Die Abtretungsverpflichtung als Gestaltungsmöglichkeit bei der erbrechtlichen Nachfolge in einen GmbH-Anteil


Examensarbeit, 2007

61 Seiten, Note: 13 Punkte (gut)


Leseprobe


Inhaltsverzeichnis

Einleitung (Gegenstand und Gang der Untersuchung)

A. Gesetzliche Rechtslage bei der Vererbung von GmbH-Anteilen als Ausgangspunkt

B. Spannungsfeld zwischen freier Vererblichkeit und gesellschaftsrechtlichen Bedürfnissen
I. Hintergrund der freien Vererblichkeit
II. Motive für gesellschaftsvertragliche Regelungen
III. Die unterschiedlichen Interessenlagen der Beteiligten
1) Interessen des Erblasser-Gesellschafters
2) Interessen der Gesellschaft bzw. der verbleibenden Mitgesellschafter
a) Generelle Interessen
b) Spezifische Interessenlagen
bb) alle Erben sollen einrücken
cc) ein bestimmter Erbe, der nicht Alleinerbe geworden ist, soll einrücken
dd) ein bestimmter Nicht-Erbe soll Nachfolger werden
IV. Bedeutung erbrechtlicher Wertungsprinzipien für die gesellschaftsvertragliche Gestaltungsfreiheit
V. Zulässigkeit des Todes als Ausschließungsgrund

C. Die Abtretungsklausel als überlegenes Gestaltungsinstrument
I. Durch Todesfall aufschiebend bedingte Abtretung
II. Inhaltsänderung der Beteiligung
III. Einziehungsrecht
1) Ziele
2) Vorteile
3) Nachteile
IV. Abtretungsklauseln
1) Rechtsnatur
2) Abgrenzung zwischen schuldrechtlicher und dinglicher Abtretungspflicht
a) Schuldrechtliche Abtretungspflicht
b) Dingliche Abtretungspflicht
3) Die einzelnen Varianten möglicher Abtretungsklauseln
a) Einfache Abtretungsverpflichtung
b) Eintritts- und Erwerbsrechte
aa) Begriffsklärung
bb) Charakteristik von Erwerbs- und Eintrittsrechten
cc) Eintrittsrecht Dritter
V. Kombinationsmöglichkeiten
1) Kombination von Abtretungsverpflichtung und Einziehungsermächtigung
2) Kombination aus Abtretungsverpflichtung und Zwangsabtretung mit alternativer Einziehungsmöglichkeit

D. Die zweckmäßige Gestaltung von Abtretungsverpflichtungen
I. Bestimmung des Begünstigten
1) Verbleibende Gesellschafter
2) Miterbe
3) GmbH
II. Bestimmung des Auswahlberechtigten
III. Abtretungsentgelt
1) Anspruchsgrundlage und -inhaber des Entgeltanspruchs
a) Satzung
aa) bei schuldrechtlicher Abtretungsverpflichtung
bb) bei dinglicher Abtretungsverpflichtung
cc) bei Zwangsabtretung
2) Subsidiäre Haftung der GmbH
3) Minderentgeltklauseln und Unentgeltlichkeit bei Abtretungsverpflichtungen
a) Motive
b) Mögliche abweichende Bewertungsmaßstäbe
aa) Steuerwert
bb) Substanzwert
cc) Buchwert
dd) Vorschlag
c) Empfehlung
IV. Festlegungen über Zuständigkeit, zeitliche Grenze und Ausschluss von Stimmrechten
1) Zuständigkeit
2) Zeitliche Grenze der Beschlussfassung
3) Ausschluss des Stimmrechts der Erben

E. Erbrechtliche Einordnung der Abtretungsverpflichtung
I. Zuwendungsobjekt und -empfänger
II. Unentgeltlichkeit
III. Überlebensbedingung
1) bei Begünstigung der GmbH
2) bei Begünstigung von Mitgesellschaftern oder Dritten

