Arbeitszeiterfassung in Zeiten des mobilen Arbeitens. Wie Unternehmen und Beschäftigte mit Arbeitszeit im Homeoffice umgehen


Fachbuch, 2021

116 Seiten


Leseprobe


Inhaltsverzeichnis

Kurzzusammenfassung

Abstract

Abkürzungsverzeichnis

1 Einleitung
1.1 Forschungskontext und Forschungslücke
1.2 Forschungsfrage und Hypothesen
1.3 Ziel der Untersuchung
1.4 Relevanz
1.5 Struktur der Arbeit

2 Stand der Forschung
2.1 Digitalisierung der Arbeitswelt
2.2 Arbeitszeit
2.3 Zeiterfassung
2.4 Home Office
2.5 Motivation und Autonomie
2.6 Bildungsniveau

3 Erklärung der literaturgeleiteten Alternativhypothesen

4 Forschungsdesign
4.1 Grundgesamtheit und Stichprobe
4.2 Datenerhebungsmethode
4.3 Datenerhebungsinstrument
4.4 Skalen und Variablen
4.5 Pre-Test und Erhebungszeitraum
4.6 Datenauswertung

5 Ergebnisse
5.1 Deskriptive Ergebnisdarstellung
5.2 Ergebnisse der inferenzstatistischen Datenanalyse

6 Diskussion
6.1 Interpretation und Diskussion
6.2 Handlungsempfehlungen

7 Conclusio

Literaturverzeichnis

Abbildungsverzeichnis

Tabellenverzeichnis

Anhang

Bibliografische Information der Deutschen Nationalbibliothek:

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Impressum:

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Covergestaltung: GRIN Publishing GmbH

Kurzzusammenfassung

Die vorliegende Masterarbeit untersucht, ob sich in Österreich Unterschiede in der Arbeitsmotivation, der Arbeitsautonomie, der Freiheit in der Arbeitszeitgestaltung und den genutzten wie präferierten Formen der Zeiterfassung zwischen den verschiedenen Bildungsniveaus der im Home Office tätigen Beschäftigten feststellen lassen. Zu Beginn wurden Einblicke in die Forschungslücke, das Ziel der Untersuchung und die Relevanz des Themas gegeben. Im Anschluss daran wurde in sechs Themenbereichen – Digitalisierung der Arbeitswelt, Arbeitszeit, Zeiterfassung, Home Office, Motivation und Autonomie sowie Bildungsniveau – auf etliche wichtige Grundbegriffe, dahinterliegende Theorien und relevante Studien eingegangen. Danach fand eine Verknüpfung der zuvor behandelten Literatur mit den fünf Hypothesen statt, um diese literaturgeleitet zu erklären. Anschließend erfolgte eine umfassende Beschreibung des Forschungsdesigns, bevor die Ergebnisse der Online-Umfrage präsentiert wurden. Hier wurde in einem ersten Schritt die deskriptive Ergebnisdarstellung – inkl. einer Korrelationsanalyse – vorgenommen, bevor die interferenzstatistische Datenanalyse erfolgte. Mithilfe des Kruskal-Wallis-Tests konnte gezeigt werden, dass bei den österreichischen Beschäftigten im Home Office keine signifikanten Unterschiede in der Arbeitsmotivation, der Arbeitsautonomie, der Freiheit in der Arbeitszeitgestaltung, dem aktuellen Zeiterfassungssystem und dem präferierten Zeiterfassungssystem zwischen niedrigem, mittlerem und hohem Bildungsniveau feststellbar sind. Die Masterarbeit basiert auf der verwendeten Literatur in den sechs genannten Themenbereichen sowie den ausgewerteten Ergebnissen der Online-Umfrage. Die Ergebnisse sind sowohl für Studierende und Lehrende der Wirtschaft, in Österreich ansässige Unternehmen, und ArbeitgeberInnen- wie ArbeitnehmerInnenvertretungen interessant.

Schlagworte

Home Office, Bildungsniveau, Arbeitsmotivation, Arbeitsautonomie, Arbeitszeitgestaltung, Zeiterfassungssystem

Abstract

This master thesis examines whether differences in work motivation, work autonomy, freedom in the organization of working time and the current time recording system as well as the preferred time recording system can be determined in Austria between the different educational levels of the employees working from home. At the beginning, insights were given into the research gap, the aim of the investigation and the relevance of the topic. Subsequently, a number of important basic terms, underlying theories and relevant studies were dealt with in six thematic areas - digitization of the working world, working hours, time recording, home office, motivation and autonomy as well as educational level. This was followed by linking the previously discussed literature with the five hypotheses in order to explain them in a literature-based manner. A comprehensive description of the research design then took place, before the results of the online survey were displayed. In a first step, the descriptive results – including a correlation analysis – were presented, before the interference statistical data analysis was carried out. Using the Kruskal-Wallis test, it could be shown that no significant differences in work motivation, work autonomy, freedom in the organization of working time, the current time recording system and the preferred time recording system between low, medium and high education levels have been found for Austrian employees working from home. The master's thesis is based on literature used in the six thematic areas mentioned above as well as the evaluated results of the online survey. The results are interesting for students and teachers of business and economics, companies based in Austria, as well as employer and employee representatives.

Keywords home office, level of education, work motivation, work autonomy, organization of working time, time recording system

Abkürzungsverzeichnis

Abkürzungen Bedeutung / Erläuterungen

Abb. Abbildung

Abs. Absatz

AHS Allgemeinbildende höhere Schulen

α Signifikanzniveau; Wahrscheinlichkeit für Fehler 1. Art

ANOVA einfaktorieller Varianzanalyse

ArbVG Arbeitsverfassungsgesetz

Aufl. Auflage

AZG Arbeitszeitgesetz

BAuA Bundesministerium für Arbeitsschutz und Arbeitsmedizin

β Wahrscheinlichkeit für Fehler 2. Art

BHS Berufsbildende höhere Schulen

BMS Berufsbildende mittlere Schulen

bzw. beziehungsweise

CPS cyber-physical systems

doi digital object identifier; digitaler Objektbezeichner

ε Effektgröße

etc. et cetera; und so weiter

et al. unter anderem

evt. eventuell

EU Europäische Union

f. folgende Seite

ff. folgende Seiten

FH Fachhochschule

H Kruskal-Wallis H

H0 Nullhypothese

H1 Alternativhypothese

HR Human Resource; Humankapital

IAB Institut für Arbeitsmarkt- und Berufsforschung

IKT Informations- und Kommunikationstechnologien

INES Indicators of Education Systems

inkl. inklusive

K-S-Test Kolmogorow-Smirnow-Test

LPP Linked Personnel Panel

max. maximal

μ Mittelwert

n Stichprobengröße

OECD Organisation for Economic Co-operation and Development

ORF Österreichischer Rundfunk

p Wahrscheinlichkeitswert

rs Korrelationskoeffizient nach Spearman

s2 Varianz

SD Standardabweichung

S.E. Standardfehler

VPN Virtual Private Network

WDQ Work Design Questionnaire

Z Ziffer

z.B. zum Beispiel

ZES Zeiterfassungssystem

ZEW Zentrum für Europäische Wirtschaftsforschung

zit. zitiert

1 Einleitung

Aktuell wird im deutschsprachigen Raum immer wieder von der Industrie 4.0 und Arbeit 4.0 gesprochen, wohingegen im anglosächsischen Raum der Begriff cyber-physical systems (CPS) verwendet wird. Während mit dem anglosächsischen Begriff eher die technische Komponente betont wird (Flecker, Schönauer und Riesenecker-Caba 2016, 18), akzentuieren die deutschen Begriffe die Veränderung in der Organisation von Arbeit, da es um Umbrüche in der Produktionsweise, in der gesellschaftlichen wie beruflichen Arbeitsteilung und in den Arbeitsverhältnissen geht. Dabei werden nicht nur industrielle Sektoren diversen Veränderungen unterliegen sondern auch etliche Dienstleistungsbereiche (Matuschek 2016, 5f.). Ein Wandel der Arbeitswelt ist jedoch nichts Ungewöhnliches, unterlag sie doch seit jeher einer Veränderung, welche vom Einsatz neuer Technologien geprägt war. Neu ist hingegen die digitale Vernetzung, welche sämtliche Lebensbereiche durchdringt und mitunter zu einer Entgrenzung dieser führt. Die Digitalisierung bewirkt, dass räumliche Entfernungen und organisatorische Grenzen an Bedeutung verlieren, wodurch wiederum die Arbeitswelt und das Privatleben in einem erheblichen Umfang geprägt werden (Flecker, Schönauer und Riesenecker-Caba 2016, 18). Der technologische Wandel führt dabei zu einer ständigen, mitunter auch beschleunigten, Veränderung bestehender Arbeitsplätze und -prozesse. Weiters lässt sich eine gesteigerte Flexibilität des Arbeitsmarktes beobachten, was unter anderem an einer wachsenden Flexibilisierung der Arbeitszeiten erkenntlich wird. In diesem Zusammenhang wird daher auch von institutionellen Veränderungen, welche einen erheblichen Einfluss auf den Arbeitsmarkt haben, gesprochen (Eichhorst 2015, 2f.).

Die Arbeitsorganisation der Zukunft wird folglich flexibler, vorangetrieben durch die technischen Möglichkeiten. Aufgrund dessen werden daher auch individuell passende Arbeitsmodelle entstehen (Eichhorst 2015, 4f.), wobei besonders jene zukunftsträchtig sein werden, welche die Autonomie und Selbstständigkeit der MitarbeiterInnen fördern. Für den Erfolg solcher Arbeitsmodelle benötigt es aber auch ausreichende Kenntnisse und Professionalität seitens der ArbeitnehmerInnen. Zudem setzt die gesteigerte Autonomie in der Aufgabenbearbeitung Vertrauen und Freiräume voraus, weshalb eine Abwendung von zu strikten Vorgaben und Kontrollen erfolgen muss. Die Technik bietet in diesem Zusammenhang zwar neue Chancen und Wege (z.B. mobiles Arbeiten) für die Arbeitsgestaltung, kann aber auch zu weiteren Zumutungen und Belastungen (z.B. erhöhte Erreichbarkeit, neue Formen der Kontrolle) führen (Eichhorst 2015, 8f.).

