Kommunikativer und produktiver Umgang mit einer Lektüre im Deutschunterricht (7. Klasse, Realschule)

"Nennt mich nicht Ismael!" von Michael Gerard Bauer


Examensarbeit, 2014

27 Seiten, Note: 1


Leseprobe


Inhaltsverzeichnis

1. Bedingungsanalyse
1.1 Situation der Klasse
1.2 Einbettung der Stunde

2. Didaktische Reflexion
2.1 Kompetenzen und Inhalte des Bildungsplans
2.1.1 Sprechen
2.1.2 Schreiben
2.1.3 Lesen / Umgang mit Texten
2.2 Sachanalyse – Fachwissenschaftliche Aspekte
2.2.1 Der Songtext „Held für einen Tag“
2.2.2 Inhalt „Nennt mich nicht Ismael“
2.2.3 Inhalt „Kapitel 11: Im Fleischwolf“
2.2.4 Verhältnis zwischen Ismael und Barry
2.2.5 Themen und Wirklichkeitsbezug
2.3 Kompetenzen
2.4 Stundenziel

3. Methodische Reflexion
3.1 Methodische Planung mit Alternativen und Begründung
3.1.1 Begrüßung & Einstieg
3.1.2 Hinführung
3.1.3 Erarbeitung I
3.1.4 Präsentation + Sicherung
3.1.5 Erarbeitung II
3.1.5 Sicherung + Rückkopplung
3.2 Verlaufsplan

4. Anhang
4.1 Arbeitsauftrag: Assoziationen-Memory
4.2 Kärtchen: Assoziationen-Memory
4.3 Arbeitsauftrag Gruppenarbeit
4.4 Tabelle: Held – Antiheld
4.5 Arbeitsblatt: Facebook-Post
4.6 Differenzierungsmaterial für den Facebook – Post
4.7 Arbeitsauftrag Lerntempoduett

5. Quellen
5.1 Bücher und Zeitschriften
5.2 Internetlinks

1. Bedingungsanalyse

1.1 Situation der Klasse

Die Klasse setzt sich aus 26 Schülern1, davon 14 Mädchen und 12 Jungen, zusammen. Die Schüler verstehen sich untereinander gut und sind daher auch bereit, in unterschiedlich zusammengesetzten Arbeitsgruppen zu arbeiten.

In der Klasse gibt es ungefähr fünf Schüler, welche den Unterrichtsverlauf kontinuierlich mitgestalten. Hier fällt besonders K auf, welche sowohl schriftlich, als auch mündlich sehr leistungsstark ist. Sie durchdringt Arbeitsaufträge und Sachverhalte sehr schnell und hilft ihren Mitschülern gerne bei Fragen und Problemen. Auch A, N, A und N beteiligen sich häufig mit sehr guten mündlichen Beiträgen am Unterrichtsgespräch. Auffallend ist in dieser Klasse jedoch, dass sich auch der Großteil der anderen Schüler immer wieder in das Gespräch einbringt und dieses mit wertvollen Beiträgen bereichert. Auch F ist im mündlichen Bereich sehr stark, fällt jedoch häufig durch lautes Hineinreden oder Sprechen mit dem Nachbarn auf. Trotz seiner sehr guten mündlichen Leistungen, fällt es ihm schwer, schriftliche Informationen aufzunehmen und zu verarbeiten. In diesem Punkt gibt er sehr schnell auf und verweigert die Arbeit. Durch gutes Zureden der Lehrperson ist es jedoch meistens möglich, ihn zum Weiterarbeiten zu motivieren.

Auffällig in dieser Klasse ist es ebenfalls, dass es sehr vielen Schülern schwer fällt, schriftliche Arbeitsaufträge zu durchdringen. Sehr kleinschrittige Arbeitsanweisungen und ein gemeinsames Besprechen der Arbeitsaufträge sind deshalb unbedingt notwendig, um zu gewährleisten, dass die Schüler diese anschließend auch selbstständig ausführen können. Trotz dieser Maßnahmen kommt es während Einzel- und Gruppenarbeitsphasen immer wieder zu Nachfragen an die Lehrperson. Hier bestehe ich häufig darauf, den Arbeitsauftrag noch einmal gründlich zu lesen. Wenn danach noch Fragen auftreten, stehe ich gerne beratend zur Seite. Häufig ist es nämlich der Fall, dass die Schüler sehr schnell mit dem Arbeiten beginnen, ohne den Arbeitsauftrag noch einmal gelesen zu haben.

