Traumforschung


Seminararbeit, 2000

23 Seiten


Leseprobe


INHALTSVERZEICHNIS

Moderne Traumforschung
Einleitung
Von Freud bis in die Gegenwart
Im Schlaflabor
Klassifikation der Schlafstadien
An Introduction to Sleep Stages
Stage 1 sleep [Drowsiness]
Stage 2 sleep [Light Sleep]
Stage 3 sleep [Deep Sleep]
Stage 4 sleep [Very deep sleep]
REM sleep
REM - Schlaf
Ergebnisse der Traumforschung

Der Klartraum
Was ist ein Klartraum?
Ergebnisse der Klartraumforschung

Ausblick
Die Geheimnisse der Traumwelt
Literaturverzeichnis

MODERNE TRAUMFORSCHUNG

Die Stadt lacht wie ein Meer ein wilder Stoß, schon lange her

viel zu viel vielleicht war die letzte Zeit

den Schlüssel zur Nacht begraben nur genommen, was wir schon haben nur genannt, was wir schon nennen nur gesehen, was wir schon kennen so träum ich...

- Jan Plewka (1996)

Einleitung

Vor 100 Jahren hat Sigmund Freud mit der Veröffentlichung seines Buches ,,Die Traumdeutung" den Weg für die moderne Traumforschung geebnet. Seit diesen Tagen hat sich in der Erforschung der Traumwelt heftig etwas getan. Es wurde viel Grundlagenforschung betrieben und so weiß man heute so einiges über die physiologischen Vorgänge, die den Traum begleiten. Ebenfalls hat man sich viele Gedanken darüber gemacht, wann wir den jetzt eigentlich während der Nacht träumen und warum träumen wir eigentlich? Gerade in jüngerer Zeit hat sich eine ganz neue Art der Traumforschung eröffnet: die Klartraumforschung. In dieser Hausarbeit werde ich versuchen all diese Themengebiete aufzugreifen. Dabei werde ich zuerst ein wenig auf die Geschichte der Traumforschung eingehen. Danach erläutere ich die physiologischen Faktoren, die den Schlaf und den Traum begleiten. In diesem Zusammenhang werde ich auf die Debatte eingehen, wann wir denn jetzt eigentlich träumen. Schließlich lege ich einen weiteren Schwerpunkt auf die Klartraumforschung. Dabei versuche ich den Begriff des Klarträumens zu erklären, um anschließend einige aktuelle Forschungsergebnisse näher zu beschreiben. In einem Ausblick werde ich die Zukunft der Traumforschung evaluieren.

Von Freud bis in die Gegenwart

Im Jahre 1900 veröffentlicht Freud sein damals recht ungeachtetes Buch ,,Die Traumdeutung", schon bald wurde diesem Buch mehr Aufmerksamkeit geschenkt. Freuds Hypothese, dass der Traum eine Wunscherfüllung sei, und die angesammelten Beispiele und Argumentationen in dem Buch, sollten reichlich Stoff für die spätere Traumforschung liefern. Obwohl heutzutage in immer kürzeren Intervallen eine neurophysiologische Theorie die andere ablöst, wäre es ungerecht, die Freudsche Traumtheorie hundert Jahre nach ihrer Entstehung aus der Sicht der Neurophysiologie von heute zu zerpflücken. Allerdings kann man mit Recht behaupten, dass die moderne Neurophysiologie die Freudsche Theorie des Traummechanismus nicht bestätigen kann (Jouvet, 1994, S.132).

