Im Folgenden wird versucht, eine Antwort auf die Fragen zu finden, ob es möglich ist, ein falsches Geschmacksurteil zu fällen, indem gezeigt wird, dass Geschmacksurteile sowohl innerhalb eines subjektiven als auch innerhalb eines objektiven Kontexts gefällt werden können und dabei jeweils kontextabhängig gültig sind. Dafür wird im zweiten Abschnitt zuerst argumentiert, dass Geschmacksurteile einer subjektiven, von individuellen Voraussetzungen und Erfahrungen abhängigen Sphäre entspringen, wonach im dritten Abschnitt gezeigt wird, inwiefern sie ebenso Gegenstand einer objektiven Sphäre sind, die allgemein anerkannte Maßstäbe und Konzepte beinhaltet. Der daraus hervorgehende Doppelcharakter wird im vierten Abschnitt anhand der Theorie des empirischen Kontextualismus erklärt. Dabei wird verständlich, warum sich widersprechende Urteile über dasselbe Geschmacksobjekt gleichzeitig gültig sein können. Im fünften Abschnitt werden die erarbeiteten Ergebnisse zusammengetragen und Implikationen dieser Antwort für Lösungen alltäglicher Probleme mit Meinungsverschiedenheiten in Bezug auf Geschmacksurteile gegeben.
Bei gustatorischem Geschmack kommt es häufig zu Meinungsverschiedenheiten, wie folgendes Beispiel veranschaulicht:
Josh: „Der ‚Nobilo Icon Sauvignon Blanc‘ vom letzten Mal hat mir nicht geschmeckt. Er war mir viel zu fruchtig – das ist einfach kein guter Wein.“ Anne: „Wirklich? Sauvignon Blanc muss ein bisschen fruchtig sein, das ist ein guter Wein! Er
schmeckt mir hervorragend.“ Josh und Anne sprechen über denselben Wein und äußern sich widersprechende
Geschmacksurteile darüber. Es scheint, als können zwei sich widersprechende Geschmacksurteile über dasselbe Geschmacksobjekt gleichzeitig gültig sein. Es ist aber vorstellbar, dass die Diskussion weitergeht und Anne Josh mit Argumenten zu überzeugen versucht, warum der Wein doch gut ist: Anne: „Obwohl er fruchtig ist, ist er nicht süß, sondern trocken und funktioniert perfekt zu frischen, sommerlichen Gerichten. Stell ihn dir eisgekühlt zu einem frisch gegrillten Fisch vor. Genau so muss ein Sauvignon Blanc sein!“ Sollte Josh nun einsehen, dass der Wein doch gut ist? Hat er Gründe dafür? Oder ist seine persönliche Meinung darüber indiskutabel? Wie kann man solche Meinungsverschiedenheiten verstehen und wie kann man sie, falls überhaupt, lösen?
Inhaltsverzeichnis
- Einleitung
- Subjektive Sphäre gustatorischer Geschmacksurteile
- interindividuelle Voraussetzungen
- situative Voraussetzungen
- Veränderung des eigenen Geschmacks durch Wissen
- Objektive Sphäre gustatorischer Geschmacksurteile
- Unterschiedliche Konditionen von Geschmacksobjekten Und schmeckenden Personen
- Objektive Wert- und Qualitätssysteme
- Erklärung des Doppelcharakters: Der empirische Kontextualismus
- Konklusion
Zielsetzung und Themenschwerpunkte
Dieser Text untersucht die Natur des gustatorischen Geschmacks und analysiert die Gründe, warum es trotz divergierender Meinungen zu Geschmacksurteilen dennoch möglich ist, Recht zu haben. Dabei beleuchtet er den doppelten Charakter des Geschmacks, indem er sowohl subjektive als auch objektive Aspekte betrachtet.
- Subjektivität des Geschmacks: Individuelle Erfahrungen und Wahrnehmungen spielen eine entscheidende Rolle.
- Objektivität des Geschmacks: Allgemeine Maßstäbe und Konzepte beeinflussen Geschmacksurteile.
- Der empirische Kontextualismus: Diese Theorie erklärt, warum widersprechende Geschmacksurteile gleichzeitig gültig sein können.
- Praktische Implikationen: Der Text bietet Einblicke in die Bewältigung von Meinungsverschiedenheiten über Geschmack.
- Beispielhaftes Fallbeispiel: Die Diskussion über einen Wein wird als Grundlage für die Analyse verwendet.
Zusammenfassung der Kapitel
- Einleitung: Die Einleitung stellt das Problem der Meinungsverschiedenheiten über Geschmack anhand eines Beispiels dar und führt in die Thematik des doppelten Charakters von Geschmacksurteilen ein.
- Subjektive Sphäre gustatorischer Geschmacksurteile: Dieser Abschnitt argumentiert, dass Geschmacksurteile von individuellen Erfahrungen und Wahrnehmungen abhängen. Die subjektive Sphäre wird durch die Analyse von verschiedenen Beispielen verdeutlicht.
- Objektive Sphäre gustatorischer Geschmacksurteile: Dieser Teil zeigt auf, dass Geschmacksurteile auch einer objektiven Sphäre unterliegen, die allgemeine Maßstäbe und Konzepte beinhaltet. Es wird erläutert, wie objektive Wert- und Qualitätssysteme die Wahrnehmung von Geschmack beeinflussen.
- Erklärung des Doppelcharakters: Der empirische Kontextualismus: Dieser Abschnitt präsentiert die Theorie des empirischen Kontextualismus als Erklärung für die gleichzeitige Gültigkeit widersprechender Geschmacksurteile.
Schlüsselwörter
Der Text konzentriert sich auf die Themen des gustatorischen Geschmacks, subjektive und objektive Sphäre, empirischer Kontextualismus, Meinungsverschiedenheiten und Geschmacksurteile. Die Analyse basiert auf der Untersuchung von Beispielen und der Anwendung philosophischer Konzepte.
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- Julia Held (Author), 2020, Der Doppelcharakter gustatorischen Geschmacks. Warum kein Geschmacksurteil falsch ist und weshalb man trotzdem Recht haben kann, Munich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/948270