Neue technische Innovationen wie Smartphones, Tablets, Cloud-Systeme und VPN-Zugänge erhöhen zwar die Flexibilität der Beschäftigten, lassen aber eben auch die Grenzen von Arbeit und Privatleben zunehmend verschwimmen (Flecker, Schönauer und Riesenecker-Caba 2016, 30; Hammermann und Klös 2016, 7). Die zu beobachtende Entgrenzung wird dabei durch die schrittweise Aufhebung der Kernarbeitszeiten, zugunsten flexibler Vertrauens- oder Wahlarbeitszeiten, weiter voranschreiten (Hammermann und Klös 2016, 7). Bereits heute können schon viele Tätigkeiten mit Hilfe mobiler Geräte orts- und zeitunabhängig erledigt werden. Die Verantwortung, Grenzen bezüglich der Arbeitszeit bzw. Erreichbarkeit zu ziehen, liegt zunehmend bei den ArbeitnehmerInnen. Ein zentrales, zukünftiges Handlungsfeld wird daher die Regelung und Begrenzung der Arbeitszeit sein, um Verstöße gegen das geltende Arbeitsrecht zu vermeiden (Flecker, Schönauer und Riesenecker-Caba 2016, 31).

Dabei ist eine stationäre Erfassung der Arbeitszeit (z.B. über Terminals am Werkstor) bei dezentralen Arbeitsorten nicht oder nur schwer möglich und vor allem unpassend. Ein kompletter Verzicht auf die elektronische Arbeitszeiterfassung ist jedoch aufgrund der gesetzlichen Aufzeichnungspflichten des/der ArbeitgeberIn, der automatischen Überleitung korrekt erfasster Krankheits-, Mehrarbeits-, Nacht-, Sonn- und Feiertagszeiten an ein Entgeltabrechnungsprogramm sowie der bestehenden Tarifverträge – welche im Normalfall die geleisteten Arbeitsstunden als Maßstab für eine Vergütung ansehen – nicht zulässig (Mülder 2016, 774).

In der gegenständlichen Masterarbeit soll daher der Frage nachgegangen werden, wie mit der Arbeitszeit beim Home Office im Zeitalter der Digitalisierung in Österreich umgegangen wird bzw. werden soll. Der Fokus wird insbesondere darauf liegen, ob sich in Österreich – im Zeitalter der Digitalisierung – Unterschiede in der Arbeitsmotivation, der Arbeitsautonomie, der Freiheit in der Arbeitszeitgestaltung und den genutzten wie präferierten Formen der Zeiterfassung zwischen den verschiedenen Bildungsniveaus der im Home Office tätigen Beschäftigten feststellen lassen.

1.1 Forschungskontext und Forschungslücke

Das deutsche Institut für Arbeitsmarkt und Berufsforschung (IAB) hat eine Studie vorgelegt, die den Einfluss der Nutzung digitaler Informations- und Kommunikationstechnik für geschäftliche Zwecke auf die tatsächlich geleistete Arbeitszeit untersucht hat. Die Studie basiert auf der zweiten Welle des Linked Personnel Panels (LPP) des IAB – einer Befragung in Unternehmen mit über 50 ArbeitnehmerInnen, welche bereits zuvor im Rahmen der Haupterhebung des IAB-Betriebspanels befragt worden sind (Grunau et al. 2017, 359f.). Im Zuge der Auswertung konnte festgestellt werden, dass die tatsächlich gearbeitete Arbeitszeit bei den IKT-NutzerInnen im Durchschnitt bei 41 Stunden lag, und damit um 2 Stunden länger war als bei den Nicht-NutzerInnen mit nur durchschnittlich 39 Stunden. Der Unterschied war hochsignifikant. Die Studie kam überdies auch zu dem Ergebnis, dass IKT-NutzerInnen tendenziell eher Angestellte, ManagerInnen und Höherqualifizierte sind (Grunau et al. 2017, 364f.).

In einer anderen deutschen Studie wurde weiters erhoben, dass 40% der Personen, die Home Office teilweise während der normalen Arbeitszeit betrieben haben, eine längere Wochenarbeitszeit realisierten. Auch 39% der Personen, die Home Office ausschließlich außerhalb der normalen Arbeitszeit betrieben haben, stimmten dieser Aussage zu (Arnold, Steffes und Wolter 2015, 14).

Ein weiterer Befund kam außerdem zu dem Ergebnis, dass gerade Hochqualifizierte in entgrenzten Arbeitsverhältnissen (z.B. Home Office, selbstbestimmte Arbeitszeiten) zu Selbstausbeutung neigen, da jene erreichbarer sind, als sie es sein müssten. Dabei konnte unter anderem ein statistischer Zusammenhang mit dem Ausmaß, in dem die Personen selbstverantwortlich für die Erledigung von Aufgaben zuständig sind – also autonom arbeiten – festgestellt werden (Ahlers 2016, zit. nach Klammer 2017, 462). Weiters gibt es etliche Arbeiten, die zu dem Schluss gekommen sind, dass Autonomie und Motivation miteinander in Zusammenhang stehen. Bereits 1985 konnte beispielsweise gezeigt werden, dass intrinsische Motivation entsteht, sobald eine Handlung als autonom erlebt wird (Deci und Ryan 1985). Jedoch wurde in einer weiteren Studie im Jahr 1996 auch erkannt, dass es umgekehrt sein könnte, sodass Motivation der Vorläufer von Autonomie ist (Littlewood 1996).

Es lässt sich daher zusammenfassen, dass die Erreichbarkeit bzw. die geleisteten Arbeitsstunden bei Home Office bzw. IKT-NutzerInnen in Zusammenhang mit dem Bildungsniveau steht, wobei das Bildungsniveau wiederum in Bezug zur Arbeitsautonomie sowie der Arbeitsmotivation stehen dürfte. Aufgrund dessen müssten Höherqualifizierte beim Arbeiten von Zuhause aus auch weniger strikte Formen der Zeiterfassung haben bzw. präferieren, da sie tendenziell sowieso mehr Stunden arbeiten – und damit auf ihre vertraglich geschuldeten Arbeitsstunden kommen – was wiederum auf deren Arbeitsautonomie und Arbeitsmotivation zurückzuführen wäre.

Tatsächlich ist dieser Zusammenhang aber noch nicht – und schon gar nicht für Österreich – untersucht worden. Der Zweck dieser Masterarbeit ist es daher, sich mit der soeben erläuterten Forschungslücke zu befassen.

1.2 Forschungsfrage und Hypothesen

Basierend auf den Erläuterungen zum Forschungskontext und der daraus folgenden Forschungslücke wird nun nachstehend die Forschungsfrage formuliert:

Lassen sich in Österreich im Zeitalter der Digitalisierung Unterschiede in der Arbeitsmotivation, der Arbeitsautonomie, der Freiheit in der Arbeitszeitgestaltung und den genutzten wie präferierten Formen der Zeiterfassung zwischen den verschiedenen Bildungsniveaus der im Home Office tätigen Beschäftigten feststellen?

Auf Basis dieser Forschungsfrage werden Hypothesenpaare – jeweils bestehend aus der Nullhypothese (H0) und Alternativhypothese (H1) – gebildet. Dabei handelt es sich um Unterschiedshypothesen, welche testen, ob sich drei Mittelwerte voneinander unterscheiden, und zu deren Überprüfung ein Unterschiedstest herangezogen wird. In den Nullhypothesen wird davon ausgegangen, dass das arithmetische Mittel des jeweils untersuchten Merkmals in allen drei Grundgesamtheiten gleich ist, während in den Alternativhypothesen davon ausgegangen wird, dass das arithmetische Mittel des jeweils untersuchten Merkmals in mindestens zwei Grundgesamtheiten verschieden ist (Bortz und Döring 2005, 494). Bei den Alternativhypothesen handelt es sich stets um ungerichtete bzw. zweiseitige Hypothesen. Daraus ergeben sich folgende fünf Hypothesenpaare:

H0,1: Bei den von Zuhause aus arbeitenden österreichischen Beschäftigten gibt es keine signifikanten Unterschiede in der Arbeitsmotivation zwischen hohem, mittlerem und niedrigem Bildungsniveau (μ niedrig = μ mittel = μ hoch).

H1,1: Bei den von Zuhause aus arbeitenden österreichischen Beschäftigten gibt es signifikante Unterschiede in der Arbeitsmotivation zwischen hohem, mittlerem und niedrigem Bildungsniveau (μ niedrig ≠ μ mittel oder μ niedrig ≠ μ hoch oder μ mittel ≠ μ hoch).

H0,2: Bei den von Zuhause aus arbeitenden österreichischen Beschäftigten gibt es keine signifikanten Unterschiede in der Arbeitsautonomie zwischen hohem, mittlerem und niedrigem Bildungsniveau (μ niedrig = μ mittel = μ hoch).

H1,2: Bei den von Zuhause aus arbeitenden österreichischen Beschäftigten gibt es signifikante Unterschiede in der Arbeitsautonomie zwischen hohem, mittlerem und niedrigem Bildungsniveau (μ niedrig ≠ μ mittel oder μ niedrig ≠ μ hoch oder μ mittel ≠ μ hoch).

H0,3: Bei den von Zuhause aus arbeitenden österreichischen Beschäftigten gibt es keine signifikanten Unterschiede in der Freiheit der Arbeitszeitgestaltung zwischen hohem, mittlerem und niedrigem Bildungsniveau (μ niedrig = μ mittel = μ hoch).

H1,3: Bei den von Zuhause aus arbeitenden österreichischen Beschäftigten gibt es signifikante Unterschiede in der Freiheit der Arbeitszeitgestaltung zwischen hohem, mittlerem und niedrigem Bildungsniveau (μ niedrig ≠ μ mittel oder μ niedrig ≠ μ hoch oder μ mittel ≠ μ hoch).

H0,4: Bei den von Zuhause aus arbeitenden österreichischen Beschäftigten gibt es keine signifikanten Unterschiede im aktuellen Zeiterfassungssystem zwischen hohem, mittlerem und niedrigem Bildungsniveau (μ niedrig = μ mittel = μ hoch).

H1,4: Bei den von Zuhause aus arbeitenden österreichischen Beschäftigten gibt es signifikante Unterschiede im aktuellen Zeiterfassungssystem zwischen hohem, mittlerem und niedrigem Bildungsniveau (μ niedrig ≠ μ mittel oder μ niedrig ≠ μ hoch oder μ mittel ≠ μ hoch).

H0,5: Bei den von Zuhause aus arbeitenden österreichischen Beschäftigten gibt es keine signifikanten Unterschiede im präferierten Zeiterfassungssystem zwischen hohem, mittlerem und niedrigem Bildungsniveau (μ niedrig = μ mittel = μ hoch).

H1,5: Bei den von Zuhause aus arbeitenden österreichischen Beschäftigten gibt es signifikante Unterschiede im präferierten Zeiterfassungssystem zwischen hohem, mittlerem und niedrigem Bildungsniveau (μ niedrig ≠ μ mittel oder μ niedrig ≠ μ hoch oder μ mittel ≠ μ hoch).

