Leseprobe
Inhaltsverzeichnis
Abbildungsverzeichnis
Tabellenverzeichnis
Abkürzungs- und Symbolverzeichnis
1 Einleitung
1.1 Problemstellung
1.2 Zielsetzung und Gang der Arbeit
2 Darstellung der bisherigen Standards zur Umsatzrealisation
2.1 Darstellung des IAS 18: Umsatzerlöse
2.1.1 Erträge aus dem Verkauf von Gütern
2.1.2 Erträge aus dem Erbringen von Dienstleistungen
2.1.3 Erträge aus der Nutzung von Vermögensgegenständen durch Dritte
2.2 Darstellung des IAS 11: Fertigungsaufträge
2.2.1 Auftragserlöse und Auftragskosten
2.2.2 Percentage-of-completion-Methode
2.2.3 Modifizierte Completed-Contract-Methode
3 Darstellung des IFRS 15: Erlöse aus Verträgen mit Kunden
3.1 Entstehung des IFRS 15: Erlöse aus Verträgen mit Kunden
3.2 Fünf-Schritte-Modell zur Umsatzrealisation
3.2.1 Schritt 1: Identifikation von Verträgen mit Kunden
3.2.2 Schritt 2: Identifikation separater Leistungsverpflichtungen
3.2.3 Schritt 3: Bestimmung des Transaktionspreises
3.2.4 Schritt 4: Allokation des Transaktionspreises
3.2.5 Schritt 5: Erfassung der Umsatzerlöse
3.3 Darstellung und Angaben zum IFRS
3.4 Vergleichende kritische Würdigung der Standards
4 Auswirkung des IFRS 15 auf ausgewählte DAX30-Unternehmen
4.1 Stand der Forschung
4.2 Untersuchungsdesign und Gang der Untersuchung
4.3 Auswirkung durch IFRS 15: Erlöse aus Verträgen mit Kunden
4.4 Kritische Würdigung der Ergebnisse
5 Schlussbetrachtung
5.1 Zusammenfassung der bisherigen Erkenntnisse
5.2 Fazit
Anhang
Literaturverzeichnis
Geschäftsberichte
Abbildungsverzeichnis
Abbildung 1: Struktur des IAS 18: Umsatzerlöse
Abbildung 2: Struktur des IAS 11: Fertigungsaufträge
Abbildung 3: Entwicklung des IFRS 15
Abbildung 4: Fünf-Schritte-Modell zur Umsatzrealisation
Abbildung 5: Behandlung von Vertragsänderungen
Abbildung 6: Behandlung von fixen/variablen Gegenleistungen
Abbildung 7: Angabepflichten nach IFRS 15
Abbildung 8: Branchenverteilung der finalen Stichprobe
Abbildung 9: Anwendung der Übergangsmethode
Abbildung 10: Qualitative Angaben zur Auswirkung auf die Vermögenslage
Abbildung 11: Qualitative Angaben zur Auswirkung auf die Ertragslage
Abbildung 12: Gründe für die Veränderung der Vermögens- und Ertragslage
Abbildung 13: Entwicklung der Umsatzerlöse und des EBIT
Abbildung 14: Häufigkeit der Berichtsgegenstände im Anhang von 2018 - 2019
Tabellenverzeichnis
Tabelle 1: Auftragserlöse gem. IAS 11.11-15.
Tabelle 2: Auftragskosten gem. IAS 11.16-21
Tabelle 3: Bestandteile des Transaktionspreises
Tabelle 4: Stand der Forschung zum IFRS 15 von 2009 bis 2020
Tabelle 5: Anpassungseffekte aus IFRS 15 im Jahresabschluss 2017
Tabelle 6: Vertragsvermögenswerte und -verbindlichkeiten von 2017 - 2019
Tabelle 7: Umfang der Anhangangaben zur Umsatzerlösen von 2017 - 2019
Abkürzungs- und Symbolverzeichnis
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
1 Einleitung
1.1 Problemstellung
„Die Verabschiedung eines neuen IFRS zur Umsatzerfassung - als Reaktion auf komplexere Geschäftsmodelle und auf Bilanzskandale der Vergangenheit[...]haben die Problematik der Definition des Begriffs der Umsatzerlöse und der Bestimmung des Realisationszeitpunktes in Theorie und Praxis seit einiger Zeit wieder in den Fokus des Interesses gerückt.“1
Die Umsatzerlöse und deren Realisationszeitpunkt sind wichtige Aspekte für die Einordnung der Ertrags- und Finanzlage eines Unternehmens. Die Vermittlung dieser entscheidungsnützlichen Informationen steht der Problematik komplexer Sachverhalte wie langfristigen Fertigungsaufträgen oder Mehrkomponentenverträgen gegenüber.2 Bisher waren die Vorschriften zur Umsatzrealisation in der internationalen Rechnungslegung über verschiedene Standards und Interpretationen verteilt und galten als komplex. Darüber hinaus waren die Standards durch Regelungslücken, z. B. in Bezug auf Mehrkomponentenverträge gekennzeichnet.3
Der Stellenwert der Umsatzerlöse wird weiter im Bereich der Unternehmensbewertung deutlich. Dadurch, dass das EBIT, welches den Ausgangspunkt der derivativen CashflowErmittlung darstellt, sich grundsätzlich aus den Umsatzerlösen abzüglich diverser Positionen ergibt, hat der Umsatz im Umkehrschluss erheblichen Einfluss auf den Unterneh- menswert.4 Mit Blick auf Wachstumsunternehmen mit noch negativen Gewinnen und Cashflows werden häufig die Umsatzerlöse und Wachstum als Maßstab von Analysten angesetzt. Im Umkehrschluss reizen die Unternehmen ihre bilanzpolitischen Optionen aus, möglichst hohe Umsatzerlöse zu präsentieren.5 Einer der häufigsten Gründe für Bilanzierungsfehler oder Bilanzmanipulation ist eine falsch ausgeführte Ertragsrealisation.6 Mit dem Bestreben, eine Norm für die Umsatzrealisation zu entwickeln, die Regelungslücken schließt und eine den Tatsachen entsprechende Darstellung der Ertragslage ermöglicht, wurde der IFRS 15 entwickelt.7 Dabei sollte insbesondere der Vereinfachung als auch Lösung von Bilanzierungsproblem Rechnung getragen werden. Des Weiteren sollte die Vergleichbarkeit der Erlösrealisation von Unternehmen branchen-, rechtssystem- und kapitalmarktübergreifend verbessert, sowie durch umfangreichere Anhangangaben erweitert werden, um den Adressaten der Rechnungslegung mit entscheidungsrelevanten Informationen zu versorgen.8 Nach zwölf Jahren Zusammenarbeit zwischen dem IASB und FASB wurde der IFRS 15: Erlöse aus Verträgen mit Kunden veröffentlicht und ist nach Abschluss des Endorsementverfahren für Geschäftsjahre nach dem 31.12.2017 verpflichtend für IFRS-Bilanzierer anzuwenden.9
Bereits im Vorfeld hatten Unternehmen einen hohen Aufwand für die Implementierungsmaßnahmen von IFRS 15 verzeichnet.10 Die Telekom spricht von einem mittleren zweistelligen Millionenbetrag für die Umstellung.11 Die DPR hat ausgewählte Aspekte des IFRS 15 auf Ihre Agenda der Prüfungsschwerpunkte für das Jahr 201912 als auch 202013 gesetzt, wodurch die Bedeutsamkeit untermauert wird.
