Die Johannisberger Klause St. Georg in Oestrich Winkel im Rheingau


Forschungsarbeit, 2019

145 Seiten


Leseprobe


Inhalt

Vorwort

1.) Bestandsaufnahme
a) Die lokale Verortung
Die geographische Lage
Amtliche Liegenschaftsgrenzen
Der Mühlenverbund
Die Weinbergslage
b) Das Anwesen
Die Grenzmauern
Die Klausenmauern
Das „Westtor“
Das Osttor
Das Fußgängertor auf der Südseite
Das Nordtor – Die Hauptzufahrt
c) Die Nebengebäude
Die intakten und die Reste der vergangenen Klausengebäude
Der südliche Gewölbekeller
Die Bebauung an der Südmauer und das mutmaßliche Mühlengebäude
Die Scheune
Das Kelterhaus / Das „Backhaus“
d) Das Hauptgebäude
Der Gewölbekeller unter dem Haupthaus
Die Kapelle

2. Historische Einordnung der Johannisberger Klause
Der Rheingau als bedeutender historischer Landstrich
a) Die Römerzeit
Eine römische Villa rustica?
Mithraskult im Rheingau
Die Römer und der Wein
b) Die Klosteranlage
Christianisierung im Rheingau
Kunsthistorische Einordnung
Literarische Quellen
Zur Deutung der Quellenlage bis 1434
Die Auflösung des Nonnenklosters 1452
Resumée

3. Die Johannisberger Klause unter den Grafen von Schönborn
Inbesitznahme der Johannisberger Klause durch die Grafen von Schönborn
a) Der Klausenbetrieb im 17. und 18. Jahrhundert
Errichtung und Nutzung der Klausengebäude
Die Betrachtung der Quellen
Der Wirtschaftsbetrieb „Klaus“
Der Geistliche Betrieb
Die Originalausstattung der Kapelle
Der Altar in der Kapelle
Das Altarretabel
b) Der Klausenbetrieb im 19. Jahrhundert
c) Das 20. Jahrhundert
d) Das 21. Jahrhundert
Der erste Sanierungsabschnitt
Der zweite Sanierungsabschnitt

Würdigung und Schluss

Literaturverzeichnis

Abbildungsverzeichnis

Index

Vorwort

Als ich vor nunmehr fünfzehn Jahren das erste Mal mit S.E. Paul Graf von Schönborn von der Terrasse des Schlosses Johannisberg auf die Klause St. Georg blicke und er sagte, dass diese uns in Zukunft noch sehr beschäftigen würde, ahnte ich noch nicht, welche Tragweite seine Worte hatten, und dass er mit „uns“ auch mich gemeint hatte. Doch vom ersten Blick an, den ich auf die Klause geworfen hatte, war ich in ihren Bann gezogen und konnte es vor Freude kaum glauben, dass S.E. Paul Graf von Schönborn zu Beginn des vergangenen Jahres die Erstellung einer Monographie über die Klause für die Deutsche Stiftung Denkmalschutz an mich vermittelte.

So widmete ich mich in den letzten zwölf Monaten intensiv diesem historischen Kleinod um in vorliegender Arbeit einen sachlichen und historischen Überblick über das Gesamtensemble bereitzustellen. Zu meinem größten Bedauern entspricht es nicht der Aufgabenstellung dieser Arbeit zu sehr in die Tiefe zu gehen, doch hoffe ich sehr, wissenschaftliche Themen aufgetan zu haben, bei welchen es sich lohnt tiefer zu graben (im wahrsten Sinne des Wortes).

Nicht nur die „Gebreiten“ des Rheingau, in welchem die Klause steht, sind gottgesegnet, wie Goethe feststellte, sondern auch bei der Erstellung dieser Arbeit erfuhr ich unglaubliche Hilfestellungen, welche, teilweise unaufgefordert, von vielen Seiten auf mich hereinströmten. Bis kurz vor Fertigstellung flossen wissenschaftliche Informationen so zahlreich, dass stark selektiert werden musste und nicht alles eingearbeitet werden konnte.

Somit gebührt größter Dank allen, die mich unterstützt haben, insbesondere der gräflichen Familie von Schönborn, IIEE Damiana und Paul von Schönborn, deren Großherzigkeit gar nicht genug gewürdigt werden kann. Alexander von Schönborn, der das Erstellen dieser Arbeit mit großem Enthusiasmus begleitet hat, die Klause als „sein Baby“ bezeichnet und auch in Zukunft fürsorglich über sie wachen wird – ihm sei deshalb diese Arbeit gewidmet.

Herzlichen Dank Frau Nadine Smukal und der Deutschen Stiftung Denkmalschutz die diese Arbeit begleitete und unterstützte. Für wertvollen wissenschaftlichen Beistand und das großzügige Überlassen von Informationen und Unterlagen danke ich: Hr. Dr. Jens Martin (Staatsarchiv Würzburg), Fr. Dr. Verena Jakobi (Landesamt für Denkmalpflege Hessen), Fr. Dr. Ingrid Ringel (Uni Mainz, emerit.), Hr. Diplom.-Ing. Dieter Bilz (Architekt), Hr. Manfred Kempenich (Architekt), Hr. Lorenz Frank (Frank & Mielke, Historische Bauforschung, Mainz), Hr. Wolfgang Blum (Pilgerführer), Hr. Dr. Peter Haupt (Institut für Altertumswissenschaften, Uni Mainz), Hr. Dr. Bernd Blisch (Stiftung Stadtmuseum Wiesbaden) und Hr. Rudolf Edinger (Vorsitzender Förderkreis Johannisberg).

Meinen Kolleginnen und Kollegen der Graf von Schönborn’schen Betriebe danke ich für ihre Unterstützung beim komplizierten Bedienen von Scannern und Kopierern, für die freundliche Aufnahme in der Hauptverwaltung und im Weingut in Hattenheim, fürs Versorgen mit Kaffee und für die aufmunternden Worte: Fr. Wernsdörfer (auch fürs Korrekturlesen), Fr. Berndl, Fr. Kirchner, Fr. Kühl, Hr. Krenz, Fr. Scherbel und Hr. Sauer.

Bezüglich des Umfangs der Arbeit habe ein wohl wenig über das Ziel hinausgeschossen und die anfänglich vereinbarte Seitenzahl bei Weitem übertroffen. Dies ist jedoch auch meiner persönlichen Freude an Abbildungen – besonders historischen – geschuldet, welche ich dieser Arbeit nicht vorenthalten wollte. Außerdem formatierte meine Tochter Ronja den Text recht großzügig, so dass nochmals einige Seiten hinzukamen. Ihr sei für Ihre Mühe herzlich gedankt!

Sicherlich hätte man vieles auch kürzer ausdrücken können, doch die Klause und ihre Quellen haben viel zu erzählen und ich wollte die Informationen nicht noch mehr kürzen. Deshalb bitte ich den geneigten Leser, sich des Indexes zu bedienen um die persönlich relevanten Passagen zu finden.

Angela Nusser

Pommersfelden , im März 2019

1.) Bestandsaufnahme

Im Herzen Europas, an einem der markantesten Plätze im Rheingau – dem Johannisberg – liegt ein kleines, ehemaliges Nonnenkloster, die sogenannte Johannisberger Klause St. Georg .

Es ist ein ganz besonderer Landstrich dieser Rheingau Kreis, auch wenn er heutzutage im politischen Sinne eigentlich gar nicht mehr existiert. So hat die kleine Klause zahlreiche Regierungskonstrukte, von den Rheingrafen über Kurmainz, das Herzogtum Nassau und Hessen-Nassau bis hin zum aktuellen Rhein-Taunus-Kreis (seit dem 01. Januar 1977)1, unbeeindruckt kommen und gehen sehen.

Es ist aber nicht die politische Verwaltungseinheit, die diese Region auszeichnet, sondern ihre außergewöhnliche Naturlandschaft gepaart mit einer überaus reichen, Jahrtausende zurückreichenden Kulturgeschichte.

a) Die lokale Verortung

Die geographische Lage

Im ehemaligen Verwaltungsbezirk des „Altkreises Rheingau“, erstreckt sich das heutige Gebiet des Rheingau auf einer Länge von knapp 30 km, ausschließlich rechtsrheinisch, von Walluf bis nach Bingen (Abbildung 1).

