Konsumwerbung und Selbstsozialisation. Der Einfluss der Medien auf das Konsumverhalten von Kindern und Jugendlichen


Bachelorarbeit, 2020

41 Seiten, Note: 1,6

Hayat Sheekhosman (Autor:in)


Leseprobe

Inhaltsverzeichnis

I. Inhaltsverzeichnis

I. Inhaltsverzeichnis

II. Abbildungsverzeichnis

1. Einleitung
1.1. Problemdarstellung undZielsetzung
1.2. Aufbau derArbeit

2. Definitionen zentraler Begriffe
2.1. Konsumwerbung
2.2. Selbstsozialisation
2.3. Medien

3. Medienrezeption von Kindern und Jugendlichen anhand der KIM-, und JIM-Studie
3.1. Medienausstattung und Mediennutzung
3.2. Fernsehen
3.3. Internet/Smartphone

4. Einfluss der Digitalisierung auf die soziale Entwicklung
4.1. MöglicheAuswirkungen des Medienkonsums auf die Identitätsbildung
4.2. Risiken derSelbstsozialisation von Kindern undJugendlichen durch digitale Medien

5. EinflussderWerbungaufdasKonsumverhalten
5.1. EntwicklungspsychologischeAspekte der Werbewirkung
5.2. Werbung im Internet
5.3. Kinder undJugendliche als Zielgruppe
5.4. Markenbewusstsein von Kindern undJugendlichen

6. Zusammenfassung der zentralen Ergebnisse und Ausblick

Literaturverzeichnis

Abbildungsverzeichnis

II. Abbildungsverzeichnis

Abb. 1 - Gerätebesitz der Kinder 2018

Abb. 2 - Gerätebesitz der Kinder 2006

Abb. 3 - Gerätebesitz Jugendlicher 2006

Abb. 4 - Gerätebesitz Jugendlicher 2018

1. Einleitung

Im Zeitalter der Digitalisierung spielen elektronische Medien in der Entwicklung von Kindern und Jugendlichen eine zentrale Rolle. Die unterschiedlichen Medienangebote sind in nahezu allen Lebensbereichen zu finden und werden in den verschiedensten Alltagssituationen genutzt. Dass die vermehrte Mediennutzung Einfluss auf die soziale Entwicklung von Kindern und Ju­gendlichen nimmt, ist längst kein Geheimnis mehr. Kaum eine andere Erfindung der modernen Technik hat das Leben von Kindern und Jugendlichen so geprägt. So erfüllen digitale Medien in der heutigen Gesellschaft verschiedene Zwecke und dienen beispielsweise der Unterhaltung, der Bildung, der Informationsgewinnung, der Kommunikation sowie der Wissensvermittlung. Häufig setzt die Mediennutzung bereits im frühen Kindesalter ein. Dabei bildet die Familie die erste und wesentliche Instanz, durch die die Grundmuster der Mediennutzung geprägt und be­einflusst werden (Wagner/Gebel 2013: 11).

Im Zuge einer Gesellschaft, die durch einen ökonomischen, kulturellen und medialen Wandel geprägt ist, ist es nahezu unmöglich sich der Omnipräsenz der Werbung zu entziehen. Aus der Vielzahl von Werbebotschaften entsteht eine starke Reizüberflutung und Informationsbelas­tung auf Seiten der Konsument*innen. Kinder und Jugendliche bilden eine einfache Zielscheibe für Unternehmer im Bereich des Konsumentenmarketings, weil sie dem ständigen Medien- und Werbekonsum ausgesetzt sind. So fällt es ihnen schwer, den ausgefeilten Werbe- und Marke­tingstrategien des Medien- sowie Konsummarktes zu widerstehen und sich von dem Konsum­druck innerhalb der eigenen Peergroup zu lösen. Die Tragweite all dieser Reize, ihre Einwir­kung auf die Selbstsozialisation sowie auf das Konsumverhalten sind nach wie vor umstritten.

