Vergleichen Schinkels Altes Museum in Berlin und Klenzes Pinakothek in München hinsichtlich Stilwahl und Typenbildung


Seminararbeit, 1998

10 Seiten


Leseprobe


Inhalt

Karl Friedrich Schinkels Altes Museum in Berlin

Leo von Klenzes Pinakothek in München

Vergleich der beiden Gebäude

Schlußfolgerung

Persönliche Stellungnahme

Leistung zum Vordiplom im Fach Baugeschichte

Vergleichen Sie Schinkels Altes Museum in Berlin und Klenzes Pinakothek in München hinsichtlich Stilwahl und Typenbildung. Definieren Sie die Stellung beider Entwürfe im Zusammenhang früher Museumsbauten.

Anhang, Literaturverzeichnis

Um den Vergleich von Schinkels Museum in Berlin mit Klenzes Pinakothek durchführen zu können, müssen beide Museen zuerst getrennt betrachtet und beschrieben werden. Dies geschieht in den ersten beiden Abschnitten des Textes. Anschließend folgt der Vergleich der beiden Gebäude, dieser führt dann zur Schlußfolgerung und auch zu meiner Stellungnahme zu den zwei Bauwerken.

Schinkels Altes Museum

Zu Anfang des 18. Jahrhunderts wuchs in Preußen das Bewußtsein, daß es sinnvoll und notwendig ist, die umfangreichen Kunstschätze der Fürsten und des Königs öffentlich zugänglich zu machen. Allerdings mangelte es an finanziellen Mittel für einen Museumsneubau, und so dachte man über einen Umbau vorhandener Gebäude nach.

Nachdem der Umbau 1816 begonnen war, stellte sich mit der Zeit mehr und mehr heraus, daß das Endergebnis auf keinen Fall den Ansprüchen an ein Museum genügen würde. Es wurde eine Kommission ins Leben gerufen, mit dem Auftrag die anstehende Museumsfrage zu lösen. Zu den Mitgliedern dieser Kommission zählte auch Karl Friedrich Schinkel. Während der allgemeine Vorschlag war, durch mehr Geld den Umbau doch noch zu retten, verfolgte Schinkel den Plan eines Neubaus. Dieser Plan setzte sich schließlich auch durch. 1825 begann man mit dem Bau des Museums, das Schinkel geplant hatte. Als Bauplatz wählte Schinkel den Lustgarten, dem wohl repräsentativsten Platz der Stadt, der an seiner Ostseite vom Dom und Börse, an der Südseite vom Schloß und an der Westseite von einem Arm der Spree begrenzt wurde. Auf der Nordseite fehlte jedoch eine Begrenzung, und eben dort sollte das neue "Alte" Museum entstehen. Für Schinkel war es " die schönste Lage in der Stadt"1. Tatsächlich war der Bau aber nicht eine weitere Platzbegrenzung, vielmehr hatte man den Eindruck, das Museum stand im Platz. Es erhob sich allein und selbständig und konnte umgangen werden.

Die Form des Gebäudes ist ein Quader, aus dessen Mitte sich ein Kubus erhebt, der eine Kuppel verbirgt. An den Kuppelbau schließen sich links und rechts zwei nahezu quadratische Innenhöfe an. Der Bau ist lediglich an der, dem Schloß zu gewandten, Südfront geöffnet. 18 Kolossalsäulen im gleichen Abstand bilden die Fassade des Baus. Die Ecken sind als Pfeiler ausgebildet. In den Achsen der Säulen, über dem Gebälk, sitzen Bronzeadler, auf den Eckpfeilern stehen Akrotere. Eine Freitreppe mit breiten Wangen führt zur Säulenreihe. Sie hat die Breite des sich aus dem Gebäude erhebenden Mittelteils. Fresken sollten die Wände hinter den Säulen bedecken. Sie sollten, in zwei Reihen aufgebracht, die Zweigeschossigkeit des Gebäudes markieren. An der Gestaltung der Fassade zeigt sich strenges Griechentum und doch weiß Schinkel hier zu überraschen, in dem er, hinter einer zweiten Säulenreihe aus vier Säulen das Treppenhaus plaziert. Eine zweiläufige Treppe führt hier zu einem zentralen Absatz.

Es war erforderlich, daß Räume für Statuen, Gemälde und Gipsabgüsse eingerichtet würden, außerdem waren natürlich Bereiche für die technische Ausrüstung und für das Studieren der Kunstwerke vorgesehen. Schinkel legte all diese Räume in einem Rechteck an. So konnten die Werke praktisch in einem Rundgang besichtigt werden (Abb.1). Die bloße Ausstellung der Arbeiten genügte jedoch nicht.