F. Formelle Anforderungen
I. Formzweck
II. Konkrete Anforderungen an gesellschaftsvertragliche Abtretungsver-pflichtungen i.R.e. Nachfolgeregelung
III. Erfüllung der Formerfordernisse durch antizipierende Satzungsklauseln

G. Steuerrechtliche Aspekte
I. Erbschaftsteuer
1) Steuerpflicht der Erben
a) Grundsätzliches
b) Privilegierungen der §§13a, 19a ErbStG
2) Steuerpflicht der Abtretungsempfänger
a) Grundsätzliches
b) Privilegierungen der §§13a, 19a ErbStG
II. Ertragsteuer
1) Anteil im Betriebsvermögen
2) Anteil im Privatvermögen
III. Fazit aus steuerrechtlicher Sicht

Resümee

Literaturverzeichnis

Einleitung (Gegenstand und Gang der Untersuchung)

Gegenstand dieser Arbeit ist die in der Praxis sehr beliebte „Abtretungsverpflichtung als Gestaltungsmöglichkeit bei der erbrechtlichen Nachfolge in einen GmbH-Anteil“, wobei „Abtretungsverpflichtung“ hier weit i.S.v. Abtretungsklausel verstanden wird. Ausgangspunkt wird die Darstellung der gesetzlichen Rechtslage beim Tod eines GmbH-Gesellschafters sein. Im Anschluss soll untersucht werden, inwieweit sich aus dem Spannungsfeld zwischen freier Vererblichkeit und den Interessen der Beteiligten ein Bedarf nach gesellschaftsvertraglichen Regelungen ergibt. Da die Abtretungsverpflichtung nur eines der möglichen Gestaltungsinstrumente zur Nachfolgesteuerung ist, soll vor deren Darstellung mit all ihren Variationen in der gebotenen Kürze noch ein Überblick über die sonstigen Gestaltungsinstrumente gegeben werden, um im Anschluss eine Kombinationsempfehlung entwickeln zu können. Im hierauf folgenden Kapitel wird erörtert, wie eine Abtretungsklausel möglichst zweckmäßig zu gestalten ist. Auch die Entgeltproblematik soll in diesem Zusammenhang behandelt werden. Im Anschluss erfolgt eine Auseinandersetzung mit der Frage nach der Anwendbarkeit des §2301 BGB auf minder- bzw. unentgeltliche Abtretungsklauseln; also danach, ob auf die Klausel Erbrecht anzuwenden ist. Zum Abschluss werden die steuerrechtlichen Konsequenzen der Verwendung von Abtretungsklauseln zu klären sein und eine Bewertung der Zweckmäßigkeit aus steuerlicher Sicht erfolgen.