Angesichts dieser Tatsache beschäftigt sich die vorliegende Arbeit mit dem Einfluss der Me­dien auf die soziale Entwicklung von Kindern und Jugendlichen. Anhand relevanter Literatur wird die Auswirkung der intensiven Mediennutzung auf die Selbstsozialisation von Kindern und Jugendlichen untersucht und in Kontext des Konsumverhaltens gesetzt. Die aus der Unter­suchung gewonnenen Erkenntnisse könnten sowohl Kindertagestätten als auch Schulen dabei helfen, betroffene Familien im Umgang mit Medien zu schulen und sie über die Auswirkungen auf das Konsumverhalten zu informieren, sodass Kinder und Jugendliche die eigene Medien­nutzung bewusster reflektieren, hinterfragen und diskutieren können.

1.1. Problemdarstellung und Zielsetzung

Kinder und Jugendliche wachsen heutzutage in einer Zeit auf, die enorm durch den dynami­schen, medialen und technologischen Wandel geprägt ist. Die Digitalisierung und Technisie­rung nimmt einen erheblichen Einfluss auf die Alltags- und Erfahrungswelt Kinder und Jugend­licher (Krotz 2007). Dieses Phänomen wird aus kommunikationswissenschaftlicher Perspektive mit dem Begriff der „Mediatisierung“ beschrieben, der sich mit der zunehmenden Bedeutung des medialen Wandels für Identität, Alltag, Kultur und Gesellschaft auseinandersetzt. Dement­sprechend durchdringen digitale Medien zunehmend Orte und Formen der Kommunikation. Wichtige Bereiche des gesellschaftlichen Lebens wie beispielsweise Erwerbsarbeit, Freizeit, Konsum, Identitäten oder soziale Beziehungen entwickeln sich zusammen mit den Medien ste­tig weiter (Ebd.). Inwieweit der Alltag der Kinder und Jugendlichen durch Medien bestimmt wird, erforschen Studien des Medienpädagogischen Forschungsbund Südwest (mpfs) schon seit über 20 Jahren. Die Innovationsdynamik, die vor allem im Bereich digitaler Medien zu be­obachten ist, bringt sowohl Vorteile, als auch Nachteile mit sich, diejeweils weitreichende Fol­gen auf die soziale Entwicklung von Kindern und Jugendlichen haben. Das Ziel der vorliegen­den Arbeit besteht darin, den Zusammenhang von Konsumwerbung, Selbstsozialisation, Me­dien und dem Konsumverhalten von Kindern und Jugendlichen herauszuarbeiten. Dabei soll untersucht werden, inwiefern sich das Konsumverhalten der Kinder und Jugendlichen durch digitale Medien beeinflussen lässt.

1.2. Aufbau der Arbeit

Um ein grundlegendes Verständnis bezüglich des Einflusses der Medien auf die soziale Ent­wicklung von Kindern und Jugendlichen zu schaffen, werden im zweiten Kapitel zunächst die theoretischen Grundlagen der vorliegenden Arbeit dargestellt. Dabei werden die Begriffe Kon­sumwerbung, Selbstsozialisation und Medien definiert. Im dritten Kapitel werden die For­schungsergebnisse des Medienpädagogischen Forschungsbundes Südwest der KIM- und JIM- Studien vorgestellt. Hierbei soll dargestellt werden, wie stark der Alltag von Kindern und Ju­gendlichen von Medien bestimmt wird und welche Veränderungen im Vergleich zu den Vor­gängerstudien im Jahre 2006 zu beobachten sind. Der Fokus wird dabei auf die Medien Fern­sehen, Internet und Smartphone gelegt. Abschließend werden die gewählten Medien unter Be­rücksichtigung soziologischer Aspekte untersucht. Das vierte Kapitel widmet sich dem Einfluss der Digitalisierung auf die soziale Entwicklung von Kindern und Jugendlichen. Es wird aufge­zeigt, dass die zunehmende Digitalisierung und der wachsende Medienkonsum tiefgreifend in die Gesellschaft einwirken und Einfluss auf die soziale Entwicklung von Kindern und Jugend­lichen nehmen. Dabei werden zunächst mögliche Folgen und Auswirkungen des vermehrten Medienkonsums auf die Identitätsbildung erläutert.