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abbildung 1: Der Rheingau , rechtsrheinisch von Walluf bis Bingen

Mit dem ersten Blick auf die Karte offenbart sich die Besonderheit dieses Landstriches. Der Rhein, der ab Basel eigentlich zielstrebig nach Norden fließt, ändert nach Mainz seine Richtung und fließt für 30 km nach Westen. Dadurch ist die dominierende Geländeform im Rheingau der Südhang, die wichtige Voraussetzung für ein besonderes Weinanbaugebiet2. Jedoch ist auch der steile Einschnitt des Rheins in den Taunushauptkamm vom Binger Loch bis Lorch noch Teil dieser Landschaft, wo der Rhein seinen Weg wieder nach Norden nimmt. Naturräumlich wird der Rheingau zum Rhein-Main-Tiefland gezählt.

Durch diese besonderen geographischen Voraussetzungen ist das Klima im Rheingau von trockenen und warmen Sommern und milden Wintern geprägt. Nur sehr selten sinkt die Temperatur unter den Gefrierpunkt, so dass hier auch mediterrane Gehölze wie Feigenbäume, Oliven, Wollmispeln, Eukalypten, Palmen, Aprikosen und Pfirsiche wachsen. Dabei sind die Pflanzen an den Rhein-Steilhängen an eine relative Trockenheit angepasst wobei zu bemerken ist, dass durch den tiefen Flusseinschnitt und die warmen Südhänge auch im Sommer eine gewisse Luftfeuchtigkeit (Tau und Dunstwasser) vorhanden ist (Abbildung 2.) Regen fällt dagegen weniger, da das Tal im Regenschatten der bewaldeten Höhen (Rheingaugebirge und Hoher Taunus) liegt.

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Dunst im Rheingau :

Blick stromab von Mainz über das Mainzer Becken bei Eltville und Erbach bis Bingen .

Fast genau in der Mitte dieser Gemarkung erhebt sich ein, für Rheingauer Verhältnisse sehr steiler Quarzithügel, welcher genau nach Süden ausgerichtet, dem Taunus vorgelagert ist. Es ist der Johannisberg mit einer Höhe von 181,8 m und einem besonderen Boden aus mittel- bis tiefgründigem Löss und Lösslehm, der sich mit dem Eisenoxid haltigen Schiefer und dem Quarzit des Untergrundes mischt. Durch diese Kombination aus ausgefallenem Klima (s.o.), herausragender Positionierung und besonderen Bodenverhältnissen zählt der Johannisberg nicht nur zu den spitzen Weinlagen3 sondern prägte auch nachhaltig die Geschichte der Region.4

Am südlichen Fuße dieses Berges auf einer Höhe von 113m über NN und fast5 genau auf dem 50. nördlichen Breitengrad gelegen6 befindet sich, in einem kleinen ummauerten Bezirk, ein Ensemble von verschiedenartigen Gebäuden, das im Volksmund schlicht als „Klaus“ bezeichnet wird (Abbildung 4)

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abbildung 4 : Ummauerter Bezirk der

Johannisberger Klause St. Georg, „Klaus“, am Fuße des Johannisberges

Besonders verblüffend ist die maßgenaue Positionierung der Klause in der Landschaft. Die nächstgelegenen unveränderlichen Landmarken sind der Johannisberg nördlich und der Rhein südlich der Klause. Wie Abbildung 3 eindrucksvoll zeigt liegt die kleine Klosteranlage exakt auf einem Drittel der Strecke vom höchsten Punkt des Johannisberges bis zum Rhein hinunter. Noch dazu befindet sie sich ganz genau südlich dieses höchsten Landmarkenpunktes wodurch ihre herausragende Stellung im Bezuge auf die Nachbarmühlen (s.u. der Mühlenverbund ) deutlich wird.

Dass noch dazu die Abstände der einzelnen Objekte absolut harmonisch mit unseren heutigen Maßeinheiten einhergehen mag (muss?) dem Zufall geschuldet sein. Dennoch erstaunt es zutiefst, dass der Abstand des höchsten Johannisbergpunktes in genau südlicher Richtung zum Rhein hin exakt 1500 m beträgt, wobei sich die Klause genau auf dem 500 m Punkt befindet (Abbildung 3).

Diese genaue Einpassung in die natürlichen Landschaftsmarken zeigt die herausragende Stellung des Ortes und belegt die Sorgfältigkeit mit welcher die Positionierung ehemals vorgenommen wurde.7

Amtliche Liegenschaftsgrenzen Verwaltungstechnisch gehört die Johannisberger Klause zu Oestrich Winkel – der größten weinbautreibenden Gemeinde in Hessen. Die Gemeinde selbst wurde in den siebziger Jahren des 20. Jahrhunderts gegründet und setzt sich aus den ehemaligen Weinorten Oestrich, Mittelheim, Winkel und Hallgarten zusammen. Oestrich - Winkel befindet sich somit im „Herzen des Rheingaus“, etwa 20 km westlich der hessischen Landeshauptstadt Wiesbaden und 50 km von der Metropole Frankfurt entfernt. Die Hauptorte Oestrich und Winkel sowie das kleine Örtchen Mittelheim liegen direkt am Ufer des Rheins, dort wo dieser am breitesten ist. Die Gemeinde wird maßgeblich durch den Weinbau geprägt und die stattliche Anzahl von 70 Weingütern findet in dieser Gemarkung ihre Heimat8. Hierbei handelt es sich naturgemäß um zahlreiche Klein- und Kleinstgüter mit weniger als 10 ha Anbaufläche. Dabei entfallen insgesamt nur etwa 1/5 der Gemarkungsflächen auf Weinberge, da sich die Verwaltungsgrenzen bis weit ins Hinterland hineinziehen (vgl. Abbildung 2). Je weiter man sich von Rhein entfernt, umso waldreicher und dünner besiedelt präsentiert sich diese Region und von den 5.953 ha Gemeindeflächen entfallen fast 4000 ha auf Waldflächen.

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abbildung 5 : Gemarkung Oestrich - Winkel mit seinen umliegenden Gemeinden.

Historisch ist die Gemeinde Oestrich Winkel besonders für die Geschichte des Weinbau bedeutend, wobei das Schloss Vollrads9 - als eines der ältesten sich schriftlich nachweisenden Weingüter der Welt10 – eine herausragende Rolle spielt. Doch bereits in römischer Zeit wurde im Rheingau Weinbau betrieben und aufgrund der besonderen geographischen Lage (s.o.) reicht die Geschichte des Landstriches bis weit in die prähistorische Zeit hinein (s.u.).

Demzufolge bietet die Region aus allen Zeitepochen bedeutende Kunst- und kulturhistorischen Kleinodien und die Johannisberger Klause - selbst ein Solches - reiht sich beispielsweise mit der Basilika St. Ägidius aus dem 10. Jhd. in Mittelheim, der gotische Martinskirche in Oestrich oder dem “Graue Haus” in Winkel aus dem 12. Jahrhundert, das als ältestes, bewohnbares Steinhaus Deutschlands gilt, in diese Reihe ein.

Das Gelände, auf welchem sich die Johannisberger Klause befindet, liegt am äußersten westlichen Rand der Gemarkung Oestrich Winkel am Kapperweg und hat die Flur Nr. 56, Flurstück 155/5 und befindet sich seit 1603 im Privatbesitz der Grafen von Schönborn.