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abb. 1: Grundri ß des Obergeschosses

Um die Wichtigkeit und den Anspruch des Gebäudes und seines Inhalts zu betonen, fügte Schinkel in der Mitte des Baukörpers die Rotunde mit darunter liegender Säulenhalle ein. Das Treppenhaus verbindet beides, so daß sich dem Besucher das Monumenthafte des Museums unmittelbar darstellt. Treppenhaus und Halle sind zweigeschossig, während die eigentlichen Ausstellungsräume eingeschossig sind. Der angebrachte Schmuck in der Halle bezog sich auf die Bedeutung des Gebäudes, ebenso wie die dort aufgestellten Skulpturen, die übrigen Räume dagegen mußten ohne nennenswerten Schmuck auskommen.

Im Untergeschoß waren Wohnungen für das Personal und Arbeitsräume geplant, Ober- und Erdgeschoß teilte Schinkel gleich auf. An der rückwärtigen Front legte Schinkel einen langen Saal an, beleuchtet von elf Fenstern, in den beiden Seitenflügeln je einen Saal mit sieben Fenstern, links und rechts von der Eingangshalle fanden zwei Räume mit je drei Fenstern zum Innenhof Platz, auf der gegenüberliegenden Seite der Innenhöfe wurden kleinere Räume gebaut, die über den langen Saal an der Rückfront zu erreichen sind. Räume für Windevorrichtungen wurden in den Ecken der Rückfront gebaut.

Im Erdgeschoß, wo die Antiken untergebracht werden sollten, waren aus statischen Gründen Säulen notwendig. Schinkel plante je zwei Säulen auf einer Achse, die mittig zwischen den Fenstern verläuft. Er war der Meinung, daß Statuen zwischen Säulen besonders zur Geltung kommen würden. Außerdem war es dem Besucher so möglich, die Figuren zu umrunden und so von allen Seiten zu betrachten.

Das Obergeschoß war ebenso eingeteilt. Hier sollte einmal die Gemäldeabteilung untergebracht werden. Statt der Säulen wurden hier aber dünne Schirmwände gesetzt, so daß kleine Nischen entstanden, beleuchtet von je einem Fenster, so daß der Besucher immer nur wenige Gemälde gleichzeitig sehen konnte.

Im Sommer 1929 war das Museum fertiggestellt und eine Kommission mit der Einrichtung betraut.

Klenzes Pinakothek

Ähnlich wie in Preußen hatte man auch in Bayern das Problem der Unterbringung des umfangreichen Kunstschatzes. Aus diesem Grund erhielt Leo von Klenze im April 1822 den Auftrag zum Neubau einer Gemäldegalerie. Im April 1826 konnte dann der Grundstein gelegt werden.

Als Bauplatz wählte Klenze einen Platz am Rande Münchens, in der projektierten Max- Vorstadt. Das Gebäude sollte frei stehen, um so Feuerschutz und beste Lichtverhältnisse zu gewährleisten. Einer Lage im Stadtzentrum zog Klenze diesen recht isolierten Platz, aufgrund seiner praktischen Überlegungen, vor. Das Gebäude sollte von einer Gartenanlage eingefaßt sein.

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abb.2: Pinakothek mit Gartenanlagen

Der Bau besteht aus einem Längstrakt an den seitlich kurze Querflügel angebaut sind. Ein Sockel, sowie das Zwischen- und das Kranzgesimms umlaufen den Bau und binden so die drei Trakte zusammen. Der Längstrakt setzt sich in den Seitenflügeln als Mittelrisalit fort. Ein halbgeschossiger Aufsatz mit Walmdach ist den Dächern aufgesetzt. Darin eingelassen sind die Oberlichtkonstruktionen, die von außen sichtbar sind. Der Eingang liegt an der Südfassade und ist als leicht vorgelagerter Säulenportikus gehalten. Die Säulen tragen einen kleinen Balkon. 25 Achsen teilen die Südseite, die Hauptfassade, die von den vorstehenden Seitenflügeln eingefaßt wird. An den mittleren drei Achsen liegt der Portikus. Die rechteckigen Fenster des Erdgeschosses setzen auf zwei Rustikaschichten auf. Die Sockel der 24 an der Obergeschosswand angebrachten Halbsäulen stehen auf einer durchgehenden Simsplatte. Gebälk und Balustrade bilden den Abschluß nach oben. Die Fassaden der Seitenflügel sind ähnlich gestaltet, die Nordfassade jedoch, hat statt der Halbsäulen eine Pilastergliederung und im Obergeschoß kleinere Fenster.