1.2 Zielsetzung und Gang der Arbeit
Mit Blick auf die hohe Relevanz der Umsatzerlöse soll der IFRS 15 im Rahmen der Bachelor-Thesis untersucht werden. Die Forschungsfrage lautet, welche Veränderungen in der Bilanzierungspraxis auftreten, ferner ist zu untersuchen, wie sich der neue IFRS 15 in der Bilanz, der Gesamtergebnisrechnung und im Anhang bei den Unternehmen auswirkt bzw. wie er umgesetzt wird.
Zur Beantwortung der Forschungsfrage erfolgt zunächst eine Darstellung der ehemaligen Standards zur Umsatzrealisation, IAS 11: Fertigungsaufträge sowie IAS 18: Umsatzerlöse. Nach einer historischen Veranschaulichung der Entstehung des IFRS 15 wird das Fünf-Schritte Konzept zur Umsatzrealisierung vorgestellt sowie die Darstellung und dazugehörigen Angaben beschrieben. Darauffolgend wird innerhalb der kritischen Würdigung auf die primären Unterschiede der alten und des neuen Standards verwiesen, um die Veränderungen in der Bilanzierungspraxis zu diskutieren, sowie die durch das IASB verfolgte Zielsetzung zu evaluieren.
Bereits vor dem Inkrafttreten des Standards haben sich zahlreiche Veröffentlichungen mit möglichen Konsequenzen des Standards auseinandergesetzt. Dabei erfolgt im empirischen Teil dieser Arbeit eine Untersuchung ausgewählter DAX30-Unternehmen, die Aufschluss über die Auswirkungen geben soll. Mit der Veröffentlichung der Geschäftsberichte für das Jahr 2019 ergibt sich erstmals die Gelegenheit, die Auswirkungen des IFRS 15 auf Basis von zwei Anwendungsjahren zu analysieren. Im fünften Kapitel der Arbeit erfolgt eine Darlegung der gewonnen Erkenntnisse und abschließende Betrachtung des IFRS 15.
2 Darstellung der bisherigen Standards zur Umsatzrealisation
Für Geschäftsjahre die ab dem 01.01.2018 beginnen ist es verpflichtend den IFRS 15 bei der Erstellung von IFRS Abschlüssen zu verwenden. Bis zu diesem Stichtag waren der IAS 18 und der IAS 11 die maßgebenden Standards zur Umsatzrealisierung. Der IAS 18 wurde im Jahr 1982 herausgegeben, bis auf geringfügige Anpassungen besteht er seit 1993 in seiner heutigen Fassung. Der IAS 11 ist erstmalig im Jahr 1979 herausgegeben worden und wurde ebenfalls im Jahr 1993 überarbeitet.14
2.1 Darstellung des IAS 18: Umsatzerlöse
Der IAS 18 reguliert die Erfassung von Umsatzerlösen die bei dem Verkauf von Gütern, dem Erbringen von Dienstleitungen und der Nutzung von Vermögensgegenständen des Unternehmens durch Dritte entstehen.15 Damit werden alle umsatzerlösrelevanten Transaktionen erfasst, sofern diese nicht unter den Geltungsbereich eines anderen speziellen Standards fallen.16 Diese Abgrenzung erfolgt ebenso im Standard und verweist gleichzeitig auf die stattdessen zugrunde zu legenden Standards.17 Im Standard 18.4 werden Fertigungsaufträge explizit aus dem Geltungsbereich des IAS 18 ausgegliedert. Die in diesem Kontext erbrachten Leistungen von Projektmanagern sowie Architekten fallen ebenfalls aus der Erfassung des IAS 18 heraus.18 Implizit wird im IAS 18 nicht darauf abgezielt Regelungen für einzelne Sachverhalte festzulegen, sondern dem Anwender ein allgemeines Schema von Entscheidungskriterien vorzugeben, welches im Einzelfall zur Anwendung kommt.19
Abbildung 1: Struktur des IAS 18: Umsatzerlöse
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
In Anlehnung an: Zülch, H., Hendler, M., 2017, S. 472.
Unabhängig von der o. g. Art des Umsatzes, der unter den Geltungsbereich des IAS 18 fällt, müssen grundsätzlich die Höhe der Erlöse messbar als auch der Zufluss wahrscheinlich sein.20 Das Kriterium der Wahrscheinlichkeit ist erfüllt, sofern mehr dafür als dagegen spricht, dass das Ereignis eintritt.21
Die Höhe der Umsatzerlöse entspricht dem beizulegenden Zeitwert des Entgeltes.22 Dieses lässt sich aus der entsprechenden vertraglichen Vereinbarung entnehmen. Preisminderungen, wie z. B. Mengenrabatte und Boni o. Ä. sind zu subtrahieren. Bei den Umsatzerlösen handelt es sich um Beträge, die auf eigene Rechnung vereinnahmt werden und für das Unternehmen einen wirtschaftlichen Nutzen bedeuten und in Folge dessen das Eigenkapital erhöhen. Ausgenommen sind somit Beträge, wie Umsatzsteuern, die für Dritte eingenommen werden.23 Der beizulegende Zeitwert der Gegenleistung kann jedoch nach IAS 18.11 bei Verzögerung durch ein längeres Zahlungsziel unter dem Nominalwert liegen. In diesem Fall ist zu prüfen, ob eine Finanzierungsleistung vorliegt.24 Bei einem positivem Ergebnis ist auf den Barwert abzustellen, der Diskontierungssatz ist dabei, ein der Bonität des Kontrahenten angepasster oder ein Zinssatz, der zu einem Barwertverhältnis zwischen dem Barpreis und den künftigen Nominalwertzahlungen führt. Dabei ist der Diskontierungssatz heranzuziehen, welcher verlässlicher zu ermitteln ist. Die Erträge, die durch die Aufzinsung entstehen sind in den Folgeperioden nach der Effektivzinsmethode zu erfassen.25
Geschäftsvorfälle sind einzeln auf die Umsatzhöhe und den Realisationszeitpunkt hin zu untersuchen. Mehrkomponentenverträge sollen in diesem Rahmen in ihre Bestandteile aufgeteilt und untersucht werden. Betrachtet man exemplarischer Weise einen Verkauf mit dazugehöriger Wartung, werden zwei Leistungsarten identifiziert. Der Verkauf führt zu einer direkten Umsatzrealisation. Entgegengesetzt dazu wird der Erlös aus dem Wartungsvertrag etappenweise mit der Ausführung der Leistung realisiert. Damit eine Bilanzierung im Sinne des True and Fair View gewährleistet werden kann, verlangt der Standard 18.13 ebenfalls, dass die Bestandteile auch bei rechtlicher Trennung zusammen betrachtet werden, damit das wirtschaftlich Gewollte der einzelnen Geschäfte insgesamt nachvollziehbar dargestellt werden kann.26
Nach IAS 18.35 sind Angaben über die verwendeten Rechnungslegungsmethoden zu machen, einschließlich der Methode, die zur Ermittlung des Fertigstellungsgrades für Dienstleistungsverträge zur Anwendung gekommen ist. Darüber hinaus sind die Beträge jeder bedeutsamen Kategorie von Umsatzerlösen mit einem Betrag zu nennen.27
2.1.1 Erträge aus dem Verkauf von Gütern
Die Realisierung von Erträgen aus Güterverkäufen wird im Bereich IAS 18.14-19 geregelt. Im IAS 18.3 werden Güter als Erzeugnisse beschrieben, die für den Verkauf erworben oder hergestellt worden sind, damit sind auch Sachanlagen oder Grundstücke inbegriffen, die für den Weiterverkauf bestimmt sind.28
Damit Erträge aus dem Verkauf von Gütern realisiert werden können, müssen fünf Kriterien kumulativ erfüllt sein. So müssen die Verfügungsgewalt sowie die maßgeblichen Chancen und Risiken auf den Käufer übergegangen, die Höhe des Umsatzes verlässlich bestimmbar und der Zufluss des Nutzes wahrscheinlich sein. Letztlich müssen die Aufwendungen des Verkaufs sowie die Anschaffungs- und Herstellungskosten der veräußerten Ware verlässlich zu ermitteln sein.29 Die Kriterien, die sich auf die Bestimmung der Höhe des Umsatzes und auf die Wahrscheinlichkeit des Nutzenzuflusses beziehen, wurden bereits im Kapitel 2.1 erläutert.