Nachdem sich der Traum in der Wissenschaft nach Freud immer mehr etabliert hatte, war es nur noch eine Frage der Zeit, bis man Menschen in Labors schlafen lässt und mit objektiven Messapparaturen untersuchen würde. 1929 zeichnete der Physiologe Berger erstmals Gehirnwellen bei schlafenden Patienten auf. 1936 entdeckte Loomis, dass mit zunehmender Schlaftiefe die Frequenz der Gehirnwellen immer mehr abnahm (Hoster, 1997). ,,Die Entdeckung, die die Schlafforschung jedoch wirklich revolutionierte, nämlich die des REM - Schlafes [engl. für ,,Rapid Eye Movement", siehe Abschnitt ,,Klassifikation der Schlafstadien"], wurde 1953 in Nathaniel Kleitmans Labor von einem jungen Doktoranden mit Namen Eugene Aserinsky gemacht" (Lavie, 1997, S. 38). Nathaniel Kleitman ist einer der Pioniere der modernen Schlafforschung und mit seinem Buch ,,Sleep and Wakefulness" legte er den Grundstein der modernen Schlaf - und Traumforschung. In seinem Schlaflabor in Chicago führte er unzählige Versuche an schlafenden Versuchspersonen durch und zeichnete standardmäßig physiologische Faktoren an ihnen auf. So war es nur noch eine Zeitfrage, bis man in diesem Labor die wiederkehrenden schnellen Augenbewegungen an schlafenden Menschen beobachten würde. Nachdem man gezielt Menschen aus diesen Phasen aufweckte und man feststellen musste, dass sich die meisten von ihnen daraufhin an einen lebhaften Traum erinnern konnten, war man sich sicher, endlich ein physiologisches Korrelat für den Traum gefunden zu haben. ,,In einem 1953 in der ZeitschriftScienceveröffentlichten Beitrag, der zum Eckpfeiler der modernen Schlafforschung wurde, nannte Aserinsky und Kleitman diese Art Schlaf den REM - Schlaf... . Heute ist der REM - Schlaf auch unter mehreren anderen Namen bekannt - »Traumschlaf«, »paradoxer Schlaf« und »aktiver Schlaf« - ..." (Lavie, 1997, S. 39).

In den darauffolgenden Jahren widmete man sich vermehrt den physiologischen Faktoren, die den Schlaf und den Traum begleiten. 1957 beschreiben William Dement und Nathaniel Kleitman die erste Form eines Hypnogramms (Schlafprofil eines Menschen über eine Nacht hinweg) mit phasischen Wechseln von Non - REM und REM - Schlafstadien. William Dement, der sich immer noch begeistert dem Thema Schlaf und Traum an der Stanford Universität in Kalifornien widmet, forscht nun seit über 40 Jahren an den Geheimnissen des Schlafes. 1972 veröffentlicht er sein legendäres Buch ,,Some Must Watch While Some Must Sleep" in dem er über seine Erkenntnisse aus seiner Schlafforschung berichtet. Ein weiterer Wissenschaftler, der in keinem Überblick fehlen sollte, ist Michel Jouvet. Er arbeitet seit langer Zeit an der Universität Lyon und untersucht dort vor allem neurophysiologische Vorgänge im Gehirn von schlafenden Tieren.

Die moderne Traumforschung ist vielfältiger als je zuvor. Aus allen möglichen Perspektiven betrachtet man das Phänomen Traum und versucht seinen Geheimnissen auf die Spur zu kommen. Die Klartraumforschung ist wohl in der jüngsten Zeit eine der interessantesten Wege sich dem Traum zu nähern. Im Klartraum ist sich der Träumende der Tatsache bewusst, dass er träumt und kann dadurch das Traumgeschehen aktiv beeinflussen (Im späteren Abschnitt ,,der Klartraum" werde ich genauer auf dieses Phänomen eingehen). Diese Art des Träumens, die man auch luzides Träumen nennt, wird schon in früheren Schriften beschrieben, allerdings erst im Jahre 1980 im Schlaflabor von Stephen LaBerge an der Stanford Universität nachgewiesen. Die Möglichkeit, der träumenden Versuchsperson Aufgaben zu stellen, die sie dann im Traum bewältigt, öffnet eine ganz neue Sichtweise den Traum zu erforschen, nämlich aus einer ,,ersten Person Perspektive". Zuletzt möchte ich Paul Tholey erwähnen, der sich bis zu seinem Tode im letzten Jahr dem Thema Klarträumen hingegeben hat und viel zu der Erforschung der Traumwelt beitragen konnte.