Mitten durch die Weinbergslage Klaus (s.u.) verläuft die Gemarkungsgrenze der Ortschaften Oestrich-Winkel und Geisenheim, welche nach der Weinbergsflurbereinigung in den 1970er Jahren festgelegt wurde, jedoch der früheren politischen Grenzen der beiden Ortschaften folgt11 (Abbildung 7). Das Konzept der sehr aufwändigen Geisenheimer Flurbereinigung (welcher sogar eine Erinnerungsstätte gewidmet wurde), ist hier am Prinzip der Wegeführung als rechtwinkelige Anlage gut zu erkennen, wobei jede flurbereinigte Parzelle mindestens eine asphaltierte Zufahrt aufweist, da jeder zweite Weg befestigt wurde. Somit bekamen die Winzer leicht zu bewirtschaftende Weinberge und Wege, was dem Zeitgeist der 70er Jahre entsprach, die Rheingauer Weinwirtschaft möglichst zu optimieren. Hierbei wurden nicht nur die „Weingärten“ zu Gunsten der Monokultur Wein von anderen Pflanzen drastisch leergeräumt, sondern auch kleine und kleinste Weinbergsflächen zur Ertragssteigerung aufgemacht. Eine ältere Luftaufnahme der Klause (Abbildung 6) zeigt den kleinsten eingetragenen Wingert der Lage „Klaus“ mit nur 106 m² Fläche innerhalb der Ummauerung selbst. Heute ist diese Fläche unbestockt, was auch dem neuen Ziel der Region Geisenheim nach einer Vervielfältigung der Kulturlandschaft mit verstärktem Rückgang zu natürlichen Ökosystemen und der damit verbundenen Artenvielfalt, entspricht.12

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abbildung 6 : Historische Luftaufnahme der Klause mit Weinberg innerhalb der Umfassungsmauern

Durchaus bemerkenswert bei der Gemeindegrenzbetrachtung ist, dass sich die Gemarkungen Oestrich-Winkel und Geisenheim die doch recht kleine Lage „Johannisberger Klaus“ teilen und die Gemarkungsgrenze nicht durch den „Grund“ festgelegt wurde (Abbildung 7). Diese Aufteilung berücksichtigt die historischen Grundbesitzverhältnisse und zeigt bis heute deutlich die (ehemals) fest mit der Klause verbundenen Grundstücke, welche sich nach Süden an die Umfassungsmauern der Klaus anschmiegen.

Gleichfalls wurde die Kläuserwiese auf der gegenüberliegenden Seite des Elsterbaches komplett in die Gemarkung Oestrich-Winkel mit hineingenommen, so dass, nicht nur aufgrund des Namens, sondern auch aufgrund der Grenzziehung die Zugehörigkeit der Territorien unterstrichen wird. Der Johannisberg selbst dagegen, mit seinen Schloss-, Kloster- und Kirchenbauten zählt verwaltungstechnisch zur Gemarkung Geisenheim, was im Umkehrschluss keine enge, historisch gewachsene Einheit zwischen Kloster / Schloss und Klause impliziert.13 Gleichzeitig befinden sich die Weinlagen des Johannisberges bis heute in ungeteiltem Besitz der Schloss- und Klostereigentümer14 was gleichfalls belegt, dass Kloster und Klause keine gewachsene, zusammengehörige Einheit darstellen.

Diese Trennung der beiden Weinanbaugebiete wird zudem noch durch den Verlauf des Märzackerweges bestätigt, welcher nördlich der Kläuserwiese verläuft und das Territorium des Johannisberges, fast genau in Nord-West Richtung, gradlinig durchschneidet.

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abbildung 7 : Administrative Karte der Hessischen Verwaltungseinheiten mit eingetragener Weinbergsparzellierung und Verwaltungsgrenzen.

Der Mühlenverbund Die Mühlen waren auch im Rheingau ein bedeutender Wirtschaftszweig15 und meistens im Besitz adliger Familien oder Klöster.

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Unmittelbar nördlich der Klausenanlage fließt der Elsterbach vorbei und verbindet die Klaus als Mühlensystem mit der nahe gelegenen Ankermühle16 und mit der Weißmühle. Am Elsterbach waren auf Johannisberger Grund ehemals vier und im Tal Richtung Marienthal fünf Mühlen ansässig. Die Geschichte dieser Mühlen ist eng mit den Geschehnissen des früheren Benediktinerklosters auf dem Johannisberg verbunden, was erste urkundliche Erwähnungen des Mühlensystems aus dem 14. Jahrhundert belegen.17

Auch wenn das Mühlengebäude auf dem Klausengelände heute komplett abgetragen ist, erscheint es doch in zahlreichen – auch zeitnahen – Kartenwerken18, so dass der Klause als Element des „Mühlenverbundes am Unterlauf des Elsterbaches“19 eine prägende Rolle zugeschrieben werden kann (vgl. Abbildung 8.)20

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abbildung 8 :Das Mühlensystem am Unterlauf des Elsterbaches

Insgesamt gab es im Laufe der vergangenen Jahrhunderte mindestens 15 Mühlen21 am Elsterbach, wobei die letzten beiden noch bis ins vorherige Jahrhundert betrieben wurden. (Die Anker-Mühle wurde 1923 und die Schamari-Mühle 1929 aufgegeben.)

Die Weinbergslage Der gesamte Johannisberg ist durchgängig mit Weinstöcken bepflanzt, und so liegt auch die Klause gleichfalls komplett in den Weinbergen. Bis heute22 werden sowohl südlich als auch nördlich der alten Bauwerke diese Weinberge - über 14.000 qm welche, direkt an das Gelände der Klause anliegen - von der Besitzerfamilie, den Grafen von Schönborn bewirtschaftet.23

Alle Weinlagen um die Klause herum sich exquisit und erhielten, gemäß der dazu gehörigen Gebäude, von der Klause abgeleitete Namen:

So befindet sich nördlich des Elsterbaches, auf Höhe der Klause die Kläuserwiese, welche von der Weinlage her dem Schloss Johannisberg zuzuordnen ist und erst in den letzten Jahren neu mit Riesling bestock wurde.

Legendärer sind jedoch die beiden zugeordneten südlichen Weinlagen, welche als Johannisberger Klaus und Kläuserweg bewirtschaftet werden. Die Johannisberger Klaus Lage misst nur zwei Hektar und ist seit 1248 bekannt.24 Die geschützte Lage mit warmen Böden lässt die Trauben gut reifen, die durch ein ausgewogenes Spiel an Frucht und Säure überzeugen. Vom gräflichen Weingut wird dort vor allem Riesling angebaut, welcher auf gut 40 Jahre alten Weinstöcken auch sehr hochwertig als „Alte Reben“ ausgebaut werden kann (Abbildung 9).

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abbildung 9 : Die Südseite der Johannisberger Klause mit Nebengebäuden und dazugehöriger Weinbergslage "Johannisberger Klaus ", im Hintergrund Schloss und Kloster Johannisberg

Lediglich im südwestlichsten Eck der Lage „Johannisberger Klaus“ befindet sich ein kleinerer Weinberg, welcher mit Spätburgunder bestockt ist. Neben den Grafen von Schönborn besitzen auch die Weingüter „Prinz Donatus von Hessen“ und „Villa Gutenberg“ hier Weinberge der Lage „Klaus“.

Westlich der Lage „Klaus“ (und des Grundes) schließt sich die, ebenfalls von der Klause beeinflusste und historisch gleichfalls hochwertige Lage des „ Kläuserweges “ an. Sie wurde bereits 1292 als „via Clusen“ und 1300 als „Clusenweg“ urkundlich erwähnt und zählt gleichfalls zu den besten Lagen im Rheingau, da ihre Position zwischen dem Rothenberg und dem Johannisberg besonders privilegiert ist.

b) Das Anwesen

Die Grenzmauern Das innerste Areal der eigentlichen (ummauerten) Klause umfasst ca. 3.440 m² und wird von einer steinernen Mauer komplett umschlossen (s. unten Die Klausenmauern ). An diese zentralen Mauern schließen jedoch mehrere Grenzmauern an, welche ehemals die Grundstücksgrenzen markierten und Teil eines größeren Mauersystems waren, welches nicht nur das Gebäudeensemble sondern auch die dazugehörigen Weinberge miteinschloss. Generell sei an dieser Stelle vermerkt, dass sich die Kulturlandschaft des Rheingau gerade auch im letzten Jahrhundert maßgeblich verwandelt hat. Während heutzutage weite Weinbergsflächen mit schier unendlich scheinenden Wanderwegen die Hänge des Rheingau hindernislos zieren, präsentierten sich die Anbauflächen (besonders vor der Flurbereinigung ab 1976) kleinteilig und uneinheitlich. Heute stehen die Mauerzüge um die Klause herum nur noch als fragmentarische Stümpfe an und umschließen keine Wingerte mehr. Sie stellen dennoch eindrucksvolle Zeitzeugen einer Epoche dar die deutlich macht, wie vehement der eigene Grundbesitz nach außen geschützt wurde, bzw. geschützt werden musste.25

Die Reste der anstehenden Mauern sind sowohl östlich als auch westlich des Klausenbezirkes erhalten und können aufgrund ihrer Materialzusammensetzung und ihrer Konstruktionsweise zeitlich und inhaltlich eingeordnet werden.

