Die Verbreitung von Umweltinformationen gehört zu Instrumenten der indirekten Verhaltenssteuerung durch den Staat. Diese Form der Lenkung nimmt im modernen Europa einen im größeren Stellenwert ein. Im Umweltrecht sollen damit Vollzugsdefizite der direkten Verhaltenssteuerung abgebaut werden.1 Außerdem sind Informationsrechte in freiheitlichen Demokratien politisch leichter durchzusetzen als Verbote, weil die Reaktionen der Adressaten differenziert ausfallen dürfen.
Dieses Vorgehen ist mit der Erwartung einiger Vorteile verbunden. Die Verlagerung von Kontrollaufgaben an die Gesellschaft soll die Verwaltung entlasten und damit Kosten sparen. Dabei wird erwartet, dass die Bürger schon aus Eigennutz an Informationen über ihre unmittelbaren Umwelt interessiert sind. Die starke wachsende Zahl regionaler Bürgerinitiativen gegen Bauprojekte jedweder Art zeugt vom steigenden Umweltbewusstsein, zumindest im regionalen Kontext. Die Bürger können eine Kontrollfunktion jedoch nur wahrnehmen, wenn sie schnell und umfassend Zugang zu ganz konkrete Informationen bekommen. Darin liegt die grundsätzliche Bedeutung der Regelung des Umgangs mit Umweltinformationen für die deutsche Rechts-und Verwaltungspraxis. Dabei sind drei hauptsächliche Problemstellungen von Bedeutung.
1. In Deutschland galt bisher das Prinzip des Amtsgeheimnisses. Diese fortdauernde Tradition des obrigkeitsstaatlichen Denkens steht im Gegensatz zum jetzt eingeführten “Öffentlichkeitsprinzip”2. Damit hat das Umweltinformationsgesetz eine Art Pilotfunktion für das seit dem 1.1.2006 geltende Informationsfreiheitsgesetz übernommen. Die deutsche Demokratie könnte endlich erwachsen werden und dem Souverän effektive Kontrollmöglichkeiten in die Hand geben.
2. Der Staat übt mit seiner aktiven Informationspolitik einen starken Einfluss auf die öffentliche Meinung zu Umweltfragen aus. Mit der Aufnahme des Umweltschutzes als Staatszielbestimmung in Art 20 GG ist der Gestaltungsanspruch des Staates gestiegen. Die aktive Öffentlichkeitsarbeit hat auch Einzug in das UIG3 gefunden. Mit einem von “oben” eingeimpften Umweltbewusstsein könnte jedoch die Demokratie geschwächt werden, weil der Willensbildungsprozess auf den Kopf gestellt wird.4
3. Das “Öffentlichkeitsprinizip” könnte an seine Grenzen stoßen, wenn es die Interessen von Dritten berührt. Das sind in diesem Fall die Umweltbelaster, deren Grundrechte bisher durch die “Vertraulichkeit” der Behörden geschützt wurden.
Die vorliegende Arbeit geht deshalb der Frage nach:
Wie verändert der Zugang zu Umweltinformationen das Verhältnis zwischen Bürger und Staat?
Inhaltsverzeichnis
- A. Einleitung
- I. Empfehlungen, Warnungen, Hinweise des Staates
- II. Öffentlichkeitsarbeit des Staates
- III. Informationszugangsrechte des Bürgers
- 1. Europarechtliche Grundlagen
- a) Von der Idee zur Richtlinie
- b) Erlass und Rechtmäßigkeit der Ul-Richtlinie
- c) Umsetzung der Richtlinie in innerstaatliches Recht
- d) Die Aarhus-Konvention
- 2. Das Umweltinformationsgesetz
- a) Zweck und Anwendungsbereich des Gesetzes
- b) Was sind Umweltinformationen?
- c) Anspruchsberechtigte
- d) Anspruchsverpflichtete
- aa) Behörden
- bb) Private, die öffentliche Aufgaben wahrnehmen
- e) Beschränkungen zum Schutz öffentlicher Belange
- f) Beschränkungen zum Schutz privater Belange
- g) Informationserteilung
- aa) Art der Erteilung
- bb) Frist
- cc) Kosten
- B) Gesamtergebnis
Zielsetzung und Themenschwerpunkte
Die vorliegende Arbeit befasst sich mit der Frage, wie der Zugang zu Umweltinformationen das Verhältnis zwischen Bürger und Staat verändert. Sie untersucht, wie der Staat durch die Verbreitung von Umweltinformationen das Verhalten von Bürgern beeinflussen kann und wie diese Informationen die Kontrollmöglichkeiten der Bürger stärken oder möglicherweise auch einschränken können.
- Der Einfluss des Staates auf die Verbreitung von Umweltinformationen zur Lenkung des Verhaltens von Bürgern
- Die Rolle des Umweltinformationsgesetzes im Spannungsfeld zwischen staatlicher Informationspolitik und den Informationszugangsrechten der Bürger
- Die Auswirkungen des "Öffentlichkeitsprinzips" auf die Beziehung zwischen Bürger und Staat im Kontext von Umweltinformationen
- Die Bedeutung von Umweltinformationen für die Wahrnehmung der Kontrollfunktion durch die Bürger
- Die ethischen und rechtlichen Herausforderungen im Zusammenhang mit der Verbreitung von Umweltinformationen
Zusammenfassung der Kapitel
Die Einleitung stellt die Bedeutung von Umweltinformationen für die indirekte Verhaltenssteuerung durch den Staat heraus und definiert die zentrale Fragestellung der Arbeit. Sie beleuchtet die mit dieser Form der Steuerung verbundenen Erwartungen und Probleme, insbesondere im Kontext der deutschen Rechts- und Verwaltungspraxis.
Das Kapitel "Empfehlungen, Warnungen, Hinweise des Staates" analysiert die verschiedenen Formen der Informationsverbreitung durch den Staat und deren Auswirkungen auf das Verhalten von Bürgern. Es beleuchtet die rechtlichen Grenzen dieser Informationspolitik und die Spannungen zwischen dem Prinzip der Marktfreiheit und der staatlichen Informationsverpflichtung.
Das Kapitel "Öffentlichkeitsarbeit des Staates" untersucht die Rolle der staatlichen Öffentlichkeitsarbeit im Bereich des Umweltschutzes. Es beleuchtet die Ziele und Methoden dieser Arbeit, die sowohl positive als auch negative Aspekte des Umweltbewusstseins fördern können.
Schlüsselwörter
Umweltinformation, Verhaltenssteuerung, Informationszugangsrecht, Umweltinformationsgesetz, Öffentlichkeitsarbeit, Staat, Bürger, Umweltrecht, Demokratie, Markttransparenz, Umweltbewusstsein, Umweltschutz.
- Arbeit zitieren
- Jan Stoye (Autor:in), 2006, Steuerung umweltrelevanten Verhaltens durch Umweltinformation, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/92161