Menschenrechte im Islam und die "Allgemeine Erklärung der Menschenrechte" (1948)

Ein Vergleich


Hausarbeit, 2019

17 Seiten, Note: 1,7


Leseprobe


Inhaltsverzeichnis

I. Einleitung

II. Allgemeine Erklärung der Menschenrechte
1. Allgemeines und historische Entstehung
2. Juristische Einordnung der Menschenrechteerklärung
3. Stellungnahme zur juristischen Einordnung

III. Menschenrechteerklärungen im Islam
1. Allgemeine Islamische Menschenrechtserklärung
2. Kairoer Erklärung der Menschenrechte im Islam
3. Arabische Charta der Menschenrechte

IV. Schlussteil

V. Literaturverzeichnis

I. Einleitung

In der Rechtswissenschaft wird beim Thema Menschenrechte meistens auf ein zentrales Dokument verwiesen, wenn sich die Frage nach der Quelle der Menschenrechte ab dem 20. Jahrhundert stellt. Gemeint ist natürlich die Universal Declaration of Human Rights - die Allgemeine Erklärung der Menschenrechte1 - vom 10. Dezember 1948. Diese Menschenrechteerklärung hat tiefgreifende Veränderungen innerhalb des Völkerrechts hervorgebracht und die Interessen des Individuums stärker in den Vordergrund gerückt.2 Doch auch schon vor der Proklamation der Menschenrechteerklärung durch die Vereinten Nationen gab es bereits eine Menschenrechtsidee. Die zentralen Quellen, die in diesem Zusammenhang unweigerlich genannt werden müssen, sind die Virginia Bill of Rights von 1776 und die Déclaration des droits de l'homme von 1789. Neben diesen Dokumenten gibt es noch zahlreiche völkerrechtliche Verträge, die die Menschenrechte kodifizieren. Stellt die Menschenrechteerklärung für die westliche Kultursphäre die höchste Autorität in Sachen Menschenrechte dar, ist dennoch zunächst einmal zu überprüfen, welchen Rechtscharakter dieser Erklärung zu kommt. Anschließend soll der Blick auf eine andere Kultursphäre, nämlich die arabische, gerichtet werden und die dortige Entwicklung der Menschenrechte untersucht werden. Hierfür wird insbesondere auf die drei vorhandenen Erklärungen zum Thema Menschenrechte Bezug genommen. Es soll jeweils der Aufbau der Erklärungen untersucht werden und welche Rechte sich aus der jeweiligen Erklärung ableiten lassen. Nach diesen Untersuchungen soll die jeweilige Erklärung auf ihren Inhalt und auf ihr Schutzniveau für die Menschenrechte hin analysiert werden. Im Schlussteil dieser Arbeit soll dann ein Fazit gezogen werden, welches Stellung dazu bezieht, inwieweit die Schutzniveaus aller Erklärungen mit dem der Allgemeinen Erklärung der Menschenrechte vergleichbar sind.

II. Allgemeine Erklärung der Menschenrechte

1. Allgemeines und historische Entstehung

Die Menschenrechteerklärung der Vereinigten Nationen ist ein vergleichsweise kurzes Dokument, bestehend aus der Präambel und den anschließenden dreißig Artikeln. Der Aufbau der Menschenrechteerklärung lässt sich wie folgt beschreiben: Den Anfang der Erklärung bildet die Präambel, welche die Gründe und Ziele der Erklärung formuliert, auf die Präambel folgen die Art. 1 und 2, welche die gedanklichen Grundlagen der Erklärung normieren, welche die Freiheit und Gleichheit (aller Menschen) sind, anschließend an die Grundlagen werden die Freiheitsrechte durch die Art. 3 bis 20 kodifiziert, Art. 21 normiert die politischen Rechte und die Art. 22 bis 27 die sozialen, wirtschaftlichen und kulturellen Rechte, die Art. 28 bis 30 bilden dann den Schlussteil der Menschenrechteerklärung.3 Der Grund zum Erlass einer Menschenrechteerklärung auf völkerrechtlicher Ebene bestand in den Erfahrungen der schweren Menschenrechtsverletzungen, die durch das NS-Regime im Zeitraum von 1933 bis 1945 gegangen wurden.4 Für diese These spricht vornehmlich der zweite Absatz der Präambel der Menschenrechteerklärung. In diesem wird als Begründung angeführt, dass die „Verachtung und Verletzung der Menschenrechte zu barbarischen Akten geführt habe, die das Gewissen der Menschheit empören [...].5 Die „barbarischen Akte“, die in der Präambel hier gemeint sind, sind zweifellos der Holocaust und die Verbrechen, die während des zweiten Weltkrieges begangen wurden. Demzufolge resultiert die Forderung nach der internationalen Anerkennung und Normierung von Menschenrechten, auf kollektiven Unrechtserfahrungen von Gruppen und Minderheiten.6 Es lassen sich also die Unrechtserfahrungen des 20. Jahrhunderts als historische Ursache für die Proklamation der Menschenrechteerklärung feststellen.7