Anschließend werden die Risiken der Selbstsozialisation von Kindern und Jugendlichen durch digitale Medien herausgearbeitet. Im fünften Kapitel wird die Werbung als geeignetes Instru­ment zur Konditionierung der Kinder und Jugendlichen zum Konsum vorgestellt. Hierfür wer­den zunächst entwicklungspsychologische Aspekte der Werbewirkung erläutert. Darauf auf­bauend wird der Frage nachgegangen, warum Kinder und Jugendliche gerade für Unternehmer ein hohes Attraktivitätspotenzial darstellen und wie sich das Markenbewusstsein bereits im Kindesalter etabliert. Abschließend werden im sechsten Kapitel die zentralen Ergebnisse der Arbeit zusammengefasst und ein Ausblick auf künftige Herausforderungen auf Seiten der Bil­dungsinstitutionen hinsichtlich Werbe- und Medienkompetenz gegeben.

2. Definitionen zentraler Begriffe

Um mit den Begriffen Konsumwerbung, Sozialisation und Medien angemessen arbeiten zu können und um einen Einstieg in das Thema zu finden, erfolgt zunächst eine Definition. An­schließend wird die Mediennutzung von Kindern und Jugendlichen unter Heranziehung der aktuellen Studienreihen (KIM-/JIM-Studie 2018) des Medienpädagogischen Forschungsbund Südwest beleuchtet. Es soll untersucht werden, inwiefern die heutige Kinder- und Jugendwelt von Medien geprägt ist und welche Auswirkungen die signifikante Entwicklung technischer Fortschritte auf die soziale Entwicklung von Kindern und Jugendlichen hat.

2.1. Konsumwerbung

In den gängigen Lehrbüchern der Sozialwissenschaften lässt sich eine ausführliche Definition des Begriffs Konsumwerbung nur schwer finden, weil er stets sehr offen gehalten ist. Aufgrund der Offenheit des Begriffs, sollen an dieser Stelle zunächst die Begriffe Konsum und Werbung definiert werden, um dann im Anschluss einen Definitionsversuch des Begriffes Konsumwer­bung geben zu können.

Unter dem Begriff Konsum wird im Allgemeinen der Verbrauch oder Verzehr von Gütern ver­standen. Aus ökonomischer Sicht meint eine Definition von Konsum „sämtliche Aktivitäten von Einzelpersonen oder privaten Haushalten [...], die auf die Entnahme von Gütern oder Dienstleistungen aus dem Markt gerichtet sind.“ (Schneider 2000: 11) Güter bezeichnen hier­bei alle Verbrauchs- und Gebrauchsmittel, die zur Befriedigung menschlicher Bedürfnisse ein­gesetzt werden können (Richard et al. 2016: 17). Diese umfassen sowohl kurzlebige Ver­brauchsgüter wie Nahrungs- und Genussmittel als auch langlebige Gebrauchsgüter wie Klei­dung, Hausrat, persönliche Verkehrsmittel und Hausbesitz. Aber auch vielfältige Dienste der Verwaltung, der Pflege, des Transports und der Versicherung können unter dem Sammelbegriff Konsumgüter gefasst werden (Dreier 1965: 9). Aus soziologischer Perspektive beschreibt Kon­sum hingegen ein soziales Handeln mit umfassenden gesellschaftlichen und individuellen Funktionen(Rosenkranz/Schneider2000: 11 f.).

Als Werbung wird die Verbreitung von Informationen an die allgemeine Öffentlichkeit, be­stimmte Zielgruppen oder Einzelpersonen zu unterschiedlichen Zwecken verstanden.

