Napoleon und Alexander I. in Tilsit


Seminararbeit, 2008

13 Seiten, Note: 1,0


Leseprobe


Inhaltsverzeichnis

1. Einleitung

2. Napoleon und Russland

3. Alexander I. und Europa

4. Das Zusammentreffen in Tilsit

5. Zusammenfassung und Fazit

6. Literaturverzeichnis

1. Einleitung

Die Geschichte ist überfrachtet mit Charakteren, die ihren Lauf entscheidend beeinflusst haben; sei es durch ihren Ehrgeiz, ihre Fähigkeiten oder ihr Charisma. Doch konnten sie ihren Einfluss nur durch den Kontakt und die Interaktion mit Zeitgenossen ausüben. Aber was geschieht, wenn ein Naturell auf ein weiteres trifft, welches ebenfalls die Geschicke seiner Zeit maßgeblich beeinflusst oder es zumindest zu tun beabsichtigt? Sind Konflikte vorprogrammiert? Liegen friedliche Verhandlungen in der Luft? Handeln sie für den Fortschritt und den Wohlstand der Menschheit?

Die vorliegende Arbeit befasst sich mit zwei Persönlichkeiten, die das frühe 19. Jahrhundert geprägt, die sich umarmt und doch bekriegt haben. Sie führten ihre Völker unter dem Vorwand, Europa Frieden und Stabilität bringen zu wollen, in mörderische Schlachten, die letztendlich den Untergang eines der beiden Kontrahenten herbeiführen mussten. Ihre Entscheidungen waren maßgeblich durch ihre charakterlichen Veranlagungen geprägt. Es wird zu untersuchen sein, inwieweit diese Wesensarten den Lauf der Geschichte bedingt haben. Auf der einen Seite sehen wir Napoleon, den von Ehrgeiz zerfressenen kleinen Korsen, der sich selten zügeln konnte. Ihm gegenüber steht Zar Alexander I., der sich selbst von romantischer Verblendung getrieben als Erlöser der Menschheit sah, dabei aber keinesfalls die dazu notwendige Standhaftigkeit aufweisen konnte.

Diese beiden Despoten kollidieren also im frühen 19. Jahrhundert. Einigen sie sich darauf, zum Wohle der Menschheit gemeinsame Sache zu machen? Temporär begrenzt und oberflächlich betrachtet taten sie dies. Haben sie sich friedlich geeinigt? Für einen gewissen Zeitraum haben sie das wirklich. Haben sie die Konfrontation gesucht? Diese Frage kann man eindeutig mit einem Ja beantworten. Aufgrund der zeitgenössischen Umstände und der Beschaffenheit ihrer beider Geister war der Konflikt eigentlich unvermeidlich; die Frage war nur, wann er auftreten würde.

Die Arbeit beginnt mit der Darstellung der beiden Charaktere ihrer Protagonisten und einer darauf basierenden Wiedergabe ihrer Außenpolitik, wobei auf zu ausführliche Ausführungen aus Platzgründen verzichtet wird. Endlich soll es darum gehen, wie sich die zwei Monarchen in Tilsit erstmals persönlich begegneten, wie sie miteinander umsprangen und das Schicksal so manchen Staates bestimmten, ohne dabei allzu viel Rücksicht auf deren Herrscher zu nehmen. Ein Ausdruck purer Arroganz? Das wird sich zeigen.

2. Napoleon und Russland

Napoleon war ein äußerst arbeits- und strebsamer Mensch mit einem ausgezeichneten Gedächtnis. Jedoch steigerte sich sein Ehrgeiz stellenweise in absurde Höhen, so dass es absehbar war, dass er nicht mehr aufhören würde, neue Eroberungen zu tätigen.[1] Ein weiteres Indiz für diese Aussage ist die Tatsache, dass er als Mittel dazu und zur Erreichung aller weiteren Interessen ausschließlich die Gewalt in Betracht zog.[2] Nichtsdestotrotz kann man nicht umhin, ihm einen hoch entwickelten, aber nicht makellosen Verstand zuzusprechen: „Er besaß einen raschen, umfassenden Verstand, ausgeprägten intellektuellen Scharfsinn und machte sich keine Illusionen über seine Mitmenschen, aber er hatte zwei Schwächen: ‚Er hatte nie einen Plan.’ [...] Die zweite Schwäche war eine allzu lebhafte Phantasie.“[3]

Napoleon war davon überzeugt, dass ein ausgleichender Friede mit Russland den französischen Handel zu Grunde richten würde, da sich das Zarenreich wohl nicht ohne Zwang der Kontinentalsperre angeschlossen hätte. Damit ist bereits ein erstes Ziel angesprochen, welches Napoleon verfolgte mit all den ihm eigenen Ambitionen.

