Mobilität und Verkehr


Seminararbeit, 1998

20 Seiten


Leseprobe


Inhaltsverzeichnis

EINLEITUNG
VERKEHRSARTEN
WACHSTUM
FOLGEN DES VERKEHRSAUFKOMMENS

NEUE VERKEHRSKONZEPTE
CAR-SHARING
CARPOOL ®
CASHCAR®
PARKRAUMBEWIRTSCHAFTUNG
EINFAHRVERBOTE UND VERKEHRSBERUHIGUNG

VORRANGIGKEIT DES UMWELTVERBUNDES
FUßGÄNGER UND RADNETZ
VORFAHRT FÜR ÖPNV
ATTRAKTIVITÄTSSTEIGERUNG
ANRUFBUSSYSTEME UND SAMMELTAXIS

ANWENDUNG NEUER VERKEHRSTECHNIKEN
INNOVATIVE FAHRZEUGE
DOWN-SIZING
ALTERNATIVE ANTRIEBE
BIOKRAFTSTOFFE
GASANTRIEBE
ELEKTROANTRIEBE
VERKEHRSLEITSYSTEME

ANHANG

LITERATURVERZEICHNIS

Einleitung

Mobilität ist ein menschliches Grundbedürfnis, das der Verknüpfung von Lebensbereichen und Aktivitäten dient. Neben wirtschaftlichen und beruflichen Aspekten ist es v.a. der Wunsch nach individueller Lebensgestaltung, der die Mobilität erfordert. Verkehr als Ortsveränderung von Personen, Gütern und Informationen ist Voraussetzung für die Mobilität und zugleich Folge dieser Wahrnehmung der individuellen Bewegungsfreiheit. 1

Mobilität, als Grundbedürfnis der modernen Gesellschaft, ist zu einem wichtigen Faktor herangewachsen. Auch ist es klar, daß der Grad der Mobilität unweigerlich mit der Wirtschaftlichkeit einer Gesellschaft verbunden ist. Jedoch gibt es, wie aus den vergangenen Jahren ersichtlich, immer häufiger Probleme mit dem stetigen Verkehrswachstum. Fälschlicherweise wird die persönliche Mobilität des Einzelnen mit einer Steigerung der Motorisierung gleichgesetzt. Folge, die Infrastruktur muß stets erweitert werden, damit sie den Ansprüchen unserer Gesellschaft nach der Mobilität gerecht wird. In Ballungsräumen kann dies jedoch zum Schuß nach hinten werden.

Alle Prognosen sind sich darin einig: die Mobilität in der Bundesrepublik wird weiter wachsen - und damit wächst auch der Reformbedarf unseres Verkehrssystems. Während immer mehr Menschen immer schneller immer entferntere Ziele erreichen wollen, ist unser gegenwärtiges Verkehrssystem immer weniger in der Lage, die Transport- und Beförderungsbedürfnisse zu erfüllen. Immer deutlicher treten die Schattenseiten eines primär auf das Auto konzentrierten Verkehrssystems hervor:

In der Bundesrepublik werden jährlich über 925 Mrd. Personenkilometer zurückgelegt, davon über 160 Mrd. Personenfahrten mit öffentlichen Verkehrsmitteln und über 750 Mrd. Personenfahrten mit dem privaten PKW. Hinzu kommen über 400 Mrd. Tonnenkilometer auf LKW-Fahrten. Der PkwBestand ist auf rund 40 Mio. gestiegen. Das Verkehrssystem verbraucht rund 1/5 der Primärenergie. 2 von 3 Bürgerinnen und Bürgern fühlen sich durch Verkehrslärm belästigt. Jährlich sterben rund 9000 Menschen auf unseren Straßen, 500.000 werden verletzt. Die sozialen Folgekosten der Verkehrsunfälle betragen rund 50 Mrd. DM pro Jahr.2

Auch geht der Trend dahin, daß immer mehr Menschen in sogenannten Ballungsräumen leben und Arbeiten. Bereits im Jahr 1996 betrug die städtische Bevölkerung in Deutschland 86,7 %. Auch die internationale Zahl der Megastädte wird immer mehr steigen. Hier sind besondere Konzepte und Lösungen zur Vermeidung von Problemen, erforderlich. Alternative Verkehrskonzepte könnten, ohne das die Gesellschaft auf ihre Mobilität verzichten muß, hier die Lösung für die Zukunft sein.