Einen Sonderfall in der Klasse stellt A da, welche zu Beginn des Schuljahres an die Realschule kam. Dem Mädchen fällt es häufig schwer, auch einfache Arbeitsaufträge, einzelne Worte und Texte zu verstehen. Unterstützung findet sie in, welche ihr während des Unterrichts häufig hilft. Auch ich gebe ihr häufig Unterstützung, indem ich Arbeitsaufträge mit ihr gemeinsam bespreche oder unbekannte Worte erkläre. Trotzdem ist es dem Mädchen häufig nicht möglich, Aufgaben in Einzelarbeit zu bewältigen.

Die Klasse ist allgemein sehr freundlich und lebhaft, was es interessant und spannend macht, sie zu unterrichten. Ich hatte schon nach kurzer Zeit das Gefühl, als Lehrperson akzeptiert worden zu sein. Auch die Arbeitsatmosphäre ist grundsätzlich angenehm. Durch die vielen lebhaften Charaktere kommt es jedoch des Öfteren dazu, dass es vor allem während Gruppenarbeitsphasen und kreativen Aufgaben in der Klasse sehr laut ist. Ebenfalls fiel es der Klasse zu Beginn des Schuljahres schwer, in Einzelarbeit zu arbeiten. Immer wieder wurde in diesen Phasen mit dem Nachbarn geredet oder auch weiter entfernten Mitschülern etwas zugerufen. Auffällig war jedoch, dass es häufig um die gerade behandelte Thematik des Unterrichts ging.

Nach den Herbstferien habe ich aus diesem Grund damit begonnen, dass häufig störende Schüler ein Protokoll der Stunde erstellen müssen. Dieses Verfahren benutzt auch der Klassenlehrer, um Unterrichtsstörungen zu unterbinden, wodurch den Schülern schon bekannt ist, worauf es bei dem Schreiben eines Protokolls ankommt. Ich habe diese Methode als eine sehr effektive wahrgenommen, da die Störungen in der Klasse nach und nach abgenommen haben. Einige Schüler haben mir auch schon zurückgemeldet, dass sie es gut finden, nach sehr aktiven, gesprächsintensiven Phasen, die Möglichkeit zu haben, sich in Einzelarbeit mit einem Sachverhalt auseinanderzusetzen. In den Einzelarbeitsphasen wird immer wieder sichtbar, dass die sonst doch recht lebhafte Klasse auch sehr gut konzentriert und selbstständig arbeiten kann.

Für die meisten Schüler der Klasse ist Deutsch die Muttersprache, wodurch es nicht zu schwerwiegenden Verständnisproblemen aufgrund mangelnder Sprachkenntnisse kommt. S, welcher einen Migrationshintergrund hat, fällt es im mündlichen, sowie auch im schriftlichen Bereich jedoch sehr schwer, sich adäquat auszudrücken. Auch er bemüht sich im Unterrichtsgespräch sehr, gute Beiträge einzubringen, häufig ist es durch eine sehr undeutliche Aussprache jedoch kaum möglich, ihn zu verstehen. Auch im rechtschriftlichen und grammatikalischen Bereich hat S starke Defizite.

Die Klasse ist im Allgemeinen sehr interessiert an den Themen, die von der Lehrperson angeboten werden und lässt sich leicht motivieren. Gerne und häufig bringen sie auch persönliche Geschichten und Erfahrungen ein, um den Unterricht zu bereichern.

Auch für die Arbeit mit und an der Lektüre trifft dies zu. Zu Beginn waren die Schüler zwar etwas abgeschreckt von einem 300 Seiten umfassenden Buch, durch das Basteln der im Buch vorkommenden Charaktere und dem Vorhaben, eine „Lektürewand“ zu gestalten, waren die Schüler jedoch sehr schnell motiviert und bringen sich in vielfältiger Weise sehr kreativ in die Lektürearbeit ein.