A. Gesetzliche Rechtslage bei der Vererbung von
GmbH-Anteilen als Ausgangspunkt

Ausgangspunkt jeder Vertragsgestaltung ist die Betrachtung der gesetzlichen Rechtslage um eventuelle Gestaltungsbedürfnisse identifizieren zu können. Hinsichtlich des Todes eines Gesellschafters unterscheidet sich die gesetzliche Rechtslage bei der GmbH im deutschen Recht ganz erheblich von der bei Personengesellschaften. Während bei der GbR die Auflösung der Gesellschaft gem. §727 BGB und bei der OHG das Ausscheiden des Gesellschafters gem. §131 III Nr. 1 HGB die gesetzlichen Folgen sind, ist der GmbH-Anteil nach §15 I GmbHG[1] frei vererblich. Hierbei handelt es sich um eine zwingende Vorschrift.[2] Mit dem Tod geht der Anteil im Wege der Universalsukzession (§1922 BGB) automatisch als Teil des Nachlasses auf sämtliche Erben zur gesamten Hand über (§2032 I BGB), ohne dass es der Mitwirkung der übrigen Gesellschafter oder einer Anmeldung nach §16 bedürfte.[3] Eine Sonderrechtsnachfolge, wie sie für PersG anerkannt ist, kommt nicht in Betracht.[4] Die Rechtsausübung kann gem. §18 I nur gemeinschaftlich erfolgen, wobei §2038 I 2 BGB insoweit nicht anwendbar ist.[5] Für die Nachlassauseinandersetzung gilt folgendes: Ist eine Realteilung beabsichtigt, so ist nach §17 I grdsl. eine Genehmigung durch die Gesellschaft erforderlich. Diesbezüglich empfiehlt es sich, von der Möglichkeit des §17 III Gebrauch zu machen und in der Satzung eine generelle Genehmigung zur Teilung im Erbfall zu erteilen. Soll nur ein Miterbe den Anteil erhalten, muss dieser von der Erbengemeinschaft unter Beachtung der Formvorschriften des §15 III, IV auf ihn übertragen werden. Inwieweit evtl. vorhandene Vinkulierungsklauseln bei der Nachlassauseinandersetzung eingreifen, ist strittig. Vereinzelt wird vertreten, die Zuteilung erfolge hier durch Ausscheiden der Miterben aus der Erbengemeinschaft i. W. e. Anwachsung entspr. §738 BGB und sei daher keine Abtretung i.S.d. §15, an die Vinkulierungsklauseln anknüpfen.[6] Dies geht schon deshalb fehl, weil dem Miterben i.d.R. keine Erbanteile zugewiesen werden, die ihm zusammen mit dem GmbH-Anteil „anwachsen“, sondern er bekommt den Geschäftsanteil als einzelnen Nachlassgegenstand, über den die Erbengemeinschaft durch Abtretung verfügt. Andere sehen in der generellen Genehmigungspflicht einen Widerspruch zur freien Vererblichkeit des Geschäftsanteils und wollen Abtretungen ausnehmen, durch die eine Anordnung vollzogen wird, die der Erblasser durch letztwillige Verfügung getroffen hat.[7] Nach vorzugswürdiger Ansicht sollte die Genehmigungspflicht jedoch nach Sinn und Zweck der Vinkulierungsklausel bestimmt werden. Vinkulierungsklauseln dienen der Steuerbarkeit der Nachfolge, genauso wie es Nachfolgeklauseln tun. Vollzieht eine Veräußerung aber gerade eine konkrete Nachfolgeklausel, so ist das Interesse der Gesellschaft gewahrt und einer Genehmigung kann es nicht bedürfen.[8] Fehlt dagegen eine Nachfolgeklausel im Statut, ist angesichts der nach §2 I 1 erforderlichen Beurkundung, die eine sachkundige Beratung bei der Formulierung gewährleistet, davon auszugehen, dass die freie Vererblichkeit bestätigt und dem Interesse des Erblassers an der Bestimmung seines Nachfolgers Vorrang eingeräumt werden sollte. Auch dann scheidet das Eingreifen von Vinkulierungsklauseln i.d.R. aus. Um Rechtsunsicherheiten vorzubeugen sollte der Gesellschaftsvertrag bzgl. der Geltung von Vinkulierungsklauseln i.R.d. Nachlassauseinandersetzung jedoch eine klare Regelung enthalten.

Zusammenfassend bleibt festzuhalten, dass Nachfolgeklauseln in GmbH-Satzungen angesichts der freien Vererblichkeit der Anteile eine völlig andere Bedeutung als bei PersG haben: Bei der GmbH bestimmen sie nicht, welcher Erbe im Todesfall Nachfolger ist, sonder nur, wer Nachfolger werden soll; also in welcher Weise und an wen die Erbengemeinschaft ihre Mitgliedschaft wieder verliert (Regelung des Behaltendürfens).[9]

