Das deutsche Kaiserreich ist am 01.01.1871 durch Inkrafttreten seiner Verfassung entstanden. Grundlage war der Beitritt der süddeutschen Staaten zum Norddeutschen Bund. Die angegliederten 25 Staaten galten als Staaten innerhalb des Bundes, mithin als Bundesstaaten, bei denen alle Zuständigkeiten verbleiben, die von der Verfassung nicht ausdrücklich oder sinngemäß auf das Reich übertragen werden. Der Aspekt der Gesetzgebung gewann ein besonderes Gewicht unter dem Gesichtspunkt, dass nun nach dem Zusammenschluss der einzelnen Länder auch Bestrebungen zu einer Rechtsvereinheitlichung zu gelangen, intensiviert wurden. Die ersten Schritte hin zu einem einheitlichen Handels- und Wirtschaftsrecht waren bereits 1834 durch die Gründung des Deutschen Zollvereins gemacht worden. Am 01.01.1869 wurde ein Entwurf, der fast in allen deutschen Ländern einheitlich war, in Kraft gesetzt und wurde dann vom deutschen Reich als Allgemeines Deutsches Handelsrecht reichsgesetzmäßig übernommen. Nach der Schaffung von Rechtseinheit in Handel und Wirtschaft war auch eine Vereinheitlichung des eng damit verbundenen Schuldrechts vonnöten. Ein Entwurf war bereits 1866 ausgearbeitet, wurde aber nicht Gesetz. Weitere Maßnahmen hin zur Rechtseinheit im deutschen Kaiserreich unternahm man durch die Verkündung des Reichsstrafgesetzbuchs am 15.05.1871, ebenso durch die Straf- und Zivilprozessordnungen von 1877, die wie das Gerichtsverfassungsgesetz 1879 in Kraft traten. Wonach das deutsche Kaisereich als Rechtsstaat aber insbesondere verlangte, war ein einheitliches Zivilrecht - ein Prozess, an dessen Ende das Bürgerliche Gesetzbuch (BGB) stand.
In der Arbeit wird in einem 1. Punkt dargestellt, wie die Ausarbeitung des BGB vonstatten gegangen ist. Im 2. Abschnitt werden dann die über den Entwurf geführten Reichstagsdebatten anhand parteipolitischer Aspekte an den Rechtsgebieten Vereins-, Dienst-und eheliches Güterrecht untersucht. Insbesondere wird dabei auf die für die Rekapitulation des Ausarbeitungsprozesses so wichtige Quelle, nämlich die Protokolle „Stenographische Berichte des Reichstags. Erste, zweite und dritte Berathung des Entwurfs eines bürgerlichen Gesetzbuchs im Reichstage“, ausführlich zurückgegriffen und häufig zitiert. Außerdem werden zu allen genannten Personen des Entstehungsprozesses reichhaltige biographische Daten bereitgestellt. Zum Schluss erfolgt eine knappe Zusammenfassung der Ergebnisse. Das angehängte Literaturverzeichnis bietet weitere Recherchemöglichkeiten.
Inhaltsverzeichnis
- Das deutsche Kaiserreich als Rechtsstaat
- Die Entstehungsgeschichte des BGB
- Erweiterung der Reichskompetenzen auf das Zivilrecht
- Die Vorkommission
- Die 1. Kommission
- Die 2. Kommission
- Der BGB-Entwurf im Bundesrat
- Der BGB-Entwurf im Reichstag
- Die Reichstagsdebatten über den Entwurf des BGB unter parteipolitischen Gesichtspunkten am Beispiel von Vereins-, Dienstvertrags- und ehelichem Güterrecht in 2. und 3. Lesung
- Vereinsrecht
- Nationalliberale
- Deutsche Freisinnige Volkspartei
- Zentrum
- Deutsch-Konservative Partei
- Sozialdemokratische Partei Deutschlands
- Deutsche Reichspartei
- Polen
- Ergebnis der Debatte über das Vereinsrecht
- Dienstvertragsrecht
- Sozialdemokratische Partei Deutschlands
- Zentrum
- Nationalliberale
- Ergebnis der Debatte über das Dienstrecht
- Eheliches Güterrecht
- Deutsche Reichspartei
- Sozialdemokratische Partei Deutschlands
- Freisinnige Vereinigung
- Zentrum
- Ergebnis der Debatte über das eheliche Güterrecht
- Abschluss der Debatte im Reichstag
- Vereinsrecht
- Zusammenfassung und Abschluss der Debatten um das BGB
Zielsetzung und Themenschwerpunkte
Die vorliegende Arbeit befasst sich mit der Entstehung des Bürgerlichen Gesetzbuchs (BGB) im Deutschen Kaiserreich. Sie untersucht die verschiedenen Phasen der Gesetzgebung, von der Erweiterung der Reichskompetenzen auf das Zivilrecht bis hin zur Debatte im Reichstag. Insbesondere analysiert sie die parteipolitischen Auseinandersetzungen um das Vereins-, Dienstvertrags- und eheliche Güterrecht.
- Rechtseinheit im Deutschen Kaiserreich
- Die Entstehung des BGB
- Parteipolitische Auseinandersetzungen um das BGB
- Vereinsrecht, Dienstvertragsrecht und eheliches Güterrecht
- Die Rolle des Reichstags in der Gesetzgebung
Zusammenfassung der Kapitel
Das erste Kapitel beleuchtet den Kontext der Entstehung des BGB im Deutschen Kaiserreich und stellt dar, wie die Rechtseinheit im Land durch die Schaffung eines einheitlichen Zivilrechts angestrebt wurde.
Kapitel 2 schildert die Entstehungsgeschichte des BGB, von der Erweiterung der Reichskompetenzen auf das Zivilrecht über die verschiedenen Kommissionen bis hin zur Vorlage des Entwurfs im Bundesrat und Reichstag.
Kapitel 3 befasst sich mit den Reichstagsdebatten über den Entwurf des BGB. Anhand von drei Beispielen - Vereinsrecht, Dienstvertragsrecht und eheliches Güterrecht - werden die parteipolitischen Auseinandersetzungen in der 2. und 3. Lesung dargestellt.
Schlüsselwörter
Die Arbeit fokussiert auf die Themen des Bürgerlichen Gesetzbuchs (BGB), der Rechtsvereinheitlichung im Deutschen Kaiserreich, der Gesetzgebungsgeschichte, der Reichstagsdebatten und der parteipolitischen Auseinandersetzungen in Bezug auf das Vereinsrecht, Dienstvertragsrecht und das eheliche Güterrecht.
- Arbeit zitieren
- Tanja Wagner (Autor:in), 2007, Die Entstehung des Bürgerlichen Gesetzbuchs unter besonderer Berücksichtigung der darüber geführten Reichtagsdebatten, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/91638