1.3 Ziel der Untersuchung

Das primäre Ziel der Arbeit ist es, die der Forschungsfrage zugrundeliegenden Annahmen zu überprüfen. Diese lauten dabei wie folgt:

Höher qualifizierte Personen haben bei der Arbeitsverrichtung allgemein weniger Vorgaben bzw. Kontrollen und sind generell eher intrinsisch motiviert. Folglich verfügen sie auch über mehr Freiraum bei der Arbeitszeitgestaltung von Zuhause aus, da sie aufgrund ihrer Arbeitsmotivation und dem autonomen Arbeitsverhalten besonders gut für diese Form der Arbeitsverrichtung geeignet sind.

In weiterer Folge impliziert dies, dass Beschäftigte mit einem höheren Bildungsniveau weniger strikte Zeiterfassungsmodelle haben bzw. präferieren, da sie aufgrund ihrer intrinsischen Arbeitsmotivation und der autonomen Arbeitsweise auf ihre vertraglich geschuldeten Arbeitsstunden kommen.

Niedriger qualifizierte Personen haben bei der Arbeitsverrichtung hingegen allgemein mehr Vorgaben bzw. Kontrollen und sind generell eher extrinsisch motiviert. Folglich verfügen sie auch über weniger Freiraum bei der Arbeitszeitgestaltung von Zuhause aus, da sie aufgrund ihrer Arbeitsmotivation und dem heteronomen Arbeitsverhalten eher weniger für diese Form der Arbeitsverrichtung bzw. zu viel Freiheiten in dieser geeignet sind.

In weiterer Folge impliziert dies, dass Beschäftigte mit einem niedrigeren Bildungsniveau striktere Zeiterfassungsmodelle haben bzw. präferieren, damit sie aufgrund ihrer extrinsischen Arbeitsmotivation und des heteronomen Arbeitsverhaltens auch wirklich auf ihre vertraglich geschuldeten Arbeitsstunden kommen.

Die hierzu gehörigen fünf wissenschaftlichen Alternativhypothesen wurden bereits im vorherigen Kapitel vorgestellt und werden nach der Ausarbeitung des Literatur- und Forschungsstandes in Kapitel 2 dann noch näher in Kapitel 3 erklärt.

Im Rahmen der Masterarbeit werden daher mittels Literaturrecherche diverse wichtige Begriffe näher definiert und erklärt. Weiters werden die Ergebnisse verschiedenster Studien zu den eben formulierten Annahmen und damit verbundenen Begriffen dargestellt und diskutiert. Anschließend soll im Rahmen einer quantitativen Erhebung überprüft werden, ob es in Österreich Unterschiede in der Arbeitsmotivation, der Arbeitsautonomie, der Freiheit in der Arbeitszeitgestaltung und den genutzten wie präferierten Formen der Zeiterfassung zwischen den verschiedenen Bildungsniveaus der im Home Office tätigen Beschäftigten gibt.

Mit der gegenständlichen Untersuchung sollen die auf Basis der Literatur definierten Hypothesen überprüft werden. Einerseits soll so die bisher vorhandene Literatur ergänzt und spezifiziert werden. Andererseits gilt es aber auch neue Erkenntnisse im Bereich des Home Office in Österreich – vor allem bezüglich der Arbeitsmotivation, Arbeitsautonomie, Arbeitszeitgestaltung und Zeiterfassungssysteme – und im Speziellen in Abhängigkeit vom Bildungsabschluss der Beschäftigten zu gewinnen.

Im Rahmen der anschließenden Diskussion werden die gewonnenen Erkenntnisse hinreichend auf ihre Bedeutung für Österreichs Unternehmen beleuchtet und diskutiert. Zudem soll es möglich werden, Empfehlungen für eine optimale Ausgestaltung des Home Office in Österreich zu geben.

1.4 Relevanz

Eine von Deloitte Österreich, der Universität Wien sowie der Universität Graz durchgeführte gemeinsame Befragung von 214 österreichischen Unternehmen ergab, dass in 4% der Unternehmen, welche flexibles Arbeiten ermöglichen, alle MitarbeiterInnen die Möglichkeit von Home Office nutzen, in 43% der Unternehmen 75% der Belegschaft, in 28% der Unternehmen die Hälfte der Beschäftigten, in 11% der Unternehmen ein Viertel der ArbeitnehmerInnen, in 8% der Unternehmen einige Einzelpersonen und nur in 6% der Unternehmen niemand (Deloitte Österreich 2019, 9). Die wachsende Bedeutung des Arbeitens von Zuhause aus wird auch daran ersichtlich, dass 23% der Betriebe ortsunabhängiges Arbeiten in den letzten zwei Jahren implementiert haben. Weiters hat sich die tatsächliche Nutzung des Angebots, Home Office zu betreiben, seit 2017 mehr als verdoppelt (Deloitte Österreich 2019, 4).

Eine Studie in Deutschland hat beispielsweise auch gezeigt, dass innerhalb der letzten Jahre eine deutliche Ausweitung des Home Office Angebots auf Betriebsseite zu erkennen ist. So ist der Anteil der Unternehmen, die Home Office ermöglichen, zwischen 2014 und 2016 von 32% auf 37% gestiegen. Dabei ist zu beobachten, dass die Wahrscheinlichkeit des Angebots mit zunehmender Betriebsgröße steigt: So ermöglicht jedes fünfte Unternehmen mit weniger als 100 ArbeitnehmerInnen das Arbeiten von zu Hause aus, während dies bei Betrieben mit mehr als 500 Beschäftigten für mehr als die Hälfte (57%) gilt. Mit einem Blick auf die Beschäftigtenseite wird deutlich, dass der Anteil der von Zuhause aus arbeitenden Beschäftigten seit 2013 nur geringfügig gestiegen ist: Während im Jahr 2013 19% gelegentlich Home Office betrieben, haben im Jahr 2017 22% der Beschäftigten ab und zu von zu Hause aus gearbeitet. Hierbei zeigt sich dennoch eine interessante Entwicklung: Der Anteil der ArbeitnehmerInnen, die Home Office betreiben und keine Führungsposition inne haben, nimmt über die Zeit vergleichsweise deutlich zu – nämlich von 13% im Jahr 2013 auf 17% im Jahr 2017. Bei Führungskräften bleibt dieser Wert mit rund einem Drittel eher konstant. Dies könnte ein Hinweis darauf sein, dass das Potenzial für Führungskräfte – bei den derzeitigen technologischen und organisationskulturellen Standards – ausgeschöpft ist, sich jedoch eine Chance für Beschäftigte ohne Führungsfunktion auftut (Grunau et al. 2019, 2f.).

Auf Basis dieser Studien lässt sich die hohe zukünftige Bedeutung der Arbeitsverrichtung von Zuhause aus für Österreichs Wirtschaft erkennen. Daher ist die Masterarbeit vor allem für österreichische Unternehmen von praktischer Relevanz, da im Zuge der Arbeit gezeigt werden soll, wie die Zeiterfassung bei dieser Arbeitsform am besten ausgestaltet werden kann und von welchen Faktoren Home Office abhängig gemacht werden sollte.

Wissenschaftlich betrachtet leistet die Arbeit einen Beitrag zu den Erkenntnissen in zwei Themengebieten: Zeiterfassungssysteme und Home Office. Insbesondere der postulierte Einfluss des Bildungsniveaus – und indirekt jener der Arbeitsmotivation und Arbeitsautonomie – soll hier beleuchtet und analysiert werden.

In Bezug auf die Spezialisierung Personal, Organisation und Strategie des Studiengangs Wirtschaftsberatung und Unternehmensführung der Fachhochschule Wiener Neustadt bietet die zugrundeliegende Arbeit eine vertiefende Auseinandersetzung mit der Gestaltung der Arbeitszeit im Zeitalter der Digitalisierung. Dabei wird ein fachspezifisches und praxisrelevantes Wissen zu den Themen Arbeitszeit, Home Office, Arbeitsmotivation, Arbeitsautonomie und Bildungsniveau – sowie den damit verbundenen Formen der Zeiterfassungssysteme – erlangt.

1.5 Struktur der Arbeit

Kapitel 2 umfasst den Theorieteil der Masterarbeit und gliedert sich in sechs Themenbereiche bzw. Unterkapitel: Digitalisierung der Arbeitswelt, Arbeitszeit, Zeiterfassung, Home Office, Motivation und Autonomie sowie Bildungsniveau. In jedem Unterkapitel wird mittels Begriffsdefinitionen ein Einblick in die Thematik gegeben, um so die Verständlichkeit der verwendeten Termini sicherzustellen. Anschließend erfolgt unter Zuhilfenahme verschiedener Studien eine vertiefende Auseinandersetzung in Hinblick auf die gegenständliche Themen bzw. die Fragestellung. Auf diese Weise soll ein grundlegendes Wissen zum Thema der Mastarbeit aufgebaut werden, welches schließlich relevant für die Beantwortung der Forschungsfrage sowie der Hypothesen ist.

Auf Basis von Kapitel 2 werden dann in Kapitel 3 die Alternativhypothesen literaturgeleitet abgeleitet und erklärt. Dies soll für eine bessere Verständlichkeit der in Kapitel 1.2 vorgestellten fünf Alternativhypothesen sorgen.

In Kapitel 4 erfolgt die Vorstellung des Forschungsdesigns des empirischen Teils der Masterarbeit. Zu Beginn wird in Kapitel 4.1 auf die Grundgesamtheit und Stichprobe eingegangen, bevor anschließend in Kapitel 4.2 die Datenerhebungsmethode und in Kapitel 4.3 das Datenerhebungsinstrument vorgestellt werden. Danach werden die verwendeten Skalen und Variablen im Fragebogen beschrieben, bevor auf den Pre-Test und Erhebungszeitraum eingegangen wird. In Kapitel 4.6 erfolgt schließlich eine genaue Ausführung zur Auswertung der im Zuge der Online-Umfrage erhobenen Daten.

In Kapitel 5 erfolgt zuerst erst einmal eine deskriptive Ergebnisdarstellung, basierend auf den Antworten der 451 vollständig ausgefüllten Fragebögen. Im Anschluss daran werden dann die Ergebnisse der interferenzstatistischen Analyse für alle fünf Hypothesenpaare dargestellt.

In Kapitel 6 werden dann die in Kapitel 5.2 gewonnenen Ergebnisse und Erkenntnisse ausführlich diskutiert und interpretiert, bevor schließlich die Forschungsfrage beantwortet wird. Zudem wird ein Ausblick auf möglich weiterführende Forschungsfelder gegeben. Anschließend werden in Kapitel 6.2 etwaige Handlungsempfehlungen für in Österreich ansässige Unternehmen abgeleitet.

In Kapitel 7 werden dann die wesentlichen Erkenntnisse der Masterarbeit zusammengefasst und kritisch reflektiert, bevor abschließend ein Ausblick auf weitere mögliche Forschungsfelder gegeben wird.