Die Aufgabe der Werbung ist es, den Verbraucherinnen Angebote von Unternehmen oder Or­ganisationen wie Marken, Produkte oder Dienstleistungen, vorzustellen und mithilfe von kom­munikativen Maßnahmen näherzubringen. Werbung verfolgt zwar unterschiedliche Ziele, aber es geht primär darum, die Nachfrage nach derartigen Leistungen zu stimulieren (Heun 2017: 1). Auch wenn Absatz und Erwerb von Produktionsgütem im Wesentlichen von rationalen Mo­tiven geleitet werden, scheint die Kaufentscheidung beim Konsumgüterkauf ein überwiegend emotionaler Entschluss zu sein (Ebd.: 9). So entstehen rationale Überlegungen erst aus einem Zusammenspiel von Kognitionen und Emotionen. Daher spielen vermeintlich irrationale affek­tive und unbewusste Prozesse sowie Emotionen eine grundlegende Rolle bei Kaufentscheidun­gen (Broeckelmann 2010: 39). Vor allem bei Gütern und Diensten des sogenannten gehobenen Bedarfs, setzt die Kaufentscheidung eine Fülle von persönlichen Motivationen und subjektiver Wertschätzungen frei. Aus diesem Grund hat sich die Konsumwerbung in den modernen Ge­sellschaften zum Experimentierfeld einer wissenschaftlich erarbeiteten Werbestrategie entwi­ckelt. Sie stimuliert neue subjektive Nutzvorstellungen und Bedarfswünsche, die über das wer­bende Objekt hinausgehen und den Konsumenten auf rationalem sowie emotionalem Weg ver­sucht, zum Kauf zu beeinflussen (Dreier 1965: 9).

2.2. Selbstsozialisation

Der Definition nach Hurrelmann zufolge beschreibt die Sozialisation den „Prozess der Entste­hung und Entwicklung der Persönlichkeit in wechselseitiger Abhängigkeit von der gesellschaft­lich vermittelten sozialen und materiellen Umwelt“ (Geulen/Hurrelmann 1980: 51). Sozialisa­tion ist demnach die Anpassung des heranwachsenden Menschen in die umgebende Gesell­schaft und Kultur durch Verinnerlichung sozialer Normen und Werte (Ebd.: 56). Durch den Prozess der Sozialisation wird das hilflose Kleinkind allmählich zu einer Person, die Fertigkei­ten und Vorstellungen von sich selbst entwickelt und sich darüber hinaus notwendiges Wissen, Können und Handeln aneignet, die ihm das Leben in einer Gesellschaft erst ermöglichen (Gid­dens 1999: 27) Dabei agiert das Kind von Anfang an als ein handelndes Wesen. Es drückt Wünsche und Bedürfnisse aus, die wiederum das Verhalten anderer beeinflussen. Sozialisation beschränkt sich allerdings nicht nur auf die Kindheit, sondern ist als ein fortdauernder Prozess zu begreifen, in dem sich Individuen unter wechselnden sozialen Chancen und Risiken ständig neu organisieren müssen (Abels/König 2016: 210). Dazu gehören alle Prozesse, in denen die Individuen „(1) die Normen und Werte der umgebenden Gesellschaft, Kultur sowie Institutio­nen kennenlemen, (2) sich aber auch in sozialen Interaktionen die Gesellschaft selbst aneignen und (3) ihre Sozialisation durch ihr Handeln mitbestimmen und eine soziale Persönlichkeit aus­bilden, die sich ihrer eigenen Identität bewusst ist und sich auch gegen gesellschaftlichen Zu­stimmungen behauptet“ (Abels 2019: 58).