Bei der Prüfung der Sachverhalte ist nicht auf die juristische Form des Besitzes abzuzielen - die wirtschaftliche Substanz ist maßgeblich. Falls der Verkäufer noch Eigentümer eines Gutes ist, da es z. B. unter Eigentumsvorbehalt geliefert worden ist, sind mit der Lieferung der Ware an den Käufer, die Verfügungsgewalt sowie die maßgeblichen Chancen und Risiken übergegangen.30 Ähnlich verhält es sich bei Rücktrittsrechten des Käufers, ist es branchenüblich und die Wahrscheinlichkeit der Rücksendung lässt sich mit Erfahrungswerten schätzen, ist ein Ertrag zu realisieren. Unter Umständen ist für das Rücksenderisiko eine Rückstellung zu erstellen. Handelt es sich bei dem Rücktrittsrecht um einen individuell vereinbarten Vertragsbestandteil, wobei die Wahrscheinlichkeit der Ausübung nicht vorhergesehen werden kann, ist kein Umsatz zu verbuchen.31 Im IAS 18.16a-d werden Fallkonstruktionen erläutert, in denen der Übergang von Chancen und Risiken nicht vorliegt und somit kein Umsatz realisiert wird. Bei der Bestimmung der beim Verkauf entstandenen Aufwendungen bzw. Anschaffungs- und Herstellungskosten werden auch Nebenkosten wie Vertriebskosten berücksichtigt, bei der Berechnung fließen kalkulatorische Kosten jedoch nicht mit ein.32
2.1.2 Erträge aus dem Erbringen von Dienstleistungen
Der IAS 18.20-28 befasst sich mit der Ertragsrealisation aus der Erbringung von Dienstleistungen. Der Begriff Dienstleistung erfasst hierbei auch Werkverträge. Die Erfüllung von Dienstleistungen und Werkverträgen kann über mehrere Perioden erfolgen.33 Analog zu der Realisation von Erträgen aus dem Verkauf von Gütern sind bei dem Erbringen von Dienstleistungen gem. IAS 18.20 Kriterien kumulativ zu erfüllen, damit diese als realisierte Erträge berücksichtig werden. Die Bestimmbarkeit der Höhe der Umsatzerlöse sowie die Wahrscheinlichkeit des Nutzenzuflusses als auch die Identifizierbarkeit, der mit der Transaktion verbunden Kosten müssen gegeben sein. Weiterhin muss bei Dienstleistungen der Fertigstellungsgrad beim Bilanzstichtag zuverlässig ermittelt werden kön- nen.34 Im Standard IAS 18.21 wird auch explizit auf die Vorschriften des IAS 11 verwiesen, welcher die Erlösrealisation langfristiger Fertigungsaufträge beschreibt. Dienstleistungsgeschäfte sowie langfristige Fertigungsverträge werden bilanziell identisch behandelt. Im IAS 18.24 werden Möglichkeiten aufgegriffen wie der Fertigstellungsgrad zu ermitteln ist.35 Es ist die Methode zu wählen, die die Leistung verlässlich bemisst.36 Von einer verlässlichen Bestimmbarkeit ist auszugehen, wenn das ausführende Unternehmen ein effektives Budgetierungs- und Berichtssystem verwendet. Des Weiteren kann von einer verlässlichen Bestimmung gesprochen werden, wenn gegenseitige Rechte zur Erbringung und Empfang der Leistung als auch Abwicklungs- und Erfüllungsmodalitäten vereinbart und Leistung und Gegenleistung definiert sind.37 Es besteht die vereinfachende Option, die Umsätze aus einem Dienstleistungsgeschäfts linear über die Laufzeit zu erfassen, die Voraussetzung dafür ist, dass keine der vorgenannten Methoden eine genauere Bezifferung zulässt.38 Kann ein Fertigstellungsgrad berechnet werden, ist ein unfertiges Erzeugnis in Höhe von den anteiligen Umsatzerlösen zu aktivieren.39
2.1.3 Erträge aus der Nutzung von Vermögensgegenständen durch Dritte
Das Vorgehen bei der Realisierung von Erträgen aus der Nutzung von Vermögensgegenstände durch Dritte wird im IAS 18.29.-34 beschrieben. Zu diesen Erträgen gehören Zinsen, Nutzungsentgelte und Dividenden. Die Erfassung erfolgt wie auch bei den vorherigen Erlösarten, wenn die Wahrscheinlichkeit des Zuflusses gegeben als auch die Höhe verlässlich bestimmbar ist.40
Das Vorgehen, wie die jeweiligen Beträge zu erfassen sind, werden ebenfalls im Standard vorgeben. Zinserträge werden demnach unter Anwendung der Effektivzinsmethode, proportional über die Laufzeit realisiert.41 Hier wird berechnet wie die Zinserträge und -aufwendungen sich auf die Perioden verteilen und wie hoch die fortgeführten Anschaffungskosten eines finanziellen Vermögensgegenstandes sind. Der Effektivzins kann auch mit dem internen Zinsfuß aus der Investitionstheorie gleichgesetzt werden, denn er führt zum ursprünglichen Nettobuchwert durch Abzinsung der erwarteten Ein- zahlungen.42 Bei der Ermittlung des Effektivzinssatzes werden alle Unterschiedsbeträge zwischen Anschaffungskosten des Vermögensgegenstandes und des Rückzahlungsbetrages einbezogen. Weiterhin sind erhaltene oder gezahlte Gebühren als auch vertragliche Bestandteile wie Vorauszahlungen, Kauf- oder auch andere Optionen zu berücksichtigen.43
