Die Forderung nach Gerechtigkeit und Verantwortung im Bewusstsein des Klimawandels und der damit verbundenen ökologischen Krise


Hausarbeit, 2007

17 Seiten, Note: 1,3


Leseprobe


Inhaltsverzeichnis

1. Einleitung

2. Der Begriff der Natur

3. Das Anliegen der ökologischen Ethik
3.1 Die Forderung nach Verantwortung
3.2 Der Ruf nach Gerechtigkeit
3.2.1 Ursachen fehlender Nachhaltigkeit
3.2.2 Gerechtigkeit zwischen den Generationen
3.2.3 Globale Gerechtigkeit
3.3 Die Beachtung der Freiheit

4. Ansätze zur Linderung der ökologischen Krise

5. Fazit

6. Literaturverzeichnis

1. Einleitung

Gegenwärtig finden sich in sämtlichen Medien Artikel über den folgenreichen Klimawandel. Bienensterben, Flutwellen, Wirbelstürme, Trinkwasserverschmutzungen und eine zunehmende Armut in den Entwicklungsländern sind sicher nur einige der katastrophalen Folgen unseres Umgangs mit der Natur.

Ein Bericht der Zeitschrift Der Spiegel[1] über das derzeitige rasante Wirtschaftswachstum in China und den damit verbundenen Klimaschäden hat mich besonders bewegt und mir die Einstimmung für diese Hausarbeit geliefert.

China zählt zu den schlimmsten Umweltsündern der Erde und erzeugt mit seinen Kohlekraftwerken und Chemiefabriken nicht nur innerhalb des Landes verheerende Lebensbedingungen, sondern auch über seine Staatsgrenzen hinweg. So können Forscher an der Westküste der USA zum Beispiel die Luft analysieren, die über den Pazifik aus Asien weht, die die Messfilter an manchen Tagen durch Rußteilchen aus chinesischen Fabriken und Dieselmotoren schwarz färben. Das finde ich erschreckend. Niemals hätte ich geglaubt, dass Verschmutzungen eines Landes soweit in andere Regionen der Welt getragen werden können. Das allerdings scheint erst der Anfang zu sein, denn im Reich der Mitte herrscht „Goldgräberstimmung“. Zahlreiche Billigfabriken für Textilien, Kabel und Steckdosen, in denen meist Wanderarbeiterinnen arbeiten, beliefern die ganze Welt. Täglich entstehen neue Wohnviertel, Autobahnen und Betriebe, deren Bewilligung oftmals nur wenige Tage dauert. Das entscheidende Argument für diese Bauwut ist das der Sicherung der Arbeitsplätze des Volkes[2]. Doch anscheinend sorgt sich niemand in Chinas Politik für die Folgen ihres Tuns. Durch ungezügeltes Abgrasen der Wiesen breitet sich die Wüste in der inneren Mongolei dramatisch aus, wobei Sandstürme immer mehr den fruchtbaren Boden und die bestellten Felder mit Sand bedecken. ⅔ aller großen Seen und Flüsse sind „Kloaken“ und an ihren Ufern wohnen Tausende von Menschen in elender Armut, da ihnen niemand mehr ihren Fisch abkauft. Der „Tropfen auf dem heißen Stein“ ist hier wohl, dass Peking das Kyoto- Protokoll, das die Kohlendioxidemissionen bis 2012 weltweit senken soll, unterzeichnet hat. Als Entwicklungsland ist China jedoch nicht zur Reduktion der Schadstoffe verpflichtet[3], sodass abzuwarten bleibt, wie viel saubere Luft die chinesische Bevölkerung bis dahin noch atmen darf. Das Beispiel China zeigt sehr deutlich das bestehende ökologische Problem auf. Sicher kann man es nicht auf alle Länder dieser Erde verallgemeinern, dennoch hat es gezeigt, dass Ursache und Wirkungen oft räumlich weit auseinander liegen, uns aber direkt oder indirekt betreffen können. Wir alle sind gezwungen unser Verhalten zu überdenken und zu ändern, um unseren Nachkommen kein Chaos zu hinterlassen, sondern wenigstens noch eine Spur von Natur. Natur soll wieder definierbar werden und das geschieht nur über Verantwortung und Gerechtigkeit gegenüber uns Menschen, aber auch gegenüber der Natur.