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abb.3: Grundri ß des Obergeschosses

Klenze waren die Maße der Bilder, die ausgestellt werden sollten, bekannt, und so konnte er die Wandflächen für die Gemälde praktisch maßschneidern. Als Galerie war nur das Obergeschoß vorgesehen, im Erdgeschoß sollten Nebensammlungen und Magazine untergebracht werden, das Souterrain sollte die technische Gebäudeausrüstung aufnehmen. Klenzes Plan war es, daß in der Galerie die Gemälde "nach dem einzigen historisch fest begründeten System der Schulen"2 geordnet werden sollten, und daß der Besucher die Möglichkeit hat, jeden Raum zu erreichen, ohne zuvor gezwungenermaßen andere Bilder zu betrachten. Er erreichte dies, indem er in Ost-West-Richtung sieben Säle in Reihe anlegte, die über einen langen Gang, eine Loggia, an der Südseite zu erreichen waren. Beleuchtet wurden die Säle mit Oberlichtern, die, wie schon gesagt, von außen sichtbar waren. An der Nordseite legte er kleine Kabinette an, deren Trennwände den Pilastern der Nordfassade entsprachen. Sie wurden durch je ein Nordfenster beleuchtet.

Auch die Gliederung der Loggia entspricht der Südfassade. Man kann sagen, daß die äußere Form des Baus von seiner Raumaufteilung her bestimmt wird.

Verwaltungsräume, Kopiersäle sowie die Treppenhäuser brachte Klenze in den beiden Seitenflügeln unter, die gleichartig gebaut sind.

Das Erdgeschoß wird durch die Gliederung des Obergeschosses bestimmt: Unter den Oberlichtsälen liegen unbeleuchtete, tonnenüberwölbte Räume, unter der Loggia und den Kabinetten zahlreiche, quadratische Raumeinheiten, die in ihrer Anordnung auch wieder an der Fassade wieder zu finden sind. Klenze machte es auch zu seinem Prinzip, daß der äußere Charakter eines Baus von seiner inneren Disposition abhing.

Er richtete sein Augenmerk allerdings nicht hauptsächlich auf den Schmuck der Räume. Zwar waren die Stuckverzierungen in den Sälen zahlreich und hatten Bezug zu den jeweils ausgestellten Gemälden, insgesamt jedoch erschien der Zierrat eher zurückhaltend. Am 16. Oktober 1836 wurde die Pinakothek für die Öffentlichkeit geöffnet.

Der Vergleich

Der Museumsbau war zu Beginn des 19. Jahrhunderts eine neue Aufgabe für die Architekten. Nur wenige Museen waren schon erbaut, so daß Schinkel und auch Klenze, obwohl er zuvor schon die Glyptothek in München plante, recht "unbedarft" an den Auftrag gingen. Das erklärt auch, warum zwei so unterschiedliche Konzepte realisiert wurden.

Schinkel folgte bei seinem Museum ganz seinem Grundsatz "erst erfreuen, dann belehren"3, sein Museum ist nicht dafür ausgelegt, daß sich der Besucher intensiv mit den Kunstwerken beschäftigt. Am offensichtlichsten wird dies deutlich, wenn man sich vor Augen führt, daß sich Schinkel nur wenige Gedanken zur Beleuchtung der Gemälde in Obergeschoß machte. Recht willkürlich werden die Gemälde mal von Ost-, Nord- oder Westlicht beleuchtet. Er scheut sich sogar nicht in einigen Ausstellungsräumen eine Beleuchtung vom Innenhof her zu zulassen. Dies steht im krassen Gegensatz zu den theoretischen Überlegungen, die zu der Zeit zu einem Museumsbau angestellt wurden. Demnach sollte bei der Beleuchtung unbedingt vermieden werden, das Reflexionslicht die Kunstwerke, insbesondere die Gemälde, beleuchtet. Schinkel setzt sich darüber zugunsten der Form seines Baus hinweg.