2 Stand der Forschung

In diesem Kapitel erfolgt sowohl die Definition und Erklärung grundlegender, für die vorliegende Arbeit relevanter, Begriffe, als auch ein Überblick über aktuelle Studien bzw. den Stand der Forschung. Dabei gliedert sich Kapitel 2 in sechs zu behandelnde Themenbereiche: Digitalisierung der Arbeitswelt, Arbeitszeit, Zeiterfassung, Home Office, Motivation und Autonomie sowie Bildungsniveau. Hierfür wurde mittels Sekundärdatenanalyse die facheinschlägige Literatur begutachtet. Genutzt wurden einerseits die Bibliotheks-Kataloge und Datenbanken der Wirtschaftsuniversität Wien, Universität Wien sowie Fachhochschule Wiener Neustadt, als auch die Datenbank Google Scholar, die Statistikdatenbank Statista sowie statistische Daten von Statistik Austria. Zudem wurden begutachtete wissenschaftliche Artikel aus internationalen Journals und Statistiken verwendet. Auf Basis dieses breiten Spektrums an wissenschaftlicher Literatur soll so eine umfassende Beleuchtung und Analyse des Themas möglich werden.

2.1 Digitalisierung der Arbeitswelt

Bereits in Kapitel 1 wurde ausgeführt, dass die Digitalisierung der Arbeitswelt per se kein neues Phänomen ist. Die in den letzten beiden Jahrzehnten stattgefundene Digitalisierung der Arbeit lässt sich dabei in mehrere Stufen unterteilen: Am Anfang fand eine Ausweitung der Anwendung elektronischer Geräte (z.B. Computer) und Software auf immer mehr berufliche Tätigkeiten und Arbeitsorte statt. Anschließend wurde der Computer mit Kommunikationstechniken verbunden, um sowohl die datentechnische Vernetzung als auch die Kommunikation über E-Mail sicherzustellen. Mit dem Internet entstand dann in weiterer Folge ein globaler Informationsraum, in dem seither Arbeit und Wertschöpfung stattfinden. Aufgrund dessen sind grenzüberschreitende Wertschöpfungsketten auch in diversen Dienstleistungen möglich. Hinzu kommen immaterielle Arbeitsgegenstände und Produkte (Texte, Bilder, Videos, Software etc.), welche die Digitalisierung der Arbeit vorantreiben und verstärken. Zeitgleich entstanden neue internetgestützte Branchen (z.B. der Online-Handel) und moderne Technologien wurden zunehmend auch mobil einsetzbar. Relativ neu – und von hoher zukünftiger Relevanz – ist derzeit die ortsunabhängige Vermittlung, Gestaltung und Ausführung (digitaler) Arbeit (Flecker, Schönauer und Riesenecker-Caba 2016, 18f.).

In diesem Kapitel soll daher herausgearbeitet werden, wie der mit der Digitalisierung verbundene Begriff der Industrie 4.0 zu definieren ist, bevor anschließend eine Studie in Zusammenhang mit IKT präsentiert wird.

2.1.1 Industrie 4.0

In den letzten Jahren sind erhebliche technologische Fortschritte zu beobachten, welche eine Leistungssteigerung in der Digitaltechnik bewirkten: Beispielsweise sind die Rechnerleistungen deutlich gestiegen und neue bzw. verbesserte Speichertechnologien ermöglichen es immer mehr, Daten zu immer geringeren Kosten zu nutzen, verarbeiten und speichern. Weiters wurde die Bandbreite der (mobilen) Datenübertragung vervielfacht und die Miniaturisierung diverser Computerbauteile wird stets weiter vorangetrieben, was wiederum die mobile Anwendung von IKT erheblich erleichtert. Zusammengefasst lässt sich daher sagen, dass die Informationstechnik immer kleiner und leistungsfähiger wird, während ihre Bauteile gleichzeitig kostengünstiger werden. Betriebswirtschaftlich betrachtet wird daher auch der Einsatz von IKT immer schneller lohnenswert. Zugleich fällt auf, dass einige der neuen digitalen Technologien vor allem im Bereich der mobilen Geräte bereits häufig genutzt werden, was dazu führt, dass Smartphones und Tablets in der heutigen Arbeitswelt einfach unverzichtbar geworden sind (Schietinger 2016, 4).

Wirklich neu und zur Industrie 4.0 bzw. Arbeit 4.0 wird Digitalisierung aber erst dann, wenn sie zusammen mit Automatisierung und Vernetzung betrachtet wird. Bei näherer Auseinandersetzung mit der Thematik wird daher klar, dass es sich einerseits um ein Technikthema handelt – weshalb im anglosächsischen Raum der Begriff cyber-physical systems verwendet wird – bei dem es um Automatisierung, IT-Systemtechnik, Datenanalyse, Big Data, Internettechnologien und Cloud Computing geht (Hammermann und Klös 2016, 3f.). Andererseits verweist der deutsche Begriff Arbeit 4.0 aber auch auf die Veränderung in der Arbeitsorganisation (Matuschek 2016, 5), aus welcher letztendlich Effizienzerhöhungen resultieren sollten (Hammermann und Klös 2016, 3). Bereits in Kapitel 1 wurde hierzu erwähnt, dass letztendlich nicht nur industrielle Sektoren von den Veränderungen betroffen sein werden sondern auch diverse Dienstleistungsbereiche (Matuschek 2016, 6).

Folglich wird die Arbeit 4.0 auch für Arbeitszeit- und Arbeitsorganisationsmodelle neue Gestaltungsspielräume schaffen, da mobile Endgeräte wie Tablets und Smartphones den ortsungebunden Zugriff auf die in Cloud-Systemen gespeicherten Daten ermöglichen (Hammermann und Klös 2016, 7). Dadurch ergibt sich auch die Möglichkeit, Steuerungsstrukturen dezentraler zu gestalten. Dezentralere Strukturen haben für die Beschäftigten dabei zwei zentrale Folgen: Einerseits werden neue Handlungsspielräume auf den unteren Hierarchieebenen geschaffen, andererseits kommt es aber auch zu einer breiteren Verteilung von Verantwortung. Während Höherqualifizierte bereits in ihrer akademischen Ausbildung Organisations- und Planungsfähigkeit – und damit das Zeitmanagement – erlernen, bedeutet dies vor allem für viele Mittel- und Geringqualifizierte einen Gewinn sowie eine Herausforderung zugleich (Hammermann und Klös 2016, 11).

2.1.2 Studie zu Informations- und Kommunikationstechnologien in Österreich

Aufgrund der europäischen Rechtsgrundlage – welche Österreich seit 2004 dazu verpflichtet, jedes Jahr über den IKT-Einsatz im Unternehmenssektor zu berichten – befragte die Statistik Austria im ersten Halbjahr 2016 österreichische Betriebe über den Einsatz von Informations- und Kommunikationstechnologien. Diese Erhebung findet seit 2001 statt, wird vom Statistischen Amt der Europäischen Gemeinschaften (Eurostat) beauftragt und vom österreichischen Bundesministerium für Wissenschaft, Forschung und Wirtschaft (BMWFW) mitfinanziert. Die Grundgesamtheit, aus der die Stichprobe gezogen wurde, bestand aus rund 39.500 Unternehmen. Bei der Stichprobe handelte es sich um eine geschichtete Zufallsauswahl, bei der Firmen mit mehr als 250 Beschäftigten zur Gänze in der Stichprobe enthalten waren, während Unternehmen mit weniger als 10 Beschäftigten von der Erhebung ausgenommen worden sind. Als Stratifizierungsmerkmale wurden sowohl die wirtschaftliche Haupttätigkeit der Betriebe als auch deren Beschäftigte herangezogen. Die Teilnahme an der Befragung war für die Firmen freiwillig. Insgesamt haben an der Erhebung im Jahr 2016 rund 3.000 Unternehmen teilgenommen, was einem Rücklauf von rund 58% entsprach (Statistik Austria 2018, 15f.). In Folge werden die wichtigsten Ergebnisse, welche in direktem Zusammenhang mit dem Thema der Masterarbeit stehen, präsentiert.

Zum Befragungszeitpunkt (März bis Juni 2016) gaben 99% der österreichischen Unternehmen an, das Internet zu nutzen. Weiters verwenden 52,8% aller Beschäftigten einen Computer mit Internetzugang für die Erledigung ihrer Arbeiten in den Firmen (Statistik Austria 2018, 40). Zudem gaben rund drei Viertel der Unternehmen (76,2%) an, mobile Breitbandverbindungen über Smartphones oder tragbare Computer zu nutzen. Dabei setzen vor allem große Unternehmen mobile Breitbandverbindungen ein (97,8%), gefolgt von mittelgroßen (92,9%) und kleinen Betrieben (72,9%) (Statistik Austria 2018, 42). 76,2% der Unternehmen statten ihre Beschäftigten mit tragbaren Geräten, die über mobilem Internetzugang verfügen, aus. In diesem Zusammenhang wurde erhoben, dass 23,8% aller Beschäftigten von der Firma mit tragbaren Geräten (z.B. Smartphones, Tablets oder Computer), welche einen mobilen Internetzugang über Mobilfunknetze ermöglichen, ausgestattet werden (Statistik Austria 2018, 44). Außerdem ermöglichen 59,2% der heimischen Unternehmen ihren Beschäftigten den Fernzugriff auf das unternehmenseigene E-Mail-System, auf Dokumente oder Software-Applikationen, wobei dies vor allem größere Firmen tun (98,5%), gefolgt von mittleren (86,4%) und kleineren (73,5%) (Statistik Austria 2018, 41). Dabei statten Betriebe ihre MitarbeiterInnen vorwiegend deshalb mit mobilen Endgeräten aus, damit sie auf das betriebliche E-Mail-System (60%), Unternehmens-Dokumente (41,3%) sowie Geschäftssoftware (32,2%) zugreifen können (Statistik Austria 2018, 45). 17% der heimischen Unternehmen geben weiters an, kostenpflichtige Cloud Services zu verwenden (Statistik Austria 2018, 51). Dies entspricht einer Steigerung von 40% seit 2014 (Statistik Austria 2018, 19). Dabei konnte festgestellt werden, dass 35,1% der großen, 22,2% der mittelgroßen und 15,7% der kleinen Betriebe diese IT-Dienstleistungen übers Internet nutzen. In 60,9% aller Unternehmen mit Nutzung von Cloud Services werden Clouds dabei als Speicherplatz eingesetzt. Auch E-Mail-Dienste werden von mehr als der Hälfte aller Betriebe (54,9%), die Cloud Services benutzen, als Cloud-Lösung genutzt. Dahingegen werden Unternehmensdatenbanken (35,8%) und Bürosoftware (35,6%) von deutlich weniger Firmen als Cloud Services verwendet (Statistik Austria 2018, 51f.).