Nutzungsentgelte werden periodengerecht in Kongruenz mit dem zugrunde liegenden Vertrag realisiert. Sie ergeben sich aus der Überlassung von immateriellen Anlagevermögen zur Nutzung durch Dritte, dazu zählen u. a. Patente, Urheberrechte, Warenzeichen und Softwarelizenzen.44 Die Vergabe einer Lizenz wird so beispielsweise bis zu periodischen Erfüllung als schwebendes Geschäft gesehen, erst nach Ablauf der Periode wird der Umsatz gebucht, eventuell sind Abgrenzungen für Zahlungen durchzuführen. Unter Umständen kann eine erfolgsabhängige Vergütung für die Zurverfügungstellung von Lizenzen beschlossen werden, diese werden dann mit Eintritt des geforderten Szenarios re- alisiert.45
Schließlich regelt der IAS 18 die Realisation von Dividenden, gem. IAS 18.30c werden diese mit der Entstehung des Rechtsanspruchs auf Zahlung realisiert. Jedoch ist eine phasengleiche Vereinnahmung der Dividenden nicht möglich, da ein Rechtsanspruch erst mit Gewinnverwendungsbeschluss vorliegt.46
2.2 Darstellung des IAS 11: Fertigungsaufträge
Im IAS 11: Fertigungsaufträge wird die Fragestellung abgearbeitet, wie Fertigungsaufträge mit ihren dazugehörigen Erlösen und Kosten und entsprechenden Gewinnen zu bilanzieren sind. Während beim HGB das Realisationsprinzip vorherrscht ist in den IFRS vorgesehen, dass die Gewinne nicht erst mit der Vertragserfüllung, also dem Gefahrenübergang zu realisieren sind, sondern entsprechend des Fertigstellungsgrades in den jeweiligen Perioden.47
Abbildung 2: Struktur des IAS 11: Fertigungsaufträge
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
In Anlehnung an: Zülch, H., Hendler, M., 2017, S. 398.
Generell kommen Fertigungsaufträge im Baugewerbe, Schiffs-, Flugzeug- und Anlagenbau vor, die Fertigstellung beansprucht mehrere Jahre. Der IAS 11.3 spricht von Verträgen die kundenspezifisch sind, besteht dieser aus mehreren Komponenten, sind diese aufeinander abgestimmt oder voneinander abhängig.48 Hierbei bedeutet kundenspezifisch, dass der Kunde während der Erstellung des Werkes Bestanteile verändern kann.49 Entgegengesetzt zur Massen- und Serienfertigung kommt der Vertragsabschluss bereits vor dem Beginn der Fertigung zustande. Es wird zwischen zwei Vertragsarten differenziert, bei einem Festpreisvertrag wird ein Preis pro Einheit fixiert. Dem gegenüber stehen die Kostenzuschlagsverträge. Der Auftragnehmer erhält eine Vergütung, die sich aus abrechenbaren Kosten und einem prozentualen Zuschlag zusammensetzt. Die Abgrenzung ist jedoch nicht absolut, so sind neben Kombinationen auch Untervarianten denkbar.50 Als Beispiel lässt sich ein Vertrag anführen, der sich der Zuschlagskomponente bedient und gleichzeitig einen Höchstpreis angibt. Eine Differenzierung der Verträge ist von Belang, da im späteren Verlauf divergierende Anforderungen an die Reliabilität der Schätzungen der Inputfaktoren gestellt werden.51
Nach dem Standardsetter ist der IAS 11 auf jeden Fertigungsauftrag individuell anzuwenden, jedoch müssen diese unter bestimmten Bedingungen zusammengefasst oder segmentiert werden. So muss ein Vertrag, sofern er mehrere Einzelleistungen beinhaltet, segmentiert werden. Jede Erstellung eines Vermögensgegenstandes ist als einzelner Fertigungsauftrag zu behandeln, wenn separate Angebote unterbreitet und verhandelt werden und auch die Erlöse und Kosten individuell bestimmbar sind. Eine Zusammenfassung von Fertigungen erfolgt hingegen, wenn die Verhandlung sich auf ein Paket beschränkt sowie die Verträge eine Verknüpfung aufweisen, die auf ein Projekt mit einer Marge schließen lässt. Die Abwicklung der Komponenten erfolgt dabei parallel oder direkt im Anschluss. Wünscht der Kunde einen Folgeauftrag, findet eine Abgrenzung zum ursprünglichen Auftrag statt, falls die Preisverhandlungen unabhängig von dem ersten Auftrag durchgeführt werden oder er hinsichtlich Designs, Technologie oder Funktion abweicht.52
Das bilanzierende Unternehmen hat Angaben zu tätigen, die in IAS 11.39 ff. Erläuterung finden. Zu den angefallenen Umsatzerlösen sind auch die Methoden zur Ermittlung und das Vorgehen zur Bestimmung des Fertigstellungsgrades bei aktuellen Fertigungen anzugeben. Ferner sind bei laufenden Projekten entstandene Kosten und Gewinne, erhaltene Anzahlungen sowie Einbehalte zu deklarieren.53 Einbehalte ergeben sich z. B. für Sicherheitsleistungen wie sie im Baugewerbe gängig sind für die Vertragsausführung oder den Gewährleistungszeitraum.54 Der separate bilanzielle Ausweis der Forderungen und Verbindlichkeiten, welche sich aus Fertigungsaufträgen ergeben ist obsolet, unter der Prämisse, dass die Angaben im Anhang getätigt werden sowie der differenzierte Ausweis nicht das Verständnis der Finanz- und Ertragslage nach IAS 1.55 steigert.55
2.2.1 Auftragserlöse und Auftragskosten
Der IAS 11 gibt zwei Methoden vor, mit denen der zu bilanzierende Fertigungsauftrag ausgewiesen werden kann. Um den Ansatz zu bestimmen werden neben dem Fertigstellungsgrad die Auftragserlöse und -kosten als Inputfaktoren benötigt.56 Das Kapitel widmet sich der Erläuterung der Auftragserlöse und -kosten wie sie in IAS 11.11-21 beschrieben werden.
Tabelle 1: Auftragserlöse gem. IAS 11.11-15
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
In Anlehnung an: Pellens, B., et. al., 2017, S. 294.