Verkehrsarten

Grundsätzlich kann von einer Teilung in Personen- und Güterverkehr ausgegangen werden. Der Personenverkehr läßt sich unterteilen in Öffentlichen und Individuellen Verkehr. Die sogenannten Verkehrsträger des Individuellen Verkehr sind Fußgänger, Fahrräder und der Motorisierte Individualverkehr, wie Pkw, Motorräder, Mopeds.

Der Öffentliche Verkehr setzt sich aus der Binnenschiffahrt, dem Luftverkehr, der Eisenbahn (inkl. S-, Regional- und Fernbahn) sowie dem Öffentlichen Personennahverkehr mit den Verkehrsträgern Taxi, Autobus, Oberleitungsbus, Straßenbahn und U-Bahn zusammen.

Auch wird von einem Umweltverbund gesprochen, der die Fußgänger, Fahrräder, den ÖPNV und den Eisenbahnverkehr umfaßt.

Der Güterverkehr wird mit Rohrleitungen, Binnenschiffahrt, Eisenbahn und Straßengüterverkehr realisiert.

Wachstum

Die Zunahme des Verkehrsaufkommens soll hier anhand von nur einigen wenigen Zahlen dargelegt werden, damit ersichtlich wird, über welche Faktoren hier gesprochen wird.

Die gesamte Güterverkehrsleistung in der BRD (ABL) hat sich zwischen 1950 und 1990 von 70 auf 300 Mrd. tkm mehr als vervierfacht. Dabei stieg der Straßenverkehr auf das 12fache; der Anteil am Gesamtaufkommen erhöhte sich auf 56,9 %.

Im motorisierten Personenverkehr der BRD (ABL) hat sich die Verkehrsleistung zwischen 1950 und 1990 von 88 Mrd. auf 723 Mrd. Personenkilometern mehr als verachtfacht. Der Anteil des MIV stieg von 35,0 % (1950) auf 82,1 % (1990). Mit den Verkehrsdaten der NBL sind es 1996 laut Ifo-Institut bereits 914 Mrd. Personenkilometern, davon 81% MIV, 8% ÖPNV, 7% Eisenbahnen und 3% Luftverkehr.

Folgen des Verkehrsaufkommens

- zunehmend, hoher Energieverbrauch
- ansteigende Luftverschmutzung mit Ruß, Staub und schädlichen Gasen · stetig steigende Lärmbelastung
- wachsender Flächenverbrauch (Deutschland ca. 10 % der Fläche für Verkehrsflächen, unter Hinzuzählung der privaten Verkehrsflächen, Betriebsanlagen für Verkehrszwecke und Verkehsabstandsgrün)
- negative Folgen für Siedlungsentwicklung, sowie für Landschaftssysteme und Landwirtschaft - Trennwirkungen (Lebensräume werden von großen Straßen zerschnitten und hindern Tiere in ihrer Entwicklung und Fortpflanzung.)
- 30 % aller Autofahrten im Nahbereich (fußläufige Entfernung von unter 3 km)
- 75 % aller Autofahrten im näheren Umfeld (Entfernungen unter 10 km)
- durchschnittliche Autonutzung lediglich 1 Stunde pro Tag

Neue Verkehrskonzepte

Nur durch die Reduzierung der gefahrenen Kilometer mit privaten Kfz, kann eine Verbesserung der Verkehrssituation in städtischen Gebieten erreicht werden und die Probleme des Autoverkehrs gemindert werden. Dies kann nur über die schrittweise Einschränkung des motorisierten Individualverkehrs geschehen, bei gleichzeitiger Umsetzung einer Kostenneutralität im Verkehrssektor.

Das Zauberwort heißt "Intelligente Mobilität". Vor jeder anstehenden Fahrt entscheidet der Einzelne, ob er ein Verkehrsmittel des Umweltverbundes (Busse, Bahnen, Fahrrad oder eigene Füße) benutzen will, oder ob ein Auto von Car-sharing Vereinigungen attraktiver ist.

Car-sharing

Darunter ist vor allem die Mehrfachnutzung von Fahrzeugen zu verstehen, die eine Autonutzung ermöglichen, jedoch nicht zwangsläufig mit individuellem Besitz verbunden sind.

Warum Car-sharing?