Die Ergebnisse über den wachsenden Einsatz von IKT in den österreichischen Unternehmen sind dabei insofern wichtig, da ein breites Vorhandensein von IKT die Basis für Home Office bildet: Mit der zunehmenden Digitalisierung der österreichischen Wirtschaft statten auch immer mehr Firmen ihre MitarbeiterInnen mit mobilen Endgeräten aus und ermöglichen ihnen den Fernzugriff auf betriebliche Anwendungen und Daten, was letztendlich die Grundvoraussetzung für das Arbeiten von Zuhause aus ist. In weiterer Folge soll nun beleuchtet werden, wie sich die Digitalisierung der Arbeitswelt auch auf die Arbeitszeit auswirkt.

2.2 Arbeitszeit

Aktuelle Debatten über das Arbeiten in einer digitalisierten Arbeitswelt machen deutlich, dass die Arbeitszeitgestaltung mit zunehmender Flexibilisierung der Arbeitszeiten eine der zentralen, zukünftigen Herausforderungen werden wird. Im Fokus steht dabei einerseits der Wunsch der ArbeitnehmerInnen nach Arbeitszeitsouveränität, aber auch die damit einhergehende Eröffnung von Einflussmöglichkeiten und die Erweiterung von zeitlichen Handlungsmöglichkeiten (BAuA 2016, 53). Nachdem es im Kern dieser Arbeit um Arbeitszeiterfassungssysteme im Zeitalter der Digitalisierung geht, soll zunächst für das Grundverständnis definiert werden, was Arbeitszeit ist, bevor auf die Arbeitszeit in Österreich sowie selbstgesteuerte Arbeitszeitsysteme eingegangen wird.

Das österreichische Gesetz definiert die Arbeitszeit in § 2 Abs. 1 Z 1 AZG als die Zeit vom Beginn bis zum Ende der Arbeit ohne Ruhepausen. Die Tagesarbeitszeit ist dabei laut § 2 Abs. 1 Z 2 AZG die Arbeitszeit innerhalb von 24 Stunden, während die Wochenarbeitszeit nach § 2 Abs. 1 Z 3 AZG die Arbeitszeit im Zeitraum von Montag bis Sonntag ist. Arbeitszeit im Sinne von § 2 Abs. 1 Z 1 AZG ist dabei auch jene Zeit, in der Beschäftigte von Zuhause aus Arbeit für den/die ArbeitgeberIn verrichten.

2.2.1 Arbeitszeit in Österreich

In den Mitgliedsstaaten der Europäischen Union (EU) lässt sich bei der Arbeitszeitgestaltung ein hohes Maß an Variation feststellen. So spielen beispielsweise in Staaten, die bis 1995 der EU beitraten, die Tarifverhandlungen bei der Ausgestaltung der Arbeitszeiten eine erhebliche Rolle (Herr 2016, 4). Dieses Spezifikum lässt sich dabei auch in Österreich erkennen: 2016 wurden die 28 EU-Mitgliedstaaten in einem Bericht von Eurofound in vier Regimetypen der Arbeitszeitgestaltung unterteilt: die Staatszentrierten, die Spezifizierer, die Aushandler und die Individualisten. Österreich gehört der Gruppe der Aushandler an (Eurofound 2016, 14), welche sich dadurch charakterisiert, dass Arbeitszeitstandards mehrheitlich durch kollektive Vereinbarungen – vor allem auf Branchenebene – beschlossen werden. Aus den gewonnen Daten der European Company Survey 2013 geht hervor, dass 96% der österreichischen Beschäftigten von kollektivvertraglichen Regelungen erfasst sind, was EU-weit eine der höchsten Zahlen ist. Solche Regelungen stellen die ArbeitnehmerInnen dabei besser, als es die österreichischen Gesetze tun (Eurofound 2016, 16f.).

Das österreichische Gesetz sieht nach § 3 Abs. 1 AZG vor, dass die tägliche Normalarbeitszeit von acht Stunden sowie die wöchentliche Normalarbeitszeit von vierzig Stunden nicht überschritten werden. Wie bereits beschrieben, gelten für die meisten österreichischen Beschäftigten jedoch die kollektivvertraglich geregelten Arbeitszeiten, die in Österreich durchschnittlich 38,8 Stunden betragen (Mairhuber 2016, 16). Wird nun aber die in Österreich tatsächlich gearbeitete Wochenarbeitszeit betrachtet, so fällt eine deutlich sinkende Arbeitszeit unter Vollzeitbeschäftigten auf: Zwischen 2004 und 2014 sank die tatsächlich gearbeitete Wochenarbeitszeit von 43 Stunden auf 41,5 Stunden (Herr 2016, 5).

Zusammengefasst kann in Österreich zwar ein Rückgang der tatsächlichen Arbeitszeit beobachtet werden (Herr 2016, 5), jedoch liegt diese immer noch über der gesetzlichen sowie kollektivvertraglich geregelten Normalarbeitszeit und dem EU-Durchschnitt von 40,4 Stunden (Mairhuber 2016, 16). In Bezug auf das Thema der Masterarbeit ist zu beachten, dass die Grenzen zwischen Arbeitszeit und Freizeit im Zeitalter der Digitalisierung und des mobilen Arbeitens weiter verschwimmen werden (Ahlers 2016, 8). Wenngleich das Arbeitszeitgesetz zahlreiche Regelungen zur Begrenzung der Höchstarbeitszeit und zwingende Ruhepausen und Ruhezeiten vorsieht, kommt es hier immer wieder zu Gesetzesverletzungen. Die oftmals fehlende Arbeitszeiterfassung unterstützt überlange Arbeitszeiten, Arbeitszeitverstöße und unbezahlte Überstunden (Absenger 2016, 14). An dieser Stelle wird auf Kapitel 1.1 hingewiesen, wo bereits erwähnt wurde, dass die tatsächlich gearbeitete Arbeitszeit bei den IKT-NutzerInnen 41 Stunden beträgt (Grunau et al. 2017, 364f.), und dadurch ebenso deutlich über der gesetzlichen sowie kollektivvertraglich geregelten Normalarbeitszeit und dem EU-Durchschnitt liegt. Mit voranschreitender Digitalisierung der Arbeitswelt, dem zunehmenden Einsatz von IKT und dem Entstehen neuer Arbeitsformen wird eine gesetzeskonforme Arbeitszeitgestaltung dabei umso dringlicher werden. Um den Wandel, dem die Arbeitszeitgestaltung im Zeitalter der Digitalisierung unterliegt, noch mehr zu verdeutlichen, werden im nächsten Schritt die Grundtypen von selbstgesteuerten Arbeitszeitsystemen betrachtet, welche mit Zunahme der orts- und zeitunabhängiger Arbeitsformen an Bedeutung gewinnen.

2.2.2 Selbstgesteuerte Arbeitszeitsysteme

In diesem Kapitel werden die 5 Grundtypen von eigenverantwortlich gesteuerten flexiblen Arbeitszeitsystemen dargestellt. Dabei ist es in jedem vorgestellten Grundtypus notwendig und essentiell, dass sich der/die Beschäftigte selbst regulieren kann. Selbststeuerung bzw. Selbstregulierung ist als der interne Lenkungsprozess einer Person definiert, der aus Selbstbeobachtung, Selbstbewertung und Selbstreaktion besteht. Bei der Selbstbeobachtung werden das eigene Verhalten sowie die Auswirkungen dessen überwacht, während in der anschließenden Selbstbewertung eine Beurteilung des gezeigten Verhaltens in Relation zu den eigenen Bewertungsstandards und den Umweltbedingungen erfolgt. Auf die Selbstbewertung folgt schließlich die Selbstreaktion, die aus diversen Belohnungs- und Bestrafungsritualen besteht, mit denen eine Person ihr eigenes Verhalten steuert (Bandura 1991, 248ff.). Bei der Beschreibung der 5 Grundtypen von eigenverantwortlich gesteuerten flexiblen Arbeitszeitsystemen wird mit dem starrsten Arbeitszeitsystem – welches die Fähigkeit zur individuellen Selbststeuerung im geringsten Umfang erfordert – begonnen und mit dem flexibelsten System – welches eine hohe Anforderung an die Selbststeuerungsfähigkeit der Beschäftigten stellt – geendet.

Bei der flexiblen Standardarbeitszeit handelt es sich um ein selten praktiziertes Arbeitszeitsystem, bei dem kunden- oder mitarbeiterseitig erforderliche Abweichungen von der Vertragszeit möglich sind, ohne, dass deswegen Arbeitszeitkonten geführt werden. Gerade in der mittelständischen Wirtschaft sind solche informellen Verfahren im Rahmen formell starrer Arbeitszeitregelungen keine Seltenheit (Hoff 2015, 5).

Die Gleitzeit wurde um 1970 eingeführt und ist auch heute noch weit verbreitet. Das System ermöglicht es den Beschäftigten Arbeitsbeginn und -ende innerhalb einer – durch Arbeitszeitrahmen und Kernzeit begrenzten – Zeitspanne frei zu wählen. Bei diesem Arbeitszeitsystem sind die Zeiterfassung, und die auf dieser Grundlage geführten Arbeitszeitkonten, üblich (Hoff 2015, 5).

Nachdem eine stetige Ausbreitung der flexiblen Arbeitszeit seit den 1980er Jahren in Deutschland beobachtet werden kann, gilt diese Form heutzutage als wichtigster Grundtypus der selbstgesteuerten Arbeitszeitsysteme. Der Unterschied zur Gleitzeit ist der, dass die Kernzeit wegfällt und im Bedarfsfall durch sogenannte Servicezeiten ersetzt wird. Innerhalb dieser sind die Beschäftigten dann zur sofortigen Erbringung der fälligen Leistungen verpflichtet (Hoff 2015, 5f.).

Ein noch eigenverantwortlicheres System ist die Vertrauensarbeitszeit, bei der im Gegensatz zur flexiblen Arbeitszeit auf die Führung von Arbeitszeitkonten verzichtet wird, wodurch es auch keine Zeiterfassung gibt. In der betrieblichen Praxis wird die Vertrauensarbeitszeit überwiegend bei außertariflichen Angestellten – für die aufgrund meist pauschaler Mehrarbeitsabgeltung keine Arbeitszeitkonten geführt werden – und Außendienstlern – bei denen eine Zeitkontrolle schwer möglich ist – angewendet (Hoff 2015, 6).