1.2 Einbettung der Stunde

Zu Beginn der Arbeit mit der Lektüre „Nennt mich nicht Ismael“, welche nach den Osterferien eingeführt wurde, bastelte die Klasse mit meiner Hilfe die unterschiedlichen Charaktere aus Papier. Während der Lektürearbeit dienen diese an der Wand befestigten Figuren immer wieder dazu, Eigenschaften sukzessive zu ergänzen und diese somit für die Schüler zu visualisieren, um bei späteren Personencharakterisierungen immer wieder auf diese zurückgreifen zu können.

Daraufhin lasen die Schüler das erste Kapitel, um den Protagonisten Ismael und dessen Familie kennenzulernen. Im weiteren Verlauf wurden einzelne Kapitel der Lektüre im Plenum beziehungsweise in Freiarbeitsphasen gelesen, um daraufhin oft handlungs- und produktionsorientiert mit diesen umzugehen. In diesem Zusammenhang haben die Schüler Textstellen in Form eines Dialoges weitergeführt und szenisch dargestellt, Tagebucheinträge aus der Sicht des Protagonisten verfasst, einen Hilfebrief mit Lösungsstrategien gegen Mobbing an Ismael geschrieben oder Situationen in Standbildern dargestellt.

Da in der Lektüre der Begriff Intertextualität sehr anschaulich dargestellt wird, wurde eine Recherchearbeit zu dem Buch „Moby Dick“ eingeschoben, in welcher die Schüler sich mit unterschiedlichen Themen wie „Hermann Melville“, „Ismael in Moby Dick“ oder „Das Buch Moby Dick“ auseinandersetzten. In diesem Zusammenhang wurde auch besprochen, was eine gute Präsentation ausmache und wie Plakate gestaltet werden sollten. In Form eines Galeriegangs wurde die Ergebnisse später präsentiert und die Ergebnisse in einer Broschüre festgehalten, um daraufhin den Zusammenhang zwischen der Lektüre und dem Buch „Moby Dick“ zu thematisieren.

In der darauf folgenden Stunde setzte sich die eine Hälfte der Schüler anhand konkreter Textstellen intensiv mit Charaktereigenschaften, Einstellungen, Verhaltensweisen und Aussehen Ismaels auseinander. Die andere Gruppe erarbeitete dasselbe mit Hilfe vorgegebener Textstellen für Barry Bagsley, um die beiden Personen im weiteren Verlauf der Stunde gegenüberzustellen. Anhand der gesammelten Punkte wurden später die Kriterien einer guten Charakterisierung besprochen und die Schüler verfassten eine solche für Ismael, welche später mit einem Partnerfeedback-Bogen kontrolliert wurde.

Als Hausaufgabe hatten die Schüler auf, Kapitel zehn und elf zu lesen. Die heutige Stunde greift vor allem Kapitel elf auf, in welchem Ismael seine üblichen Verhaltensweisen ablegt und sich für einen kleineren Jungen einsetzt. Gegenübergestellt wird dieses Verhalten dem üblichen Verhalten Ismaels, welches durch Zurückhaltung und Kapitulation gekennzeichnet ist. Die Schüler sollen hier die Kategorie „Heldentum“ kommunikativ und produktiv auf den Protagonisten Ismael beziehen und die eigene Meinung anhand zuvor gelesener Situationen begründen.

Für Schüler, welche das Wissen über das Kapitel spontan nicht mehr abrufen können, dienen die von den Schülern erstellten Kapitelzusammenfassungen an der Wand als Hilfe, um sich noch einmal kurz zu informieren. Das Thema Inhaltsangabe wurde zu Beginn der siebten Klasse schon behandelt und die Zusammenfassungen der Lektürekapitel dienen hier zur Wiederholung, Sicherung und erneuten Einübung der bereits erlernten Kompetenzen.

Die von den Schülern in Jugendsprache verfassten Facebook- Kommentare sollen in den nächsten Stunden der Thematisierung von Jugendsprache und Internetsprache dienen.