Ö kologisch

In der Region Stuttgart leben ca. 2,15 Mio. Einwohner über 18 Jahre. Die rund 790 000 zugelassenen Pkw werden im Schnitt 35 Minuten pro Tag von A nach B bewegt. In den verbleibenden 23 Stunden und 25 Minuten wird das "Fahrzeug" also zum Stehzeug.

Unnützes Verkehrsaufkommen - die Folgen spüren wir alle täglich: verstopfte Straßen, zugeparkte Gehwege, Lärm und Abgase. Wer will das verantworten? Für jeden Einzelnen ist es dennoch ab und zu notwendig, "automobil" zu sein (z.B. beim Großeinkauf, beim Möbeltransport oder wenn öffentliche Verkehrsmittel nicht zur Verfügung stehen).

Flexibel

So einfach funktioniert das ganze:3

Wenn Sie sich entscheiden, Mitglied bei StadtMobil e.V. zu werden, hinterlegen Sie eine Kaution, die sie nach Austritt aus unserem Verein wieder zurückbekommen, und erhalten im Gegenzug einen Tresorschlüssel. Nach der Buchung eines StadtMobils erreichen Sie dessen Standort leicht zu Fuß, mit dem Fahrrad oder dem VVS.

Autoschlüssel und Codekarte für das Parkhaus entnehmen Sie dem vor Ort installieren Tresor und fahren los.

Danach stellen Sie das Auto wieder ab, füllen den Fahrtbericht aus und legen Schlüssel und Codekarte zurück in den Tresor.

Der Preis für die Einzelfahrt setzt sich aus einem Stundenpreis und der Kilometerpauschale zusammen.

Wenn Sie sich also dafür entscheiden, ohne eigenes Auto zu leben, bezahlen Sie folglich auch keine Fixkosten. Vor jeder Fahrt können Sie die tatsächlichen

M+V

Kosten der zur Auswahl stehenden Verkehrsmittel vergleichen und sich so für das günstigste entscheiden.

Übrigens: in über 250 Städten Deutschlands, Österreichs und der Schweiz können Sie als StadtMobil-Mitglied die Fahrzeuge unserer Partner nutzen. Die Buchungszentrale ist 24 Stunden besetzt, Sie können rund um die Uhr ein StadtMobil im voraus buchen. Die StadtMobile stehen an zentralen Stellplätzen, die problemlos mit öffentlichen Verkehrsmitteln erreichbar sind. Sie haben verschiedene Fahrzeugtypen zur Auswahl. Alle StadtMobile sind mit einem Kindersitz ausgestattet. Mit dem persönlichen Tresorschlüssel können sie das gewünschte StadtMobil nach einer Buchung sofort nutzen. Nach jeder Nutzung füllen Sie einen Fahrtbericht aus, auf dem die monatliche Abrechnung basiert. Falls sie getankt haben, erhalten Sie das Geld angerechnet. Sie zahlen nur fürs Auto, wenn Sie tatsächlich damit fahren. Sie tragen kein Reparaturrisiko.

Wirtschaftlich

Soviel kostet ein eigenes Auto im Vergleich:4

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Die Mitglieder zahlen beim durchschnittlichen Mix von Zeit und Kilometeranteil ähnliche Beträge pro km. Sie können jedoch auch mit anderen Verkehrsmitteln fahren, ohne daß fürs Autofahren der Preis pro km steigt. Die Rechnung zeigt, daß die öffentlichen Verkehrsanbieter (z.B. Deutsche Bahn mit 0,26 DM pro km ohne! Bahncard) günstiger im Mobilitätsangebot sind als ein Auto. Wer ohne eigenes Auto leben kann, greift auf Bahn, Bus, Fahrrad zurück und nimmt seltener das teure Auto.

Zum Vergleich hier die Preisstaffel der StadtMobil e.V.:

Beitrag:

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

(Wird bei der Kündigung unverzinst zurückbezahlt)

Fahrtkosten:

Die Kosten einer Fahrt mit StadtMobil ergeben sich aus der Dauer der Buchung (Zeitkosten) und aus der gefahrenen Strecke (Kilometerkosten).