Das System mit der größten Freiheit ist die Arbeitszeitfreiheit. Genau genommen handelt es sich aber um kein Arbeitszeitsystem mehr, da der Fokus nicht auf der geleisteten Arbeitszeit, sondern der Erbringung vereinbarter Leistungen bzw. Ergebnisse liegt. Nachdem die Arbeit auch hier in einer bestimmten Zeit erbracht wird, besteht äußerlich große Ähnlichkeit mit der Vertrauensarbeitszeit (Hoff 2015, 6).

Im Zeitalter der Digitalisierung gehen zeitliche und räumliche Flexibilität bei der Arbeitsverrichtung dabei Hand in Hand. Starre Arbeitszeitmodelle mit festen Anfangs- und Endzeiten sind bei mobilen Arbeitenden eher selten und werden durch Vertrauensarbeitszeiten ersetzt. Die größere Zeitsouveränität hängt vermutlich auch damit zusammen, dass eine Arbeitszeiterfassung außerhalb des Betriebs deutlich schwieriger ist (Hammermann 2019, 89f.).

2.3 Zeiterfassung

Bereits im vorherigen Unterkapitel wurde die Zeiterfassung im Zusammenhang mit den selbstgesteuerten Arbeitszeitsystemen genannt. In Kapitel 2.1 wurde auch mehrmals betont, dass die orts- und zeitunabhängige Arbeitsverrichtung mit der Digitalisierung weiter voranschreiten wird. Zur Arbeitszeit der Zukunft wurde zudem in Kapitel 1 angeführt, dass die Kernarbeitszeiten immer mehr durch flexiblere Vertrauens- oder Wahlarbeitszeiten – wie sie auch in Kapitel 2.2.2 erläutert wurden – ersetzt werden (Hammermann und Klös 2016, 7). Um daher auch in Zukunft konform mit den in Kapitel 2.2.1 erläuterten Bestimmungen zur österreichischen Arbeitszeit zu sein, gibt es Zeiterfassungssysteme. Für die zunehmend flexibleren Arbeitszeitsysteme sind aber andere Formen der Zeiterfassung üblich als in den ehemals starreren Modellen.

Für ein grundlegendes Verständnis zur Zeiterfassung sollen daher in diesem Kapitel verschiedene rechtliche Rahmenbedingungen zur Zeiterfassung dargelegt werden und auch einige Formen der Zeiterfassung – vorangetrieben durch den Prozess der Digitalisierung – präsentiert werden.

2.3.1 Rechtliche Rahmenbedingung

Wie bereits mehrfach erläutert wurde, sorgt Digitalisierung zwar für Innovation, Produktivität und Flexibilität, ist aber auch mit Risiken und Problemen verbunden. Denn auch im Zeitalter der Digitalisierung müssen Beschäftigungsverhältnisse, Arbeitsbedingungen, soziale Absicherung, Datenschutz und Mitbestimmung so ausgestaltet werden, dass sich Flexibilität, Sicherheit und Teilhabe in angebrachtem Verhältnis zueinander befinden (Absenger 2016, 12f.). In diesem Zusammenhang ist auch zu berücksichtigen, dass betriebliche Arbeitszeitregelungen, welche die Arbeitszeit bloß formal begrenzen, tendenziell das Gegenteil bewirken: So existieren betriebliche Regelungen, die die Arbeitszeit auf maximal zehn Stunden begrenzen und eine Erfassung der über dieses Maximum gehenden Zeiten nicht erlauben. Wenn es die Umstände erfordern, werden Beschäftigte jedoch länger arbeiten. Problemtisch ist dann aber, dass die erbrachte Arbeit nicht erfasst wird und unvergütet bzw. ohne Ausgleich bleibt (Maschke, Nies und Vogl 2014, 159). Das Arbeits- und Sozialrecht steht daher vor der zukünftigen Aufgabe, die Entgrenzung von Arbeitszeit, Arbeitsort und Arbeitsverhältnissen, aber auch Fragen der Mitbestimmung angemessen zu berücksichtigen (Absenger 2016, 13).

Um Arbeit 4.0 mitbestimmt gestalten zu können, benötigt es wiederum ArbeitnehmerInnenvertretungen. Auf betrieblicher Ebene ist hierbei der Betriebsrat von großer Bedeutung. Die Größe des Betriebsrats ist abhängig von der Anzahl der ArbeitnehmerInnen in einem Betrieb. Die grundlegenden Aufgaben eines Betriebsrats sind unter anderem die Vertretung der Belegschaft nach außen, die Wahrnehmung von Rechten der Belegschaft gegenüber dem/r BetriebsinhaberIn und das Abschließen von Betriebsvereinbarungen (Eichinger, Kreil und Sacherer 2018, 207). Gerade das Recht, Betriebsvereinbarungen mit dem/r BetriebsinhaberIn abschließen zu können, ist in Bezug auf die Zeiterfassung ein zentraler Punkt. So regelt § 96 Abs. 1 Z 3 ArbVG, dass der/die BetriebsinhaberIn für die Einführung von technischen Systemen zur Kontrolle der ArbeitnehmerInnen, welche die Menschenwürde berühren, jedenfalls die Zustimmung des Betriebsrats benötigt, da eine Einführung sonst rechtswidrig wäre. In diesem Zusammenhang wird auch von einer notwendigen Betriebsvereinbarung gesprochen (Eichinger, Kreil und Sacherer 2018, 215).

Zusammengefasst lässt sich daher sagen, dass das Arbeits- und Sozialrecht im Zeitalter der Digitalisierung vor Veränderungen stehen wird, dem Betriebsrat aber auch jetzt schon umfassende Rechte in Bezug auf die Festlegung der Arbeitszeit und die Einführung von Zeiterfassungssystemen einräumt. Für österreichische Unternehmen bedeutet das, dass bei der Einführung von Zeiterfassungssystemen eventuell die Zustimmung des Betriebsrates zu prüfen ist.

2.3.2 Neue Formen der Zeiterfassung

Mobile Arbeitende haben meist eine größere Zeitsouveränität, da die Arbeitszeiterfassung außerhalb des Betriebs schwierig ist und der Fokus daher zunehmend auf der erbrachten Leistung liegt (Hammermann 2019, 90). Nichtsdestotrotz existieren im Zeitalter der Digitalisierung einige Formen der Zeiterfassung beim Home Office, auf die in diesem Kapitel eingegangen wird.

Werden in einem Unternehmen Arbeitszeitkonten geführt, so stehen grundsätzlich vier Formen der Zeiterfassung zur Verfügung: Mit der technischen Zeiterfassung lassen sich die Anwesenheitszeiten erfassen, was angesichts der Entgrenzung von Arbeits- und Privatzeit (z.B. durch Social Media, Internet, Telefon) zu überhöhten Arbeitszeitnachweisen führen würde. Beim Home Office macht diese Variante daher überhaupt keinen Sinn mehr. Eine Alternative wäre die indirekte Arbeitszeit-Selbsterfassung, bei welcher die MitarbeiterInnen in ihrem Computer oder ihr Smartphone sowohl den Beginn und das Ende ihrer täglichen Arbeitszeit eintragen, als auch die Summe der Pausen und sonstigen Arbeitsunterbrechungen. Noch stärker vertrauensbasiert ist die direkte Arbeitszeit-Selbsterfassung, bei der die ArbeitnehmerInnen lediglich die geleistete Tages-Arbeitszeit eintragen. Eine vierte Variante ist die Differenzerfassung, bei welcher bloß die Abweichungen von der jeweiligen Tages-Sollarbeitszeit bzw. planmäßigen Tages-Arbeitszeitdauer dokumentiert werden (Hoff 2015, 34f.).

Wenn in einem Betrieb keine Arbeitszeitkonten geführt werden, gilt es eine Form der Zeiterfassung zu finden, welche für die von Zuhause aus arbeitenden Beschäftigten akzeptabel und unaufwändig ist. So können zur Erfassung der Anwesenheitszeit Zeiterfassungs- oder Zugangskontrollanlage genutzt werden, die der Führungskraft eine automatische Meldung schicken, sobald der/die MitarbeiterIn die gesetzlichen Tages-Höchstarbeitszeit überschritten hat. Diese Form der Zeiterfassung eignet sich besonders dann, wenn die technische Infrastruktur vorhanden ist und Home Office äußerst selten betrieben wird. Eine weitere Form wäre die Selbsterfassung – mittels händischem oder elektronischem Formular – bei Überschreitungen einer täglichen Arbeitszeitdauer von 8 Stunden an den Werktagen von Montag bis Samstag sowie jeglicher an Sonn- und Feiertagen geleisteten Arbeitsstunden. Problematisch ist jedoch, dass die wenigsten MitarbeiterInnen solche Vorfälle festhalten und Führungskräfte dies auch nur selten kontrollieren (Hoff 2015, 35f.).

Eine modernere Variante stellt beispielsweise die mobile Zeiterfassung dar, bei der die Daten vorübergehend dezentral gespeichert und später an einen Server übermittelt werden. Auf diese Weise können die Arbeitszeiten auch dann erfasst werden, wenn keine Mobilfunkverbindung besteht. Obwohl damit eine permanente und zeitnahe Kontrolle der geleisteten Arbeitsstunden möglich wird, kann es passieren, dass sich die MitarbeiterInnen auch stärker überwacht fühlen (Mülder 2016, 774).

Zurzeit wird beim Home Office die maschinelle Kontrolle der Arbeitszeit von den Vorgesetzten aber sowieso nicht wirklich gewollt, zumal hier unter Umständen eine Betriebsvereinbarung abzuschließen wäre. Um die Arbeitszeit trotzdem erfassen und kontrollieren zu können, wird mit den Beschäftigten oftmals die Vereinbarung getroffen, dass die Zuhause geleisteten Arbeitsstunden von den ArbeitnehmerInnen selbst dokumentiert werden. Diese Vorgehensweise kann in Abhängigkeit von der betrieblichen Vertrauenskultur entweder eine zwingende Vorschrift oder eine bloße Empfehlung sein. Wie bereits in Kapitel 1 beschrieben wurde, muss das Unternehmen den Personen, die von Zuhause aus arbeiten, sowieso ein gewisses Grundvertrauen entgegenbringen, weshalb die Selbsterfassung der Arbeitszeit eine geeignete Form darstellt. Das gängigste Mittel bei der Selbstaufzeichnung ist ein Arbeitstagebuch. Dieses wird dabei in regelmäßigen Zeitabständen den verantwortlichen Vorgesetzten vorgelegt (Kamp 2000, 35f.).