Es wären noch viele ausgezeichnete und auf keinen Fall minder nennenswerte Schlaf - und Traumforscher aufzuzählen. Jedoch möchte ich mit diesem Stand des Überblicks diesen Abschnitt beenden. Im nachfolgenden Teil werden ich die physiologischen Faktoren näher beschreiben, die den Schlaf und Traum begleiten. Dazu sollte ein Blick in ein Schlaflabor weiterhelfen, denn dort werden standardmäßig all diese Merkmale aufgezeichnet. Es mag ein wenig umfangreich erscheinen, die physiologischen Vorgänge der gesamten Nacht zu beschreiben, allerdings ist die Diskussion ,wann träumen wir eigentlich?' immer noch eine sehr aktuelle. Um in dieser Debatte Missverständnisse vorzubeugen, hielt ich es für angebracht, sämtliche Schlafstadien aufzuführen.

Im Schlaflabor

In einem Schlaflabor werden je nach Interesse unzählige von physiologischen Merkmalen aufgezeichnet, z.B. Atmungsfrequenz, Puls, Hautwiderstand usw. Was allerdings in jedem Labor standardisiert aufgezeichnet wird sind die Gehirnströme (Elektroenzephalographie), der Muskeltonus (Elektromyographie) und schließlich die Augenbewegung (Elektrookulogram).

An Hand dieser Merkmale kann der Schlaf in verschiedene Stadien kategorisiert werden. Die nachfolgende Abbildung soll verdeutlichen, wo die verschiedenen Merkmale am Kopf des Menschen gemessen werden und zeigt gleichzeitig eine typische Kennlinie des jeweiligen Merkmals.

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Anhand der verschiedenen Stromkurven lassen sich verschiedene Schlafstadien definieren. Die verschiedenen Frequenzen des Electroencephalograms (EEG) spielen dabei eine entscheidende Rolle. Ich werde deshalb zuerst auf die entsprechenden Frequenzbereiche des EEG's eingehen.

Man unterscheidet im EEG vier verschiedene Frequenzintervalle, die mit griechischen Buchstaben gekennzeichnet werden:

- Delta - Aktivität · unter 3,5 Hz; für gewöhnlich 0,1 - 3,5 Hz: Wird im Tiefschlaf gemessen.
- Theta - Aktivität · 4 - 7,5 Hz: Werden hauptsächlich an Kindern gemessen, aber auch während des Schlafes. Ihr Ursprung wird im Thalamus vermutet.
- Alpha - Aktivität · 8 - 13 Hz: Entsteht während entspannter Wachsamkeit und geschlossenen Augen, mit den größten Amplituden, über dem okzipitalen Hirnbereich.
- Beta - Aktivität · größer 13 Hz; für gewöhnlich 14 - 40 Hz: Wird am deutlichsten über dem paritalen und frontalen Hirnlappen gemessen. Entsteht bei mentaler Aktivität.
- Spindeln · 11 - 15 Hz: Von kurzer Dauer (ca. 1 Sekunde). Ursprung im frontalen Hirnlappen.
- K - Komplex: Besteht aus einer scharfen, großen Amplitude und einer anschließenden spindelähnlichen Verlaufsform. Ursprung über dem zentralen und frontalen Hirnbereich.

Diese Einteilung der Frequenzbereiche des EEG's kann nur einen winzigen Einblick von dem geben, was hinter der Electroencephalographie steckt. Die Frequenzeinteilungen beziehen sich auf den Text von Niedermeyer (1987a, 1987b), den ich für weiterführende Information über das EEG empfehlen kann. Abbildung 2 zeigt noch einmal die typische Morphologie des jeweiligen Frequenzbandes:

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Klassifikation der Schlafstadien

Die Identifikation von den verschiedenen Schlafstadien richtet sich nach speziellen Kriterien, die erstmals weitverbreitet von Loomis et al. im Jahre 1937 vorgeschlagen wurden. 1957 löst die um den REM - Schlaf erweiterte Klassifikation von Dement und Kleitmann die Einteilung von Loomis ab. Die Unterteilung des Schlafes in vier Schlafstadien (1-4) und den REM - Stadium ist auch heute noch, wenn auch mit kleinen Abwandlungen, die international anerkannteste Klassifikation der Schlafstadien (Niedermeyer, 1984b). Die nachfolgenden Kriterien stammen aus ,, A Manual for Polysomnography (PSG) Technicians" der ,,Stanford University School of Medicine" (1980). Ich habe sie mit Begriffen von Dement und Kleitmanns Klassifikation von 1957 in eckigen Klammern ergänzt.

