Eine der größten Fragen der Weltgeschichte ist wohl, wie es trotz einer gleichen theologischen Wurzel, trotz Bildung und Zusammenleben sein kann, dass Judentum und Christentum sich über Jahrtausende hinweg mit einer vernichtenden Feindlichkeit gegenüberstehen. Das Phänomen des Antijudaismus ist bei Weitem keine mittelalterliche Problematik und ist selbst mit dem Holocaust des 20. Jahrhunderts nicht beendigt.
In Hinblick auf die Fragestellung, wie der latente Judenhass damals an das mittelalterliche Volk transportiert wurde, werden nach einer Einordnung der historischen Begebenheiten, Schriftzeugnisse der christlichen Kirche Gegenstand dieser Arbeit sein, um diese auf antisemitische Aussagen zu untersuchen.
Wo auch immer eine Doktrin verkündet wird, entsteht ein Raum für Divergenzen. Während die antiken Religionen, selbst noch in den großen Fragen zu Gott, Tod und Jenseits, eine Heterogenität zugelassen haben, ist das Christentum eine monotheistische Religion mit dem Glauben an einen Gott als eine Trinität aus Vater, Sohn und dem Heiligen Geist. In dem Anspruch nach Absolutheit erwächst im Mittelalter die Problematik der Häresie. Die Annahme der damaligen Zeit, dass der durch Jesus Christi gestiftete „Neue Bund“ mit dem Menschen den „Alten Bund“ zwischen Gott und dem Volk Israel ablöse, impliziert sogleich, dass das Christentum die neue Zeit darstelle und der Christ als neuer Mensch den alten überwunden habe. In den Augen der Katholiken stellt demnach das Christentum durch seine Überwindung des Judentums eine Erneuerung dar. Dieser Renovatio-Gedanke reproduziert somit das Bild des Juden als „Alten Menschen“, der weder Überwindung noch Erneuerung erfahren hat. Aus seiner Verweigerung heraus, den Neuen Bund mit Jesus Christus anzuerkennen, wurde der Jude der geborene Feind des Christentums. Das Mittelalter und insbesondere das späte Mittelalter war geprägt von antijudaistischen Gesinnungen und Pogromwellen, die über Jahrhunderte weg den Tod vieler Juden forderte.
Inhaltsverzeichnis
- I. Einleitung
- II. Aggression & Duldung des Judentums im Mittelalter
- i. Stereotypen und Vorurteile über den Juden
- III. Wie wird Antisemitismus in mittelalterlichen Schriftstücken kommuniziert?
- i. Die Predigten Bertholds von Regenburg
- ii. Die Deggendorfer Gnad
- IV. Fazit
Zielsetzung und Themenschwerpunkte
Die Arbeit untersucht die Vermittlung antijudaistischer Positionen in mittelalterlichen Schriftnachweisen. Sie beleuchtet die historische Entwicklung des Verhältnisses zwischen Christen und Juden im Mittelalter und analysiert, wie antisemitische Einstellungen in Predigten und anderen schriftlichen Quellen zum Ausdruck gebracht werden.
- Die historische Entwicklung des Verhältnisses zwischen Christen und Juden im Mittelalter
- Die Entstehung und Verbreitung von Stereotypen und Vorurteilen gegenüber Juden
- Die Rolle der Kirche in der Förderung und Verbreitung antijudaistischer Einstellungen
- Die Analyse von antisemitischen Aussagen in mittelalterlichen Schriftstücken
- Die Darstellung von antisemitischen Praktiken und ihrer Auswirkungen auf die jüdische Bevölkerung
Zusammenfassung der Kapitel
I. Einleitung
Die Einleitung führt in die Thematik der Arbeit ein und beleuchtet die Problematik der Häresie im Mittelalter. Sie stellt die Position des Christentums als „neuer Bund“ gegenüber dem „Alten Bund“ des Judentums dar und erläutert, wie diese Sichtweise zur Entwicklung des antijüdischen Denkens beitrug.
II. Aggression & Duldung des Judentums im Mittelalter
Dieses Kapitel analysiert die komplexe Beziehung zwischen Christen und Juden im Mittelalter. Es beleuchtet die wechselseitige Abhängigkeit und die Herausforderungen des Zusammenlebens sowie die steigende Judenfeindlichkeit, die durch Vorurteile und ökonomische Konflikte verstärkt wurde.
III. Wie wird Antisemitismus in mittelalterlichen Schriftstücken kommuniziert?
Das Kapitel befasst sich mit der Analyse von antisemitischen Aussagen in schriftlichen Quellen des Mittelalters. Es untersucht insbesondere die Predigten Bertholds von Regensburg und die Deggendorfer Gnad, um zu zeigen, wie antijüdische Positionen vermittelt und verbreitet wurden.
Schlüsselwörter
Antisemitismus, Mittelalter, Christentum, Judentum, Häresie, Predigten, Schriftzeugnisse, Stereotype, Vorurteile, Pogrome, Judenverfolgung, Brunnenvergiftungen, Wucher, Bettelorden, Dominikaner, Franziskaner, Talmud, Laterankonzil
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- Antonia Tremel (Author), 2019, Die Vermittlung antijudaistischer Positionen in mittelalterlichen Schriftnachweisen, Munich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/975374