Zu beobachten ist aber, dass immer häufiger auf jegliche Form der Zeiterfassung verzichtet wird. Einerseits führt ein Verzicht der Arbeitszeiterfassung zwar zu mehr Autonomie bei der Zeitgestaltung, andererseits bewirkt diese Variante aber – aufgrund der Erwartung permanent erreichbar sein zu müssen – einen erhöhten Arbeits- und Zeitdruck. Um dem entgegenzuwirken, wird in manchen Vereinbarungen daher der Zugriff aufs Firmennetz auf die Zeitspanne der betrieblichen Gleitzeit begrenzt. Andere Unternehmen hingegen regeln, dass die ArbeitnehmerInnen außerhalb ihrer individuellen Arbeitszeit nicht erreichbar sein müssen oder verpflichten ihre Vorgesetzten gar dazu, der Erwartungshaltung bezüglich der ständigen Erreichbarkeit ihrer Beschäftigten entgegenzuwirken (Maschke, Nies und Vogl 2014, 157f.). An dieser Stelle sei jedoch kurz an die in Kapitel 1 erwähnte Aufzeichnungspflicht der Arbeitszeit durch den/die ArbeitgeberIn erinnert (Mülder 2016, 774). Erst im Mai 2019 wurde diesbezüglich auch ein Urteil vom Europäischen Gerichtshof (EuGH) erlassen, wonach die Arbeitsstunden der MitarbeiterInnen lückenlos erfasst werden müssen. Die Unternehmen in den Mitgliedsstaaten der EU – und damit auch Österreich – sind demnach verpflichtet ein System einrichten, mit dem die tägliche Arbeitszeit gemessen werden kann. Der Beschluss beruht auf der Arbeitszeitrichtlinie sowie der Grundrechtcharte der EU, wonach alle ArbeitnehmerInnen ein Grundrecht auf die Begrenzung der Höchstarbeitszeit sowie auf tägliche und wöchentliche Ruhezeiten haben (derStandard 2019).

2.3.3 Studie und Fallbeispiele zur Zeiterfassung

Von Mai 2015 bis Oktober 2015 wurde vom deutschen Bundesministerium für Arbeitsschutz und Arbeitsmedizin (BAuA) eine Arbeitszeitbefragung durchgeführt. Rund 20.000 Erwerbstätige in Deutschland, die dabei mindestens 15 Jahre alt sind und mindestens 10 Stunden pro Woche in ihrer Haupterwerbstätigkeit arbeiten, wurden im Rahmen einer computerunterstützten Telefonbefragung zu Arbeitszeit und -bedingungen interviewt. Die Befragungen dauerten dabei jeweils in etwa eine halbe Stunde (BAuA 2016, 16).

Die vorliegenden Daten der BAuA-Arbeitszeitbefragung aus dem Jahr 2015 zeigen, dass die Arbeitszeit in Deutschland aktuell für rund die Hälfte der ArbeitnehmerInnen betrieblich erfasst wird (47%). Ein Drittel der Beschäftigten dokumentiert sie eigenständig (32%) und ein Fünftel (21%) gibt an, dass die Arbeitszeit ihres Wissens nach gar nicht erfasst wird. Dabei konnte festgestellt werden, dass die Arbeitszeit von Vollzeitbeschäftigten öfter betrieblich erfasst wird (50%) als jene von Teilzeitbeschäftigten (40%). Folglich sind Teilzeitkräfte häufiger selbst für die Dokumentation ihrer Arbeitszeit verantwortlich (37%) als Vollzeitkräfte (30%). Weiters konnte festgestellt werden, dass 88% der ArbeitnehmerInnen mit betrieblicher Arbeitszeiterfassung über ein Arbeitszeitkonto verfügen, während dies nur auf 63% der Personen zutrifft, die ihre Arbeitszeit eigenständig dokumentieren. Der Vorteil von Arbeitszeitenkonten ist die Möglichkeit einer variable Verteilung der Arbeitszeit, welche betrieblich oder saisonal bedingt schwanken kann (BAuA 2016, 60).

Aus Deutschland ist das Fallbeispiel von IBM Deutschland bekannt, wo Telearbeit bereits 1988 in Form eines Pilotprojekts außerhalb der Regelarbeitszeiten eingeführt worden war. Aufgrund des Erfolgs verbreitete sich diese Form der Arbeitsverrichtung zunehmend im gesamten Unternehmen und wurde auch innerhalb der Regelarbeitszeit von zu Hause aus möglich. Um Telearbeit auch arbeitsrechtlich abzusichern, wurde 1991 eine Betriebsvereinbarung über außerbetriebliche Arbeitsstätten abgeschlossen. Das Besondere am Fallbeispiel von IBM Deutschland ist, dass die Betriebsvereinbarung mit dem Innovationspreis der deutschen Wirtschaft 1991 ausgezeichnet wurde. Damit wurde erstmals eine organisatorische Innovation prämiert. Zur Erfassung der Arbeitszeit verwendeten die mobilen Beschäftigten ein Arbeitstagebuch, in dem die Arbeitszeiten eigenständig festgehalten wurden und welches am Monatsende der direkten Führungskraft vorgelegt werden musste. Diese Vorgehensweise sollte dabei weniger eine Kontrollfunktion darstellen, sondern den TelearbeiterInnen die gleichen Nachweismöglichkeiten wie ihren ausschließlich im Betrieb arbeitenden KollegInnen bieten (Scholz und Stobbe 1994).

Generell muss festgehalten werden, dass die Informations- und Datenlage zu Unternehmen, welche zu Zeiterfassungssystemen zurückgekehrt sind, äußerst dünn ist. Dabei ist durchaus bekannt, dass es immer mehr Firmen gibt, die wieder Zeiterfassungssysteme eingeführt haben, nachdem sie jahrelang die Vertrauensarbeitszeit praktiziert haben. In der Öffentlichkeit wagen es jedoch nur sehr wenige diesen Schritt öffentlich kundzutun, da sie die Befürchtungen haben, als sogenannte Kontrollfreaks mit Misstrauenskultur betrachtet zu werden. Kurz gesagt scheint es aktuell einfach nicht dem Trend zu entsprechen, einen vermeintlichen Rückschritt zu wagen. Im Folgenden wird nun das Beispiel eines deutschen Unternehmens mit rund 300 MitarbeiterInnen vorgestellt, welches wieder ein Zeiterfassungssystem eingeführt hat (Rump und Sonnenschein 2019, 145).

Im Sommer 2014 wurde die Entscheidung zur Wiedereinführung eines Zeiterfassungssystems getroffen. Dieser Beschluss wurde in einer Betriebsvereinbarung – welche das mobile Arbeiten, die Arbeitszeit und die Zeiterfassung regelt – festgehalten. Das vereinbarte Zeiterfassungssystem soll webbasiert und auf mobilen Geräten verfügbar sein. Die neue Regelung sieht vor, dass die MitarbeiterInnen ihre Arbeitszeit in Zukunft eigenverantwortlich im Zeiterfassungssystem eintragen sollen. Gleichzeitig ist das Zeiterfassungssystem an ein Ampelsystem gekoppelt, welches der betreffenden Arbeitskraft sowie der Führungskraft einen Überblick über den aktuellen Stand des Arbeitszeitvolumens gibt. Die MitarbeiterInnen reagieren auf diese Nachricht sehr unterschiedlich, wobei gerade negativ gestimmte Personen einen Widerstand entwickeln. Sie befürchten, dass der mit der bisherigen Vertrauensarbeitszeit verbundene Freiheitsgrad – wie beispielsweise das Arbeiten am späten Abend oder Wochenende – eingeschränkt wird. Tatsächlich benötigt es im Rahmen der neuen Regelung für eine Arbeitszeit außerhalb des vereinbarten Arbeitszeitrahmens eine Freigabe der direkten Führungskraft. Logischerweise sind auch die Beschäftigten, die vermeintlich weniger arbeiten, von einem transparenteren System nicht begeistert. Teilweise gibt es aber auch MitarbeiterInnen, die den Mehrwert eines elektronischen Zeiterfassungssystems einfach nicht erkennen können. Zudem befürchten einige Beschäftigte vermehrte Einschränkungen in den Arbeitsabläufen. Auch die Tatsache, dass die direkt verantwortliche Führungskraft die geleistete Arbeitszeit sehen kann, führt zu gesteigertem Misstrauen und einem Gefühl der Kontrolle. Nach der Einführungsphase kam es zur Evaluierung des Zeiterfassungssystems. Aus der Sicht des Unternehmens wurden wesentliche Ziele – wie eine erhöhte Prozesstransparenz, die Stärkung der ArbeitnehmerInnenrechte, die Transparenz zu gesetzlichen Fragestellungen der Arbeitsabläufe, klare Workflows der Führungskräfte sowie ein verringerter Papieraufwand – erreicht. Die MitarbeiterInnen äußern sich positiv bezüglich der verbesserten Klarheit über den tatsächlichen Umfang der geleisteten Arbeit, der gewonnenen Transparenz über Arbeitszeit- und Überlastungsthemen, der Erleichterung der Arbeitszeitprotokollierung, einfacherer Genehmigungsprozesse (z.B. Urlaub, Zeitausgleich) sowie diverser Aspekte der modernen Arbeit (z.B. Flexibilisierung von Arbeitsort und -zeit). Negativ werden hingegen die Softwarefehler des elektronischen Zeiterfassungssystems bewertet, aber auch die Sichtbarkeit von Verstößen gegen das Arbeitszeitgesetz. Zudem empfinden die Beschäftigten, dass die Fremdbestimmung zugenommen hat und es nun bei bestimmten Vorgängen wesentlich häufiger Bewilligungen durch die direkte Führungskraft braucht. Auch aus der Sicht des Unternehmens gibt es negative Aspekte, da mit der Wiedereinführung der Aufwand durch die Arbeitszeitthemen sowie die Softwarepflege stiegen. Abschließend sei noch erwähnt, dass das Unternehmen betont, wie wichtig es sei, dass die Zeiterfassung ein webbasiertes System ist, damit die MitarbeiterInnen auch unterwegs auf das System zugreifen können (Rump und Sonnenschein 2019, 145ff.).

Weiters ist das Beispiel von Biogena bekannt, wo ein großes Vertrauensprinzip – welches die Arbeitsplatzkultur wesentlich prägt – herrscht. Nichtsdestotrotz gibt es ein mobil zugängliches Zeiterfassungssystem, das die flexible Tagesgestaltung für den Gesetzgeber nachvollziehbar macht und sie für die MitarbeiterInnen wie auch das Unternehmen erfasst (Ganglbauer und Schmidbauer 2017, 100f.). Auch die BMW Group ermöglicht den MitarbeiterInnen eine flexible Gestaltung von Arbeitsort und -zeit. Das mobile Arbeiten ist dabei freiwillig und wird allen Beschäftigten der BMW Group ermöglicht, sofern es mit deren Arbeitsaufgabe vereinbar ist und im Vorfeld mit der direkten Führungskraft abgesprochen wird. Die mobil geleistete Arbeit zählt als Arbeitszeit und muss auch in diesem Unternehmen von den Beschäftigten eigenständig in das Zeiterfassungssystem eingetragen werden (Quandt-Schubert 2017, 151). Die Zeiterfassung findet dabei auf Vertrauensbasis statt und ist auch im Nachhinein möglich (Quandt-Schubert 2017, 153).