2. Didaktische Reflexion

2.1 Kompetenzen und Inhalte des Bildungsplans

Sprache wird laut Bildungsplan 2004 „erstens als Mittel der Welterfassung und Wirklichkeitsvermittlung, zweitens als Mittel der zwischenmenschlichen Verständigung [und] drittens als Mittel, sich Welten auszumalen und vorzustellen“2 gedacht.

Die Arbeit mit Lektüren im Deutschunterricht bietet diesbezüglich mannigfaltige Möglichkeiten, da durch deren Einsatz „eine gezielte Leseförderung und die Stärkung des Leseinteresses“3 geschaffen werden kann, was eine der zentralen Aufgaben des Deutschunterrichts ist.

In der hier vorgestellten Stunde stehen vor allem das Nachvollziehen typischer Handlungsweisen einer literarischen Figur in einem größeren Zusammenhang sowie die zwischenmenschliche Verständigung im Mittelpunkt. Dies wird in der hier vorgestellten Stunde gefördert, da die Jugendlichen bezüglich des Inhalts der Lektüre ihre eigenen Probleme und Wünsche wiederfinden und sich somit die Situationen, in denen sich der Protagonist befindet, gut vorstellen können. Ismael stellt zum einen den Prototypen eines Jugendlichen dar, der an sich selbst zweifelt, schüchtern ist und von Klassenkameraden gemobbt wird, wodurch er sich ausgestoßen fühlt. Andererseits beweist er in Kapitel elf sehr viel Mut, indem er couragiert eingreift, als ein kleinerer Junge von Barry Bagsley geärgert wird. Hierdurch können die Schüler die im Buch beschriebenen Situationen zum einen auf ihre Lebenswelt beziehen und sich somit mit sich selbst beschäftigen. Zum anderen ist Ismaels Situation jedoch nicht identisch zu der Lebenswelt der Schüler, wodurch eine gewisse Distanz zum Text gewahrt bleibt. Dieses Wechselspiel aus subjektiver Involviertheit und beim Lesen erlebter Alteritätserfahrung unterstützt die Schüler in ihrer Identitätsentwicklung.4 Der produktive Umgang mit den Inhalten der zuvor gelesenen Kapitel bietet hier die Möglichkeit, das eigene Leseverständnis begründet im Zuge eines Facebook-Kommentars zu verschriftlichen.

Da die Schüler in dieser Stunde nicht an einer konkreten Textstelle arbeiten, sondern erlebte Situationen des Protagonisten auf das Thema Heldentum beziehen, wird hier die Kompetenz, einen literarischen Text „in einen größeren Zusammenhang einzuordnen“5 geschult.

2.1.1 Sprechen

Das Sprechen über das eigene Leseverständnis welches begründet, „differenziert, flüssig, verständlich und sprachlich korrekt“6 dargestellt werden sollte, spielt vor allem in der Erarbeitungs- und Präsentationsphase, in welcher die Schüler mit unterschiedlichen Partnern sprechen, eine wichtige Rolle.

In der Gruppenarbeitsphase sollen die Schüler den anderen Mitgliedern den Zusammenhang zwischen den zuvor ausgewählten Kärtchen und dem Leben Ismaels verdeutlichen. Hierzu ist es notwendig, die eigene Meinung sachlich darzulegen und zu begründen. Ebenfalls müssen dafür zuvor gelesene Inhalte der Lektüre in eigenen Worten zusammengefasst und an andere weitergegeben werden. Durch die Begründung, die in beiden Phasen von den Schülern gefordert wird, findet ebenfalls eine Bewertung des literarischen Textes statt, was eine weitere Kompetenz ist, die im Deutschunterricht angebahnt werden sollte. 7 Durch diese Aufgabenstellung sollen die Schüler ebenfalls die Kompetenz ausbilden, die Handlungen der literarischen Figur nachzuvollziehen und diese im Gespräch zu artikulieren.