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

So ragt im Osten der Anlage ein ca. 40 m langer Mauerstumpf, entlang des Kapperweges, in südöstlicher Richtung verlaufend, bis zum Ende der anschließenden Weinbergslage (Abbildung 10). Diese Ummauerung ist deutlich jünger als die Mauer, an welche sie anschließt (Abbildung 10a) was ihre Konstruktionsweise mit reichlich Zementmörtel und ihre oben abschließende Betonplattenabdeckung zeigt. Die Mauer wurde mit Hilfe einer Verschalung aus sehr groben Bruchsteinen errichtet, welche nicht, im Gegensatz zu allen anderen Mauern, als Gefüge aufgeschichtet, sondern lose verfüllt und mit Mörtel aufgefüllt wurde (Abbildung 10b).

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abbildung 10 a, b und c: Östlicher Mauerstumpf,

a) Ansatz an die frühere Mauer,
b) Abbruchkante am südlichen Ende

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

c) innerer Maueransatz

Während außen (zum Kapperweg hin, Abbildung 10 a) die Mauer glatt an den alten Bestand ansetzt, erkennt man auf der anderen Seite des Mauerzuges deutlich den unterschiedlichen Charakter der Bausubstanz (Abbildung 10 c). In diesem Bereich ist die alte Umfassungsmauer sehr massiv verbreitet, was auf einen ehemaligen Torabschluss verweist. Deutlich ist anhand des glatten Mauerwerksabschlusses zu erkennen, dass diese Öffnung zum Klausengelände hin kein späterer Mauerdurchbruch ist, sondern dieser Zugang an der sogenannten Scheune26 (linkes Gebäude in Abbildung 10c) aus der Erbauungszeit im 18. Jahrhundert27 herrührt.

Ferner verweisen auch die Spuren an der Scheune selbst auf einen früheren Durchgang zu den Weinbergen, da am Gebäude deutlich Balkenlöcher für ein hölzernes Tor zu erkennen sind. Außerdem zeigt eine Farbveränderung im anstehenden Mauerwerk, dass sich dort ehemals ein Durchgang befunden hat, was auch konkret am noch erhaltenen Türsturz aus senkrecht eingemauerten Ziegeln zu erkennen ist.

Ein weiteres Mauerstück ganz anderer Konstruktionsart steht in westlicher Richtung an das Klausengelände an und ragt dort ca. 87m fast genau Richtung Westen. Sie trennt die Grundstücke der jeweiligen Eigentümer, dem Prinz von Hessen und dem Grafen von Schönborn (Abbildung 11 a+ b). Dieser Mauerzug unterscheidet sich maßgeblich von allen anderen Aufmauerungen im Klausenbezirk, so dass auf den ersten Blick die unterschiedliche Provenienz deutlich wird, da sie, im Gegensatz zu allen anderen Mauern nicht aus Bruch- sondern aus Backsteinen errichtet wurde und eine einfache Verzierung aufweist.

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Dieser Mauerrest setzt am westlichsten Ende der Klause direkt an ein bestehendes Klausengebäude an (Abbildung 11 a) und führt, nach einem leichten Knick, kerzengerade bis zur Kreuzung des Kapperweges, an das Weingut des Prinzen von Hessen heran. Die Mauer selbst ist durch die verschiedenen Setzungen der Backsteine profiliert und gegliedert.

In regelmäßigen Abständen finden sich strebepfeilerartige Wandvorlagen welche ein einfaches, profiliertes Gesims tragen. Der untere Gesimsabschluss wird durch einen einfachen Zahnschnittfries dekoriert, welcher schlicht aus vor- und zurückgesetzten Backsteinen gebildet wurde. Darüber schließt eine Reihe waagerecht und nebeneinander aufgelegter Backsteine weite Teile der Mauer nach oben hin ab. An einigen Stellen finden sich jedoch am oberen Mauerabschluss weitere Teile aufgemauert, was auf eine spätere Erhöhung der Mauer (bzw. einiger Teile davon) schließen lässt. Auch eine Toröffnung bzw. ein Durchbruch in der Mauer verweist auf eine bewegte Geschichte dieser ummauerten Grenzbefestigungen der jeweiligen Grundstücke. Die Bausubstanz zeigt (Abbildung 11 a), dass ein wohl aufgelassener Durchgang später zugesetzt und dann wieder niedergelegt wurde.

Somit stellen die, an die Klause anschließenden Grenzmauern, fragmentarische Zeitzeugen einer sehr bewegten Territorialgeschichte der Region dar und belegen, ob ihrer ganz unterschiedlichen Ausführungen, die verschieden (auch künstlerischen) Ansprüche der Auftraggeber.

Die Klausenmauern Anschließend an die Grenzmauern, welche die Felder bzw. Wingerte umschlossen und nur noch fragmentarisch erhalten sind, existieren die Klausenmauern, die das Gelände komplett umschließen, noch in ihrer vollen Länge (vgl. Abbildung 4)

Ummauert ist ein ca. 112m langes und ca. 20m (im Westen) bis 45 m (im Osten) breites Gelände, welches die Form einer Gambe hat und fast genau in Ost-Westrichtung ausgerichtet ist. Die Gesamtlänge der Einfriedung (Mauern incl. Gebäudeteile welche in die Ummauerung integriert sind) beträgt knappe 300 m und schließt ein Gelände von ca. 3711 m² ein.

Die Entfernung der Klause zum Elsterbach beträgt gerade einmal ca. 35 m und auch das Kloster / Schloss Johannisberg auf der Anhöhe ist keine 500 m Luftlinie von der Klause entfernt. Die Entfernung zum südlich gelegenen Rhein ist genau doppelt so weit wie zum Kloster / Schloss Johannisberg, also ca. 1000 m.28

Mehrere Öffnungen nach allen vier Himmelrichtungen durchbrechen das Mauergefüge und an der Ostseite des Geländes wurde ein Mauerstück, vor nicht zu langer Vergangenheit, niedergelegt um kleinere wirtschaftliche Prozesse zu optimieren. So garantiert beispielsweise der Westdurchbruch (s. Das Westtor ) einen kurzen Weg für die Schafe, welche momentan im Klausenbereich gehalten werden, und verbindet den Stall auf dem Gelände mit der Weidewiese am Elsterbach, außerhalb, nördlich der Klaus zwischen Kapperweg und Kläuserwiese gelegen (vgl. auch Abbildung 8).

Der Hauptzugang zum Areal befindet sich auf der Nordseite der Klause und wird von einer sehr massiven Toranlage mit rundbogiger Einfahrt markiert (s.u. Das Nordtor Abbildung 20 a, b + c). Vier weitere Eingänge in alle vier Himmelsrichtungen weisen das Gelände als praktisch genutzten Wirtschaftsbetrieb aus und sind sicherlich teilweise auch der funktionalen landwirtschaftlichen Nutzung geschuldet (vgl. Abbildung 10, Seite 7).

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abbildung 12 : Auszug aus dem Liegenschafts-kataster , Flurstück 155/5

Besondere Hinweise auf ehemals nötige Durchgänge ins Klausengelände liefert auch die genaue Betrachtung eines aktuellen29 Katasterauszuges ( Abbildung 12).

Dieser zeigt die bestehenden Wasserläufe des Oberflächenwassers, welches heute nicht mehr im Gelände sichtbar, sondern verrohrt unter der Erde läuft. Bezüglich des ummauerten Bereiches der Klause ist zu erkennen, dass es einen Wasserzufluss auf der Westseite des Geländes und einen Wasserabfluss auf dessen Ostseite gibt, und zwar genau in den Bereichen, wo sich heute Mauerdurchlässe befinden.

Das „Westtor“

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Auf der Seite des ehemals westlichen Zuflusses befindet sich keine sichtbare (historische) Toröffnung sondern ein Mauerdurchbruch, der aus zwei unregelmäßig abgebrochenen Mauerstücken besteht (

Abbildung 13).

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abbildung 13 : westlicher Zugang zum Klausengelände

Allerdings präsentieren sich die beiden anstehenden Mauerstück in komplett unterschiedlicher Bruchsteinzusammensetzung und Ausfugung der Zwischenräume, so dass davon auszugehen ist, dass es sich in diesem Bereich nicht um ein zusammenhängendes Mauerstück gehandelt hat, welches aufgebrochen wurde, sondern tatsächlich auch in diesem Bereich (wie auf der gegenüberliegenden Seite; s.u.) sich eine ehemalige Toröffnung befunden haben muss. Desweiteren zeigt die noch vorhandene Bausubstanz, dass in diesem Bereich häufiger an- und umgebaut wurde, da sich hier Fragmente verschiedenster Bausubstanzzusammensetzungen finden. Noch dazu verweisen die Baureste auf den Wasserzufluss in die Klause hinein, da nicht nur eine steinerne Gulliplatte jüngeren Datums in diesem Bereich steht (s. in

Abbildung 13), sondern auch ein („modernes“) Toilettenhäuschen30 aus dem 20. Jahrhundert dort seine Aufstellung fand (= kleiner, quadratischer Bau auf der rechten Bildhälfte in

Abbildung 13).