Den Ausführungen von Zinnecker folgend ist Selbstsozialisation als Prozess zu verstehen, durch den Heranwachsende ihre Sozialisation im Kontext einer individualisierenden Gesell­schaft zunehmend selbständig bestimmen und sich von traditionellen Sozialisationsinstanzen ablösen (Zinnecker 2000: 277). So schreiben Kinder und Jugendliche bei der Selbstsozialisation sozialen und kulturellen Ereignissen in ihrer Umwelt eine eigene Bedeutung zu, das geschieht unabhängig von der „Fremdsozialisation“ durch Eltern, Erzieher und Lehrer. Sie entfalten dabei eine eigene spezielle Handlungslogik, die die Formulierung persönlicher Handlungsziele zur Folge hat (Hurrelmann 2002: 155). Dabei kann die Peergroup als Sozialisationsagent betrachtet werden, der den Sozialisationsprozess begleitet und entscheidend mitgestaltet.

Innerhalb der gängigen Lehrbücher der Entwicklungspsychologie ist der Begriff Selbstsoziali­sation relativ unbekannt und wird gerne mit anderen Begriffen wie Selbsterziehung und Selbst­entwicklung umschrieben. Brandstädter differenziert zwischen zwei Formen der Selbstentwick­lung: eine intentionale und eine funktionale Selbstentwicklung. Während die intentionale Selbstentwicklung eine absichtliche Selbstentwicklung ist, beschreibt die funktionale eine un­absichtliche Selbstentwicklung. Eine rein intentionale Selbstentwicklung ist in den frühen Ent­wicklungsphasen nicht möglich. So entwickelt das Kleinkind, das in der Interaktion mit seiner physischen und sozialen Umwelt kognitive sowie motorische Kompetenzen entfaltet, noch keine intentionalen Selbstentwicklungseffekte (Brandstädter 2011: 75). Dementsprechend ist die Entwicklung von Intentionalität und intentionalem Handeln grundlegend für die intentio­nale Selbstentwicklung. Daher kann von intentionaler Selbstentwicklung nur dann gesprochen werden, wenn sich im Handeln Ideen und Ziele durchsetzen, die sich wiederum auf das eigene Selbst und die eigene Entwicklung übertragen (Ebd.: 75).

Laut Zinnecker (2000) haben sich die Spielräume für die intentionale Selbstentwicklung im Verlauf der letzten 50 Jahre erheblich erweitert. Grund dafür sei, dass über den Konsumwaren­markt und die modernen Kommunikationsmedien (Fernsehen, Radio, Computer, Internet) für Kinder und Jugendliche ein direkter Zugang zum gesellschaftlichen Leben entstanden ist, der von familiären und schulischen Erziehungseinflüssen und pädagogischen Steuerungsabsichten nur wenig beeinflusst wird. Das wird durch einen teilweisen Rückzug der Eltern, Verwandten und Schulpädagogen aus dem Erziehungsprozess verstärkt. Vor allem in den Peergroups sei eine moderne Selbstsozialisation zu beobachten, die sich in der Emanzipation der jungen Ge­neration von pädagogisch-normativen Zielvorstellungen und erzieherischen Methoden mit be­vormundenden Praktiken in Familie und Schule äußert (Hurrelmann 2002: 156).

2.3. Medien

In der Alltagssprache bezeichnen Medien unterschiedliche Kommunikationsmittel zur Verbrei­tung von Inhalten in der Öffentlichkeit. Diese umfassen sowohl klassisch gedruckte Medien (z. B. Zeitungen, Bücher, Zeitschriften und Plakate) als auch elektronische Medien (z. B. Fern­seher, Computer, Rundfunk und Online-Dienste).

Das Wort „Medium“ kommt aus dem Lateinischem und bedeutet so viel wie „Mitte, Mittel, etwas Vermittelndes“ (Bonfadelli 2002; 12). Heinz Bonfadelli unterscheidet zwischen den tech­nischen, zeichentheoretischen und sozial-institutionellen Medien. Menschliche Artefakte wie beispielsweise Bücher, Zeitungen, Filme, Radio, Fernseher oder das Internet definiert Bonfa­delli als technische Medien, die als öffentliche Kommunikationskanäle bestimmte Zeichensys­teme über Zeit speichern und über räumliche Distanzen transportieren.