Die Wankelmütigkeit des französischen Kaisers kommt in seinen Äußerungen über die Russen ständig zum Ausdruck. So äußerte er, dass die russischen Horden aufgehalten werden müssen, dass Russen weniger wert seien als Franzosen und dass französische Tragödien für dieses Volk aus dem Osten zu anspruchsvoll wären.[4] Doch so verachtenswert er die Russen auch erachtete, hatte er doch Respekt vor ihren Leistungen als Soldaten.[5] Aber wäre es verfrüht, daraus seinen allgemeinen Respekt gegenüber dem einfachen Soldaten ableiten zu wollen, bezeichnete er doch die eigenen Truppen häufiger als Kanonenfutter.[6] Trotz der kulturellen und zivilisatorischen Unterlegenheit der Russen, sagte der Empereur ihnen eine große Zukunft voraus: „Russland ist die Macht, die mit der größten Sicherheit und mit den größten Schritten der Weltherrschaft entgegengeht.“[7]

Wenn das russische Volk als dermaßen minderwertig zu betrachten war, was hielt dann der Korse von ihrem Monarchen? Er betrachtete Alexander als falsch und eitel, schwach, aber ehrgeizig, im Gegensatz zu einem Großteil seiner Untertanen gebildet, von romantischen Ideen beseelt. Der Zar sei ein Mann gewesen, der in seine Kinder vernarrt gewesen sei. Mit seiner Einschätzung des jungen Monarchen lag der Franzose gar nicht so falsch, wie wir später noch bemerken werden.

Welche politischen Geschehnisse spielten sich nun im Vorfeld von Tilsit unter der Initiation Napoleons ab? Seine Selbstkrönung zum König von Italien am 26.5.1805 zwang Österreich dazu, dem bereits bestehenden Offensivbündnis mit Russland, England und Schweden beizutreten: die Geburt der Dritten Koalition. Der deutsche Kaiser musste diesen Schritt wagen, um zu verhindern, zu einer zweitrangigen Macht innerhalb Europas degradiert zu werden. Die Tendenzen dahin hatte der Friede von Luneville bestärkt.[8] England hatte begründete Furcht vor einer Invasion über den Ärmelkanal. Zu diesem Zweck hatte Napoleon bereits bei Boulogne ungefähr 120000 Männer gesammelt. Die einzige Hoffnung des konstitutionellen Staates war diese Koalition.[9] Russland seinerseits musste sich England als Exportziel für seine landwirtschaftlichen Erzeugnisse und Rohstoffe erhalten. Außerdem erschein der Zeitpunkt für einen Feldzug gegen diesen Emporkömmling, den die Monarchen seiner Zeit nie als gleichrangig betrachteten, optimal, da er einer solchen Zahl von Feinden unterliegen musste.[10]