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Heute verfügt das Gelände über keine erschlossene Wasser- und Abwasserversorgung mehr und ist aktuell nicht mehr ans „Fernwasser“ angeschlossen.

Allerdings finden sich auf dem ganzen Gelände Fragmente von glasierten Steinzeugröhren31 (Abbildung 14 a + b) welche eine intakte Wasser- und Abwasserversorgung bis noch vor einigen Jahrzehnten belegen.

Das Osttor Auf der gegenüberliegenden, östlichen Seite des Geländes befindet sich eine weitere, breitere Toröffnung, welche aufgrund ihrer Beschaffenheit ehemals als Zufahrtstor zur Scheune genutzt werden konnte. Zwei Sandsteinpfeiler markieren die Toröffnung, welche durch ein einfaches, verbrettertes Holztor geschlossen wird, das mittels Metallankern in den Sandsteinpfeilern gehalten wird (Abbildung 15 a+b). Der rote Sandstein (welcher sonst maßgeblich im hinteren Odenwald vorhanden ist), ist eine regionale Besonderheit im hessischen Terroir. Heute sind Vorkommen an rotem Sandstein im Rheingau, bis auf wenige Reste, abgetragen. Sie waren jedoch durch die Jahrhunderte hinweg ein sehr beliebter und dekorativer Rohstoff, was auch die Materialzusammensetzung des Klausengeländes belegt.32

Die Ausführung dieser Toröffnung ist recht einfach und schlicht gehalten, so dass sie sich deutlich als „Wirtschaftweg“ definiert. Die Lage jedoch, genau über dem Wasserabfluss der Klause (vgl.

Abbildung 12), sowie die Bausubstanz (besonders die der anstehenden Mauern) verweisen auf eine frühe Nutzung.

Während auf der gegenüberliegenden Seite (s. oben) aufgrund der Breite des Durchgangs lediglich von einem ursprünglichen Fußgängertor (vergleichbar mit dem Zugang auf der Südseite s.u.) ausgegangen werden darf, so scheint sich hier – als Pendant zur Haupteinfahrt – schon ehemals ein Zufahrtstor mit Wagenbreite befunden zu haben.

Ein anstehender Eisenhaken auf dem linken Pfeiler lassen auf eine ehemalig dekorative Bekrönung oder aber auch auf einen Türsturz schließen. Gleichfalls zeigt die Innenansicht des Tores (Abbildung 15 b) deutlich die Ausbesserungen des (rechten) ursprünglichen Pfeilers. Da sich Sandstein naturgemäß aus mehreren Lagen (Sedimentschichten) zusammensetzt, kann es – gerade bei Sandsteinen minderer Qualität welche natürlich auch vornehmlich für Wirtschaftsbereiche eingesetzt wurden – zum Ab- oder Zerbrechen der Steine entlang der Sedimentschichten kommen.

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abbildung 15 a + b: a) östliches Zufahrtstor mit Sandsteinpfeilern (von außen) b) östliches Zufahrtstor mit Sandsteinpfeilern (von innen)

Die Sandsteingüte und die Art des Schnittes der Objekte sagt viel über deren (ursprüngliche) Zweckbestimmung aus, was gerade bei der Verwendung von Spolien interessant ist (s.u. Das Hauptgebäude).

Bei den Sandsteinpfeilern des besagten Osttores tritt augenscheinlich zu Tage, dass diese nicht auf die gleiche Art und Weise (im bzw. gegen das Lager) geschnitten wurden. Während der nördliche Pfeiler (rechts in Abbildung 15 a) diagonal zur Sedimentschichtung gebrochen wurde, zeigt der Südliche einen Schnitt „im Lager“33. Bei der Güte der verwendeten Sandsteine jedoch wird augenscheinlich, dass der Stein durch einen derartigen Schnitt anfällig für ungewollte Spaltungen wird. Aus diesem Grund sind auch fast alle anderen verwendeten Sandsteine der Klause (besonders an den Tür- und Fensterlaibungen) diagonal geschnitten (s. unten). Abbildung 15b zeigt deutlich die Ausbesserungen des linken Sandsteinpfeilers, welcher an seiner Abbruchkante zur Stabilisierung mit regelmäßigen Feldsteinen zugesetzt wurde. Diese Art der Ausbesserungen mit den verschiedenen Variationen der Materialzusammenstellung ist an vielen Stellen auf dem Gelände zu beobachten und belegt die jahrhundertelange wirtschaftliche Nutzung der Johannisberger Klause.

Die Torpfeiler sind auf kleinen Sockeln tief im Boden verankert, was gleichfalls die frühe Torstellung in situ (teilweise früher als die anstehenden Mauern) belegt.

Das Fußgängertor auf der Südseite Als Pendant zum breiten Haupttor auf der Nordseite des Geländes befindet sich an der südlichen Langmauer ein Nebeneingang bzw. ein Fußgängertor, welches durch seine Breite eindeutig als Solches definiert ist.

Die Gesamtlänge der Südmauer, welche den Bereich des Hauptgebäudes gegen die Weinberge abschließt beträgt 58 m vom sog. Kelterhaus (s.u.) im Osten bis zum Schuppen im Westen (s.u.), welcher in die Südmauer integriert ist (vgl. auch Abbildung 6 und

Abbildung 12). Das Fußgängertor selbst misst inklusive der Torstöcke gute drei Meter und ist somit erheblich schmäler als die übrigen Tore, welche sich auf sieben bis neun Metern Breite öffnen.

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Die Konstruktionsart ähnelt dem Tor auf der Ostseite und setzt sich aus einem Verbund von roten Sandsteinpfeilen und Bruchsteinen zusammen. Auffällig kommen hier jedoch auch Spolien und Backsteine zum Verbau (

Abbildung 16 a + b), wodurch der Bauverlauf des Tores gut abzulesen ist. So zeigt sich augenscheinlich, dass hier, gleichwie am Klausengebäude selbst (s.u.) die Grundkonstruktion aus verfugten Bruchsteinen (Feldsteinen) besteht, während die stabilisierenden und gliedernden Elemente aus massivem rotem Sandstein (bei der Klause Fenster- und Türstürze, hier die Torpfeiler) gefertigt sind. Während bei den Osttorpfeilern dekorative Reste nur noch vermutet werden können, haben sich am Südtor Reste einer ursprünglichen Oberflächenriffelung an den Sandsteinpfeilern erhalten, welche die dekorative Ausgestaltung des Tores belegen.

Abbildung 16 a + b: Südlicher Nebeneingang

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

a) Ansicht von Außen
b) Ansicht von Innen

Auch alle anderen dekorativen Sandsteinflächen der Johannisberger Klause sind mit einer geriffelten Oberfläche versehen, welche an zahlreichen, insbesondere barocken oder barockisierten, Schönbornbauten zu beobachten ist (insbes. Pommersfelden, Gaibach, Wiesentheid). Nur aufgrund dieser Oberflächenbearbeitung kann bereits ein Datierungsrahmen um 1700 (17. oder 18. Jahrhundert) vorgegeben werden.34

Noch dazu wertet diese besondere Art der Oberflächenbearbeitung das jeweilige Architekturteil bzw. das ganze Gebäude maßgeblich auf. Nicht nur die optische Wirkung von Natursteinen sondern auch deren Beständigkeit kann von der Oberflächenbearbeitung entscheidend beeinflusst werden.

Dabei beeinflussen gerade Riffel- bzw. Scharrierungen die Lichtbrechung auf der Steinoberfläche, so dass verschiedene visuelle Effekte erzeugt werden können. Hierbei erfordert diese Art der Oberflächenbearbeitung einen erheblichen Erfahrungsschatz und Kraftaufwand der Steinmetze, da mit Hilfe eines Scharriereisens und eines Knüpfels gleichmäßig parallele Linien mit möglichst identischem Kraftaufwand geschlagen werden müssen. Bis heute konnte keine befriedigende Lösung für ein industrielles Scharrieren gefunden werden, so dass – besonders im Rahmen der Denkmalpflege – immer noch gut ausgebildete Steinmetze benötigt werden. Allein dieses aufwändige Detail der Oberflächenbearbeitung zeigt, dass die Bedeutung der Johannisberger Klause weit über die eines einfachen Wirtschaftsbetriebes hinausgeht.

