Lese-Erfahrungen mit Goethe

Da steht man nicht als armer Tor...


Essay, 2007

12 Seiten


Leseprobe


Zwei Herzen schlugen in meiner Brust, könnte man sagen, wenn ich von ersten Lese-Erfahrungen mit Goethe berichten soll, und sicher stehe ich mit dieser Aussage nicht allein da. Johann Wolfgang von Goethe – das ist und bleibt ein Name, dem eine nur schwer definierbare Erhabenheit anhaftet, wie sie nur wenige Namen sonst genießen, ein Name, der präsent ist in dem, was man gemeinhin als deutsche Kultur bezeichnet, sei es im simplen Illustrierten-Kreuzworträtsel, im literaturwissenschaftlichen Forschungsalltag oder in elitären Lesezirkeln gehobeneren Anspruchs. Goethe – der Ausspruch dieses Namens hebt die Aufmerksamkeit und erschafft nahezu automatisch eine Aura der Ehrfurcht, selbst bei Menschen, die noch niemals ein Werk von diesem Herrn in Händen gehalten haben, geschweige denn gelesen hätten. Den Werken Goethes eilt mehr oder minder eine Wertschätzung voraus, die sich zu einem nicht gerade geringen Teil auf dem Ruf gründet, den der Autor in einem allgemeinen kulturellen und intellektuellem Bewusstsein genießt – vor allem in unseren Landen, jedoch seit langem auch im Rest der Welt.

Dabei sind die Eindrücke in uns beim ersten Zusammentreffen mit Goethes Literatur – die ersten Lese-Erfahrungen also – meist doch noch recht gespalten. Im jugendlichen Alter als Schüler ist die Deutschstunde in der Regel der erste Kontext, der uns zu einer tiefergehenden Beschäftigung mit dem Thema Goethe nötigt. Der Ruf des Dichters eilt seinem Werk selbstverständlich auch hier voraus, vom Eifer des Lehrpersonals kräftig unterstützt, wie sollte es auch anders sein. So ist man als Schüler hin und hergerissen zwischen dem Respekt vor dem klassischen Stoff, der Angst vor der Schwierigkeit des Konsums solch vermeintlich altbackener Literatur und den alterstypischen Gefühlstendenzen, vielleicht doch lieber den kurzfristig mehr Unterhaltung versprechenden Medien wie Actionfilm und Videospiel Vorrang in unserem Denken zu geben. Aber – immerhin – auch die Erwartungshaltung ist eine andere, man will doch wissen, was nun das besondere, das einzigartige an diesem Goethe ist – zudem steigert es offenbar ja auch zuhaus das Ansehen und löst anerkennendes Nicken aus, wenn man erzählen kann, im Unterricht Goethe gelesen, ja sogar interpretiert zu haben.

Und was passiert nun genau bei der Lektüre und den folgenden Überlegungen? Man erkennt, so überrascht man als Schüler auch sein mag, den Klassiker im Lernstoff. Keine Frage, klassische Literatur ist in der Regel nicht vergleichbar mit den kurzlebigen Erfahrungen aktueller massenkompatibler Unterhaltungsstoffe oder der fernsehgerechten Sprache mancher Sciencefiction-Romane und Thriller der heutigen Zeit. Doch ist man – so erging es mir jedenfalls – recht schnell geneigt, sich auf die mitunter 200 Jahre alten Werke einzulassen, vermitteln sie doch ein ganz neues Sprach– und Zeitgefühl und wirken höchstens auf den zaghaften ersten Blick noch antiquiert oder gar „angestaubt“. Das liegt zum einen an der kraftvollen, intensiven, erlesenen Wortwahl vieler Werke der Romantik wie auch des Sturm und Drangs und maßgeblich natürlich der Weimarer Klassik (selbstverständlich nicht nur bei Goethe, sondern auch diversen seiner Zeitgenossen vorzufinden), als auch an der nach wie vor fühlbaren Aktualität vieler dieser Stoffe.

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Ende der Leseprobe aus 12 Seiten

Details

Titel
Lese-Erfahrungen mit Goethe
Untertitel
Da steht man nicht als armer Tor...
Autor
Jahr
2007
Seiten
12
Katalognummer
V92772
ISBN (eBook)
9783638058971
ISBN (Buch)
9783638949637
Dateigröße
362 KB
Sprache
Deutsch
Schlagworte
Lese-Erfahrungen, Goethe
Arbeit zitieren
Roman Möhlmann (Autor:in), 2007, Lese-Erfahrungen mit Goethe, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/92772

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