B. Spannungsfeld zwischen freier Vererblichkeit und
gesellschaftsrechtlichen Bedürfnissen

I. Hintergrund der freien Vererblichkeit

Leitbild des Gesetzgebers bei der Regelung der Vererblichkeit von GmbH-Anteilen war die GmbH als Kapitalgesellschaft mit kapitalistischer Struktur, die in der Größe zwischen der tendenziell kleinen PersG und großen AGs angesiedelt ist.[10] Eine kapitalistische Struktur liegt typw. bei einem Zusammenschluss vieler Personen vor, die sich allein mit Kapital, nicht aber mit persönlichem Einsatz beteiligen; deren Funktion also auf die eines Kapitalgebers beschränkt ist und für Gesellschafterbeschlüsse strikt das Kapitalmehrheitsprinzip gilt.[11] Mangels Ausrichtung auf die Person des einzelnen Gesellschafters ist es insb. bei ausgewogenen Kapitalverhältnissen hier i.d.R. unerheblich, welche konkrete Person Nachfolger und damit Kapitalgeber ist. Eine Abweichung von der gesetzlichen Regelung ist mithin nicht erforderlich.

II. Motive für gesellschaftsvertragliche Regelungen

Das Problem liegt nun aber darin, dass die Vorstellung von der kapitalistischen Struktur, die der Gesetzgebung zugrunde lag, durch die Rechtswirklichkeit überholt wurde. So ist heute tatsächlich die überwiegende Zahl der GmbHs eher personalistisch strukturiert.[12] Charakteristisch hierbei ist die Ausrichtung auf die konkreten, in einem organisatorisch und funktionell überschaubaren Kreis zusammengeschlossenen Personen mit deren persönlichen Fähigkeiten und Kenntnissen, zwischen denen ein Vertrauensverhältnis besteht und die häufig selbst Geschäftsführer sind.[13] Vor diesem Hintergrund besteht durchaus ein Bedürfnis nach Einflussnahme der Gesellschaft auf den Mitgliederkreis. Steht die persönliche Mitwirkung im Vordergrund, so soll durch gesellschafts-vertragliche Nachfolgeregelungen der Gefahr einer Destabilisierung durch den Tod eines Gesellschafters entgegen gewirkt werden, die sich aus unterschiedlichen Auffassungen über Geschäftsführung und Unternehmenspolitik, der Verschiebung der Machtverhältnisse oder einer Zersplitterung durch Erbenmehrheit ergeben kann. Aber auch eine Lähmung aufgrund der nur gemeinschaftlich möglichen Rechtsausübung durch die Erbengemeinschaft ebenso wie die Zugriffsmöglichkeit persönlicher Gläubiger der Erben drohen die Gesellschaft zu destabilisieren.[14] Ferner soll durch Nachfolgeklauseln eine Überfremdung verhindert und ein homogener Gesellschafterkreis gesichert werden, aus dem Dritte, welche die gewünschten Anforderungen nicht erfüllen, ausgeschlossen bleiben.[15]

III. Die unterschiedlichen Interessenlagen der Beteiligten

1) Interessen des Erblasser-Gesellschafters

Für den einzelnen Gesellschafter steht i.d.R. die Versorgung seiner Rechtsnachfolger in der Weise im Vordergrund, dass er diesen unter Ausnutzung sämtlicher Steuersparmöglichkeiten entweder eine Betätigungsmöglichkeit verschaffen oder ihnen zumindest eine möglichst hohe Abfindung sichern will. Ferner ist er daran interessiert mittels gerechter Gestaltung den Familienfrieden zu erhalten und das von ihm begründete oder ererbte Unternehmen in der eigenen Familie fortzuführen.[16] Darüber hinaus besteht auf Seiten des Erblasser-Gesellschafters ein Interesse daran, möglichst frei und unabhängig über sein Vermögen verfügen zu können.[17]