An Introduction to Sleep Stages

Although individual variations are marked, the following information can serve as a guideline for sleep stage identification. The Rechtschaffen and Kales (1968) manual should be the ultimate source of all your sleep stages scoring criteria.

Stage 1 sleep [Drowsiness]

...ordinarily intervenes between wakefulness and other sleep stages. In most normal subjects, the duration of stage 1 sleep rarely exceeds several minutes. Slow, rolling eye movements often occur during stage 1 sleep. Stage 1 sleep also frequently occurs after large body movements. The EEG of stage 1 sleep is characterized by relatively low amplitude, mixed frequency activity. [alpha dropout]. Vertex sharp waves may appear late in a period of stage 1 sleep. Stage 1 sleep may interrupt a REM period.

Stage 2 sleep [Light Sleep]

...is characterized by sleep spindles and k complexes. No eye movements are usually seen in stage 2 sleep (although slow eye movements are occasionally present). Late in the night, periods of stage 2 sleep may last upwards of one hour and alternate with REM periods. Stage 2 sleep may also appear as interrupts of REM sleep.

Stage 3 sleep [Deep Sleep]

...is generally a transitional sleep stage with somewhat arbitrary criteria for its determination. It is often a transition stage between stage 2 and stage 4 early in the night. In later portions of the night, stage 3 occur in the NREM portion of the sleep cycle in the absence of stage 4. The criterion for scoring stage 3 sleep is the occurrence in the EEG of 20 - 50 % high amplitude (75 _V or greater) slow (2 cps or slower) waves.

Stage 4 sleep [Very deep sleep]

...is characterized by a predominance (greater than 50 %) of high amplitude slow waves. In most subjects under normal conditions stage 4 is seen chiefly in the first third of the night.

REM sleep

...occurs in relatively discrete periods throughout the night, ranging in length from less than a minute (early in the night) to over 30 minutes (late in the night) In normal adults, the first REM period usually occurs about 1000 minutes after sleep onset, although individual variation is great. On the first night the subject is in the lab, the first REM period will often missed. REM sleep is characterized by relatively low voltage, mixed frequency EEG [Desynchronized with faster frequency EEG], bursts of rapid eye movements, and low amplitude EMG. Vivid dreaming will be reported from an average of 4 out of 5 awakenings from this state.

Die nachfolgende Abbildung zeigt noch einmal die 4 Schlafstadien und das REM - Stadium. An Hand der charakteristischen Stromkurven soll noch einmal verdeutlicht werden, wie sich die Frequenzen und Amplituden der einzelnen Merkmale über die verschiedenen Stadien hinweg verändern. Das Stadium, welches uns später noch mehr interessieren wird, ist der REM - Schlaf, da in ihm anscheinend übermäßig oft Träume berichtet werden.

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abbildung 3 - Schlafstadien. Die Schlafstadien werden aus Stromkurven bestimmt, die vom Gehirn, den Augen und den Muskeln abgeleitet werden. Mit zunehmender Vertiefung des Non - REM - Schlafes (von Stadium 1 bis Stadium 4) werden die Hirnstromkurven (EEG) größer und langsamer, wobei die Muskelspannung (EMG) abnimmt (Borbély, 1998).

Zeichnet man die Stromkurven der drei physiologischen Faktoren über die gesamte Nacht hinweg auf, so wird man feststellen, dass Non - REM - Schlaf und REM - Schlaf in Abständen von ca. 90 Minuten zyklisch aufeinanderfolgen. Tiefschlaf (Stadium 3 und 4) tritt häufig nur in den ersten zwei Zyklen auf. REM - Schlaf - Episoden werden in der zweiten Hälfte der Nacht typischerweise länger. Pro Nacht durchschläft man, je nach Schlafdauer, bis zu sechs dieser Zyklen. Üblicherweise wird der Verlauf der Schlaftiefe in einem Hypnogramm abgebildet, so wie es in Abbildung 4 zu sehen ist (Borbély, 1998).