Laut Bildungsplan 2004 ist eine zusätzliche personale und soziale Kompetenz, die im Literaturunterricht vertieft werden sollte, „über einen längeren Zeitraum konzentriert zuhören“ 8 zu können. Zum einen wird diese Kompetenz während des Einstiegs eingeübt, da die Schüler dem Song aufmerksam zuhören müssen, um dessen Inhalt später knapp wiedergeben zu können. Zum anderen wird diese Kompetenz auch in der Gruppenarbeitsphase und Wiederholungsphase vertieft. Hier müssen die Schüler den Erläuterungen der Mitschüler gut zuhören, um später im Gespräch auf sie eingehen oder gezielte Fragen stellen zu können. Nur wenn dies gegeben ist, können die ausgetauschten Informationen später gewinnbringend für den eigenen Schreibprozess genutzt werden. Diese zuvor erwähnten Faktoren stellen Kompetenzen dar, die in der hier vorgestellten Stunde eingeübt und vertieft werden.

Während ein Schüler in diesen Arbeitsphasen spricht, um Verknüpfungen zwischen dem Thema Heldentum und dem Protagonisten der Lektüre zu artikulieren, ist es ebenfalls sehr wichtig, dass die anderen Gruppenmitglieder ihn aussprechen lassen, selbst wenn sie anderer Meinung sind. Dieser Punkt dient zugleich dem Einüben der Kompetenz andere Meinungen respektieren und aushalten zu können.9

Auch das in der Gruppenarbeitsphase gemeinsam Erarbeitete und Besprochene, muss in der darauf folgenden Phase auf verständliche Art und Weise an die Mitglieder andere Gruppen weitergegeben werden, was einer Präsentation im kleinen Rahmen entspricht. Auch hierfür müssen die Schüler sich genau überlegen, wie sie diese Informationen am sinnvollsten weitergeben können.

2.1.2 Schreiben

Das Schreiben bildet neben der Kommunikation den zweiten Schwerpunkt der hier vorgestellten Stunde. Im Sinne des verbundenen Deutschunterrichts wird das durch die Kommunikation erworbene tiefere Verständnis und das eventuell neu erworbene Wissen bezüglich des Verhaltens des Protagonisten, in einem zweiten Schritt genutzt, um dieses als Mittel für die schriftliche Vorbereitung des Schreibens 10 zu nutzen. Bei den tabellarisch notierten Informationen wird den Schülern die Fähigkeit abverlangt , „auf eine leserfreundliche Handschrift und sorgfältige schriftliche Gestaltung“11 zu achten, um die Informationen später problemlos für das Verfassen des Facebook-Kommentares nutzen zu können.

Die Tabelle stellt ebenfalls ein „Verfahren zur Vorbereitung des Schreibens dar“ 12, da die Schüler die in der Tabelle notierten Informationen später benötigen, um ihre Antwort auf Ismaels Facebook-Post auch begründen zu können. Informationen mit Hilfe einer Tabelle zu strukturieren und ordnen, ist demnach ebenfalls eine wichtige Kompetenz, welche im Bildungsplan verankert wurde und von Schülern eingeübt werden sollte.

Im zweiten Schritt der Einzelarbeitsphase ist vor allem das „adressaten- und situationsbezogene Schreiben“ 13 eine wichtige Kompetenz. Die Schüler müssen während dem Verfassen des Kommentars zum einen auf Ismaels Situation eingehen, zum anderen Ismael als Jugendlichen Adressaten erkennen, welcher seinen Facebook-Post jugendsprachlich verfasst hat. Die Kompetenz adressatenbezogen schreiben zu können wird in diesem Fall insofern eingeübt, als dass die Schüler sich dem Sprachstil des Facebook-Post in gewissem Maße anpassen.

Indem sie ihre Antwort an Ismael verfassen, bringen die Schüler ebenfalls auf produktive Art und Weise ihre eigene Meinung, ihre Gefühle und Stimmungen zum Ausdruck 14 und setzen sich somit intensiv mit den gelesenen Inhalten und dem Verhalten des Protagonisten auseinander.

2.1.3 Lesen / Umgang mit Texten

Nicht das Lesen eines literarischen Textes, aber das Verständnis desselbigen und die produktive Auseinandersetzung mit einer im Text gegebenen Situation, bildet die Basis der hier vorgestellten Unterrichtsstunde.