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

CarPool ®

ÖPNV/CarPool ® Wiesbaden ist ein Mobilitätsverbund des bestehenden ÖPNV- Angebots mit dem automatischen Pkw-Vermietsystem CarPool ® . Die Verkehrsbetriebe der Stadtwerke Wiesbaden AG und die CarPool GmbH verwirklichen ein attraktives Angebot, das die Vorteile des öffentlichen Nahverkehrs mit denen der individuellen Pkw-Mobilität verbindet. Die Nutzung des gut ausgebauten ÖPNV-Netzes wird erweitert durch die einfache Zugriffsmöglichkeit auf einen kostengünstigen Pkw. Die Einrichtung zweier zentral im ÖPNV-Netz gelegener CarPools ® erleichtert die bedarfsgerechte Wahl zwischen ÖPNV und Pkw. Damit wird die Motivation für eine bewußte Wahl des optimalen Verkehrsmittels geschaffen. Dieses Verhalten ist eines der Kernelemente zur langfristigen Lösung der Verkehrsprobleme in den Ballungsräumen, weil die Ressourcen der Verkehrsmittel mit dieser zukunftsgerichteten Mobilitätsform besser genutzt werden.5

CashCar®

Mit der Formel „öffentlichen Verkehr privater - privaten Verkehr öffentlicher gestalten” ist eine aussichtsreiche Perspektive zur Lösung von Umwelt- und Verkehrsproblemen in Ballungsräumen beschrieben. Die Partner Audi AG, Deutsche Bahn AG, Statt-Auto Car-Sharing Berlin GmbH und das Wissenschaftszentrum Berlin für Sozialforschung schlagen vor, das in dieser Philosophie bereits erfolgreiche Konzept des Car-Sharings um den neuen Service „CashCar” zu erweitern. Kunden wird die völlige Verfügung über ein Automobil mit der zusätzlichen Option angeboten, bei Nichtgebrauch dieses Fahrzeug der örtlichen Car-Sharing- Flotte zur Verfügung zu stellen und hierfür einen Bonus zu erhalten. CashCar ist somit ein soziales Experiment zur „Umdeutung” des Privatautomobils in ein gemeinschaftliches Nutzungsgut. Bei Wahrung der Servicequalität eines Individualverkehrsmittels wird eine meßbare Bestandssenkung bei privaten und öffentlichen Fahrzeugflotten und die Einübung einer intermodalen Verkehrsmittelnachfrage erwartet.5

M+V

Parkraumbewirtschaftung

Das flächendeckende Parken in dicht bebauten Innenstädten stellt heute eines der größten Probleme unserer Städte dar und ist somit ein Schwerpunkt der Stadt- und Verkehrsplanung. Durch die ungehinderte Einfahrt und das kostenlose Parken innerhalb der Altstädte werden diese zunehmend in der Substanz gefährdet und die Aufenthaltsqualität in diesen Bereichen ist arg beeinträchtigt.

Dabei gilt es zu bedenken, daß Parkraum Stadtraum ist und demzufolge auch marktmäßig behandelt werden sollte. So kann über eine flächendeckende kommunale Parkraumbewirtschaftung die Dauerbelegung der innerstädtischen Parkflächen mit Berufspendlern gesteuert werden und die Anzahl der Stellplätze sukzessive verringert werden.

Zur obersten Prämisse gehört es daher, daß grundsätzlich keine kostenlosen Parkplätze innerhalb dicht bebauter Siedlungsgebiete zur Verfügung gestellt werden. Auch in den verdichteten Vorstadtbereichen sollte das freie Parken eingeschränkt sein und lediglich an Haltestellen des ÖPNV konzentriert werden.

Eine sehr große Umsetzungsschwierigkeit stellt das Anwohnerparken dar, jedoch sollten die Stellplätze im öffentlichen Straßenland auch dafür grundsätzlich kostenpflichtig ein.

Einfahrverbote und Verkehrsberuhigung

Ziel der Maßnahmen zur Verkehrsvermeidung und -lenkung muß die Erhöhung der Lebensqualität in der Stadt und der damit zusammenhängenden Attraktivitätssteigerung für Bewohner und Besucher sein. Da die dicht bebauten Zentren (auch kleinerer Städte) zu einem großen Teil aus sehr wertvoller und sensibler Bausubstanz bestehen und damit eine gewisse Ausstrahlung auf den Tourismus haben müssen diese Bereiche vorrangig vor schädlichen Verkehrsauswirkungen geschützt werden.