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abbildung 4 - Das Schlafprofil einer ganzen Nacht, wie es gewöhnlich aufgezeichnet wird Nach dem Einschlafen gelangt man über Stadium 2 in den Tiefschlaf (Stadium 3 und 4). Nach etwas mehr als einer Stunde tritt die erste REM - Schlafepisode auf (Borbély, 1998).

REM - Schlaf

Es ist an der Zeit sich mit dem REM - Schlaf genauer auseinander zusetzen. Fassen wir noch einmal die drei entscheidenden Faktoren, die das REM - Stadium definieren, zusammen:

- EEG - Aktivität entspricht dem Schlafstadium 1.
- EOG - schnelle Augenbewegungen werden registriert.
- EMG - Muskeltonus verschwindet · Schlaflähmung.

Da der REM - Schlaf ein grundlegend anderer Schlaftyp ist als der Non - REM - Schlaf, ist er zwischen Stadium 1 und Wachsein eingeordnet. ,,Obwohl das EEG im REM - Schlaf jenem im Einschlafstadium 1 entspricht, schläft man doch tief. Der REM - Schlaf wird daher oft auch als ,,paradoxer Schlaf" bezeichnet" (Borbély, 1999, Kap. 2). Die Gesamtzeit des REM - Schlafes für eine Nacht beträgt ca. 90 Minuten, sie ist natürlich stark von der Gesamtschlafzeit abhängig. Interessant wird es nun, wenn man Versuchspersonen gezielt aus verschiedenen Schlafstadien aufweckt und sie unmittelbar nach dem Erwachen mit der standardisierten Frage konfrontiert: ,,Was ist Dir durch den Kopf gegangen, bevor ich dich geweckt habe?". Versuchspersonen, die aus dem REM - Stadium geweckt wurden erinnerten sich zu 80 bis 85% an einen lebhaften Traum und konnten klar und ausführlich über ihn berichten (Lavie, 1997, S.92). Der REM - Schlaf scheint also ein direktes Korrelat für die Träume darzustellen. Seit den ersten Veröffentlichungen dieser Beobachtung wurde diese Annahme jedoch immer wieder stark kritisiert, vor allem deswegen, weil Versuchspersonen auch aus anderen Schlafstadien einen Traumbericht erstatten konnten. Zwar waren diese in der Regel kürzer und nicht so detailgetreu wie REM - Träume, aber eine Gleichsetzung von REMschlaf = Traumschlaf wollten einige Wissenschaftler nicht mehr so stehen lassen (Strauch, 1992, 1999).

In einer Untersuchung, in der Berichte aus dem REM - Schlaf und dem Schlafstadium 2 verglichen wurden, zeigte sich, dass sie sich in ihrem Wesen stark unterschieden.

Versuchspersonen, die aus einem anderen Schlaf als den REM - Schlaf erwachten, schilderten in den meisten Fällen ihre Gedanken beziehungsweise Fragmente von Gedanken und Ideen.

Dagegen zeichneten sich die Berichte über den REM - Schlaf in der Regel durch die Entwicklung einer Handlung und ein Übermaß an Details und Gefühlen aus. ,,Diese Beobachtungen wurden von einigen Forschern dafür gewertet, dass der Bewusstseinsstrom niemals abreißt. Das Gehirn ist in allen Stadien des Schlafens und Wachens kognitiv tätig." (Lavie, 1997, S.96).

Ob man Träume von Gedanken während des Schlafes unterscheiden kann, bleibt ein phänomenologisches Problem. Allerdings gibt es einige Plausibilitätsgründe dafür, ausschließlich die REM - Schlaf Erlebnisse als Träume zu bezeichnen und alle anderen Berichte, aus anderen Schlafstadien, als Gedanken einzustufen.