Die in diesem Kapitel behandelten Beispiele machen deutlich, dass Zeiterfassungssysteme beim Arbeiten von Zuhause aus – trotz Vorhandensein von Vertrauen – sehr wohl existieren. Das deutsche Fallbeispiel sowie das österreichische Unternehmen Biogena zeigen in diesem Zusammenhang, dass Zeiterfassungssystemen deshalb eingeführt werden, um gesetzeskonform zu sein. Wie bereits mehrfach erwähnte wurde, besteht nämlich eine Aufzeichnungspflicht der Arbeitszeit durch den/die ArbeitgeberIn (Mülder 2016, 774), wobei Zeiterfassungssysteme geeignet sind, um dieser Pflicht nachzukommen. Weiters hat das deutsche Fallbeispiel auch demonstriert, dass Zeiterfassungssysteme in einem Unternehmen mit dem Ziel eingesetzt werden, den Überblick über die betrieblichen Vorgänge zu behalten sowie ein Mindestmaß an Kontrolle zu bewahren.

2.4 Home Office

Wie bereits mehrfach betont wurde, ermöglichen moderne IK-Technologien heutzutage das Arbeiten auf Distanz. Telearbeit bzw. mobiles Arbeiten bezeichnet eine Arbeitsform, bei der die Arbeit an einem oder mehreren Tagen außerhalb der Firmengebäude verrichtet wird (Grunau et al. 2019, 1; Nilles 1998, 1). Es handelt sich dabei um ein Arbeitsarrangement, in dem die ArbeitnehmerInnen einen Computer oder sonstige Telekommunikationsausrüstung zur Arbeitsverrichtung verwenden. Bei der Telearbeit geht es folglich darum, die Arbeit zum/r ArbeitnehmerIn zu bringen statt umgekehrt (Nilles 1998, 1). Streng genommen handelt es sich beim Home Office daher um eine Unterform der Telearbeit, da diese Arbeitsform wesentlich enger definiert ist und bloß die Arbeitsverrichtung von Zuhause aus umfasst (Hill, Ferris und Märtinson 2003, 222). Im allgemeinen Sprachgebrauch werden TelearbeiterInnen aber als Personen bezeichnet, die von Zuhause aus ihre Arbeit verrichten (Parikh und Surana 2005, 96), und die Begriffe Telearbeit, mobiles Arbeiten sowie Home Office synonym gebraucht (Deloitte Österreich 2017, 8), weshalb das auch in dieser Arbeit so gehandhabt wird.

Home Office hat sich zu einem zentralen Instrument des Personalmanagements entwickelt, mit dem die Grenze zwischen Arbeits- und Privatleben durchlässiger wird. Mit dieser neuen, gesteigerten Flexibilität ist es nun eher möglich, die Arbeit aus privaten Gründen zu unterbrechen, aber auch im privaten Kontext berufliche Aufgaben zu erledigen (Grunau et al. 2019, 4).

In Folge werden ausgewählte relevante Studien zum Thema Home Office präsentiert, bevor auf die wichtigsten Vor- und Nachteile eingegangen wird.

2.4.1 Ausgewählte Studien zum Home Office in Deutschland und Österreich

Das deutsche Bundesministerium für Arbeit und Soziales präsentierte 2015 zum Thema Mobiles und entgrenztes Arbeiten einen Monitor, der auf einer Studie zur Arbeitsqualität und dem wirtschaftlichen Erfolg beruht. Diese Studie wurde vom selbigen Bundesministerium sowie dem Institut für Arbeitsmarkt- und Berufsforschung (IAB) getragen. Durchgeführt wurde die Studie vom IAB, dem Seminar für Allgemeine Betriebswirtschaftslehre und Personalwirtschaftslehre der Universität Köln und vom Zentrum für Europäische Wirtschaftsforschung (ZEW). Für die Längsschnittstudie in den Jahren 2012 und 2013 wurden diverse Personalverantwortliche deutscher Unternehmen und Beschäftigte aus einem Großteil der selben Betriebe befragt. In einer anschließenden zweiten Befragungswelle wurden 771 Personalverantwortliche und 7.109 Beschäftigte befragt. Die gewonnen Ergebnisse sind dabei für alle sozialversicherungspflichtigen Beschäftigten in Deutschland repräsentativ (Arnold, Steffes und Wolter 2015, 6).

Die Befragung hat ergeben, dass rund ein Drittel der deutschen Betriebe den MitarbeiterInnen das Arbeiten von Zuhause aus ermöglicht, wobei große Unternehmen mit über 500 Beschäftigten diese Form der Arbeitsverrichtung häufiger anbieten (53%) als kleinere Betriebe (29%). Derzeit ist Home Office noch überwiegend unregelmäßig möglich, und wird vermehrt eingesetzt, um auf besondere Situationen zu reagieren. Interessant ist, dass es hierbei nicht wirklich darauf ankommt, ob es in einem Unternehmen einen Betriebsrat gibt (49%) oder nicht (60%). Jedoch ermöglichen Firmen mit Betriebsrat ihren Beschäftigten eher ein regelmäßiges wöchentliches Arbeiten von Zuhause aus (17%) als jene ohne (7%). Zudem handelt es sich beim Home Office vor allem noch um ein Instrument für Führungskräfte im Dienstleistungssektor (64%) oder in kleineren Unternehmen (56%). Weiters hat die Befragung gezeigt, dass überwiegend Angestellte Home Office betreiben (31%), während die ArbeiterInnen kaum davon betroffen sind (2%). Zudem wurde festgestellt, dass 56% der Angestellten, welche ohne eine bestehende vertragliche Regelung von Zuhause aus arbeiten, dies ausschließlich außerhalb der regulären Arbeitszeit tun, was in etwa 15% der gesamten Angestellten entspricht (Arnold, Steffes und Wolter 2015, 8ff.).

Im Frühsommer 2019 wurde auch in Österreich eine Studie zum Thema flexibles Arbeiten durchgeführt. Deloitte Österreich hat dabei gemeinsam mit der Universität Wien und Universität Graz 214 UnternehmensvertreterInnen – vorwiegend PersonalistInnen und Führungskräfte aus allen Branchen und Unternehmensgrößen – befragt (Deloitte Österreich 2019, 3). In den Ergebnissen der Studie wurden nur vollständig ausgefüllte Fragebögen berücksichtigt. Die Auswertung erfolgte größtenteils deskriptiv und wurde um Korrelationsanalysen ergänzt. Statistische Vergleiche erfolgten mittels einfaktorieller Varianzanalyse (ANOVA), während für die Bewertung der Gruppenunterschiede innerhalb der Branchen und Unternehmensgrößen Bonferroni Post-Hoc Analysen vorgenommen wurden (Deloitte Österreich 2019, 16).

Die Studie zeigt, dass Home Office aktuell in 97% der befragten österreichischen Unternehmen in irgendeiner Form ermöglicht wird, wobei der Anteil der Unternehmen, in denen lediglich Einzelpersonen von Zuhause aus arbeiten, von 52% auf 8% gesunken ist (Deloitte Österreich 2019, 8f.). Das gängigste Arbeitszeitmodelle ist dabei weiterhin Gleitzeit mit Kernzeit, welches von 53% der Firmen mindestens der Hälfte der Beschäftigten angeboten wird. Dabei ist jedoch hervorzuheben, dass diese Zahl rückläufig ist. Bereits 24% der befragten Unternehmen setzen dahingegen bei zumindest der Hälfte der Beschäftigten auf Gleitzeit ohne Kernzeit. Äußerst flexible Modelle wie die Vertrauensarbeitszeit werden aber noch deutlich seltener – und vorwiegend für Top-Führungskräfte – eingesetzt, da sie ein höheres Maß an Vertrauen voraussetzen (Deloitte Österreich 2019, 6). In diesem Zusammenhang erwähnenswert ist, dass 75% der befragten Unternehmen angeben, den Beschäftigten viel Vertrauen entgegenzubringen. Im Widerspruch dazu steht jedoch, dass 39% der Firmen sogar zusätzliche Kontrollmechanismen einführen, wenn MitarbeiterInnen flexibel arbeiten. Es lässt sich also beobachten, dass Betriebe durchaus versuchen die mit dem flexiblen Arbeiten verbundene Autonomie zu schmälern und Kontrolle zurückzuerlangen (Deloitte Österreich 2019, 10). Damit verbunden hat sich aber auch gezeigt, dass Spielregeln beim flexiblen Arbeiten durchaus wichtig für den Erfolg dieser Form der Arbeitsverrichtung sind: In Unternehmen mit einer beständigen und regelorientierten Kultur ist das flexible Arbeiten stärker ausgeprägt als in dynamischen Betrieben. Angenommen wird hier, dass sich in Firmen – in denen Richtlinien und Regeln sehr wichtig sind – diese nämlich auch beim flexiblen Arbeiten durchsetzen (Deloitte Österreich 2019, 15).

Sowohl die deutsche als auch die österreichische Studie zeigen, dass Home Office im Zeitalter der Digitalisierung für immer mehr Unternehmen ein bedeutendes Thema ist. Nachdem diese Form der Arbeitsverrichtung aber oft nur sehr unregelmäßig möglich ist und nur einem begrenzten Personenkreis zugänglich ist, gibt es hier in Zukunft einen Verbesserungsbedarf. In diesem Zusammenhang sollen daher im nächsten Kapitel Vor- und Nachteile des Home Office dargelegt werden.

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Ende der Leseprobe aus 116 Seiten

Details

Titel
Arbeitszeiterfassung in Zeiten des mobilen Arbeitens. Wie Unternehmen und Beschäftigte mit Arbeitszeit im Homeoffice umgehen
Autor
Jahr
2021
Seiten
116
Katalognummer
V916961
ISBN (eBook)
9783964872838
ISBN (Buch)
9783964872845
Sprache
Deutsch
Anmerkungen
Finanzielle Förderung der Masterarbeit durch die Arbeiterkammer Niederösterreich aufgrund des Interesses an der Thematik
Schlagworte
Home Office, Bildungsniveau, Arbeitsmotivation, Arbeitsautonomie, Arbeitszeitgestaltung, Zeiterfassungssystem
Arbeit zitieren
Katharina Feigl (Autor:in), 2021, Arbeitszeiterfassung in Zeiten des mobilen Arbeitens. Wie Unternehmen und Beschäftigte mit Arbeitszeit im Homeoffice umgehen, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/916961

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