Der Schwerpunkt dieser Arbeit liegt auf dem Anliegen der ökologischen Ethik, sowie dem Finden von Adressaten und Verantwortlichen für den Klimawandel. Dazu erörtere ich zunächst den Begriff der Natur. Zudem versuche ich die bisherige Erfolglosigkeit der Nachhaltigkeitspolitik darzustellen und gehe dabei tiefer auf die Verantwortungs- und Gerechtigkeitsethik ein. Beenden werde ich meine Hausarbeit mit einem möglichen Ansatz zur Lösung der ökologischen Krise.

2. Der Begriff der Natur

Da der Naturbegriff, wie wir ihn in verschiedenen Bereichen des Lebens, der Wissenschaft und speziell der Philosophie finden, vieldeutig ist, bedarf es einer Klärung, was konkret unter Natur zu verstehen ist.

Das lateinische Wort `natura´ bedeutet Geburt und kann erstens den Kern bzw. das Wesen einer Sache bestimmen oder meint zweitens das, was sich aus eigenen Kräften entfaltet. Der Naturbegriff hat sich im Laufe der Zeit verändert, worauf ich aber angesichts des Umfangs dieser Arbeit nicht genauer eingehen möchte, doch befassten sich schon Philosophen der Antike wie etwa Platon und Aristoteles mit ihm. In der Neuzeit wird er oft im Kontrast zu den Begriffen Geist, Kultur und Geschichte genutzt[4]. Aus dieser Gegenüberstellung heraus meint Natur die Gesamtheit der Dinge, „die wir vorfinden und die ohne menschlichen Willen und ohne menschliches Zutun von sich aus existieren, erzeugt werden oder entstehen und sich erhalten, während es sich bei den Opposita um Produkte der menschlichen Ratio, Planung und Ausführung handelt, um künstliche oder künstlerische Produkte“[5]. Aufgrund dieser Tatsache scheint es heute im Zeitalter der Technisierung kaum noch Natur in diesem Sinne zu geben. Offenbar verwenden wir den Begriff noch zu häufig, ungeachtet dessen, was er wirklich meint.

Auch Gloy vermutet eine Annäherung an eine totale Technisierung der Natur, sodass etwa Natur und Kunst keine Gegensätze mehr wären[6].

Natur zeigt sich nur noch als Naturgeschichte, die sich stets verändert. Sie ist kein korrektes stabiles System mehr, sondern eher ein offener Prozess[7]. Es bedarf nur eines Blickes in das eigene Umfeld mit der Frage, wo denn das Natürliche sei. Der kleine Park hinter meinem Haus entstammt nicht Gottes Werk, sondern dem eines Landschaftsgestalters; die vielen Straßen dieser Stadt bedecken das, was einst Natur hieß und auch der Fluss musste seinen ursprünglichen Weg durch menschliche Hand verlagern.

Wir sollten vorsichtig sein im Umgang mit dem Naturbegriff und müssten gerechterweise öfter künstlich sagen, obwohl wir natürlich meinen.

3. Das Anliegen der ökologischen Ethik

Aufgrund der zahlreichen Schäden, die wir der Umwelt zufügen und die weiterhin massiv steigen, ist der Ruf nach einer neuen Ethik zwingend notwendig geworden[8]. Kurt Bayertz schreibt ihr drei wichtige Ziele zu: erstens wird verlangt, die Ursachen unserer gegenwärtigen Probleme gründlich zu analysieren, einschließlich der Ursachen, die eine Konfliktbeseitigung bislang verhinderten. Zweitens sollen „normative Orientierungen unseres Handelns gegenüber der Natur“ bereitgestellt und begründet werden und drittens müssen diese dann im Alltag durchgesetzt werden[9]. Damit entstehen Verpflichtungen der jetzigen Generationen, die aus einer Solidargemeinschaft heutiger und künftiger Menschen entspringen. Das Wesen der ökologischen Ethik kann daher als zukunftsorientiert gelten[10].

Es geht in diesem Bereich besonders um die Forderung nach Verantwortung der Menschen, die sich auch auf dem Gebiet des Nichtmenschlichen zeigen soll. Auch nichtmenschliche Belange haben einen Wert an sich und die Regierungen müssen auch diesen möglichst bald erkennen, um das entsprechende zerstörerische Handeln zu überdenken[11].