Gleichfalls können an diesem Tor die Mauer- sowie Pfostenaufsätze sowohl in ihrer Art als auch in ihrer Konstruktionsweise gesehen werden. Weite Teile der Klausenmauern tragen einen dreieckigen Maueraufsatz zur Zierde, zum Schutz der Mauersubstanz und zur Verstärkung der Fortifikationsfunktion.

Eine Zeichnung des Frankfurter Malers Carl Theodor Reiffenstein (1820 – 1893) zeigt den Eingangsbereich der Johannisberger Klause in ihrem Zustand im Jahr 1862 (Abbildung 17). Deutlich ist hier im Bereich des Haupteinganges auf der Nordseite (s. u.) der dachartige, dreieckige Maueraufsatz zu erkennen. Desweiteren zeigt die Zeichnung, dass sich die Mauern zu diesem Zeitpunkt in einem ziemlich ruinösen Zustand befanden und wohl gerade östlich des Nordtores bereits der Maueraufsatz verloren war. Westlich des Haupttores hingegen fehlt der Maueraufsatz aktuell, welcher in der Zeichnung noch zu sehen ist.

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Bestand und Zeichnung lassen darauf schließen, dass die komplette Ummauerung der Klause ursprünglich mit einem dreieckigen Aufbau versehen war. Wie der südliche Nebeneingang deutlich zeigt (

Abbildung 16 a), war dieser auf die Bruchsteinmauer mit Backsteinen aufgemauert, verputzt und verziegelt bzw. verschiefert worden. Reiffensteins Zeichnung zeigt deutlich, dass der dachartige Aufbau über dem Nordtor gedeckt war. Im Bereich der Mauer selbst lässt sich ein gedeckter Mauerabschluss zwar nicht nachweisen, da sich keine Ziegel mehr in situ befinden - und wohl bereits 1862 heruntergefallen waren – er ist jedoch höchst wahrscheinlich.

Bereits seit der Antike, und heute immer noch üblich, werden Mauern mit einem Ziegelaufbau abgeschlossen um das Eindringen von Feuchtigkeit in das Mauerwerk zu verhindern.

Noch dazu erschwert ein dachartiger Mauerabschluss das Erklimmen einer Mauer erheblich und stellt ein außerordentlich dekoratives Element dar. An allen Mauerfüßen finden sich sowohl Ziegel- als auch Schieferbruchreste, so dass die Mauerdeckung sowohl als auch gedeckt gewesen sein könnte.

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Da sich vereinzelt auch Putzreste an den Mauerzügen befinden könnten die Mauern – passend zum Rest des Gebäudes – durchaus auch farbig gefasst und mit Schiefer gedeckt gewesen sein. An der stehenden Substanz lässt sich das originale Aussehen nicht rekonstruieren, da die Mauer immer wieder, über Jahrhunderte hinweg, ausgebessert wurde. Die jüngsten, modernen Ausbesserungen wurden mit Putz vorgenommen und der vorgefundene Bestand wurde jeweils stabilisiert und ergänzt bzw. begradigt.35 Dabei wurden gerade auch die Mauerabschlüsse funktional neu versiegelt um einem weiteren Verfall des Mauerwerkes entgegen zu wirken. Dabei wurde teilweise – besonders am nördlichen und südlichen Mauerzug – auch der dreieckige Mauerabschluss wieder hergestellt, jedoch ohne aufgesetzter Verziegel- bzw. Verschieferung (vgl.

Abbildung 16a und Abbildung 20b).

In direkter Nachbarschaft zur Johannisberger Klause und ebenfalls am Elsterbach gelegen36 befindet sich die Ankermühle, welche heute als Restaurant und Hotel (mit Weingut) genutzt wird. Durchaus vergleichbar in ihrer historischen Nutzung als Mühle und Wirtschaftsbetrieb, findet sich hier eine fast identische Eingangskonstruktion wie bei der Johannisberger Klause (im Hintergrund ebenfalls das Schloss Johannisberg. Vgl. Abbildung 9, Seite 4). Gleichwie auf der Zeichnung von Reiffenstein präsentiert sich hier die verschieferte Verdachung des Mauerabschlusses über dem Eingangstor sowie die Schieferdeckung der an diese anstehende Mauer. Auch hier ist die Mauer, gleich dem Gebäude, verputzt und farbig gefasst, wobei sich ebenso frei stehende Mauern und Gebäudemauern in ihrer Gelände abschließenden Funktion abwechseln.

Das Nordtor – Die Hauptzufahrt

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Genau nach Norden – zum Johannisberg hin – befindet sich die Hauptzufahrt zum Klausengelände (vgl. Abbildung 19 + Abbildung 20). Es handelt sich hierbei um eine massive, bollwerksartige Konstruktion von fast sieben Metern Breite. Der Grundriss der Anlage (Abbildung 19) veranschaulicht die Proportionen der Steinmassen im Vergleich zur Toröffnung. Während ein fast vier Meter breites, schanzenartig abgetrepptes Steingefüge das Haupttor in westlicher Richtung (zum Hauptbau hin) aufnimmt, ist das fortifikatorische Pendant auf der Ostseite (zum „Weinberg“ hin) „nur“ ca. 1.25 m breit. Diese Steinmassen nehmen ein rundbogiges profiliertes Sandsteintor auf, welches sich exakt gleichmäßig auf einer Breite und einer Höhe von 3,30 m öffnet (Abbildung 20a).

Abbildung 19 : Grundriss des Nordtores

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Obwohl das Sandsteinportal auf den ersten Blick relativ schlicht wirkt, so zeigt es doch durch seine sensible Aufmaßung und Ausgestaltung einige Raffinesse. Den Stilmitteln eines einfachen romanischen Portals folgend, schließt das Portal nach vorne hin mit einem schönen halbrunden Wulst ab und wird mittig durch akzentuierende Kämpfersteine gegliedert. Dabei befindet sich die Kämpfermitte genau auf der mittleren Torhöhe bei 1,15 m, wobei der Impost selbst die doppelte Breite des Sandsteinbogens einnimmt und sowohl farbig als auch vom Steinschnitt her akzentuiert hervortritt. Drei weitere Sandsteinsegmente auf jeder Seite und ein Schlussstein bilden den Rundbogen. Reiffensteins Zeichnung (Abbildung 17) lassen einen akzentuierten, hervor kragenden Bogenabschluss vermuten; der obere Torabschluss wurde jedoch modern und funktional begradigt und ausgebessert wobei auch die Reste des Toraufbaus entfernt wurden.

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abbildung 20 a, b und c: Hauptzufahrt zur Johannisberger Klause

a) Ansicht von Norden, von außen

Aufgrund der Kämpferhöhe in der Mitte des Tores, sprich in einer Proportion 1:1 charakterisiert sich die Toröffnung eindeutig als Zugang zu einem Wirtschaftsbetrieb. Bei repräsentativen Toröffnungen befinden sich die Kämpfer in der Regel auf Höhe des oberen Tordrittels in einer Proportion von 1:2. Bei Wirtschaftstoren hingegen, insbesondere bei historischen Scheunentoren findet sich häufig die Proportion 1:1 um die Öffnung für Heuwagen o.ä. geräumig zu machen.

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Die Innenansicht des Hauptportales hingegen (Abbildung 20 b) ist sehr schlicht, schmucklos und funktional gehalten. Massive Strebepfeiler, welche sich bis auf Mauerhöhe aufrichten, flankieren und stabilisieren dort die Toröffnung, welche in ihrem oberen Bereich mit modernen Backsteinen aufgemauert wurde.

b) Toransicht von innen

Heute ist der Hauptzugang mit einem großen, stabilen Holztor verschlossen um weiterem Vandalismus (s.u.) vorzubeugen.

Von innen sind außerdem im unteren Bereich des Torbogens weitere Sandsteinreste sichtbar, welche auf ein ursprünglich breiteres Sandsteinportal schließen lassen. Mehrere große Sandsteinstücke, welche mutmaßlich zum Originalportal gehörten, wurden ferner als Spolien bei den Ausbesserungsarbeiten im Torbereich verbaut.