Viele Zentren haben bereits eine Geschäftsstraße als Fußgängerzone ausgewiesen und dementsprechend gestaltet, doch diese Bereiche sind oft nur inselhaft in der Stadtstruktur eingebunden. Über eine Einschränkung des Individualverkehrs im gesamten verdichteten Stadtbereich (auf Anwohner- und Wirtschaftsverkehr) können diese Quartiere deutlich aufgewertet werden.

Eine schrittweise Einrichtung von weitläufigen Fußgängerzonen mit zeitl.

Einfahrbeschränkung für Anwohner- und Wirtschaftsverkehr können deutliche Umsatzsteigerungen des ansässigen Einzelhandels zur Folge haben. In entsprechenden Städten mit weitläufigen Fußgängerzonen haben die Einzelhändler einen Umsatzzuwachs von nahezu 30 % verzeichnet, die österreichische Stadt Graz sei hier exemplarisch genannt.

Für das Gelingen einer wirksamen Verkehrseinschränkung ist die Kopplung mit einem konsequenten Parkraumbewirtschaftungssystem und der Überwachung der zeitlichen Einfahrbeschränkungen für den Lieferverkehr unablässig. So muß während der Vormittagsstunden (etwa von 8.00 Uhr bis ca. 11.00 Uhr) der Anliefer- und Wirtschaftsverkehr die Möglichkeit haben, den Einzelhandel und andere Gewerbebetriebe zu beliefern, doch außerhalb dieser Zeiten ist die Befahrbarkeit lediglich für Notfahrzeuge und Fahrzeuge mit Sondergenehmigung zugelassen.

Außerdem sollte flächenhafte Verkehrsberuhigung in Wohnstraßen und Vorortbereichen durch konsequente Anlage von Mischverkehrsflächen und baulicher Umgestaltung bzw. Gestaltung bei Straßenneubauten umgesetzt werden, die jedoch nur im Zusammenhang mit anderen geschilderten Maßnahmen im Verkehrsbereich durchzuführen sind.

Vorrangigkeit des Umweltverbundes

Ein Schwerpunkt auf dem Weg zur stadt- und menschenverträglichen Gestaltung des Verkehrs ist die eindeutige Privilegierung des Umweltverbundes, d.h. die Verbesserung der Wettbewerbsbedingungen für Fußgänger, Fahrradbenutzer sowie Busse und Bahnen. Dieses Ziel kann nur mit einem schnellen Übergang von der sektoralen Verkehrsmittelförderung zur gleichberechtigten Förderung aller Verkehsträger dieses Umweltverbundes erreicht werden, d.h. der Ausbau und die Verbesserungsmaßnahmen im Bereich des Öffentlichen Personennahverkehrs müssen als Einheit und System begriffen werden. Damit ist es möglich, diese umweltfreundlichen Verkehrsträger besser zu vernetzen und deutlich attraktiver gegenüber dem motorisierten Individualverkehr zu gestalten. Durch die Neuaufteilung der Verkehrsflächen muß eine klare Privilegierung dieses Verbundes erfolgen und damit die Präsens im Stadtbild deutlich erhöht werden.

Fußgänger und Radnetz

Grundlegende Voraussetzung zur Eindämmung des Verkehrs sind gut ausgebaute, deutlich beschilderte und qualitätvolle Netze für die Fußgänger und Radfahrer.

Vorfahrt fürÖPNV

Eine klare Prioritätensetzung bei Förderung und Ausbau der kommunalen Infrastruktur muß der Ausbau des städtischen ÖPNV-Systems haben. Dazu sollte ein Dringlichkeitsplan aufgestellt werden, nach dem die Probleme und Zielsetzungen abgearbeitet werden.

Dazu muß der Bau von umweltfreundlichen und kostengünstigen Verkehrsmitteln, wie Straßenbahn und O-Bus im Mittelpunkt stehen, da diese Systeme einen bedeutend höheren Kosten-Nutzen-Effekt aufweisen. Nur in Großstädten von über 1 Mio. Einwohnern ist der Bau von Schnellbahnsystemen sinnvoll, um die großen Reisendenströme über relativ weite Streckenentfernungen zu transportieren.

Attraktivitätssteigerung

Schwerpunkt für höhere Fahrgastzahlen des ÖPNV bildet die Steigerung der Attraktivität der öffentlichen Verkehrssysteme. Dazu zählt in erster Linie die Information der Einwohner über die Angebote der Verkehrsbetriebe in der Kommune und dem näheren Umland, aber auch die ständige Verbesserung der Außenwirkung von umweltfreundlichen Verkehrsarten.