Da Äußerungen oder Manifestationen von Geistigen mittels Zeichensystem materialisiert sind und so artikuliert werden können, begreift Kübler diese als medial (Kübler 2000, zitiert nach Bonfadelli 2002: 12). Gemäß Bonfadelli können Medien als technische Kanäle wiederum ma­terialisierte Zeichen transportieren, aus denen sich einzelne Aussagen, Texte und komplexe Medienbotschaften zusammensetzen, denen aufgrund medienspezifischer und kulturell geteil­ter Codes bzw. Regeln entsprechende Bedeutungen durch Kommunikatoren und Rezipienten im medienvermittelten Kommunikationsprozess zukommen. Diese Art von Medien fasst Bon­fadelli als zeichentheoretische Medien auf.

Der sozial-institutionelle Medienbegriff bezieht sich hingegen auf moderne Medientechnolo­gien, die spezielle berufliche Fertigkeiten, betriebliche Arbeitsformen und hohe Kapitalinves­titionen bedürfen. Diese Art von Medien begreift Bonfadelli daher als soziale Organisationen (wie z. B. Presseverlage und Rundfunkanstalten), die auf institutioneller Ebene publizistische Kommunikationsfunktionen für die Gesellschaft erfüllen.

3. Medienrezeption von Kindern und Jugendlichen anhand der

KIM-, und JIM-Studie Kinder und Jugendliche wachsen heutzutage mit einem breiten Repertoire an Medien auf. Der Alltag der heutigen Kinder und Jugendlichen ist stark vom Medienangebot geprägt. In kommu­nikations- und medienwissenschaftlichen Diskursen wird häufig von einer Mediatisierung der Alltagskultur gesprochen. Das bedeutet, dass der Alltag zunehmend durch die Allgegenwart von Fernsehen, Web 2.0 oder Mobilkommunikation bestimmt wird (Hartmann/Hepp 2010: 24). Durch die Ausweitung diverser Plattformen und die Verfügbarkeit von Medien entwickeln sich digitale Medien immer mehr zu einem wesentlichen Treiber des aktuellen Wertewandels und sozialer Transformationsprozesse. Die rasante Entwicklung technischer Neuerungen hinterlässt auch Spuren im Alltag der Kinder und Jugendlichen und nimmt Einfluss auf zentrale gesell­schaftliche Bereiche, wie beispielsweise auf die Arbeitswelt, Bildung, Erziehung, Kommuni­kation, Alltagsorganisation, Mobilität etc. (Calmbach 2016: 172). Aufgrund der dynamischen Entwicklung der digitalen Medien hat sich auch die zwischenmenschliche Kommunikation ver­ändert. Im digitalen Zeitalter geht nämlich ein klarer Trend dahin, zwischenmenschliche Kom­munikation auf virtueller Ebene stattfmden zu lassen. Über Soziale Netzwerkseiten wie z. B. Facebook, Instagram und Snapchat werden soziale Gemeinschaften gebildet. Es steht außer Frage, dass digitale Medien zum Alltag von Kindern und Jugendlichen schlichtweg dazugehö­ren und der Umgang mit Medien heutzutage eine Selbstverständlichkeit darstellt. Doch wie stark wird der Alltag der Kinder und Jugendlichen tatsächlich durch Medien bestimmt? Welche Inhalte und Plattformen sind für die Kinder und Jugendlichen von Bedeutung und zu welchem Zweck werden die Medien genutzt? Der Medienpädagogische Forschungsverbund Südwest (mpfs) beschäftigt sich speziell mit diesen Fragen und untersucht seit Ende der 1990er-Jahre den medialen Alltag von Kindern und Jugendlichen. Mithilfe der Studienreihen „KIM - Kinder und Medien“ und „JIM - Jugend und Medien“ wird das Medienverhalten von Kindern und Jugendlichen erforscht.