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Nähere Erwähnung verdient der schanzenartige Charakter des Eingangsbereiches, welcher besonders von der Ostansicht her prägnant ist. Mit starkem Verteidigungscharakter präsentiert sich ein Mauerverbund aus dicken Abgrenzungs- und Strebepfeilern. Eine durchaus vergleichbare Anlage stellt die Mapper Schanze dar. Sie befindet sich unweit der Johannisberger Klause (per Luftlinie nur 8 km entfernt) c) Ansicht von Ostern und ebenfalls in der Gemarkung

Oestrich-Winkel gelegen (Abbildung 21).

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Sie gehörte ursprünglich zur Verteidigungsanlage des Rheingauer Gebücks (s.o.) und wurde im Jahr 1494 errichtet. Auch wenn es sicherlich nicht die Absicht war, den Eingangsbereich derart zu gestalten um die Klause jemals militärisch verteidigen zu müssen, so ähneln sich doch Konstruktionsart und Form und belegen den gemeinsamen Kulturkreis. Die Tordurchfahrt der Mapper Schanze ist mit einer Breite von 3,20 m fast genauso breit wie das Klausentor und weist auch einen gemauerten Torbogen vor einer gewölbten Durchfahrt auf. Zwar fehlen, im Gegensatz zur Mapper Schanze, bei der Johannisberger Klause jegliche Schießscharten, im Falle eines Falles hätte das Gelände jedoch vom Dach aus verteidigt werden können, welches einen guten Überblick über die Torsituation und den dahinter liegenden Weg bietet (Abbildung 20b).

Alle Einfassungsmauern, welche die Tore aufnehmen, sind aus allerlei unregelmäßigen Feld- und Fundsteinen aufgerichtet und mit einem einfachen Sandmörtel verfugt worden. Bei neuen Errichtungen und Ausbesserungen bediente man sich jeweils an dem vorhandenen Schutt und requirierte daraus das neue Baumaterial. Dem entsprechend unterscheiden sich die Materialzusammensetzungen der einzelnen Mauerstücke stark, was wichtige Hinweise auf ihre zeitliche Chronologie der Errichtung zulässt (

Abbildung 22).37

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Hierbei lässt sich besonders an der Südmauer ein breites Sammelsurium an älteren Baumaterialien beobachten, was eine Errichtung in jüngerer Vergangenheit impliziert. Besonders die Verwendung von Ziegelschutt – welcher in vielen anderen Teilen der Ummauerung fehlt – lässt Rückschlüsse auf vergangene Vorgängerbauten- bzw. Mauer zu.

Abbildung 22 : Mauerwerk der Umfassungsmauer (Detail der südlichen Umfassung; Westmauer des Kelterhauses )

c) Die Nebengebäude

Die intakten und die Reste der vergangenen Klausengebäude Auf dem Klausengelände befinden sich momentan drei intakte Gebäude ganz unterschiedlichen Charakters. Das Hauptgebäude, welches sich wiederum aus drei verschiedenen Gebäudetrakten zusammensetzt,38 das ehemalige Kelterhaus (in manchen Unterlagen auch als „Backhaus“ angesprochen) sowie eine geräumige Scheune. Zwei große Gewölbekeller; einer unter dem Haupthaus und einer an das Kelterhaus anschließend runden das bauliche Ensemble ab.

Zahlreiche Mauer- und Baureste, besonders im südöstlichen Klausenbereich, verweisen auf eine ehemals üppigere Bebauung (vgl. Abbildung 23 a + b).

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Deutlich sind die Reste von mindestens zwei weiteren Gebäuden, bzw. einem Gebäude mit mehreren Gebäudeteilen am inneren Mauerverlauf abzulesen (Abbildung 23). Bei deren Abbruch wurden nur die jeweils südlichen Mauerzüge, welche als Teile der Umfassungsmauern dienten, stehen gelassen, wobei fast der ganze sonstige Rest geschliffen wurde.

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Am unterschiedlichen Boden- und Mauerniveau kann man jedoch Umfang und Form der vergangenen Bausubstanz erahnen.

Abbildung 23 b zeigt im linken Bildrand die intakte, zweigeschossige Scheune, an welche sich drei Mauerzüge unterschiedlicher Höhe und Beschaffenheit anschließen. Während die beiden unteren Anschlussmauern das Standniveau der Scheune beibehalten, steht der obere (in Abbildung 23 rechte) Mauerabschnitt ca. 1,50 m höher an. Allerdings weist dieser höhere Bauabschnitt auch eine Unterkellerung (ohne übergeordnetem Gebäude, vgl. Abbildung 23 a) auf, so dass sich das Gesamtbodenniveau wieder relativiert.

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Der südliche Gewölbekeller

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Die frei stehende Mauer (Abbildung 23 a) nimmt den Kellereingang auf und wurde ausschließlich aufgrund dieses Zweckes nicht niedergelegt.

Die Mauer besteht programmatisch aus unregelmäßigen Feldsteinen wobei das Sandsteinportal in seinem oberen Bereich mit roten Backsteinen eingemauert ist Abbildung 24).

Das Eingangsportal selbst besteht aus feinem rotem Sandstein und wurde sorgfältig bearbeitet. Der heute mit einem einfachen Holztor verschlossene Eingangsbereich ist doppelt profiliert und alle massiven Sandsteinwerkteile sind mit der typisch Schönborn‘schen Riffelung39 versehen. Dabei fällt auf, dass sich die aufwändige Oberflächenbearbeitung nicht nur nach außen (zur Sichtseite) hin findet sondern auch der breite Türstock diese Verzierung aufweist. Ein wichtiger Hinweis daraufhin, dass die Nutzung dieses Kellerraumes weit über die eines reinen Nutzkellers hinausgegangen sind dürfte40.

Am oberen Kellergewölbeeingang sind noch die Reste einer ehemals gemauerten Tonne sichtbar, welche heute nicht mehr existiert. Der Einstieg wurde mit mehreren Betonplatten modern und schmucklos gesichert (Abbildung 23 a und Abbildung 24b).

Auf der Breite des Eingangsbereiches führt eine massive 10-stufige Sandsteintreppe in einen sehr gleichmäßigen, sorgfältig tonnengewölbten Kellerraum, welcher doppelt so lang (10,60 m) wie breit (5,30 m) ist41 (vgl. Abbildung 26).

Die Raumhöhe beträgt mit 2,60 m in etwa die Hälfte der Raumbreite (Abbildung 25). Grobe Putzreste an den Wänden lassen auf einen ehemaligen Verputz des Bruchsteingewölbes schließen.

Generell zeigt dieser Raum zahlreiche Ausbesserungen mit verschiedensten Materialien, was auf eine sehr lange Nutzungsdauer schließen lässt. Hierbei unterscheidet sich jedoch die mutmaßliche Grundsubstanz der verwendeten Steine maßgeblich von der Bausubstanz der anderen Gebäude und Mauern (vgl. Abbildung 27.)

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Auffällig dominieren weiße, kristallin glänzende und schichtig aufgebaute Bruchsteine das innere Kellergewölbe. Diese sind sehr unregelmäßig angeordnet und werden durch auffällig große Mengen Putz zusammengehalten.

Weitere geologische Untersuchungen müssen an dieser Stelle klären, ob es sich um lokale Feldsteine und eine Steinanordnung in situ handelt oder aber ob an dieser Stelle Marmor- bzw. Alabsterartige Steine herangeschafft wurden, welche ursprünglich auf eine andere Art im Keller verbaut waren. Auf jeden Fall lässt die besondere Steinauswahl für diesen Raum auf eine Nutzung des Gewölbes schließen, welche über eine bloße Lagerfunktion hinausgeht.

[...]


1 Der Rheingau-Taunus-Kreis, mit seiner Kreisverwaltung (Kreisstadt) Bad Schwalbach wird dem Regierungsbezirk Darmstadt zugeordnet und entstand im Zuge einer Gebietsreform, wo der Rheingaukreis und der Untertaunuskreis zusammengeschlossen wurden. Eltville ist die größte Stadt im Rheingau bzw. im Rheingau-Taunus-Kreis in Hessen.

2 s. unten Die Weinbergslage

3 Klasse I nach Dünkelberg, Friedrich Wilhelm: „Der nassauische Weinbau“ (1867)

4 s.u. Kap. 1.2.