2) Interessen der Gesellschaft bzw. der verbleibenden Mitgesellschafter

a) Generelle Interessen

Mit den dargestellten Interessen des Einzelnen können die Interessen der GmbH sowie der verbleibenden Gesellschafter kollidieren. Aus den unter B. II. genannten Gründen, sowie um die Wettbewerbsfähigkeit des Unternehmens und die Funktionsfähigkeit dessen Führung zu erhalten, besteht auf Seiten der Gesellschaft ein berechtigtes Interesse an Einflussnahme auf den Gesellschafterkreis[18], welches dem Interesse des Erblassers an einer freien Verfügung und der grdsl. freien Vererblichkeit der Anteile nach §15 I gegenüber steht. Ferner kollidiert das Interesse der GmbH an einer Schonung der Liquidität der Gesellschaft mit dem Wunsch des Einzelnen nach einer hohen Abfindung der Erben im Falle der Ausschließung derselben.[19] Schließlich wird der GmbH auch an einer Erhaltung der bestehenden Machtverhältnisse gelegen sein, welche durch das Einrücken beliebig durch den Erblasser vorgesehener Nachfolger gefährdet werden können.

b) Spezifische Interessenlagen

Abhängig von konkreter Situation und Verhältnissen in der GmbH können da-

rüber hinaus unterschiedliche spezifische Interessenlagen gegeben sein:

aa) weder Erbe noch Dritter soll einrücken

Ein solches Interesse besteht i.d.R. dann, wenn die gesellschaftlich verbundene Zusammenarbeit vom Vertrauensverhältnis und den Qualifikationen gerade der gegenwärtigen Gesellschafter abhängt.[20] Hier bedarf es mangels Möglichkeit des Ausschlusses der Vererblichkeit im Gesellschaftsvertrag sowie automatischer Einziehung beim Tod[21] einer gesellschaftsvertraglichen Bestimmung, wonach der Geschäftsanteil durch Beschluss eingezogen werden kann oder an die GmbH abzutreten ist.[22]

bb) alle Erben sollen einrücken

In diesem Fall ist eine gesellschaftsvertragliche Nachfolgeklausel als solche entbehrlich, da dieses Interesse durch die gesetzliche Rechtslage verwirklicht wird. Zur besseren Funktionsfähigkeit, insb. der Gesellschafterversammlung, empfiehlt sich hier jedoch eine Bestimmung, wonach die Mitgliedschaftsrechte nur durch einen gemeinsamen Vertreter ausgeübt werden können, bis zu dessen Bestellung die Rechte (abgesehen vom Gewinnbezugsrecht) ruhen.[23] Alternativ kann auch in der letztwilligen Verfügung des Erblassers zur Ausübung der Gesellschafterrechte ein Testamentsvollstrecker bestimmt werden.

cc) ein bestimmter Erbe, der nicht Alleinerbe geworden ist, soll einrücken

Diese praktisch häufigste Interessenlage rührt daher, dass einerseits dem Interesse des Erblassers an der Bestimmung seines Nachfolgers dadurch Rechnung getragen werden soll, dass der akzeptierte Nachfolger tatsächlich aus dem Kreis der Erben stammt. Andererseits soll ein nach kurzer Zeit unüberschaubarer und schwer steuerbarer Gesellschafterkreis durch das Einrücken aller Erben vermieden werden. Die Bestimmung, welcher der Erben Nachfol-ger werden soll, kann auf unterschiedlichste Weise erfolgen. Diese Problematik soll unten i.R.d. zweckmäßigen Gestaltung von Abtretungsverpflichtungen näher erörtert werden. Die Übertragung an den ausgewählten Erben hat dann i.R.d. Nachlassauseinandersetzung in oben beschriebener Weise (durch Abtretung des GmbH-Anteils durch die Erbengemeinschaft an den Begünstigten) zu erfolgen. Mithin sind die Erben gesellschaftsvertraglich zur Abtretung an den Nachfolgeberechtigten zu verpflichten.