Am 10. Dezember 1948 wurde die Menschenrechteerklärung nach einem gerade einmal zwei Jahre dauernden Bearbeitungsprozess von der Generalversammlung der Vereinigten Nationen einstimmig bei acht Enthaltungen angenommen.8 Dass die Erklärung in nur so kurzer Zeit erarbeitet und zur Abstimmung gebrachten werden konnte, wird vor allem Eleanor Roosevelt zu geschrieben, die als Vorsitzende des sogenannten „nuclear committee“, welches mit der Erarbeitung eines Entwurfs einer internationalen Menschenrechteerklärung betraut war, eine vermittelnde Rolle zwischen Ost und West einnahm.9

Im Anschluss wurde von der Generalversammlung der Vereinten Nationen die Resolution 217 D (III) gebilligt, welche die Verbreitung und Veröffentlichung der Allgemeinen Erklärung der Menschenrechte regelt.10 Durch diese Resolution wird die Menschenrechteerklärung mit der Charta der Vereinten Nationen11 verknüpft, da in Absatz 1. der Resolution 217 D (III) auf Art. 56 UN-Charta verwiesen wird, welcher die Mitglieder verpflichtet an der Erreichung der in Art. 55 UN-Charta benannten Ziele mitzuarbeiten. In Art. 55 UN-Charta wird unter Abschnitt c „die allgemeine Achtung und Verwirklichung der Menschenrechte und Grundfreiheiten für alle ohne Unterschied der Rasse, des Geschlechts, der Sprache oder der Religion“ als Ziel formuliert.

Mit diesen formalen Abstimmungsakten der Generalversammlung der Vereinten Nationen über die Resolutionen 217 A (III) und 217 D (III) wurden die Menschenrechte erstmalig in der Geschichte der Menschheit von der Ebene des nationalen Rechtes auf die Ebene des internationalen Rechts, d.h. des Völkerrechts übertragen. Dieser Vorgang stellte eine Zäsur in der Geschichte der Menschheit und des Rechts dar.

2. Juristische Einordnung der Menschenrechteerklärung

Die verwendete Terminologie, die angetroffen wird, wenn es um die rechtliche Bedeutung der Menschenrechteerklärung geht, lässt sich auf den Terminus „rechtlich nicht verbindlich“ kondensieren.12 Dies bedeutet, dass strenggenommen die Menschenrechteerklärung aufgrund ihrer Form, nämlich dass sie nur als Resolution und nicht als völkerrechtlicher Vertrag verabschiedet worden ist, keine rechtliche Geltung gegenüber den Mitgliedstaaten beanspruchen kann.13 Diesem Ansatz der Interpretation der juristischen Einordnung wird mit einer zweistufigen Argumentation begegnet. Zum einen wird argumentiert, dass Resolutionen, die gemäß Art. 10 und 13 UN-Charta als Empfehlungen beschlossen werden, eine gewisse rechtliche Geltung für die Mitgliedsstaaten haben und zum anderen wird argumentiert, dass die Menschenrechteerklärung eine Konkretisierung und Interpretationsanleitung der UN-Charta sei.14