5 49.995°N (7.983°O)

6 Durch die Weinbergslage „Schloss Johannisberg“ verläuft der 50. nördliche Breitengrad

7 zur möglichen Gründung der Klause vgl. Kapitel 2

8 s.u. Die Weinbergslage

9 die einzige erhaltene Wasserbug im Rheingau

10 die älteste Weinrechnung dort datiert ins Jahr 1211

11 s. Flurkarte Nr. 5913 vom Hessischen Landesvermessungsamt, Ausgabe 1962

12 Dieses Umdenken bezüglich der Gesamtbewirtschaftung des Rheingau zeigt sich beispielsweise im Ersetzen der Weinberge im Bereich des Rüdesheimer Hafens durch eine Auenwaldlandschaft oder der Renaturierung der „Flutgräben Fuchsberg“ (https://www.geisenheim.de/Startseite/Leben-und-Lernen-Bildung/Lokale-Agenda/Arbeitsgruppen/AG-Erlebensraum-Weinberg/E1075.htm , am 16.05.2018)

13 Zu den Verbindungen zwischen Schloss und Kloster Johannisberg und der Johannisberger Klause vgl. Kap. 2.2.

14 Söder, S. 501

15 Es gab bis zu 100 Wassermühlen im Rheingau, die zur Erledigung verschiedener Aufgaben genutzt wurden: Gewürzmühlen, Papiermühlen, Schleifmühlen, Sägemühlen, Lohmühlen und Walkmühlen. Die Getreide- und Schrotmühlen deckten den Bedarf an Mehl, Graupen und Grieß. Die Mühlräder waren meist aus Holz gefertigt und wurden an den Bächen überwiegend von oben mit Wasser versorgt (= oberschlächtige Mühlräder).

16 Ankermühle = 1671 Caspar Buschmans Mühl, eine bürgerliche Mühle, pachtpflichtig dem Kloster Johannisberg. Späterer Besitzer Karl Eiser (seit 1891) Eiser- bzw. Angermühle (architektonische Gemeinsamkeiten mit der Klause; z.B. Schieferdeckung mit Dachgauben, Torbogeneinfahrt (korbbogig erst 18./19. Jh, auch Ummauerung), abgewalmtes Dach. Außerdem: Baugruppe mit rechtwinkelig um einen Hof angeordneten eingeschossigen Wohn- und Wirtschaftsgebäuden eventuell ins 16. Jh. zurückreichend). Getreidemühle bis 1896 [Getreideanbau im Rheingau?? warum wurden die Mühlen um 1900 alle aufgegeben??] Danach gemischte Landwirtschaft mit Schafhaltung; ab 1965 nur Weinbau (vgl. Klaus: südl. Weinstöcke auch ca. 40 Jahre alt).

17 https://www.rheingau.de/wanderwege/muehlenwanderweg2, am 01.07.2018

18 s.u. Die Nebengebäude mit Abbildung 11

19 vgl. Söder S. 878

20 zur Historie des Mühlensystems am Unterlauf des Elsterbaches vgl. Kap. 3.2.

21 Marienthaler Mühle, Schleifmühle Reuss`sche Mühle, Ostermühle, Weihermühle, Elster Mühle, Schamari Mühle, Brückenmühle, Krayer´sche Mühle, Vatter´sche Mühle, Mühle an der Klaus, Anker-Mühle, Weißmühle, Pforzheimer Mühle, Bischofsmühle, Zwickmühle

22 Erste Hinweise auf die Weinwirtschaft in dieser Gemarkung (Winkel) der Familie von Schönborn reichen bis ins Jahr 1349 zurück. Vgl. auch Kap. 3.

23 zur Erwerb der zur Klause dazugehörigen Weinberge durch die Grafen von Schönborn vgl. Kap.3

24 https://www.rheingau.de/wein/weinlagen/johannisberger-klaus (am 12.05.2018)

25 In diesem Zusammenhang sei an das sog. Rheingauer Gebück erinnert, welches 600 Jahre lang, bis zum Ende des 18. Jahrhunderts, das Rheingaugebiet umschloss. Es handelte sich hierbei um eine Grenzbefestigung, bestehend aus Buchen, Eichen und Hainbuchen, welche in wechselnder Höhe über dem Boden abgeschlagen und die neu ausgeschlagenen Zweige kreuz und quer zur Erde ‚gebückt‘ und untereinander verflochten wurden. Brombeer- und Schwarzdornsträucher pflanzten sich von selbst dazwischen, so dass ein bis zu 100 m breites, undurchdringliches Gestrüpp entstand. Das Rheingauer Gebück stand auf den ehemaligen römischen Befestigungensanlagen, welche schon vor 2000 Jahren das Rheingau vor Feinden aus dem Hinterland schützte. Vgl. auch Kap. 2.1.

26 s. unten

27 Söder, S. 878

28 s. vorne mit Abbildung 3

29 hier vom 17.12.2015

30 vgl. hierzu auch Kap. 3, Das 20. Jahrhundert

31 Die praktische, vergleichbare Steinzeugproduktion, zu welcher neben allerhand Geschirr auch die Wasserröhrenproduktion gehörte, blühte besonders um die Mitte des 19. Jahrhunderts herum. Allerdings kann gerade die Stadt Geisenheim mit ihrem beachtlichen Scherbenhügel der Töpfereiwüstung in Dippenhausen (bei Geisenheim – Marienthal) auf eine außerordentlich lange Keramikproduktion zurückblicken, welche wohl bis in die keltische Zeit zurückreicht.

32 Bereits die Römer nutzten die lokalen Sandsteinvorkommen der Region (vgl. z.B. die Römerstraßen in Mainz) und durch alle Jahrhunderte hinweg ist der Sandstein im Rheingau ein äußerst beliebtes Baumaterial. Durch seine günstigen Eigenschaften (Härte, Frostsicherheit und gute Bearbeitungsmöglichkeiten) wurde er gerne auch als dekoratives Element in der Architektur eingesetzt. Gleichwie bei der Johannisberger Klause findet man in der Region den roten Sandstein häufig als Portal, als Torbogen oder als Torpfeiler im Verbund mit Bruch- oder Backsteinen (vgl. hierzu Söder und die Liste der Kulturdenkmäler im Altkreis Rheingau vom Landesamt für Denkmalpflege Hessen.

33 parallel zur Schichtung

34 Scharrierungen rechtwinklig zur Kante kennt man ab der Barockzeit.

35 siehe hierzu auch „ Die Grenzmauern “, Seite 6

36 siehe hierzu auch „ Das Mühlensystem “, Seite 3, mit Abbildung 5

37 vgl. zur Zusammensetzung der Mauerzüge und deren zeitlicher Einordnung auch Kap. 2.1.

38 s.u. Das Hauptgebäude

39 s. oben S. 13

40 vgl. hierzu auch Kap. 2 „Historischer Abriss“ , a) Die Römerzeit

41 Eigene Messungen sowie Messdaten aus den verschiedenen, mir vorliegenden Plänen weichen teilweise voneinander ab, so dass bei der Nennung von Maßangaben jeweils von einem mittleren Wert ausgegangen wird.

Ende der Leseprobe aus 145 Seiten

Details

Titel
Die Johannisberger Klause St. Georg in Oestrich Winkel im Rheingau
Autor
Jahr
2019
Seiten
145
Katalognummer
V961439
ISBN (eBook)
9783346321930
ISBN (Buch)
9783346321947
Sprache
Deutsch
Anmerkungen
Diese Arbeit entstand im Zuge der Erneuerung des Dachwerks der Johannisberger Klause St. Georg in Oestrich Winkel. Es handelt sich dabei um eine Forschungsarbeit zur Baugeschichte des Gebäudes und zur Erforschung des Standortes.
Schlagworte
Rheingau, Schönborn, Nonnen, Klause, St. Georg, Johannisberg, Hildegard von Bingen, Geisenheim, Hattenheim, Wein, Weinberg, Riesling, Spätburgunder, Graf von Schönborn, Benediktinerinnen, Elsterbach, Mühle, Disibodenberg, Kapelle, Kelterhaus, Kloster, Kläuserweg, Römer, Mithras, Rheingrafen, Sandstein, Georg von Schönborn, Gewölbekeller, Nassau, Schiefer, Architektur, Baugeschichte
Arbeit zitieren
Angela Nusser (Autor:in), 2019, Die Johannisberger Klause St. Georg in Oestrich Winkel im Rheingau, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/961439

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