Nicht nur bei sog. Familien-GmbHs, sondern bei nahezu jeder personalistisch strukturierten GmbH besteht ein enormes Interesse daran, den Kreis der möglichen Unternehmensnachfolger auch für die Zukunft festzulegen. Dem steht jedoch der Grundsatz der freien Vererblichkeit von Geschäftsanteilen gem. §15 GmbHG entgegen. Aufgabe der Vertragsgestaltung ist es daher, im Wege von Nachfolgeklauseln dem Bedürfnis nach einer Nachfolgesteuerung insoweit Rechnung zu tragen als hierdurch zwar nicht die freie Vererblichkeit ausgeschlossen werden kann, jedoch solche Verfügungen von Todes wegen, die der ursprünglichen zwischen den Gesellschaftern gesellschaftsvertraglich vereinbarten Nachfolgebestimmung widersprechen, nachträglich „korrigiert“ werden.
Gegenstand dieser Arbeit ist die in der Praxis sehr beliebte „Abtretungsverpflichtung als Gestaltungsmöglichkeit bei der erbrechtlichen Nachfolge in einen GmbH-Anteil“, wobei „Abtretungsverpflichtung“ hier weit i.S.v. Abtretungsklausel verstanden wird. Ausgangspunkt wird die Darstellung der gesetzlichen Rechtslage beim Tod eines GmbH-Gesellschafters sein. Im Anschluss soll untersucht werden, inwieweit sich aus dem Spannungsfeld zwischen freier Vererblichkeit und den Interessen der Beteiligten ein Bedarf nach gesellschaftsvertraglichen Regelungen ergibt. Da die Abtretungsverpflichtung nur eines der möglichen Gestaltungsinstrumente zur Nachfolgesteuerung ist, soll vor deren Darstellung mit all ihren Variationen in der gebotenen Kürze noch ein Überblick über die sonstigen Gestaltungsinstrumente gegeben werden, um im Anschluss eine Kombinationsempfehlung entwickeln zu können. Im hierauf folgenden Kapitel wird erörtert, wie eine Abtretungsklausel möglichst zweckmäßig zu gestalten ist. Auch die Entgeltproblematik soll in diesem Zusammenhang behandelt werden. Im Anschluss erfolgt eine Auseinandersetzung mit der Frage nach der Anwendbarkeit des §2301 BGB auf minder- bzw. unentgeltliche Abtretungsklauseln; also danach, ob auf die Klausel Erbrecht anzuwenden ist. Zum Abschluss werden die steuerrechtlichen Konsequenzen der Verwendung von Abtretungsklauseln zu klären sein und eine Bewertung der Zweckmäßigkeit aus steuerlicher Sicht erfolgen.
Inhaltsverzeichnis
- Einleitung (Gegenstand und Gang der Untersuchung)
- A. Gesetzliche Rechtslage bei der Vererbung von GmbH-Anteilen als Ausgangspunkt
- B. Spannungsfeld zwischen freier Vererblichkeit und gesellschaftsrechtlichen Bedürfnissen
- I. Hintergrund der freien Vererblichkeit
- II. Motive für gesellschaftsvertragliche Regelungen
- III. Die unterschiedlichen Interessenlagen der Beteiligten
- 1) Interessen des Erblasser-Gesellschafters
- 2) Interessen der Gesellschaft bzw. der verbleibenden Mitgesellschafter
- a) Generelle Interessen
- b) Spezifische Interessenlagen
- bb) alle Erben sollen einrücken
- cc) ein bestimmter Erbe, der nicht Alleinerbe geworden ist, soll einrücken
- dd) ein bestimmter Nicht-Erbe soll Nachfolger werden
- IV. Bedeutung erbrechtlicher Wertungsprinzipien für die gesellschaftsvertragliche Gestaltungsfreiheit
- V. Zulässigkeit des Todes als Ausschließungsgrund
- C. Die Abtretungsklausel als überlegenes Gestaltungsinstrument
- I. Durch Todesfall aufschiebend bedingte Abtretung
- II. Inhaltsänderung der Beteiligung
- III. Einziehungsrecht
- 1) Ziele
- 2) Vorteile
- 3) Nachteile
- IV. Abtretungsklauseln
- 1) Rechtsnatur
- 2) Abgrenzung zwischen schuldrechtlicher und dinglicher Abtretungspflicht
- a) Schuldrechtliche Abtretungspflicht
- b) Dingliche Abtretungspflicht
- 3) Die einzelnen Varianten möglicher Abtretungsklauseln
- a) Einfache Abtretungsverpflichtung
- b) Eintritts- und Erwerbsrechte
- aa) Begriffsklärung
- bb) Charakteristik von Erwerbs- und Eintrittsrechten
- cc) Eintrittsrecht Dritter
- V. Kombinationsmöglichkeiten
- 1) Kombination von Abtretungsverpflichtung und Einziehungsermächtigung
- 2) Kombination aus Abtretungsverpflichtung und Zwangsabtretung mit alternativer Einziehungsmöglichkeit
- D. Die zweckmäßige Gestaltung von Abtretungsverpflichtungen
- I. Bestimmung des Begünstigten
- 1) Verbleibende Gesellschafter
- 2) Miterbe
- 3) GmbH
- II. Bestimmung des Auswahlberechtigten
- III. Abtretungsentgelt
- 1) Anspruchsgrundlage und -inhaber des Entgeltanspruchs
- a) Satzung
- aa) bei schuldrechtlicher Abtretungsverpflichtung
- bb) bei dinglicher Abtretungsverpflichtung
- cc) bei Zwangsabtretung
- 2) Subsidiäre Haftung der GmbH
- 3) Minderentgeltklauseln und Unentgeltlichkeit bei Abtretungsverpflichtungen
- a) Motive