Anrufbussysteme und Sammeltaxis

Anrufbusse und Sammeltaxis sind eine kostengünstige Variante der Personenbeförderung für schlecht erreichbare Stadtgebiete. Sie können entweder als ständiges Angebot im Linienverkehr für dünn besiedelte Stadtbereiche, aber auch als Anrufbussystem für ländliche Gebiete angeboten werden.

Anwendung neuer Verkehrstechniken

Innovative Fahrzeuge

Aufgrund seiner besonders problematischen Auswirkungen muß der Straßenverkehr konsequent vermieden, bzw. verringert werden. Sollte das nicht möglich sein, ist er wenigstens verträglich zu gestalten. In Bezug auf die Fahrzeuge bieten sich dabei folgende Möglichkeiten an:

Verbesserung der bestehenden Fahrzeugtechnik

- Reduzierung des Gewichts (Fahrzeuggröße, Fahrzeugausstattung, Material)
- Verringerung des Fahrwiderstands (Luftwiderstand, Reifenreibung)
- Verbesserung des Antriebswirkungsgrads (Motor, Kraftübertragung)

Down-sizing

bezeichnet den Ersatz größerer Fahrzeuge durch kleinere der realen Nutzung entsprechende Fahrzeuge, um Energieverbrauch und Schadstoffausstoß zu reduzieren. Als ein (mißlungener) Versuch kann hier der smart verstanden werden

Alternative Antriebe

bedeuten i.d.R. den Einsatz von Kraftstoffen, die eine Alternative zu Benzin bzw. Diesel darstellen. Vordergründig ist dabei nicht ein eventuell höherer Wirkungsgrad, sondern die Verringerung der Emissionen, insbesondere des Kohlendioxidausstoßes. Entscheidend ist aber nicht der Kraftstoff allein; wichtig ist auch, aus welcher Primärenergiequelle und auf welchem Wege er hergestellt wurde.

Biokraftstoffe

- Methanol: Herstellung erfolgt neben Erdöl, Erdgas und Kohle aus Biomasse. Nachteil ist der im Vergleich zum Diesel nur halb so große volumetrische Heizwert. Dies führt bei gleichem Kraftstoffverbrauch zu einer Verdopplung der Transport- und Produktionskapazitäten. · Ethanol: Herstellung aus nachwachsender Biomasse (Zuckerrüben,

Weizen; praktische Anwendung in Brasilien mit Zuckerrohr); allerdings fällt die Energiebilanz der Produktion von Ethanol bei Berücksichtigung des gesamten Energieaufwands negativ aus.

- Rapsölmethylester (RME): Herstellung aus Rapsöl, das in chemische Reaktion mit Methanol gebracht wird. Aufgrund seiner physikalischen Eigenschaften ist er nur beschränkt als Kraftstoff geeignet. Die Verwendung ermöglicht eine 35-60 prozentige Kohlendioxidreduzierung, aber die bei der Produktion frei werdenden Stickoxide sind weitaus klimarelevanter. Der Aspekt der regionalen Beschäftigung in der Landwirtschaft und die kurzen Produktionswege sprechen für eine Nutzung von RME. Die Kapazitäten sind allerdings begrenzt, da selbst bei Ausschöpfung aller verfügbaren Flächen nur 12 % des Fahrzeugbestandes versorgt werden können.

Gasantriebe

- Wasserstoff: Herstellung aus Kohlenwasserstoffen ist mit enormem

Energieaufwand und erheblicher Kohlendioxidemission verbunden. Es ist möglich, ihn aus regenerativen Energieträgern (Sonne, Wind, Wasser) herzustellen und emissionsfrei als Kraftstoff zu nutzen. · Flüssiggas: Dieses Gemisch aus Propan und Butan entsteht als Nebenprodukt bei chemischen Prozessen. Das unter Druck verflüssigte Gas hat seine Vorteile in den sehr günstigen Emissionswerten, der einfachen technischen Handhabung und den geringen Umstellungskosten, andererseits scheiterte die weitere Verbreitung gerade an den erforderlichen Sicherheitsaufwendungen.

- Erdgas: Dieser Kraftstoff empfiehlt sich durch seine gute Energiebilanz und Umweltverträglichkeit. Trotz der hohen Kosten bei Anschaffung, Besteuerung, Betankung und Wartung sollte die Umstellung des öffentlichen Fuhrparks forciert werden.