Klenze jedoch sieht gerade diese Sache ganz anders. Er macht sich zu Beginn seiner Planung für die Pinakothek ausführliche Gedanken über die optimale Ausleuchtung der Kunstwerke. "[...], da große historische Bilder nur von oben, kleine aber nur von der Seite ganz vollkommen günstig zu beleuchten sind. Bei dieser Beleuchtung von oben ist das Glanzlicht wohl zu vermeiden; bei der Beleuchtung von der Seite, das immer gleichmäßige Nordlicht zu suchen."4

So kam er zu der Lösung, die großen Gemälde in Oberlichtsälen zu präsentieren, während er für die kleineren Bilder die Kabinette an der Nordfassade anlegte. Außerdem war sein Ziel, daß jeder Besucher, jede Gemäldeabteilung erreichen konnte, ohne zuvor andere Bilder betrachten zu müssen. Es sollte also möglich sein, daß man sich gezielt mit einer bestimmten Richtung der Kunst beschäftigt. Dies entspricht nicht dem Schinkelschen Satz "erst erfreuen, dann belehren", hier sollte es einem Besucher möglich sein, sich gezielt und intensiv, bei optimaler Beleuchtung, mit einem Kunstwerk zu beschäftigen.

Die Loggia an der Südfassade ergab sich also als logische Konsequenz von Klenzes theoretischen Überlegungen zu einem Museumsbau, ebenso die restliche Raumaufteilung. Der Mitteltrakt der Pinakothek ist nichts anderes als das erbaute Museumskonzept von Klenze. Um die noch fehlenden aber notwendigen Räume, wie Treppenhaus und Verwaltung zu ergänzen, hängte Klenze einfach zwei Quertrakte an den "Museumstrakt" an.

Diese ganze Vorgehensweise ist neu, für Klenze bestimmt die Funktion, der Zweck eines Gebäudes sein Aussehen. Er beschreibt das selbst: "Als der Gedanke zur inneren Einrichtung dieses Gebäudes gefaßt und klargestellt war, gestaltete sich das Äußere gleichsam von selbst [...]"5

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abb.4: Lustgarten, Situationsplan

Schinkel liegt diese Methode fern. Er stellt die äußere Form seines Baus über die Sachzwänge der Gemäldeausstellung. Er muß sich aber auch einer etwas anderen Anforderung stellen als Klenze. Während in München ein Bauplatz am Rande der Stadt gewählt worden war, baute Schinkel auf dem wichtigsten Platz der Stadt. Sein Museum mußte in die vorhandene Architektur von Schloß, Apothekerflügel, Dom und Börse eingebunden werden, und doch sollte es eigenständig sein, das Museum mußte sich gegen die mächtige Front des Schlosses, das ihm gegenüber stand, behaupten, durfte es aber auf keinen Fall deklassieren.

Diese Herausforderung hat Schinkel angenommen und gemeistert. Er wählte für die Front des breiten Baukörpers eine ebenso breite Kolonnade, die Kuppel im Zentrum des Baus ummantelte er mit einem Quader, der aus dem Bau hinaus ragt. Der Eindruck dieser Fassade ist, obwohl sie eher einfach gestaltet ist, doch einprägsam und bestechend. Die Kolossalordnung erinnert an Gebäude von Palladio und auch an antike, griechische Tempel.

Dieser monumentale Eindruck ist gewollt. Das Museum sollte die Wertschätzung der Kunstwerke in seinem inneren nach außen tragen. Dieses Ziel verfolgte Schinkel kompromißlos, was man daran erkennen kann, das er eine günstigere Beleuchtung der Artefakte durch verschieden große Fenster, zugunsten einer einheitlichen Fassade aufgab. Klenze hat nicht diesen Druck, einer bestehenden Architektur am Bauplatz gerecht zu werden, und er nutzte diese Freiheit. Er hatte neue Gedanken zum Museumsbau und wollte sich nicht traditionellen Ansichten hingeben. So verzichtete er beispielsweise auf einen zentralen Kuppelraum, der bis dato zu jedem Museumsbau gehörte, da er ja nicht dem Zweck der Gemäldeausstellung diente. Auch die Form seines Bauwerks, ein lang gestrecktes H, ist unkonventionell für das frühe 19. Jahrhundert, zudem der Bau auch noch freistehend in einer Gartenanlage geplant war. Er machte sich auch nur wenig Gedanken um das Aussehen seines Baus, wie schon gesagt, bestimmte der Zweck die Form, so war es selbstverständlich das die Oberlichtkonstruktion von außen sichtbar war, ebenso konsequent war es, das die Fassade nur eine Reihung von gleichförmigen Achsen war, ohne Betonung einer Mitte oder des Eingangs, der, recht unauffällig, nur aus einem schlichten Säulenportikus bestand. Diese schlichte Pforte führte auch nicht zu einer zentralen Empfangshalle.