dd) ein bestimmter Nicht-Erbe soll Nachfolger werden

Ein solches Interesse ist insb. dann denkbar, wenn leitende Angestellte der GmbH Nachfolger werden sollen oder aus dem voraussichtlichen Kreis der Erben absehbar niemand geeignet sein wird.[24] Die Bestimmung der jeweiligen Person kann durch namentliche Nennung erfolgen, wenn es wie im Falle des konkreten leitenden Angestellten gerade darauf ankommt, dass diese bestimmte Person die Nachfolge antreten soll oder durch Einräumung von Bestim-mungsrechten der Gesellschafter bspw. für die letztgenannte Konstellation. Der Übergang des Anteils auf den Dritten ist auch hier durch Abtretungsverpflichtung der Erben sicherzustellen.

IV. Bedeutung erbrechtlicher Wertungsprinzipien für die
gesellschaftsvertragliche Gestaltungsfreiheit

Zwar verfolgen gesellschaftsvertragliche Nachfolgeregelungen keine erbrechtlichen Ziele i.S.e. Verfügung von Todes wegen. Doch berühren sie die Interessen der Nachlassbeteiligten zum einen dadurch, dass die Erben nicht die GmbH-Beteiligung als solches, sondern nur deren Wert erhalten. Und im Falle von sog. Minderentgeltklauseln (Entgelt unterhalb des Verkehrswertes der Beteiligung) wird ihnen darüber hinaus sogar der Wert der Beteiligung (zumindest anteilig) entzogen, wodurch die freie Vererblichkeit faktisch leer laufen könnte.[25] Insofern stellt sich ein Kompetenzproblem zwischen Erb- und Gesellschaftsrecht. Ausgangspunkt muss hier folgender Grundsatz sein: Vererbt werden kann nur, was im Todeszeitpunkt noch vorhanden ist. Eine Beschränkung lebzeitiger Vermögensdispositionen zugunsten nachfolgender Generationen über die Grenzen des Pflichtteilsrechts hinaus existiert grdsl. nicht.[26] Dem steht auch §2287 BGB als Ausnahmevorschrift zur Vermeidung der Umgehung erbvertraglicher Bindungen nicht entgegen.[27] Vor diesem Hintergrund sind die Unternehmensinteressen mit den Vermögensinteressen der Erben abzuwägen. Eine ausführliche Abwägung würde hier den Rahmen dieser Arbeit sprengen. Insoweit sei auf die einschlägige Literatur[28] verwiesen. Für einen Vorrang der gesellschaftsvertraglichen Gestaltungsfreiheit spricht jedenfalls die Eigenschaft von Unternehmen als Instrumente zur Leistungserstellung und Bedürfnisbefriedigung gegenüber der Allgemeinheit, mithin deren volks- und gesamtwirtschaftliche Bedeutung. In einer durch den Erbfall ausgelösten Krise wären nicht nur die Arbeitsplätze in der betroffenen GmbH in Gefahr, sondern die durch wirtschaftliche Verflechtungen drohenden Insolvenzketten gefährdeten auch das Steueraufkommen. Auf Seiten der pflichtteilsberechtigten Erben ist zu berücksichtigen, dass der Erblasser grdsl. auch die Möglichkeit hat, diesen nur den Pflichtteil und damit ebenfalls nur einen wertmäßig weit unter dem Erbteil liegenden Anspruch in Geld statt des Geschäftanteils selbst zu hinterlassen.[29] Insofern erscheint der Vorrang des Interesses an der Unternehmenserhaltung, dem sämtliche gesellschaftsvertragliche Nachfolgeklauseln dienen, gerechtfertigt. Eine Einschränkung der Gestaltungsfreiheit durch erbrechtliche Wertungsprinzipien ist mithin abzulehnen.