a) Gemäß den Artikel 10 und 13 der UN-Charta verfügen Resolutionen, die als Empfehlung durch die Generalversammlung verabschiedet werden, über eine rechtliche Geltung, da die Mitgliedsstaaten an die UN-Charta gebunden sind und die Mitgliedsstaaten kraft dieser Bindung verpflichtet sind, die Empfehlungen der Generalversammlung zur Kenntnis zu nehmen und diese nach Möglichkeit auch Folge zu leisten.15 Andernfalls würde ein Mitgliedsstaat seine Verpflichtungen gemäß der UN-Charta verletzen.16 Somit ergibt sich die rechtliche Bedeutung der Menschenrechteerklärung aus der UN-Charta, da die Umsetzung der Empfehlungen eine Verpflichtung der Mitgliedsstaaten darstellt.
b) Auch die zweite Argumentationsstufe zielt wie eingangs erwähnt auf die UN-Charta ab. Hiernach wird darauf verwiesen, dass die Menschenrechteerklärung ihre Grundlage schon in der UN-Charta hat.17 So finden sich in der Präambel und in Art. 1 UN-Charta unmittelbare Verweise auf die Bedeutung der Menschenrechte für die Vereinten Nationen.18 So heißt es in der Präambel: „Wir, die Völker der Vereinten Nationen- fest entschlossen, [...] unseren Glauben an die Grundrechte des Menschen, an Würde und Wert der menschlichen Persönlichkeit, an die Gleichberechtigung von Mann und Frau sowie von allen Nationen, ob groß oder klein, erneut zu bekräftigen^. ,].“19 Die Formulierung „Grundrechte des Menschen“ ist hier als Synonym für Menschenrechte zu verstehen. Art. 1 Abs. 3 UN-Charta erwähnt dann die „[.] die Achtung vor den Menschenrechten und Grundfreiheiten für alle ohne Unterschied der Rasse, des Geschlechts, der Sprache oder der Religion zu fördern und zu festigen [...]20, als explizites Ziel der Vereinigten Nationen. Auch die verleiht die UN-Charta an verschiedenste Organe gemäß Art. 13, 55, 62, 68 und 76 UN-Charta konkrete Kompetenzen zum Schutz der Menschenrechte.21 Neben diesen formalen Aspekten, die einen Ausfluss aus der UN-Charta darstellen, ergeben sich auch hinsichtlich verschiedenster Äußerungen22, gute Gründe für die Annahme, dass die Menschenrechteerklärung eine Konkretisierung der Ziele der UN-Charta darstellt.

3. Stellungnahme zur juristischen Einordnung

Die vorhergehende Erörterung hat gezeigt, dass die Menschenrechteerklärung nur auf Grund einer schwierigen und aufwendigen juristischen Konstruktion eine rechtliche Geltung beanspruchen kann. So ist es fraglich, inwiefern die Menschenrechteerklärung noch rechtliche Geltung beanspruchen könnte, wenn ein Mitgliedsstaat sich dazu entscheidet, der Empfehlung nicht weiternachzukommen. Zwar würde dies einer Pflichtverletzung gleichkommen, welche wahrscheinlich mit einem Verfahren vor dem Internationalen Gerichtshof gemäß Art. 92 UN-Charta i.V.m. Art. 36 Statut des Internationalen Gerichtshofs geahndet würde. Doch auch hieraus erwächst eine problematische juristische Konstellation. Zwar sind die Mitgliedsstaaten gemäß Art. 94 Abs. 1 UN-Charta an die Entscheidungen des Internationalen Gerichtshofes gebunden und verpflichtet diesen Folge zu leisten, aber im Fall einer Nichteinhaltung der Verpflichtungen, die aus einer Entscheidung resultieren, verfügt der Internationale Gerichtshof über keine eigenen Sanktionsmöglichkeiten. Er ist bei der Umsetzung und Entfaltung der Rechtswirksamkeit seiner Entscheidungen gemäß Art. 94 Abs. 2 UN-Charta auf die Unterstützung des Sicherheitsrates der Vereinten Nationen angewiesen. Doch auf Grund politischer Überlegungen kann eins der gemäß Art. 23 UN­Charta ständigen Mitglieder des Sicherheitsrates von seinem in Art. 27 Abs. 3 UN-Charta festgeschrieben „Vetorecht“ Gebrauch machen und somit eine Maßnahme gemäß Art. 94 Abs. 2 UN-Charta verhindern, womit die Unterstützung ausbleiben und die Entscheidungen des Internationalen Gerichtshofes keinerlei Bedeutung hätten.