England sollte sein Ziel erreichen. Durch die Informationen über den Marsch russischer und österreichischer Truppen dazu veranlasst, löste Napoleon das Heerlager bei Boulogne am 27.8. auf und marschierte auf die Donau zu. Knapp zwei Monate später entriss er den Österreichern bereits die Festung Ulm und zog dann weiter nach Wien, wo er am 13.11. einmarschierte. Kaiser Franz war bereits geflohen. Der Sieg von Austerlitz am 2.12.1805 beendete die Existenz der Dritten Koalition. Im Frieden von Pressburg wurde Österreich zu umfangreichen Zugeständnissen gepresst: Es verlor ein siebtel seiner staatlichen Einnahmen, ein sechstel seiner Bevölkerung, wichtige Gebiete wie Tirol und Venetien und musste zusätzlich Reparationen in Höhe von 40 Mio. Goldgulden zahlen.[11] Nach diesem Erfolg war Preußen, einziger verbliebener potentieller Konkurrent um die Macht in Deutschland, Napoleons nächstes Ziel. Er strebte nach einem Bündnis mit dem früheren Staat von Friedrich dem Großen, um es von England und Russland zu isolieren, ohne dabei den Säbel jemals abzulegen. Aber in Berlin erfuhr man, dass Hannover, das von Frankreich besetzt war, nicht wie versprochen an Preußen, sondern zurück an England gehen sollte im Falle eines Friedensschlusses. Zusätzlich fühlte man sich durch die Schaffung des Rheinbundes, welcher die französischen Einflusssphären bis nach Mitteldeutschland ausdehnte, bedroht. Nach diesen und anderen ständigen Reizungen Preußens[12] stellte der deutsche Staat an Napoleon ein Ultimatum: Bis zum 26.9.1806 sollten sämtliche französischen Truppen aus Süddeutschland abziehen. Napoleon reagierte nicht auf diese Forderung und es kam zum Krieg, weil Napoleon mal wieder eine Großmacht gereizt hatte, ohne dabei Grenzen zu kennen.[13] Im Zuge dieses Krieges kam es am 14.10. zum Sieg der Franzosen bei Jena und Auerstedt, wo die komplette preußische Armee praktisch ausgelöscht wurde. Zum Zusammenbruch ganz Preußens trug deren mangelhafte Disziplin entscheidend bei.[14] Bereits zwei Wochen später marschierte der französische Kaiser in Berlin ein, wo er durch den unerwartet raschen Erfolg beflügelt am 21.11. das Berliner Dekret über die Kontinentalsperre erließ. Doch in den Friedensverhandlungen mit dem preußischen König steigerte er beständig seine Ansprüche, so dass Friedrich Willhelm III. sie bereits am 16.11. abbrach. Er fühlte sich stark, da bereits die Russen zu seiner Unterstützung heranmarschierten. Der Umgang Napoleons mit den eroberten deutschen Gebieten diente ausschließlich der Unterstützung seiner Feldzüge. Nichts war zu sehen von den Idealen der französischen Revolution, als deren Verbreiter er sich so oft bezeichnet hatte. Er ließ diese Gebiete ausbluten, woraufhin ein nachvollziehbarer Hass auf Frankreich erwuchs.[15]

[...]


[1] vgl. Paléologue: Alexander I., S. 39

[2] vgl. Maurois: Napoleon, S.67

[3] ebd. S.68

[4] vgl. Sieburg: Gespräche: S. 112, S.177

[5] vgl. ebd. S.214f

[6] vgl. Tarlé: Napoleon, S.202

[7] Napoleon: Erinnerungen und Gedanken, S.37

[8] vgl. Tarlé: Napoleon, S.192f

[9] vgl. ebd. S.192

[10] vgl. ebd. S.193

[11] vgl. ebd. S.216

[12] vgl. Tarlé: Napoleon, S.217ff und Willms: Napoleon, S.450

[13] vgl. Wahl: Europäisches Staatensystem, S.165ff

[14] vgl. Wahl: Europäisches Staatensystem, S. 168 und Tarlé: Napoleon, S.229ff

[15] vgl. Willms: Napoleon, S.454ff

Ende der Leseprobe aus 13 Seiten

Details

Titel
Napoleon und Alexander I. in Tilsit
Hochschule
Technische Universität Chemnitz  (Philosophische Fakultät, Fachbereich Geschichte)
Veranstaltung
Rußland und Europa
Note
1,0
Autor
Jahr
2008
Seiten
13
Katalognummer
V94149
ISBN (eBook)
9783640104543
ISBN (Buch)
9783640111978
Dateigröße
399 KB
Sprache
Deutsch
Anmerkungen
Kommentar des Dozenten: Elegant in Sprache und Stil
Schlagworte
Alexander, Tilsit, Rußland, Europa, Napoleon I, Bonaparte, Frankreich
Arbeit zitieren
Roy Seyfert (Autor:in), 2008, Napoleon und Alexander I. in Tilsit, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/94149

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