Für Schinkel mußte diese Konzeption schon fast revolutionär wirken. Der Gestaltung seines Baukörpers logisch folgend, führte die breite Freitreppe durch den großen Eingang in den dominanten Kuppelsaal im Zentrum des Museums. Dieser Weiheraum erschien Schinkel absolut notwendig und unverzichtbar. Er hält sich hier sehr stark an die traditionellen Vorgaben zum Bau von wichtigen, repräsentativen Bauwerken. Allerdings behält er es sich vor, Änderungen vorzunehmen, wie beispielsweise das Treppenhaus, welches offen hinter einer zweiten Säulenreihe liegt und vom Treppenabsatz den Blick hinüber zum Schloß zuläßt. Oder auch die im Erdgeschoß notwendigen Säulen: Schinkel macht aus der Not(-wendigkeit) eine Tugend, indem er die Säulen geschickt nutzt, um die Statuen und Antiken, die hier zu Ausstellung kommen sollten, günstig zu betonen.

Trotzdem gewinnt man den Eindruck, daß das Museum mit seiner mächtigen Einheit aus Kolonnade, Treppenhaus und Kuppelsaal und den nur stiefmütterlich angegliederten Ausstellungsräumen mehr selbst ein Kunstwerk sein sollte, als diese zu beherbergen. Getreu dem Grundsatz "erst erfreuen, dann belehren". Aus diesem Grunde machte es auch nichts aus, daß in der Planungs- und sogar noch in der Bauphase, es nicht feststand, welche Kunstwerke auszustellen waren. Schinkel baute nicht für bestimmte Gemälde, Antiken oder Büsten, das war zweitrangig, wichtiger war es ihm, ein schönes, beeindruckendes Gebäude zu erschaffen, indem man mit schönen Kunstwerken eine unterhaltsame Zeit verbringen konnte. Das heißt nicht, daß Schinkel die Kunst gering schätzte. Er war sich der Bedeutung durchaus bewußt, nur aus diesem Grunde baute er so ein imposantes Gebäude, dem Besucher sollte durch die Form auch bewußt werden, wie wichtig die Kunst war. Zweifellos bekam man beim Betreten des Kuppelsaales ein Gefühl von Ehrfurcht, aber auch das täuscht nicht darüber hinweg, daß es nicht beabsichtigt war, sich gezielt mit einer Gruppe von Kunstwerken zu beschäftigen oder sie zu studieren.

Klenze war die perfekte Ausstellung der Kunstwerke wichtiger als sein eigenes "Kunstwerk". Die Gemälde standen im Vordergrund, der Besucher der Pinakothek sollte nicht durch ein imposantes Gebäude, daß selbst ein Kunstwerk sein wollte, von den Ausstellungstücken abgelenkt werden, er sollte sich ganz den Gemälden widmen können.

Schlußfolgerung

Karl Friedrich Schinkels Museum in Berlin und Leo von Klenzes Pinakothek in München markieren einen Wendepunkt in der Kunst des Museumbaus.

Schinkel bezieht sich in seinem Bau auf Vorbilder der Antike. Das Museum ist klassizistisch, Einflüsse von z.B. Palladio sind offensichtlich. Schinkel wählte diese starke, aussagekräftige Formensprache mit Absicht. Er wollte, daß man dem Museum seine Bedeutung ansieht. Es war schließlich auch das erste Museum das sowohl Statuen, Antiken und auch Gemälde unter einem Dach vereinte. Es war also umfassend. Zusätzlich wurde es an dem bedeutendstem Platz Preußens errichtet. Wohl kein anderes Museum wurde seit dem an einem ähnlich wichtigen Platz errichtet. Unter diesen Bedingungen ist es Schinkel gelungen ein erhabenes, beeindruckendes Bauwerk zu erschaffen. Jedoch muß auch gesagt werden, daß es seinen Zweck als Austellungsstätte für Kunstwerke, aufgrund der mangelnden Konzeption, gerade mit Blick auf die unzureichende Hängung und Beleuchtung der Gemälde, nicht voll gerecht werden konnte.