- b) Mögliche abweichende Bewertungsmaßstäbe
- aa) Steuerwert
- bb) Substanzwert
- cc) Buchwert
- dd) Vorschlag
- c) Empfehlung
- a) Satzung
- IV. Festlegungen über Zuständigkeit, zeitliche Grenze und Ausschluss von Stimmrechten
- 1) Zuständigkeit
- 2) Zeitliche Grenze der Beschlussfassung
- 3) Ausschluss des Stimmrechts der Erben
- 1) Anspruchsgrundlage und -inhaber des Entgeltanspruchs
- E. Erbrechtliche Einordnung der Abtretungsverpflichtung
- I. Zuwendungsobjekt und -empfänger
- II. Unentgeltlichkeit
- III. Überlebensbedingung
- 1) bei Begünstigung der GmbH
- 2) bei Begünstigung von Mitgesellschaftern oder Dritten
- F. Formelle Anforderungen
- I. Formzweck
- II. Konkrete Anforderungen an gesellschaftsvertragliche Abtretungsver-pflichtungen i.R.e. Nachfolgeregelung
- III. Erfüllung der Formerfordernisse durch antizipierende Satzungsklauseln
- G. Steuerrechtliche Aspekte
- I. Erbschaftsteuer
- 1) Steuerpflicht der Erben
- a) Grundsätzliches
- b) Privilegierungen der §§13a, 19a ErbStG
- 2) Steuerpflicht der Abtretungsempfänger
- a) Grundsätzliches
- b) Privilegierungen der §§13a, 19a ErbStG
- 1) Steuerpflicht der Erben
- II. Ertragsteuer
- 1) Anteil im Betriebsvermögen
- 2) Anteil im Privatvermögen
- III. Fazit aus steuerrechtlicher Sicht
- I. Erbschaftsteuer
- Resümee
Zielsetzung und Themenschwerpunkte
Die Arbeit befasst sich mit der Gestaltungsmöglichkeit der Abtretungsverpflichtung bei der erbrechtlichen Nachfolge in einen GmbH-Anteil. Sie untersucht die Spannungen zwischen der freien Vererblichkeit von GmbH-Anteilen und den Bedürfnissen des Gesellschaftsrechts. Dabei werden die Interessenlagen aller Beteiligten, insbesondere des Erblasser-Gesellschafters, der Gesellschaft und der Mitgesellschafter, sowie die Bedeutung erbrechtlicher Wertungsprinzipien beleuchtet. Die Arbeit analysiert verschiedene Gestaltungsmöglichkeiten der Abtretungsverpflichtung, wie beispielsweise die durch Todesfall aufschiebend bedingte Abtretung, Einziehungsrechte und verschiedene Varianten möglicher Abtretungsklauseln. Zudem wird die zweckmäßige Gestaltung der Abtretungsverpflichtung im Hinblick auf Begünstigten, Auswahlberechtigten, Abtretungsentgelt und andere relevante Aspekte betrachtet. Die erbrechtliche Einordnung der Abtretungsverpflichtung und die formalen Anforderungen an diese werden ebenfalls behandelt. Abschließend werden die steuerrechtlichen Aspekte der Abtretungsverpflichtung im Hinblick auf Erbschaftsteuer und Ertragsteuer beleuchtet.
- Spannungsfeld zwischen freier Vererblichkeit und gesellschaftsrechtlichen Bedürfnissen
- Interessenlagen der Beteiligten bei der erbrechtlichen Nachfolge in einen GmbH-Anteil
- Gestaltungsmöglichkeiten der Abtretungsverpflichtung
- Zweckmäßige Gestaltung der Abtretungsverpflichtung
- Steuerrechtliche Aspekte der Abtretungsverpflichtung
Zusammenfassung der Kapitel
Die Einleitung stellt den Gegenstand und den Gang der Untersuchung dar. Kapitel A beleuchtet die gesetzliche Rechtslage bei der Vererbung von GmbH-Anteilen. Kapitel B analysiert das Spannungsfeld zwischen freier Vererblichkeit und gesellschaftsrechtlichen Bedürfnissen, indem es die Interessenlagen aller Beteiligten und die Bedeutung erbrechtlicher Wertungsprinzipien erörtert. Kapitel C widmet sich der Abtretungsklausel als Gestaltungsinstrument, wobei verschiedene Varianten möglicher Abtretungsklauseln und deren Kombinationen untersucht werden. Kapitel D geht auf die zweckmäßige Gestaltung der Abtretungsverpflichtung ein, insbesondere auf die Bestimmung des Begünstigten, des Auswahlberechtigten, des Abtretungsentgelts und weiterer relevanter Punkte. Kapitel E behandelt die erbrechtliche Einordnung der Abtretungsverpflichtung, während Kapitel F die formalen Anforderungen an diese beleuchtet. Kapitel G setzt sich mit den steuerrechtlichen Aspekten der Abtretungsverpflichtung auseinander, wobei sowohl Erbschaftsteuer als auch Ertragsteuer betrachtet werden. Abschließend fasst das Resümee die wichtigsten Erkenntnisse der Arbeit zusammen.
Schlüsselwörter
Abtretungsverpflichtung, GmbH-Anteil, erbrechtliche Nachfolge, freie Vererblichkeit, Gesellschaftsrecht, Interessenlagen, Gestaltungsmöglichkeiten, Einziehungsrecht, Abtretungsklausel, Steuerrecht, Erbschaftsteuer, Ertragsteuer
- I. Bestimmung des Begünstigten
- Quote paper
- Carolin Möller (Author), 2007, Die Abtretungsverpflichtung als Gestaltungsmöglichkeit bei der erbrechtlichen Nachfolge in einen GmbH-Anteil, Munich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/91340