So ist sinnverstehendes Lesen der zuvor behandelten Kapitel die Voraussetzung dafür, sich in dieser Unterrichtsstunde in zusammengefasster Form mit Klassenkammeraden darüber zu unterhalten, bestimmte, für das Thema Heldentum relevante Situationen zu besprechen und somit wiedergeben zu können. Hierfür müssen die Schüler immer wieder Situationen der Lektüre auf die eigene Lebenswelt und das Heldenverständnis des zuvor gehörten Songtextes beziehen. Dabei wird zusätzlich die Kompetenz eingeübt, den Inhalt eines literarischen Textes zu reflektieren und zu bewerten, indem die Handlungsgänge des Protagonisten nachvollzogen werden.

Durch diese Auseinandersetzung mit dem Verhalten Ismaels in verschiedenen Situationen sowohl während der kommunikativen Aktivitäten als auch während der produktiven Schreibaufgabe, üben die Schüler die Kompetenz, sich in die literarische Person hineinzuversetzen und somit Empathievermögen zu entwickeln. Erst diese Reflexion und das In-Beziehung-Setzen zu dem Handeln der literarischen Figur ermöglicht es den Schülern, mit dem Gelesenen produktiv umzugehen und eine begründetete Meinung zu Ismaels Facebook-Post zu verfassen. Für seine eigene Meinung einzutreten und diese anhand von bereits gelesenen Situationen zu begründen, ist ebenfalls eine wichtige Kompetenz, die als erste Schritte für eine Erörterung betrachtet werden können, da auch in dieser das Argumentieren und Begründen der eigenen Meinung anhand von Beispielen eine wichtige Rolle spielt.

Für einige Schüler, die eher dem visuellen Lerntyp entsprechen, bietet schon der Einstieg eine Möglichkeit, das sinnverstehende Lesen zu üben. Hier können die Schüler den Songtext, welcher auch auditiv wahrnehmbar ist, mitlesen, um später wiederzugeben, um welches Thema es hier geht.15

2.2 Sachanalyse – Fachwissenschaftliche Aspekte

2.2.1 Der Songtext „Held für einen Tag“

Der Songtext der Band Unheilig geht von dem Grundgedanken des Sängers aus, dass es gar nicht anstrengend wäre, die Welt ein bisschen besser zu machen, wenn jeder Mensch auf der Welt für einen Tag ein Held wäre. Wäre dies der Fall, gäbe es nämlich immer Helden. In dem Text werden Aspekte besungen, die für die Band einen Helden auszeichnen. Beispiele hierfür sind „aufstehen und beschützen“, „helfen und selbstlos sein“, „tun, was das Herz einem sagt“, „handeln und nicht wegsehen“, „füreinander einstehen“16 und viele mehr.

2.2.2 Inhalt „Nennt mich nicht Ismael“

Der vierzehnjährige Ismael Leseur wird in der Schule tagtäglich vom Klassentyrannen Barry Bagsley drangsaliert. Schuld daran ist sein Name, der häufig Anlass zu neuen Spitznamen wie „Pissmael“ oder „Fischmehl“ bietet. Ismael verdankt seinen Namen Herman Melvilles Roman „Moby Dick“, der mit den Worten „Nennt mich Ismael“ beginnt.

Als zu Beginn des achten Schuljahres der seltsame und winzige Scobie neu in die Klasse kommt, ist Ismael überzeugt, dass Barry in ihm ein neues Mobbingopfer gefunden hat. Doch der intelligente Scobie weiß sich mit Worten geschickt und zielsicher zu wehren.

Ismael und Scobie freunden sich an. Scobie gründet einen Debattierklub und kann den schüchternen Ismael überreden mitzumachen.

Drei weitere Außenseiter, Ignatius, Bill und Orazio, schließen sich ihnen an. Ismaels erste Debatte ist höchst blamabel; doch er wächst an seinen Aufgaben, überwindet seine Bühnenangst und schlussendlich gelingt ihm ein passabler Auftritt. Sein Selbstbewusstsein wächst und er traut sich sogar, mit Kelly Faulkner zu sprechen, in die er bis über beide Ohren verliebt ist.