Bei der Ermittlung der Auftragserlöse werden neben den vertraglich definierten Erträgen, die Abweichungen, Nachforderungen sowie Prämien einbezogen. Eine durch den Vertragspartner gewünschte Änderung der Leistung, kann zu höheren oder geringeren Umsätzen führen. Nach IAS 11.13 wird eine Abweichung in die Berechnung einbezogen, sollte die Veränderung der Erlöse zuverlässig bezifferbar sein und wahrscheinlich vom Kunden akzeptiert werden. Wobei die Akzeptanz sich nicht auf technische Aspekte beschränken darf, es muss eine Übereinkunft bezüglich der Erhöhung oder Minderung der Erlöse stattfinden.57
Eine durch den Auftragnehmer nicht zu vertretende Verzögerung im Ablauf der Fertigung oder Fehler im Design durch falsch beschriebene Rahmenbedingungen der Ausführung können eine Nachforderung vonseiten des Auftragnehmers begründen. Die Nachforderung fließen jedoch nur in die Erträge ein, wenn sie wahrscheinlich akzeptiert werden und verlässlich bewertet werden können. Die Realisation ist mit Unsicherheit behaftet, denn die Durchsetzung hängt vom Verhandlungsgeschick des Auftragnehmers ab.58
Letztlich sind Prämienzahlungen, z. B. für vorzeitige Fertigstellung, zu berücksichtigen. Dafür muss das Projekt so weit vorangeschritten sein, dass die Vereinnahmung zu vermuten ist, als auch der Betrag wie bei den anderen Komponenten verlässlich bewertet werden kann.59
Die Auftragskosten umfassen hierbei direkte Kosten, die durch den Auftrag verursacht sind, allgemeine Kosten, die sich hinzurechnen lassen, sowie sonstige Kosten und solche die mit der Auftragserlangung in Verbindung stehen.60
Tabelle 2: Auftragskosten gem. IAS 11.16-21
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
In Anlehnung an: Pellens, B., et. al., 2017, S. 294.
Die direkten Kosten eines Auftrages werden in IAS 11.17 beschrieben und umfassen, u. a. Lohnkosten, Material, Abschreibungen, Mieten, Planung, Überwachung sowie Garantie und Ansprüche Dritter, welche direkt zugeordnet werden können. Mittels einer anteiligen Verteilung können indirekte Kosten, berücksichtigt werden. Der Standard gibt hier Kosten für Versicherungen, für technische Unterstützung und Fertigungsgemeinkosten an. Ebenso finden Kosten für die allgemeine Verwaltung oder F & E Berücksichtigung, sofern eine Vergütung vertraglich vereinbart ist. Grundsätzlich werden Vertriebskosten oder Abschreibungen auf Überkapazitäten nicht eingerechnet. Erfolgt eine Finanzierung des Projektes, sind auch die daraus resultierenden Kosten unter Beachtung des IAS 23: Fremdkapitalkosten zu behandeln.61
Kosten für die Auftragserlangung ergeben sich u. a. aus Reisekosten und Kosten der Angebotserstellung. Neben der Identifizier- und Bewertbarkeit der Kosten, muss die Erlangung des Auftrages wahrscheinlich sein.62
2.2.2 Percentage-of-completion-Methode
Mit dem Fokus auf die Vermittlung von nützlichen Informationen in Bezug auf Fertigungsaufträge verlangt der IAS 11.22, dass die Erlöse und Kosten zum Bilanzstichtag jeweils GuV-wirksam gebucht werden, sofern das Ergebnis des Fertigungsauftrages verlässlich geschätzt werden kann.63 Grundsätzlich kann ein Unternehmen verlässliche Schätzungen durchführen, wenn es ein Budgetierungs- und Berichtssystem nutzt und mittels Vertrag Rechte und Pflichten beider Vertragspartner fixiert worden sind.64 Bei der PoC-Methode (Percentage-of-Completion-Methode) werden entsprechend dem Fertigstellungsgrad des Auftrages Umsatzerlöse gebucht und spiegelbildlich wird der Fertigungsauftrag aktiviert. Den Umsatzerlösen in der GuV, steht der durch das Projekt verursachte Aufwand gegenüber, sodass ein Gewinn ausgewiesen wird.65
An dieser Stelle kommt die anfängliche Differenzierung zwischen Festpreis- und Kostenzuschlagsverträgen zum Tragen. Der Standard setzt unterschiedlich strenge Prämissen an, damit das Ergebnis als verlässlich schätzbar gilt und die PoC-Methode Verwendung findet. Während das Ergebnis bei einem Kostenzuschlagsvertrag gem. IAS 11.24 bereits als verlässlich schätzbar gilt, wenn der Nutzenzufluss wahrscheinlich sowie die zurechenbaren Kosten eindeutig bestimmt und verlässlich bewertet werden können, kommen beim Festpreisvertrag gem. IAS 11.23 weitere Punkte hinzu. So müssen die Erlöse, die noch anfallenden Kosten und der Fertigstellungsgrad verlässlich bewertbar sein.66 Dieser Unterschied begründet sich in der Sicherheit der Gewinnermittlung auf Zuschlagsbasis. Im Fall einer Mischform sind die strengeren Regeln bei der Bestimmung anzusetzen.67
Die Problematik besteht in der Komplexität, die der Fertigstellungsgrad in der Praxis aufweisen kann, z. B. bei einem komplexen Gerät. So präsentiert das IASB in IAS 11.30 f drei Varianten zur Ermittlung. Zur Quantifizierung des Fertigstellungsgrades kann der Quotient aus den bis zum Stichtag angefallenen Kosten und den am Stichtag geschätzten gesamten Kosten des Fertigungsauftrags berechnet werden. Dieses Vorgehen, auch als Cost-to-cost-Methode bekannt, findet in der Praxis am häufigsten Anwendung.68 Weiter anzuführen ist auch die Efforts-expected-Methode, bei der die bisherige Arbeitszeit zur gesamten geschätzten Arbeitszeit ins Verhältnis gesetzt wird.69 Neben den inputorientier- ten Methoden können zum Bestimmen des Fertigstellungsgrades outputorientierte Methoden genutzt werden. Möglichkeiten sind die erbrachte Leistung zu begutachten oder die Fertigstellung einer phvsischen Komponente des Auftrages (Milestone-Methode) als Referenz zu nutzen.70
Nach der Ermittlung des Fertigstellungsgrades erfolgt eine Multiplikation mit den geschätzten Gesamterlösen. Abzüglich der bisher realisierten kumulierten Erlöse der Vorperioden ergeben sich, die in der Periode erwirtschafteten Erlöse.71
2.2.3 Modifizierte Completed-Contract-Methode
