem Alters- durchschnitt) zu erzielen42. Hierbei wird natürlich vorausgesetzt, dass das Unternehmen in dem kommenden „run for employees“ am Arbeitsmarkt konkurrenzfähig ist.

Abbildung 7: Bevölkerung im erwerbsfähigen Alter im Jahr 2006

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Quelle: Statistisches Bundesamt (2008)

Es stellt sich nun die Frage, wie Unternehmen mit Entwicklungen wie dieser umgehen. Nicht zwangsläufig müssen sie diese Änderungen des Arbeitsangebots in ihrer Personalpolitik berücksichtigen. So haben sie beispielsweise eine Reihe von Möglichkeiten, der gegeben Problematik auszuweichen, etwa durch Outsourcing von betroffenen Produktionsabschnitten oder die sofortige Abwanderung in personell besser situierte Länder. Im Folgenden sollen deshalb die bisherigen Entwicklungen in den Unternehmen und deren derzeitige Reaktionen als Indikatoren für die Annahme oder Ablehnung der Alterungstendenzen des Arbeitsangebots betrachtet werden.

4. AUSWIRKUNGEN DES DEMOGRAFISCHEN WANDELS AUF DIE ALTERSSTRUKTUR IN UNTERNEHMEN

In Kapitel 3 wurde die Entwicklung des Erwerbspersonenpotentials herausgearbeitet und es konnte belegt werden, dass für direkte Vergleiche der Altersstruktur und der Entwicklung auch die Bevölkerung im erwerbsfähigen Alter herangezogen werden kann, da deren Verlauf ziemlich genau dem Verlauf des Erwerbspersonenpotentials entspricht. In diesem Kapitel soll nun untersucht werden, ob sich die Unternehmen tat- sächlich an das Arbeitsangebot anpassen. Ein klares Indiz hierfür wäre ein sehr ähnli- cher Verlauf und eine ähnliche Entwicklung von Bevölkerung im erwerbsfähigen Alter und der Belegschaft der Unternehmen.

Für den Gang dieser Untersuchung sollen zunächst die möglichen Altersstrukturen, wie sie in Betrieben vorkommen können, dargestellt werden. Im Anschluss wird sowohl mittels Arbeitsmarktdaten als auch anhand von Beispielen aus der Wirtschaft die Entwicklung der Altersstruktur in den Unternehmen untersucht.

4.1 Möglichkeiten betrieblicher Altersstrukturen

Es leuchtet ein, dass nicht alle Unternehmen eine identische Altersstruktur in ihrem je- weiligen Betrieb anstreben. So ist es nachvollziehbar, dass es einerseits Unternehmen gibt, die voll auf die frischen Ideen und Innovationen junger Universitätsabsolventen angewiesen sind, wie es etwa im IT-Bereich oder anderen innovativen Branchen der Fall ist43, andererseits aber auch solche Unternehmen existieren, die von einem enormen Erfahrungsschatz ihrer Belegschaft profitieren oder aus anderen Gründen eine Alters- zentrierte Belegschaftsstruktur aufweisen, wie es etwa in Organisationen ohne Erwerbs- zweck häufig zu finden ist.44 Aufgrund dieser unterschiedlichen Anforderungen und Möglichkeiten in der Zusammensetzung der Belegschaft sollen diese kurz erläutert und schematisch dargestellt werden, bevor auf die tatsächliche Entwicklung der Altersstruk- turen in deutschen Unternehmen eingegangen wird.

[...]


1 Vgl. Rump (2006), S. 2ff; Allmendinger/Ebner (2006), S. 232f

2 Zur Erklärung empfiehlt sich Juris (2006)

3 Vgl. Brussig/Knuth (2006), S. 307

4 O.V. (2004)

5 O.V. (2006)

6 Waschatz (2006)

7 In der folgenden Arbeit sind mit Mitarbeiter immer auch Mitarbeiterinnen gemeint, um den Lesefluss nicht zu unterbrechen.

8 Vgl. o.V. (2007a)

9 Eisenmenger et al. (2006), S.28

10 Vgl. o.V. (2007b)

11 Vgl. Allmendinger/Ebner (2006), S. 228; Dickmann (2005), S. 13ff; Eisenmenger et al. (2006), S.27f

12 Eisenmenger et al. (2006), S. 14

13 Vgl. Eisenmenger et al. (2006); S. 13f

14 Vgl. Dickmann (2005), S. 17

15 Meyers (2007), Sterblichkeit; Gabler (2000), S. 2172

16 Vgl. Dickmann (2005), S. 19

17 Vgl. Eisenmenger et al. (2006), S. 36ff;

18 Vgl. Eisenmenger et al. (2006), S. 44ff, Statistisches Bundesamt (2006a), S. 565

19 Vgl. Allmendinger/Ebner (2006), S. 229

20 Vgl. Eisenmenger et al. (2006), S. 46; Diehl/Grobecker (2006), S. 1139ff

21 Vgl. Statistisches Bundesamt (2007b), Tabelle 3.3.3

22 Vgl. Eisenmenger et al. (2006), S. 46ff

23 Vgl. Dickmann (2005), S. 20ff

24 Vgl. Eisenmenger et al. (2006), S. 14ff;

25 „Die mittlere Bevölkerung ist die durchschnittliche Bevölkerungszahl für einen bestimmten Zeitraum (z.B. Monat, Vierteljahr, Jahr) berechnet als arithmetisches Mittel aus Anfangs- und Endbestand oder aus dem Durchschnitt der mittleren monatlichen bzw. vierteljährlichen Bevölkerungszahlen.“ (Thüringer Landesamt für Statistik (2008), Definitionen)

26 Vgl. Eisenmenger et al. (2006), S. 15ff

27 Vgl. ebenda, S. 23f

28 Vgl. ebenda, S. 17

29 Vgl. Dickmann (2005), S. 13

30 Vgl. Prezewowsky (2007), S. 34

31 Vgl. Prezwowsky (2007), S. 34

32 Vgl. Gabler (2000), S. 927

33 Vgl.: Fuchs (1998) S. 111ff; Fuchs/Weber (2005), S. 6ff

34 Vgl.: Fuchs (1998), S. 118ff; Fuchs/Söhnlein (2007), S. 15ff

35 Vgl.: Fuchs (1998), S. 113ff

36 Vgl. Fuchs (2003), S. 4

37 Vgl. Fuchs/Söhnlein (2007), S. 34; Schäfer/Seyda (2005), S. 98ff

38 Als Missmatch wird das Divergieren von Stellenanforderungen und Bewerberqualifikation bezeichnet

39 Vgl. Dietz/Walwei (2007), S. 2ff

40 Vgl. Fuchs/Thon (1999), S. 4

41 Vgl. Fuchs/Thon (1999), S.3f

42 Vgl. Kistler/Hilpert (2001), S. 5ff

43 Vgl. Prezewowsky (2007), S. 38

44 Vgl. Brussig (2005), S. 5ff

Ende der Leseprobe aus 82 Seiten

Details

Titel
Alternde Belegschaften. Ein Problem für die Personalpolitik von Unternehmen?
Hochschule
Universität Konstanz
Note
1,7
Autor
Jahr
2008
Seiten
82
Katalognummer
V91059
ISBN (eBook)
9783638039796
ISBN (Buch)
9783638936279
Dateigröße
1815 KB
Sprache
Deutsch
Schlagworte
Alternde, Belegschaften, Problem, Personalpolitik, Unternehmen
Arbeit zitieren
Diplom-Volkswirt Damien Kögler (Autor:in), 2008, Alternde Belegschaften. Ein Problem für die Personalpolitik von Unternehmen?, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/91059

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