3.1 Die Forderung nach Verantwortung

Verantwortung bedeutet sich rechtfertigen, sich verteidigen: im weltlich-juristischen Bereich vor einem Gericht und im theologisch- religiösen Bereich vor Gott. Der Begriff deutet dabei immer auf eine Instanz hin, vor der es sich zu verantworten gilt und immer war es das einzelne Individuum, das diese Haftung übernehmen musste. Ganz allgemein kann man auch sagen: jemand ist für etwas verantwortlich, vor einer Instanz und nach bestimmten Kriterien. Verantwortungsethik soll nun diese Relation beachten und die einzelnen Glieder näher bestimmen[12]. Somit wird auch der Verantwortungsbegriff, der Taten und Folgen beinhaltet, in die Zukunft transformiert mit der Aufgabe, das Individuum zum Abwägen vor einer Handlung zu zwingen. Dies hat die Verantwortungsethik zu begründen, wobei jedoch Verantwortung als letztes Argument nicht dienlich ist. Weshalb besteht Verantwortung überhaupt? Hans Jonas, Dieter Birnbacher und auch Max Weber versuchen dieses Letztbegründungsproblem mit ihrer jeweiligen Ethik zu lösen[13]. Wie ich schon erwähnte, bedarf es eines Verantwortungsträgers, der keine Institution, laut Müller, sein kann. Doch können Beauftragte bestimmter Institutionen dieser Rolle zugewiesen werden, denn verantwortlich ist man stets für das, worauf man persönlich Einfluss hat, also worüber der Einzelne Macht besitzt. Daraus folgt, dass einer Zuteilung von Vertrauen auch immer eine Befugnis von Macht folgt, die aber unbedingt verantwortlich zu gebrauchen ist. Es geht also hier auch um Vertrauen in den Machtträger, welches ein umfassendes Wissen im jeweiligen Verantwortungsbereich voraussetzt. Nur dann kann ein Abwägen zwischen Tun oder Unterlassen möglich werden. Zwischen den einzelnen Ethiken ist dennoch die Frage nach der Instanz uneinheitlich, vor der sich ein Täter verantworten muss, so ist es beispielsweise bei Jonas das Sein, bei Spaemann Gott und bei Weber der Politiker vor sich selbst. Verantwortungsethik verlangt hinsichtlich dieser Unterschiede keine Klärung, denn sie darf auch vorletzte Instanzen benennen, sodass Verantwortung nicht absolut wird[14].

Es scheint, dass Verantwortung nicht auf den Einzelnen an sich gerichtet ist, sondern dass die Adressaten dieser Ethik eher Machtpersonen sind, die die Verantwortung für das Handeln der einzelnen Menschen in einem bestimmten Gebiet übernehmen müssen. Das heißt sicherlich nicht, dass nicht auch das einzelne Individuum verantwortlich sein kann. Dies muss es sogar: nämlich im jeweiligen Bereich, sei es in der Familie oder im Beruf. Zum Beispiel können wir unsere Kinder dahin erziehen, Mülltrennung zu betreiben, Bioprodukte aus dem eigenen Land zu bevorzugen und öfter das Fahrrad zur Fortbewegung zu nutzen.

Hans Jonas erklärt in seinem berühmten Werk „Das Prinzip Verantwortung“ seinen Anspruch an eine neue Welt: eine Menschheit müsse in erster Linie sein. Er fordert eine Grunderneuerung des Denkens gegenwärtig lebender Menschen in Bezug auf ihr Handeln[15] und dass die „schließlichen Wirkungen“ der Taten mit seinen oben genannten Anspruch in Einklang gebracht werden müssen[16]. Auch er spricht von der Beziehung einer kausalen Macht und der sich daraus ergebenden Verantwortung im ethischen Sinn[17]. Seine Verantwortungsethik richtet sich somit vor allem an die Politik und weniger an das Verhalten der einzelnen Menschen in ihrem Staat[18], denn diese besitzt die Macht und damit totale Verantwortung[19]. Müller allerdings beschreibt die politische Umsetzung von Jonas` Prinzip Verantwortung als misslungen, denn es gibt keine Instanz mehr, vor der sich der Politiker noch rechtfertigen müsste[20].