Die KIM-Studie wurde erstmalig im Jahr 1999 erhoben. Mit der Befragung von etwa 1.200 Kindern und deren Haupterziehern bildete sie ein repräsentatives Abbild des Medienverhaltens sowie einen Grundstock für eine Studienreihe, die sich inzwischen als Basisstudie etabliert hat. Die Befragung der Kinder für die KIM-Studie 2018 erfolgte computergestützt persönlich­mündlich (CAPI). Insgesamt nahmen 1.231 deutschsprachige Kinder im Alter zwischen sechs und 13 Jahren an der Studie teil.

Im Jahr 1998 wurde erstmals die JIM-Studie erhoben, die sich ebenfalls zu einem verlässlichen Gradmesser der Mediennutzung etabliert hat. Die Befragung der Jugendlichen für die JIM-Stu­die 2018 erfolgte telefonisch (CATI). Insgesamt wurden 1.200 Jugendliche zwischen zwölf und 19 Jahren in ganz Deutschland befragt. Dementsprechend bildet die Befragung ein repräsenta­tives Abbild der ca. 6,4 Mio. deutschsprachigen Jugendlichen.

Im Folgenden sollen zentrale Anhaltspunkte beider Studien aufgegriffen werden. Dabei wird der Fokus auf die Medien Fernsehen, Internetzugang und Handy/Smartphones gelegt. Um mög­liche Veränderungen darstellen zu können, werden beide Studienreihen aus dem Jahr 2006je- weils mit den aktuellsten Nachfolgestudien (2018) verglichen. Im Anschluss werden die ge­wählten Medien Fernsehen, Internetzugang sowie Handy/Smartphones unter Berücksichtigung soziologischer Aspekte untersucht.

3.1. Medienausstattung und Mediennutzung

In den vergangenen Jahren hat sich die Mediennutzungjunger Menschen verändert. Das zeigt sich vor allem in der medialen Ausstattung der Familien: Laut der aktuellen KIM-Studie besit­zen alle Familien eine Vollausstattung bei Fernseher, Intemetzugang sowie Handy/Smartphone. 89 % der Familien verfügen über ein Smartphone und in vier von fünf Haushalten sind Com­puter bzw. Laptops zu finden. In etwa drei von vier Haushalten sind Videorekorder/DVD- Player/Blu-Ray-Player, CD-Player, Digitalkameras und Spielkonsolen vorhanden. In38 % der Familienhaushalte ist ein Tablet verfügbar und etwa ein Drittel der Familien besitzen einen Fernseher mit Internetzugang sowie einen Kassettenrekorder. Injedem fünften Haushalt wurde ein Abonnement für Streamingdienste gebucht, knapp ein Sechstel verfügt über Pay-TV wie beispielsweise Sky. Bei sechs Prozent sind digitale Sprachassistenten wie z. B. „Alexa“ von Amazon vorhanden. Wie der Abbildung 1 zu entnehmen ist, zeigt sich die stärkste Dynamik im Vergleich zur KIM-Studie 2006 im Bestand des Intemetzugangs (+17 %), der Digitalkameras (+14 %) sowie der Pay- TV Abonnements (+4 %). Deutlich abgenommen hat die Ausstattung mit CD-Player (-20 %), Radio (-10 %) und Computer (-8 %).

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Ende der Leseprobe aus 41 Seiten

Details

Titel
Konsumwerbung und Selbstsozialisation. Der Einfluss der Medien auf das Konsumverhalten von Kindern und Jugendlichen
Hochschule
Justus-Liebig-Universität Gießen  (Soziologie)
Note
1,6
Autor
Jahr
2020
Seiten
41
Katalognummer
V940972
ISBN (eBook)
9783346270511
ISBN (Buch)
9783346270528
Sprache
Deutsch
Schlagworte
Medien, Konsum, Konsumverhalten, Jim Studie, Kim Studie, Kinder, Jugendliche, Computer, Digitale Medien, Facebook, Instagram, Snapchat, Marken, Markenbewusstsein
Arbeit zitieren
Hayat Sheekhosman (Autor:in), 2020, Konsumwerbung und Selbstsozialisation. Der Einfluss der Medien auf das Konsumverhalten von Kindern und Jugendlichen, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/940972

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