Kann ein Unternehmen die Parameter, wie sie für die PoC-Methode benötigt werden, nicht verlässlich ermitteln, ist die Modifizierte Completed-Contract-Methode verpflichtend. Es werden lediglich Erlöse analog zu dem bis zum Stichtag angefallenen Kosten berücksichtigt.72 Da bei diesem Vorgehen kein Gewinn ausgewiesen wird, wird dieser Ansatz auch als Zero-profit-Methode bezeichnet.73 Die Gewinnrealisation erfolgt erst bei der Abnahme der Leistung oder falls die Gründe für die fehlende Verlässlichkeit der Schätzung wegfallen. Beim zweiten Szenario ist gem. IAS 11.35 die PoC-Methode auf die Folgeperioden anzuwenden.74 Obwohl das Ergebnis des Auftrages nicht verlässlich abschätzbar ist, besteht die Möglichkeit, dass es wahrscheinlich ist, dass die Auftragskosten die Auftragserlöse übersteigen. In solchen Fällen findet eine entsprechende Buchung im Aufwand statt, die Korrektur erfolgt nicht über die Umsatzerlöse.75
3 Darstellung des IFRS 15: Erlöse aus Verträgen mit Kunden
Der IFRS 15 wird auf die Erlöse aus Verträgen mit Kunden angewandt, mit der Ausnahme von Leasing-, Versicherungsverträge, Finanzinstrumenten sowie nicht-monetäre Tauschgeschäfte, die in anderen Standards reguliert sind. Die bisherigen Standards 11 sowie 18 und deren dazugehörigen Interpretationen IFRIC 13: Kundenbindungsprogramme, IFRIC 15: Vereinbarungen über die Errichtung von Immobilien und IFRIC 18: Übertragung von Vermögenswerten von Kunden als auch SIC-31: Tauschgeschäfte werden durch den IFRS 15 ersetzt.76 Es handelt sich somit um Verträge die im Rahmen der gewöhnlichen Geschäftstätigkeit abgewickelt werden, bei denen ein Kunde Güter oder Dienstleistungen des berichtenden Unternehmens erhält.77 Die Zielsetzung des Standards ist die Vermittlung von entscheidungsrelevanten Informationen über die Art, die Höhe, den Zeitpunkt und die Sicherheit in Bezug auf Umsatzerlöse und Zahlungsströme die aus diesen Kundenverträgen hervorgehen.78
Für die Erstanwendung waren zwei alternative Anwendungsmöglichkeiten durch das Board vorgesehen. Der IFRS 15 konnte vollständig oder modifiziert retrospektiv eingeführt werden.79 Die vollständige retrospektive Methode verlangt, dass die vergangenen Berichtsperioden so anzupassen sind, als wäre der IFRS 15 schon immer angewendet worden.80 Dabei stellt das IASB einige praktische Behelfe in Aussicht. Das berichtende Unternehmen kann darauf verzichten die Änderungseffekte der Verträge, die in den Vorperioden abgeschlossen wurden, zu ermitteln. Ebenso müssen in diesem Kontext die variablen Transaktionspreise nicht geschätzt werden, vereinfachend wird die vereinnahmte Gegenleistung angesetzt. Bezüglich der Ermittlung der Vertragsveränderungen reicht eine Differenzierung der bereits erfüllten und unerfüllten Leistungsverpflichtungen sowie korrespondierende Ermittlung und Allokation des Transaktionspreises.81 Darüber hinaus muss der Auftragsbestand für Vorperioden nicht genannt werden. Bei der vollständig retrospektiven Methode kann das Unternehmen, einzelne Erleichterungen auswählen, muss diese jedoch konsequent auf alle Verträge anwenden.82 Entscheidet sich das bilanzierende Unternehmen für die modifizierte retrospektive Anwendung erfasst es den kumulierten Änderungseffekt, der sich bei der Umstellung von Altverträgen auf IFRS 15 sowie neuen Verträgen ergibt, in der Gewinnrücklage.83 Ist ein IFRS veröffentlicht, jedoch noch nicht in kraftgetreten hat ein Unternehmen nach IAS 8.30 über verlässliche Informationen zu Auswirkungen zu berichten.84
3.1 Entstehung des IFRS 15: Erlöse aus Verträgen mit Kunden
Im Jahr 2002 begann das Gemeinschaftsprojekt des IASB und FASB zur Überarbeitung der Standards zur Umsatzrealisation, mit der Zielsetzung prinzipienbasierte Grundsätze zu entwickeln und eine Konvergenz zwischen den Regelungen der US-GAAP und IFRS zu erreichen.85 Durch die Veröffentlichung des Diskussionspapiers im Dezember 2008 hat das IASB seine Absichten in Bezug auf Umsatzerlöse und die Grundsätze mit denen künftig die Realisation gehandhabt werden sollte, dargestellt. Nach Abschluss einer Kommentierungsphase wurde der Standardentwurf ED/2010/6 erstellt.86
Der im Juni 2010 veröffentlichte Standardentwurf, auf den eine Resonanz von ca. 1.000 Kommentierung erfolgt ist, wurde überarbeitet. Im November 2011 wurde dieser unter ED/2011/6 veröffentlicht, um unbeabsichtigte Konsequenzen im finalen Standard zu vermeiden, obwohl dies im eigentlichen Standardsetzungsprozess nicht vorgesehen ist.87 Das Board hat unter Berücksichtigung der Kritik aus der Bilanzierungspraxis eingelenkt und den Standard mit einer Tendenz zu den ursprünglichen Realisationsmodellen angepasst. So kann beispielsweise wieder die PoC-Methode bei Werkverträgen angewandt werden. Die Kompromisse die das IASB eingegangen ist, gehen zur Last der eigentlichen Zielsetzung einen konsistenten und prinzipienorientierten Standard zu entwickeln.88 Nach einem zwölf jährigen Prozess wurde der Standard schließlich am 28.05.2014 veröffentlicht. Um die Boards über aufkommende Probleme bei der Standardanwendung zu informieren, haben diese die Joint Transition Resource Group for Revenue Recognition (TRG) gegründet. Die TRG ist eine Gruppe von Wirtschaftsprüfern, Abschlusserstellern und -adressaten, die darüber hinaus über mögliche praktische Vorgehensweisen informieren, damit die Boards ihre jeweiligen Standards ergänzen können. Zwar sind die Empfehlungen der TRG nicht verbindlich, können jedoch bei Klärung von Einzelfragen helfen.89 Aus der Arbeit der TRG resultierten die Klarstellungen zu IFRS 15, die im April des Jahres 2016 durch das IASB veröffentlicht worden sind. Nach Beendigung des Endorsementverfahrens im September 2016 ist der Standard verpflichtend für Geschäftsjahre ab dem 01.01.2018 anzuwenden.90 Ursprünglich war die Anwendung bereits für Geschäftsjahre, die mit dem 01.01.2017 beginnen vorgesehen, allerdings fand eine Verschiebung statt, um den Unternehmen zu ermöglichen die Klarstellungen zusammen mit der Erstanwendung umzusetzen.91 Neben der Bearbeitungsdauer von über 12 Jahren und dem Volumen von Kommentierungen lässt sich auf eine hohe Relevanz des Projektes für verschiedene Interessensgruppen schließen.92 Die nachfolgende Abbildung 3 visualisiert den historischen Entwicklungsprozess:
Abbildung 3: Entwicklung des IFRS 15
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
In Anlehnung an: Henzler, M. M., 2017, S. 134.