V. Zulässigkeit des Todes als Ausschließungsgrund

Durch Nachfolgeklauseln werden Erben regelmäßig von der Nachfolge und somit aus der Gesellschaft ausgeschlossen. Nach einer Ansicht stellen derartige auf den Tod bezogene Abtretungspflichten und Einziehungsrechte daher einen unzulässigen Vertrag zulasten Dritter (der Erben) dar.[30] Dem kann schon deshalb nicht gefolgt werden, weil die Einräumung von Ausschließungsrechten im Gesellschaftsvertrag zugleich die Ausgestaltung des betroffenen Geschäftsanteils darstellt (innere Vorbelastung). Der Anteil geht dann i.R.d. Universalsukzession stets so auf den Erben über, wie er statuarisch ausgestaltet ist.[31] Somit handelt es sich um keine unzulässige Drittbelastung. Der Tod als Ausschließungsgrund ist mithin zulässig.

C. Die Abtretungsklausel als überlegenes Gestaltungsinstrument

Nachdem in den vorangegangenen Kapiteln die Notwendigkeit und Zulässigkeit von gesellschaftsvertraglichen Nachfolgeklauseln herausgearbeitet wurde, soll nun ausgehend von einer Kurzdarstellung der alternativen Gestaltungsinstrumente und deren Defiziten eine eingehende Auseinandersetzung mit der Abtretungsverpflichtung i.w.S. erfolgen.

I. Durch Todesfall aufschiebend bedingte Abtretung

Bei einer Klausel, die eine auf den Tod bedingte Abtretung enthält, handelt es sich um eine Abtretung, die einerseits aufschiebend durch den Todesfall und andererseits auflösend bedingt durch das Längerleben des Begünstigten ist. Sie bezweckt den unmittelbaren dinglichen Übergang des GmbH-Anteils auf Dritte bei Bedingungseintritt zur Vermeidung einer Nachlasszugehörigkeit, wodurch der Anteil automatisch dem Zugriff persönlicher Gläubiger der Erben entzogen würde. Zwar liefe eine durch den Tod bedingte Abtretung aufgrund des Erwerbs beim Dritten „am Nachlass vorbei“ auf eine unzulässige Sondererbfolge hinaus. Doch handelt es sich bei der Abtretung nicht um eine Verfügung von Todes wegen, mit der Folge, dass sie auch nicht an den Prinzipien der Erbrechts zu messen sein kann.[32] Die faktische Wirkung einer Sondererbfolge steht der Zulässigkeit somit nicht entgegen. Weitere Bedenken ergeben sich jedoch aus der schon lebzeitigen Bindung des Erblassers i.F.v. Verfügungsbeschränkungen gem. §§ 160, 161 BGB. Eine solche Bindung ist regelmäßig nicht gewollt[33], ließe sich aber nur durch die Aufnahme der weiteren Bedingung, dass nicht unter Lebenden anderweitig verfügt wird (Potestativbedingung)[34], vermeiden.[35] Schließlich ist zu beachten, dass die Wirksamkeit der Abtretung in jedem Fall von der Mitwirkung des Begünstigten abhängt. Ohne dessen Mitwirkung handelte es sich um eine nicht anerkannte Verfügung zugunsten Dritter[36], die aufgrund der mit dem GmbH-Anteil verbundenen mitgliedschaftsrechtlichen Lasten und Pflichten auch Elemente eines unzulässigen Vertrages zulasten Dritter in sich trüge.[37] Der Anwendungsbereich derartiger Klauseln bleibt somit auf Ausnahmefälle beschränkt.

[...]