Elektroantriebe

- Elektrizität: Auch bei der Elektroenergie ist wesentlich, welche Primärenergieträger zur Ladestromgewinnung verwendet wurden. Die Nutzung regenerativer Energien würde die Bilanz positiv ausfallen lassen. Beim Einsatz des derzeitigen Energiemixes würde der Kohlendioxidausstoß erhöht werden. Vorteil der Elektrofahrzeuge ist jedoch, daß die Schadstoffemissionen nicht am Einsatzort auftreten und somit eine lokale Entlastung ermöglicht wird.

- Hybridantrieb: Antrieb, der aus mindestens zwei verschiedenen

Energiewandlern, meist Verbrennungsmotor und Elektromotor, besteht. Ermöglicht einen auf die Nutzung abgestimmten Energieaufwand und Schadstoffausstoß. Abhängig von der Verwendung können die Emissionen zumindest am Einsatzort verringert werden. Nachteilig sind der höhere Platzbedarf und das größere Gewicht, da zwei vollständige Antriebe vorhanden sind.

Verkehrsleitsysteme

Verkehrsleitsysteme dienen der Optimierung und Regelung der Verkehrsströme. Eine Verkehrsreduzierung ist möglich, dazu bedarf es allerdings systemübergreifender Konzepte. Voraussetzung dafür ist die Kooperation von Kommunen, Verkehrsbetrieben und Automobilherstellern, nicht nur regional, sondern möglichst europaweit. Des weiteren ist eine Standardisierung der bisher entwickelten Verkehrsleitsysteme notwendig; an die 80 weltweit existierenden Systeme (siehe auch Projekte und Modellvorhaben) beeinträchtigen die Akzeptanz bei den Nutzern. Ebenso müssen sich Zuverlässigkeit, Praxistauglichkeit und (Kosten)Effizienz der Leitsysteme im individuellen und öffentlichen Personenverkehr sowie im Güterverkehr erst noch erweisen. Einige konkrete Anwendungen von Verkehrsleitsystemen im geschäftlichen wie im privaten Gebrauch sind z.B. Flottenmanagement, Flexible Güterverkehrslogistik sowie Flexible Personenverkehrslogistik.

Der durch Telematik ermöglichte Datenaustausch kann für verschiedene Formen der Verkehrsorganisation genutzt werden:

- Fahrerassistenzsysteme erleichtern Fahrzeugführung, informieren über Fahrfehler, erhöhen Verkehrssicherheit
- aktuelle Verkehrsmeldungen und -empfehlungen geben Informationen über Parkplätze, ÖPNV-Verbindungen, Umleitungsvarianten mit Hilfe des Verkehrsfunksystems RDS/TMC
- infrastrukturgestützte Navigation einhaltet den Datenaustausch vom Fahrzeug zum Zentralrechner und zurück über Fahrzeugarten, Reisezeiten, Staus, Verkehrsströme, Parkreservierungen dank Infrastruktur (Barken, Signalampeln, Leitpfosten)
- autarke Navigation entspricht Routenführungssystemen durch CD-ROM und GPS (Global Positioning System)
- automatische Zugangsberechtigung ermöglicht die Verkehrsteuerung an Straßen, Firmeneinfahrten, Parkplätzen (Beispiel Pförtnerampeln) · automatische Gebührenerfassung optimiert die Erhebung von Straßenbenutzungsgebühren (für Autobahnen, Zufahrtsstraßen, Innenstädte...) oder Parkgebühren (Parkhäuser und Parkraumbewirtschaftung)
- Fahrgastinformationssysteme im ÖPNV erhöhen die Akzeptanz durch Fahrtroutenplanung, Reisezeit- und Fahrpreisermittlung

Anhang

Eine etwas andere Betrachtungsweise - Das Positive aus dem Stau

Stau-Segen

Wenn in fernen Zeiten Historiker die wichtigen Struktur- merkmale des späten 20. Jahrhunderts zusammentragen, wird ein Punkt weit oben stehen: die eingebildete Mobilität der Menschen - weil alle immer gleichzeitig unterwegs sein wollen, sind wir längst zum Stillstand gekommen. Der Stau gehört ebenso unweigerlich zu unserer Epoche wie das Handy in die Manteltasche und der Kessel zu Stuttgart. Anstatt also zu jammern, sollte man den Verkehrskollaps endlich als Chance begreifen und aus der Not ein Geschäft machen.