3.2 Fünf-Schritte-Modell zur Umsatzrealisation
Im Zentrum von IFRS 15 steht das Fünf-Schritte-Modell zur Umsatzrealisation. Unabhängig von der Branche oder dem Geschäftsmodell des Unternehmens wird die Umsatzrealisation anhand des Fünf-Schritte-Modells durchgeführt.93 In der folgenden Abbildung 4 wird das Fünf-Schritte-Modell vorgestellt und in den nachgehenden Abschnitten erläutert.
Abbildung 4: Fünf-Schritte-Modell zur Umsatzrealisation
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
In Anlehnung an: BDO, 2019, S. 7.
3.2.1 Schritt 1: Identifikation von Verträgen mit Kunden
Im Kontext des Fünf-Schritte Modells ist zunächst die Identifikation des Vertrags gemäß IFRS 15.9-21 durchzuführen. Bei einem Vertrag handelt es sich nach der Erläuterung von IFRS 15.10 um die Vereinbarung von zwei oder mehr Vertragsparteien die durchsetzbare Rechte und Pflichten beinhaltet. Bevor der Vertrag berücksichtigt wird, müssen kumulativ die Kriterien des IFRS 15.9 erfüllt sein. Die Parteien haben den Bedingungen des Vertrages zugestimmt, die daraus resultierenden Rechte und Pflichten als auch die Zahlungsbindungen sind identifizierbar. Der Vertrag hat wirtschaftliche Substanz. Schließlich muss davon auszugehen sein, dass die Gegenleistung vereinnahmt wird.94
Bei der Beurteilung der durchsetzbaren Rechte und Pflichten ist auf das jeweilig geltende Zivil- und Vertragsrecht abzustellen,95 durch diese nationale Restriktion wird im Umkehrschluss allerdings die internationale Vergleichbarkeit eingeschränkt.96
Bei der Wahrscheinlichkeit des Erhalts der Gegenleistung sind die Zahlungsfähigkeit und -bereitschaft des Kunden zu prüfen. Hängt die Zahlung von Genehmigungen von Auslandsbehörden ab oder hat der Kunde eine schlechte Bonität, so ist zunächst nicht von einer Vereinnahmung auszugehen. Die Umsatzrealisierung kann somit erst nach Zahlungseingang erfolgen.97
Von einer wirtschaftlichen Substanz des Vertrages kann ausgegangen werden, wenn Auswirkungen auf die künftigen Cashflows bestehen. Der Punkt wäre somit nicht erfüllt, wenn es sich um einen bilanzpolitisch orientierten Tausch gleicher Güter handelt.98
Ist das Ergebnis der ersten Prüfung der Vertragskriterien positiv, muss das Unternehmen die Prüfung nicht erneut durchführen, nur falls sich neue Erkenntnisse ergeben ist erneut zu prüfen. Gründe dafür können wie in IFRS 15.13 beschrieben sein, dass sich die Zahlungsfähigkeit des Kunden verschlechtert hat. Bei negativem Resultat ist die Prüfung in regelmäßigen Abständen zu wiederholen, bis sie positiv ausfällt.99 Erhält ein Unternehmen eine Gegenleistung, bevor die Bedingungen erfüllt sind, muss in Einklang mit IFRS 15.16 der Betrag als Verbindlichkeit passiviert werden, ggf. ist noch Leistung zu erbringen bzw. die Gegenleistung zurückzuzahlen, ein Ausweis von Umsatzerlösen wird noch nicht vorgenommen. Vor Eintritt darf der Ausweis gem. IFRS 15.15 jedoch erfolgen, wenn das Unternehmen keine Leistungen mehr erfüllen muss bzw. wenn der Vertrag beendet worden ist und die Gegenleistungen nicht erstattet werden müssen.100
Um den ökonomischen Gehalt von Verträgen besser darstellen zu können, sind diese zu einer Einheit zu bündeln, sobald ein Kriterium des IFRS 15.17 besteht. Falls die Verträge als ein Paket verhandelt worden sind und auf die Erreichung eines wirtschaftlichen Ziels abgestimmt sind, Interdependenzen in der Preisgestaltung der Verträge bestehen oder die Leistungsverpflichtungen als Komponenten einer Leistungsverpflichtung zu betrachten sind, ist eine Einheit zu bilden.101
[...]