Klenze löste sich von den Vorgaben der Antike und den Beispielen andere Baumeister. Er gestaltete die Pinakothek allein aus praktischen Überlegungen heraus. Der Zweck bestimmte die Form seines Baus. Auf diese Weise ist es ihm gelungen, eine hervorragende Galerie zu realisieren, die den Ansprüchen einer verantwortungsvollen Ausstellung von Gemälden gerecht wird. Die Gemälde stehen an erster Stelle seiner Planungsprinzipien, die Form des Baus ist für ihn zweitrangig und ergibt sich von selbst aus der inneren Disposition heraus. Um Kunstwerke zu präsentieren war es seiner Meinung nach nicht nötig, ein Kunstwerk zu bauen, gerade die Schlichtheit und Bescheidenheit seines Baus betonen die ausgestellten Werke.

Schinkels Museum markiert den Endpunkt einer Entwicklung die wohl schon in der Antike begann, in Frankreich fortgeführt wurde und von Schinkel aufgenommen wurde. Für den Museumsbau der Zukunft jedoch, zeigte Klenze mit seiner Pinakothek den Weg auf. Sie war einer der ersten, wenn nicht sogar der erste Bau, der konsequent von innen nach außen konstruiert wurde. Die Pinakothek war auch das erste Museum, wo schon in der Planungsphase die Gemälde ausgewählt waren, die später einmal gehängt werden sollten. All diese Prinzipien sollten sich die Planer und Entwerfer spätere Museen zu eigen machen. Klenzes Pinakothek war also das erste Museum seiner Art, und sollte maßgebend für die folgenden Bauten sein. Schinkels Museum war zwar viel beachtet, das Konzept wurde aber doch fallen gelassen.

Persönliche Stellungnahme

Meiner Meinung nach hat Klenze das bessere Museum gebaut Er bewies Bescheidenheit, nahm seinen Bau zurück und stellte so die Gemälde, die eigentlichen Kunstwerke, in den Vordergrund. Die relativ unspektakuläre Form eines so wichtigen Baus, muß zu Klenzes Zeit geradezu ketzerisch gewirkt haben. Aber so ist es ihm gelungen ein Museum für die Kunst zu schaffen, getreu dem Motto: Nicht die Verpackung zählt, sondern der Inhalt.

Das heißt allerdings nicht, daß Schinkel kein großartiges Gebäude gelungen sei. Das Alte Museum ist zweifellos ein phantastischer Bau, es ist aber kein Museum, es ist ein Denkmal mit Ausstellungsräumen. Das ist wohl auch der Grund dafür, daß Klenzes Pinakothek Nachahmer fand, Schinkels Museum jedoch nicht.

Verwendete Literatur

Das Deutsche Kunstmuseum 1790-1870, Volker Plagemann, München 1967

Architektur des 19. Jahrhunderts, Claude Mignot, Fribourg 1983

Geschichte der abendländischen Baukunst, Fritz Baumgart, Köln 1960

Moderner Museumsbau, Hannelore Schubert, Stuttgart 1986

Das kunst- und kulturgeschichtliche Museum im 19. Jahrhundert, B. Deneke und R. Kahsnitz, München 1977

Sachlexikon der Architektur, Fritz Baumgart, Köln 1977

Bildwörterbuch der Architektur, Hans Koepf, Stuttgart 1968

[...]


1 Das Deutsche Kunstmuseum 1790-1870, Volker Plagemann, München 1967, Seite 71

2 Leo von Klenze, Sammlung architektonischer Entwürfe

3 Das Deutsche Kunstmuseum 1790-1870, Volker Plagemann, München 1967, Seite 80

4 Leo von Klenze, Sammlung architektonischer Entwürfe

5 Leo von Klenze, Sammlung architektonischer Entwürfe

Ende der Leseprobe aus 10 Seiten

Details

Titel
Vergleichen Schinkels Altes Museum in Berlin und Klenzes Pinakothek in München hinsichtlich Stilwahl und Typenbildung
Veranstaltung
Leistung zum Vordiplom im Fach Baugeschichte
Autor
Jahr
1998
Seiten
10
Katalognummer
V96136
ISBN (eBook)
9783638088138
Dateigröße
421 KB
Sprache
Deutsch
Schlagworte
Vergleichen, Schinkels, Altes, Museum, Berlin, Klenzes, Pinakothek, München, Stilwahl, Typenbildung, Leistung, Vordiplom, Fach, Baugeschichte
Arbeit zitieren
Björn Kranz (Autor:in), 1998, Vergleichen Schinkels Altes Museum in Berlin und Klenzes Pinakothek in München hinsichtlich Stilwahl und Typenbildung, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/96136

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