Die vorliegende Arbeit versucht zu klären, ob dieses Urteil zutreffend ist – und wenn ja, warum ein Soziologe mit einem derart vielfältigen Werk einen solchen Satz verdient. Fest steht, dass, gemessen an der Menge von Rezensionen und Zitaten, Theodor Geiger kein Riese der Soziologenzunft zu sein scheint. Und trotzdem ist ihm in Dirk Kaeslers Überblickswerk „Klassiker der Soziologie“ ein Platz neben den ganz Großen vergönnt, neben Auguste Comte, Karl Marx, Max Weber, Georg Simmel oder Norbert Elias. In der Sekundärliteratur taucht Geiger mal als Marxist, mal als Liberaler oder Positivist auf – und zwar immer mit einer gewissen Berechtigung.
Wenn im Folgenden von Rezeption und Bedeutung von Geigers Werk die Rede ist, so beschränken sich diese Aussagen immer auf den deutschen Raum. Die Wirkung, die er zweifelsohne in anderen Ländern hatte und hat – ganz besonders in seiner Wahlheimat Dänemark – verdient eigentlich eine eigene Untersuchung. Auch die ausführliche Vorstellung seiner Soziologie (oder besser Soziologien) verbietet sich von selbst; ein solches Unterfangen würde schlicht den Rahmen der Arbeit sprengen. Stattdessen soll in einem sehr knappen Abriss ein Überblick gegeben werden.
Danach werden Rezeption und Beurteilung des Geigerschen Schaffens in den verschiedenen Zeitabschnitten der deutschen Soziologie beleuchtet. Da die Meinung des Fachpublikums immer eng verbunden ist mit den jeweils vorherrschenden Tendenzen und Sichtweisen, ist dies zugleich eine Arbeit über die deutsche Soziologiegeschichte – und einen ihrer Vertreter, der meist zwischen den Stühlen saß.
Bei der Untergliederung des zu untersuchenden Zeitraums habe ich mich stark an Thomas Meyers „Die Soziologie Theodor Geigers. Emanzipation von der Ideologie“ orientiert, das mir überhaupt eine große Hilfe war. Die für mich prägnanteste Aussage zu Geiger stammt von Heinrich Popitz: „Inhaltlich besteht seine Eigenart – gerade unter den deutschen Soziologen seiner Generation – darin, dass er ein von Grund auf politischer Soziologe ist… Es sind politische Fragen, die ihn treiben… Selbstverständlich ist auch das provokante Bekenntnis zu einem theoretischen und praktischen Wertnihilismus eine politische These, eine These zur erhofften neuen Phase der Aufklärung.“
Inhaltsverzeichnis
- Einleitung
- Biographie und Werk - ein kurzer Abriss
- Weimarer Republik - „Neue Sachlichkeit“ vs. Kulturkritik
- Kulturpessimismus und die „soziale Frage“
- „Gemeinschaftssoziologie“
- Methoden und Arbeitsfelder
- 1933-1945: Zwischen Anpassung oder Exil
- Bundesrepublik Deutschland
- Phase der Restauration
- Vom Neomarxismus in die Gegenwart
- Fazit
- Quellen
Zielsetzung und Themenschwerpunkte
Die vorliegende Arbeit untersucht die Bedeutung und Rezeption des Werks von Theodor Geiger, einem deutschen Soziologen, der im 20. Jahrhundert in einer Zeit weitreichender gesellschaftlicher Umwälzungen wirkte. Sie will die Frage klären, ob Geigers vielseitiges Werk die Beschreibung als „Wanderer zwischen den Welten, den Disziplinen, immer marginal, eher geduldet als geachtet“ rechtfertigt und warum sein Werk trotz seiner Relevanz in der deutschen Soziologiegeschichte nur begrenzt rezipiert wurde. Die Analyse fokussiert auf die Entwicklung von Geigers Denken in den verschiedenen Epochen des 20. Jahrhunderts und untersucht die Wechselwirkungen zwischen seiner Arbeit und den dominierenden Strömungen der deutschen Soziologie.
- Die Bedeutung von Theodor Geigers Werk für die deutsche Soziologie
- Die Rezeption von Geigers Werk in verschiedenen Zeitabschnitten
- Die Einordnung von Geigers Werk in die Strömungen der deutschen Soziologiegeschichte
- Die Verbindung zwischen Geigers politischem und soziologischem Denken
- Die Analyse von Geigers Werk im Kontext der „sozialen Frage“
Zusammenfassung der Kapitel
Das erste Kapitel befasst sich mit der Einleitung und gibt einen kurzen Überblick über die Zielsetzung und den Aufbau der Arbeit. Das zweite Kapitel bietet eine knappe Biografie und einen Abriss von Theodor Geigers Werk, wobei die wichtigsten Stationen seines Lebens und Schaffens beleuchtet werden.
Kapitel 3 analysiert Geigers Werk in der Weimarer Republik, wobei der Fokus auf der Auseinandersetzung mit dem „Kulturpessimismus“, der „sozialen Frage“ und den methodischen Ansätzen seiner „Gemeinschaftssoziologie“ liegt. Kapitel 4 beleuchtet Geigers Situation zwischen 1933 und 1945, während er mit der NS-Ideologie konfrontiert ist und sich im Exil befindet.
Das fünfte Kapitel beschäftigt sich mit der Rezeption von Geigers Werk in der Bundesrepublik Deutschland, wobei insbesondere die Phase der Restauration und die Entwicklung von Geigers Werk im Kontext des Neomarxismus betrachtet werden.
Schlüsselwörter
Die Arbeit beschäftigt sich mit den zentralen Themen der deutschen Soziologiegeschichte im 20. Jahrhundert, der Sozialen Frage, der Kulturkritik, der „Gemeinschaftssoziologie“, der Rezeption und Bedeutung von Theodor Geigers Werk in verschiedenen Epochen, sowie der Einordnung seines Denkens in den Kontext des Neomarxismus und der Auseinandersetzung mit dem Nationalsozialismus.
- Arbeit zitieren
- Manuela Jacobs (Autor:in), 2008, Die Soziologie Theodor Geigers - Bedeutung und Rezeption, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/92996