[1] §§ ohne Gesetzesangabe sind im Folgenden solche des GmbHG

[2] Sudhoff, Nachfolge - Froning, §48 Rn 2; Langenfeld, GmbH-VP, Rn 126

[3] Lutter / Hommelhoff, GmbH-Gesetz, §15 Rn 2; Priester, GmbHR 81, 206

[4] Langenfeld, GmbH-VP, Rn 126,; Sudhoff, Nachfolge - Froning, §48 Rn. 1,3

[5] Tillmann / Winter, GmbH im Ges- u. StR, Rn 276

[6] Barella, GmbHR 59, 45 ff. (46)

[7] Petzoldt, GmbHR 77, 25 ff. (27)

[8] Lessmann, GmbHR 86, 417

[9] Schmidt, Gesellschaftsrecht, S. 1051; Michalski, NZG 98, 301

[10] Kesselmeier, Ausschließung, S. 247; Nagler, Nachfolge, S. 22

[11] Nagler, Nachfolge, S. 15

[12] Untersuchungen von Kornblum 1985-92, Württembergische Rechtstatsachen, S. 21 Tab. 22; Hansen, GmbHR 04, 39; Baumbach / Hueck – Hueck / Fastrich, Einleitung Rn 24

[13] Priester, GmbHR 81, 207

[14] Sudhoff, Nachfolge - Froning, §48 Rn 9; Nagler, Nachfolge, S. 21 f.; Langen / Heydel, GmbHR 05, 380

[15] Winter, Vererbung, S. 6; Sudhoff, Nachfolge - Froning, §48 Rn 9

[16] Priester, GmbHR 81, 207; Langner / Heydel, GmbHR 05, 377; Michalski, NZG 98, 301

[17] Nagler, Nachfolge, S. 20

[18] Michalski, NZG 98, 301; Priester, GmbHR 81, 208; Langner / Heydel, GmbHR 05, 377

[19] Nagler, Nachfolge, S. 13; Michalski, NZG 98, 301

[20] Crezelius, EStB, 00, 15

[21] M AnwaltsHB – Michalski, §12 Rn 124; Spiegelberger, DStR 92, 620

[22] Tillmann / Winter, GmbH im Ges- u. StR, Rn 278

[23] M AnwaltsHB – Michalski, §12 Rn 137; Tillmann / Winter, GmbH im Ges- u. StR, Rn 280

[24] Priester, GmbHR 81, 208

[25] Käppler, ZGR 78, 542 ff. (572)

[26] Michalski, Perpetuierung, S. 216

[27] Priester, GmbHR 81, 213

[28] Reuter, Privatrechtliche Schranken der Perpetuierung von Unternehmen, 1973; ders. AcP 181 (1981), 1 ff.; Lieb, GmbHR 73, 274 ff.; Michalski, Perpetuierung von Unternehmen, 1980

[29] Michalski, Perpetuierung, S. 53

[30] Wiedemann, Übertragung und Vererbung, S. 97; Reuter, Privatrechtliche Schranken, S. 413

[31] Gebel, DStR 93, 285; Kesselmeier, Ausschließung, S. 95

[32] Winter, Vererbung, S. 213

[33] Michalski GmbHG– Ebbing, §15 Rn 24

[34] MüKo – Westermann - §158 Rn 19

[35] Priester, GmbHR 81, 210

[36] Palandt - Heinrichs, Einf v. §328 Rn 8; Ammon / Burkert / Gorlitz / Wagner, GmbH, S. 164; Petzoldt, GmbHR 77, 30

[37] Priester, GmbHR 81, 209

Ende der Leseprobe aus 61 Seiten

Details

Titel
Die Abtretungsverpflichtung als Gestaltungsmöglichkeit bei der erbrechtlichen Nachfolge in einen GmbH-Anteil
Hochschule
Universität Bayreuth
Note
13 Punkte (gut)
Autor
Jahr
2007
Seiten
61
Katalognummer
V91340
ISBN (eBook)
9783638050326
Dateigröße
643 KB
Sprache
Deutsch
Schlagworte
Abtretungsverpflichtung, Gestaltungsmöglichkeit, Nachfolge, GmbH-Anteil
Arbeit zitieren
Carolin Möller (Autor:in), 2007, Die Abtretungsverpflichtung als Gestaltungsmöglichkeit bei der erbrechtlichen Nachfolge in einen GmbH-Anteil, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/91340

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