Um solche Streitigkeiten zu vermeiden, wäre es sinnvoller der Menschenrechteerklärung einen anderen Status der Bedeutung zu zubilligen, als die unmittelbare rechtliche Verbindlichkeit. Es wurde schon bei der Erarbeitung der Menschenrechteerklärung von verschiedensten Akteuren darauf verwiesen, dieser Erklärung eher den Status eines moralisch-politischen Appells zu verleihen.23 Der Menschenrechteerklärung würde somit eine Appell- und Erinnerungsfunktion innewohnen, welche die Völker der Vereinigten Nationen immer wieder aufs Neue motivieren würde, den erreichten Status der Menschenrechte zu würdigen und zu verteidigen. Eine solche eher moralisch geartete Verpflichtung auf die Achtung der Menschenrechte durch einen Mitgliedsstaat, würde dem naturrechtlichen Status der Menschenrechte24, mehr gerecht, als durch ein schwieriges und in sich instabiles juristisches Konstrukt erzeugte rechtliche Verbindlichkeit.

[...]


1 Im Weiteren als Menschenrechteerklärung bezeichnet.

2 Fassbender, Menschenrechteerklärung, sellier. european law publishers, 2009, München, S. 1f.

3 Vgl. Fassbender, Menschenrechteerklärung, sellier. european law publishers, 2009, München, S. 4.

4 Fassbender, Menschenrechteerklärung, sellier. european law publishers, 2009, München, S. 5.

5 Absatz 2 der Präambel der Allgemeinen Erklärung der Menschenrechte von 1948 (in der Übersetzung von van Gunsteren, in: Fassbender, Menschenrechteerklärung, sellier. european law publishers, 2009, München, S. 55.)

6 Vgl. Riedel, Menschenrechte als Gruppenrechte, in: Die Universalität der Menschenrechte, Koenig/Lorz (Hrsg.), Duncker & Humblot, 2003, Berlin, 374ff.

7 Vgl. Ders. S. 374.

8 Fassbender, Menschenrechteerklärung, sellier. european law publishers, 2009, München, S. 14.

9 Ders., S. 9.

10 Ders., S. 15.

11 Im Folgenden als UN-Charta bezeichnet.

12 Fassbender, Menschenrechteerklärung, sellier. european law publishers, 2009, München, S. 16.

13 Ebd.

14 Ders., S. 16ff.

15 Ders., S. 16.

16 Ders., S. 16.f.

17 Ders., S. 17.

18 Fassbender, Menschenrechteerklärung, sellier. european law publishers, 2009, München, S. 17.

19 Präambel der UN-Charta in: BGBl. 1973 II S. 430.

20 BGBl. 1973 II S. 430.

21 Fassbender, Menschenrechteerklärung, sellier. european law publishers, 2009, München, S. 17.

22 Zusammengefasst bei: Fassbender, Menschenrechteerklärung, sellier. european law publishers, 2009, München, S. 17ff.

23 Zusammengefasst bei: Fassbender, Menschenrechteerklärung, sellier. european law publishers, 2009, München, S. 16.

24 Zusammengefasst bei: Fassbender, Menschenrechteerklärung, sellier. european law publishers, 2009, München, S. 59.

Ende der Leseprobe aus 17 Seiten

Details

Titel
Menschenrechte im Islam und die "Allgemeine Erklärung der Menschenrechte" (1948)
Untertitel
Ein Vergleich
Hochschule
Universität Erfurt
Note
1,7
Autor
Jahr
2019
Seiten
17
Katalognummer
V931339
ISBN (eBook)
9783346258410
ISBN (Buch)
9783346258427
Sprache
Deutsch
Schlagworte
menschenrechte, islam, allgemeine, erklärung, vergleich
Arbeit zitieren
Maximilian Jänichen (Autor:in), 2019, Menschenrechte im Islam und die "Allgemeine Erklärung der Menschenrechte" (1948), München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/931339

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