Da Bill aufgrund seiner Körperfülle weiterhin von Barry gemobbt wird, fasst Ismael den Entschluss, Rache zu nehmen. Als die Mitglieder des Debattierklubs gebeten werden, bei der Schuljahresabschlussfeier die Fürbitten vorzutragen, wittert er seine Chance. Ismael beschließt, in seiner Fürbitte Barrys Verhalten öffentlich anzuprangern. Als er jedoch auf der Bühne steht und die Angst in Barrys Augen sieht, entscheidet er sich im letzten Moment gegen seinen Plan. Doch auch ohne die vollendete Rache ist es ihm gelungen, die Machtverhältnisse – zumindest für einen Moment – umzukehren.

2.2.3 Inhalt „Kapitel 11: Im Fleischwolf“

Im elften Kapitel der Lektüre wird beschrieben, wie Ismael, der seinem Feind Barry Bagley und dessen Freunden für gewöhnlich aus dem Weg geht, durch Zufall auf dem Heimweg auf diese trifft. In dieser Situation ärgern die drei Jungen gerade einen kleinen, schwachen Grundschüler. Ismael überlegt kurz, ob er weglaufen soll, wird aber während des Nachdenkens schon von Bagsley entdeckt, wodurch es kein Zurück mehr gibt.

Nun hat Ismael keine andere Möglichkeit und ergreift Partei für den kleinen Jungen, indem er die Jungen auffordert, ihm die Kappe, mit der sie gespielt hatten, zurückzugeben. Daraufhin fordert Barry Ismaels Mütze als Gegenleistung dafür, die Kappe des kleinen Jungen zurückzugeben. Ismael händigt diese aus, woraufhin Barry die Mützen der beiden Jungen ins Wasser wirft und mit seinen Freunden verschwindet. Im weiteren Verlauf der Handlung spielt Ismael sich vor dem kleinen Jungen als dessen starker Retter auf, die beiden Jungen laufen gemeinsam nach Hause und freunden sich dabei an.17

Der Zusammenhang zwischen dem oben beschriebenen Songtext und dem Kapitel wird hier besonders deutlich, da Ismael in der beschriebenen Situation viele Dinge tut, die für die Band „Unheilig“ ein Held tun würde.

[...]


1 mit „Schüler“ oder „Schülern", beziehe ich mich in folgendem Unterrichtsentwurf immer sowohl auf Mädchen, als auch auf Jungen.

2 Bildungsplan 2004, S. 48.

3 a.a.O, S. 49.

4 vgl. Bildungplan, S. 49.

5 ebd.

6 a.a.O., S. 48.

7 vgl. a.a.O., S. 52.

8 ebd.

9 vgl. ebd.

10 vgl. Bildungsplan, S. 52.

11 vgl. ebd.

12 vgl. ebd.

13 ebd.

14 ebd.

15 vgl. Bildungsplan 2004, S. 53.

16 Songtext “Held für einen Tag”, URL: http://www.songtexte.com/songtext/unheilig/held-fur-einen-tag-2b4810ce.html (Stand: 04.05.15)

17 vgl. Bauer, 2009, S. 56-64.

Ende der Leseprobe aus 27 Seiten

Details

Titel
Kommunikativer und produktiver Umgang mit einer Lektüre im Deutschunterricht (7. Klasse, Realschule)
Untertitel
"Nennt mich nicht Ismael!" von Michael Gerard Bauer
Note
1
Autor
Jahr
2014
Seiten
27
Katalognummer
V914327
ISBN (eBook)
9783346235220
ISBN (Buch)
9783346235237
Sprache
Deutsch
Schlagworte
kommunikativer, umgang, lektüre, deutschunterricht, klasse, realschule, nennt, ismael, michael, gerard, bauer
Arbeit zitieren
Sabrina Habermann (Autor:in), 2014, Kommunikativer und produktiver Umgang mit einer Lektüre im Deutschunterricht (7. Klasse, Realschule), München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/914327

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