Manche sind mit innovativen Staudienstleistungen längst am Markt. So boomen derzeit Kassetten mit Hörspielen und Hörliteratur. Kein Mensch hat heute mehr die Ruhe, sich lesend durch 646 Seiten Buddenbrooks zu quälen. Im Stau aber ist Zeit und Muse, und bald wird man es als Glück empfinden, daß im Engelbergtunnel nie nichts geht - so läßt sich zu Ende hören, wie die zarte Jugendliebe Tony Buddenbrooks' am Ostseestrand ihren tragischen Verlauf nimmt.

Doch die Möglichkeiten des Staumarketings sind damit nicht erschöpft. Wann endlich kommt jemand auf die Idee, einen rollenden Kiosk zu betreiben, um die zwangs- weise arretierten Autoimmobilisten mit Zeitung und Zigaretten zu versorgen? Andere Berufsgruppen könnten ihre Sprechstunden auf den Beifahrersitz verlegen: So wäre es möglich, mit dem Steuerberater günstige Anlage- formen zu besprechen, während man dem Pragsattel entgegenstottert. Und die Autoindustrie sollte endlich ihre Fahrzeuge mit echten Bordcomputern ausstatten: Per Internet könnten dann alle ihren Einkauf erledigen, während das Echterdinger Ei wieder einmal an Ver- stopfung leidet.

Doch Regierung und Industrie steuern weiter auf ihre Sackgasse zu und setzen auf neue und breitere Straßen - dabei könnten Abertausende von Arbeitsplätzen in der Stauwirtschaft geschaffen werden. Einspurigen Auto- bahnen und Ampeln auf freier Strecke gehört die Zukunft. Man schüfe Staus für alle Ewigkeit - und die Wirtschaft brummt.

Von Thomas Faltin

© 1998 Stuttgarter Zeitung

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Literaturverzeichnis

MoTiV - Mobilität und Transport im intermodalen Verkehr TÜV Rheinland Sicherheit und Umweltschutz GmbH; http://www.motiv.de

Bmb+f - Bundesministerium für Bildung, Wissenschaft, Forschung und Technologie http://www.bmbf.de

Stuttgarter Zeitung; http://www.stuttgarter-zeitung.de

T Ü V Rheinland Sicherheit und Umweltschutz GmbH; http://www.tuev-rheinland.de/tsu/bvt/

StattAuto ® Car Sharing GmbH Berlin; http://www.stattauto.de

StadtMobil e.V. Stuttgart; http://home.t-online.de/home/StadtMobil-Stuttgart/

OIKOS - TU Berlin, Institut für Stadt- und Regionalplanung; http://www.gp.tu-berlin.de/isr/

Annette Faße - SPD Abgeordnete, Mitglied des Deutschen Bundestages; http://www.bundestag.de/mdbhome/fassean0/mobilitx.htm

Statistisches Bundesamt; http://www.statistik-bund.de

Der Schlanke Verkehr; Klaus Haefner u. Gert Marte; Erich Schmidt Verlag, Berlin 1994

Integrierter Verkehr 2000; hrsg. von H. Buddenberg; Verlag Busse + Seewald, Stuttgart 1991

[...]


1 Projekt OIKOS, Institut für Stadt- und Regionalplanung / TU Berlin

2 Statistisches Bundesamt; ausführliche Tabellen siehe Anhang

3 StadtMobil e.V. Stuttgart

4 StadtMobil e.V. Stuttgart

5 Bmb+f - Bundesministerium für Bildung, Wissenschaft, Forschung und Technologie 8

Ende der Leseprobe aus 20 Seiten

Details

Titel
Mobilität und Verkehr
Autor
Jahr
1998
Seiten
20
Katalognummer
V95410
ISBN (eBook)
9783638080880
Dateigröße
474 KB
Sprache
Deutsch
Schlagworte
Mobilität, Verkehr
Arbeit zitieren
Dirk Mayer (Autor:in), 1998, Mobilität und Verkehr, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/95410

Kommentare

  • Gast am 16.5.2001

    mobilität und verkehr.

    ziemlich gut aber etwas lang

Blick ins Buch
Titel: Mobilität und Verkehr



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