Die heutige Verantwortungsethik versucht von ethischen Grundeinstellungen aus spezielle Gebote zu entwickeln in Anlehnung an die jeweiligen Handlungssituationen. Damit kommen wir zurück zur aristotelischen Urteilskraft (phronesis),: „die auf der Grundlage einer vernünftigen Situationsanalyse konkrete Handlungsalternativen auf ihre Folgen hin abwägt und zugunsten der moralisch wertvolleren entscheidet.“[21] Müller vermerkt zudem, dass die Verantwortungsethik die Aufgabe hat, sich nicht nur um die Menschen in den Institutionen (die doch auch nur nach Gesetzen handeln) zu kümmern, sondern auch um diese selbst. Sie müssen konkrete Zuständigkeitsbereiche zugeschrieben bekommen, um bei angerichteten Schäden haftbar gemacht zu werden[22]. Eine ähnliche Einstellung hat Felix Ekardt in Bezug auf die verantwortlichen Adressaten, denn er nennt hierzu die Industrie, die ja für die Produktion der vielen Waren zuständig ist, aber auch die Konsumenten. Diese könnten mit einer überlegten Entscheidung vor dem Warenkauf wesentlich bei der Lösung des Problems behilflich sein[23].

Meiner Meinung nach sind wir nach dem eben Genannten alle Täter und damit verantwortlich für unsere individuellen Lebensbereiche. Es bedarf jetzt und zukünftig großer Achtsamkeit hinsichtlich unseres Handelns. Wir müssen daher sensibilisiert werden für die Wahrung dessen, was von der Natur geblieben ist.

[...]


[1] Vgl. Lorenz, Wagner: China- Gift für den ganzen Erdenball; in: Der Spiegel 4 / 2007, S. 124

[2] Vgl. Lorenz, Wagner: Die Rotchina AG; in: Der Spiegel 3 / 2007, S. 88ff

[3] Vgl. Lorenz, Wagner: China- Gift für den ganzen Erdenball; in: Der Spiegel 4 / 2007, S. 125ff

[4] Vgl. Ulfig: Lexikon der philosophischen Begriffe- Natur, S. 277f

[5] Vgl. Gloy: Das Verständnis der Natur, Band 1, S. 23

[6] Vgl. ebd. S. 222

[7] Vgl. ebd. S. 223

[8] Vgl. Fraser- Darling: Die Verantwortung des Menschen für seine Umwelt; in: Birnbacher, D. (Hrsg.): Ökologie und Ethik, S. 18

[9] Vgl. Bayertz: Ökologische Ethik, S. 7

[10] Vgl. Pieper, Einführung in die Ethik, S.101

[11] Vgl. ebd. S. 102

[12] Vgl. Müller: Verantwortungsethik; in: Geschichte der neueren Ethik 2, S. 104f

[13] Vgl. ebd. S. 106

[14] Vgl. ebd. S. 107

[15] Vgl. Jonas: Das Prinzip Verantwortung, S. 91

[16] Vgl. ebd. S. 37

[17] Vgl. ebd. S. 172

[18] Vgl. ebd. S.37

[19] Vgl. ebd. S. 189ff

[20] Vgl. Müller: Verantwortungsethik; in: Geschichte der neueren Ethik 2, S. 123

[21] Vgl. ebd. S.126

[22] Vgl. ebd. S. 126

[23] Vgl. Ekardt: Das Prinzip Nachhaltigkeit, S. 127

Ende der Leseprobe aus 17 Seiten

Details

Titel
Die Forderung nach Gerechtigkeit und Verantwortung im Bewusstsein des Klimawandels und der damit verbundenen ökologischen Krise
Hochschule
Technische Universität Dresden  (Philosophie)
Veranstaltung
Proseminar: Gibt es Natur und sollen wir sie schützen? Die ökologische Krise in der philosophischen Diskussion.
Note
1,3
Autor
Jahr
2007
Seiten
17
Katalognummer
V93725
ISBN (eBook)
9783638072618
Dateigröße
419 KB
Sprache
Deutsch
Schlagworte
Forderung, Gerechtigkeit, Verantwortung, Bewusstsein, Klimawandels, Krise, Proseminar, Gibt, Natur, Krise, Diskussion
Arbeit zitieren
Dana Gál (Autor:in), 2007, Die Forderung nach Gerechtigkeit und Verantwortung im Bewusstsein des Klimawandels und der damit verbundenen ökologischen Krise, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/93725

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