1 Breidenbach, K., Währisch, M., 2016, Vorwort.
2 Vgl. Ruhnke, K., Simons, D., 2018, S. 563 f.
3 Vgl. Zülch, H., Hendler, M., 2017, S. 499.
4 Vgl. Ernst, D., Heyd, R., Popp, M., 2014, S. 98 f.
5 Vgl. Pellens, B., et. al., 2017, S. 273.
6 Vgl. Rinker, C., 2019a, S. 291.
7 Vgl. Zülch, H., Pronobis, P., Fischer, D. T., 2009, S. 1941.
8 Vgl. IFRS 15.BC3.
9 Vgl. Breidenbach, K., Währisch, M., 2016, Rz.80.
10 Vgl. Rinker, C., 2019b, S. 378.
11 Vgl. Finance-Magazin, https://bit.lv/2WiHCa2, 2018, Abruf: 02.03.2020.
12 Vgl. DPR, Prüfungsschwerpunkte 2019, https://bit.lv/33uC2mP, 2018, Abruf: 02.03.2020.
13 Vgl. DPR, Prüfungsschwerpunkte 2020, https://bit.lv/39XvorD, 2019, Abruf: 17.03.2020.
14 Vgl. Antonakopoulos, N. in Merkt, H., Probst, A., Fink, C. (Hrsg.), 2017, Kap. 9, Rz. 38 f.
15 Vgl. IAS 18.1.
16 Vgl. Pellens, B., et. al., 2017, S. 276.
17 Vgl. IAS 18.6; Zülch, H., Hendler, M., 2017, S. 470.
18 Vgl. Hoehne, F., Senger, T. in Buschhüter, M., Striegel, A. (Hrsg.), 2011, IAS 18, Rz. 8.
19 Vgl. ebd., Rz. 1.
20 Vgl. Pellens, B., et. al., 2017, S. 278.
21 Vgl. IAS 37.23 i. V. m. IAS 8.11.
22 Vgl. IAS 18.9.
23 Vgl. Senger, T. in Buschhüter, M., Striegel, A. (Hrsg.), 2009, § 5, Rz. 679 ff.
24 Vgl. Hoehne, F., Senger, T. in Buschhüter, M., Striegel, A. (Hrsg.), 2011, IAS 18, Rz. 17.
25 Vgl. Pellens, B., et. al., S. 278.
26 Vgl. Althoff, F., 2012, S. 230.
27 Vgl. IAS 18.35.
28 Vgl. Hoehne, F., Senger, T. in Buschhüter, M., Striegel, A. (Hrsg.), 2011, IAS 18, Rz. 28.
29 Vgl. IAS 18.14; Althoff, F., 2012, S. 230.
30 Vgl. Pellens, B., et. al., 2017, S. 279 f
31 Vgl. Theile, C., Pawelzik, U. in Heuser, J. P., Theile, C., 2012, Rz. 625.
32 Vgl. Senger, T. in Buschhüter, M., Striegel, A. (Hrsg.), 2009, Rz. 695.
33 Vgl. Hoehne, F., Senger, T. in Buschhüter, M., Striegel, A. (Hrsg.), 2011, IAS 18, Rz. 59.
34 Vgl. Zülch, H., Hendler, M., 2017, S. 482 f.
35 Vgl. Althoff, F., 2012, S. 232.
36 Vgl. IAS 18.24; Erläuterung der Methoden zur Ermittlung des Fertigstellungsgrades in Kapitel 2.2.2.
37 Vgl. Senger, T. in Buschhüter, M., Striegel, A. (Hrsg.), 2009, § 5, Rz. 701 f.
38 Vgl. Zülch, H., Hendler, M., 2017, S. 484.
39 Vgl. Althoff, F., 2012, S. 232.
40 Vgl. IAS 18.29 f.; Zülch, H., Hendler, M., 2017, S. 487.
41 Vgl. Senger, T. in Buschhüter, M., Striegel, A. (Hrsg.), 2009, § 5, Rz. 709.
42 Vgl. Zülch, H., Hendler, M., 2017, S. 488.
43 Vgl. Hoehne, F., Senger, T. in Buschhüter, M., Striegel, A. (Hrsg.), 2011, IAS 18, Rz. 95.
44 Vgl. Pellens, B., et. al., 2017, S. 284.
45 Vgl. Theile, C., Pawelzik, U. in Heuser, J. P., Theile, C., 2012, Rz. 662 f.
46 Vgl. Antonakopoulos, N. in Merkt, H., Probst, A., Fink, C. (Hrsg.), 2017, Kap. 9, Rz. 179.
47 Vgl. Bieg, H., et. al., 2009, S. 339.
48 Vgl. Achleitner, A., Behr, G., Schäfer, D., 2009, S. 169.
49 Vgl. Schwager, C., Schween, C. in Buschhüter, M., Striegel, A. (Hrsg.), 2011, IAS 11, Rz. 4 f.
50 Vgl. Achleitner, A., Behr, G., Schäfer, D., 2009, S. 169 f.
51 Vgl. Pellens, B., et. al., 2017, S. 293.
52 Vgl. IAS 11.7 ff.; Bieg, H., et. al., 2009, S. 341 f
53 Vgl. Bieg, H., et. al., 2009, S. 350.
54 Vgl. Leimböck, E., Iding, A., Meinen, H., 2017, 299 f.
55 Vgl. Antonakopoulos, N. in Merkt, H., Probst, A., Fink, C. (Hrsg.), 2017, Kap. 9, Rz. 167 f.
56 Vgl. Achleitner, A., Behr, G., Schäfer, D., 2009, S. 172 f.
57 Vgl. Zülch, H., Hendler, M., 2017, S. 394 f.
58 Vgl. Bieg, H., et. al., 2009, S. 343.
59 Vgl. Pellens, B., et. al., 2017, S. 294.
60 Vgl. Antonakopoulos, N. in Merkt, H., Probst, A., Fink, C. (Hrsg.), 2017, Kap. 9, Rz. 161 f.
61 Vgl. Achleitner, A., Behr, G., Schäfer, D., 2009, S. 178 f.
62 Vgl. Pellens, B., et. al., 2017, S. 295.
63 Vgl. Zülch, H., Hendler, M., 2017, S. 396.
64 Vgl. IAS 11.29; Hammen, J. in Buschhüter, M., Striegel, A., 2009, § 5, Rz. 411.
65 Vgl. Althoff, F., 2012, S. 155.
66 Vgl. Antonakopoulos, N. in Merkt, H., Probst, A., Fink, C. (Hrsg.), 2017, Kap. 9, Rz. 163 f.
67 Vgl. Schwager, C., Schween, C. in Buschhüter, M., Striegel, A. (Hrsg.), 2011, IAS 11, Rz. 20 f.
68 Vgl. Althoff, F., 2012, S. 155 f.
69 Vgl. Schwager, C., Schween, C. in Buschhüter, M., Striegel, A. (Hrsg.), 2011, IAS 11, Rz. 26.
70 Vgl. Rogler, S. in Kessel, T., et. al. (Hrsg.), 2015, S. 172.
71 Vgl. Pellens, B., et. al., 2017, S. 298.
72 Vgl. Achleitner, A., Behr, G., Schäfer, D., 2009, S. 177.
73 Vgl. Antonakopoulos, N. in Merkt, H., Probst, A., Fink, C. (Hrsg.), 2017, Kap. 9, Rz. 166.
74 Vgl. Althoff, F., 2012, S. 160.
75 Vgl. Zülch, H., Hendler, M., 2017, S. 397.
76 Vgl. Coenenberg, A. G., Haller, A., Schultze, W., 2018, S. 568 f.
77 Vgl. Lüdenbach, N., Hoffmann, W. D., Freiberg, J., 2019, § 25, Rz. 20.
78 Vgl. IFRS 15.1.
79 Vgl. Deloitte, 2018, S. 232.
80 Vgl. Dusemund, M., Wirth, J., 2016, S. 195.
81 Vgl. KPMG, 2019, S. 328.
82 Vgl. Breidenbach, K., Währisch, M., 2016, Rz. 421.
83 Vgl. Lam, S. in Weber, C-P., Kußmaul, H. (Hrsg.), 2017, S. 209.
84 Vgl. Wulf, I., Hartmann, H.-F., 2017, S. 513.
85 Vgl. DRSC, https://bit.lv/2x8Qh4z, 2014, Abruf: 19.02.2020.
86 Vgl. ED/2011/6.IN4.
87 Vgl. ED/2011/6.IN5.
88 Vgl. Wüstemann, J., Wüstemann, S., 2011, S. 3117 ff.
89 Vgl. Breidenbach, K., Währisch, M., 2016, Rz. 180.
90 Vgl. Antonakopoulos, N. in Merkt, H., Probst, A., Fink, C. (Hrsg.), 2017, Kap. 9, Rz. 44.
91 Vgl. Deloitte, https://bit.lv/3b8f5sb, 2015, Abruf: 19.03.2020.
92 Vgl. Henzler, M. M., 2017, S. 133 f.
93 Vgl. Rinker, C., 2019b, S. 379.
94 Vgl. Grünberger, D., 2019, S. 103 f.
95 Vgl. Lüdenbach, N., Hoffmann, W. D., Freiberg, J., 2019, § 25, Rz. 21.
96 Vgl. Ruhnke, K., Simons, D., 2018, S. 569.
97 Vgl. Antonakopoulos, N. in Merkt, H., Probst, A., Fink, C. (Hrsg.), 2017, Kap. 9, Rz. 65.
98 Vgl. Lüdenbach, N., Hoffmann, W. D., Freiberg, J., 2019, § 25, Rz. 38 f.
99 Vgl. EY, 2019, S. 55.
100 Vgl. Kirsch, H., 2017, S. 324.
101 Vgl. Coenenberg, A. G., Haller, A., Schultze, W., 2018, S. 571.