Der zwingenste Grund dafür ist, dass während der REM - Phase der Körper des Träumenden total gelähmt ist. Eine Tatsache, die uns daran hindert, den phänomenologisch erlebten Geschehnissen tatsächlich 'nachzugehen'. In einem genialen Experiment von Michel Jovet an Katzen ist es ihm gelungen, den für die Muskelatonie verantwortlichen Bereich im Stammhirn, durch gezielte Läsionen zu zerstören. Dieser Eingriff führte dazu, dass man ,,den ganzen Reichtum des Traumverhaltens zu Gesicht bekommt" (Jovet, 1994, S. 78) Nach dem die Katze in den paradoxen Schlaf eingetreten war, zeigten sie sichtbare Verhaltensweisen, die sehr wahrscheinlich dem Traumverhalten folgten: ,,Die Katze scheint mit Kopf und Augen einem imaginären, vor ihr im Raum sich bewegenden Gegenstand zu folgen. Aber das Tier sieht nicht im eigentlichen Sinne. Mann kann sich in dieser Form von ,Blindheit' vergewissern, in dem man es auf verschiedene Weise reizt: Keine dieser Reizungen verursacht eine Verfolgungsreaktion." (Jovet, 1994, S. 78). Das ausagieren der Träume ist auch beim Menschen bekannt. Unter Schlafstörungen findet man das Schneck - Syndrom (Ausagieren der Träume), das Zähneknirschen oder Bettnässen. Alle drei Schlafstörungen ereignen sich während des REM - Stadiums. Der Patient kann für gewöhnlich seine tatsächliche Handlung mit einer Traumhandlung in Einklang bringen. Im Gegensatz dazu findet das Phänomen des Schlafwandelns hauptsächlich im Schlafstadium 3 oder 4 statt und für die Handlung des Patienten besteht eine Amnesie (Lund & Clarenbach, 1992).

Diese Beobachtungen sprechen dafür, dass das Erleben eines Traumes, während der REM - Phase, von einer ganz anderen Qualität sein muss, als die kognitive Aktivität während den anderen Schlafstadien. Während ich in diesem Moment über eine Bewegung nachdenken kann, sie aber nicht tatsächlich ausführe, ist es im REM - Schlaf so, dass diese Bewegung tatsächlich (in der Traumwelt) stattfindet. Im Stammhirn bewirkt allerdings eine Neuronengruppe mit ihrer Aktivität ,,eine Haltungsatonie durch Hemmung der Motoneuronen des Rückenmarks" (Jouvet, 1994, S. 75). Dieser Mechanismus, der ausschließlich im REM - Schlaf stattfindet, spricht dafür, dass es sich während den verschiedenen Schlafstadien, um zwei verschiedene kortikale Aktivitäten handeln muss - eben um den Traum im REM - Schlaf und den ,,Gedanken" während dem Rest der Nacht.

Ein weiterer Punkt der dafür spricht, dass die Berichte, die während den Schlafstadien 1 - 4 erstattet werden, nicht als Träume, sondern als ,,Gedanken" bezeichnet werden sollten, ist das Klarträumen. Das Klarträumen wurde bisher nur in REM - Phasen nachgewiesen. Dass das Klarträumen auch tatsächlich während den REM - Phasen stattgefunden hatte, wurde genauestens überprüft. Würden nämlich nicht alle drei physiologischen Kriterien des REM - Schlafes erfüllt sein, könnte man die bewusste Manipulation des Experiments, wegen der fehlenden Muskelatonie, niemals ausschließen (Auf die genannte Untersuchung gehe ich im Abschnitt ,,der Klartraum" ein). In einem Klartraum erlebt der Träumer bewusst das Traumgeschehen und kann aktiv in seinen Traum eingreifen. Jeder, der einen Klartraum erlebt hat, wird versichern, dass diese virtuelle Welt nicht durch bloße Vorstellungskraft simuliert werden kann. Auch hier scheinen sich die Qualitäten der beiden Erlebnisse deutlich zu unterscheiden, was wiederum dafür spricht, dass diese beiden Vorgänge unterschiedlich bezeichnet werden sollten.

Trotz dieser qualitativen Unterschiede sehen einige Forscher den Unterschied zwischen NREM und REM Berichten nur in einer quantitativen Art (Strauch, 1999, S. 554). Um dieser Debatte aus dem Weg zu gehen benutzen viele Autoren den Begriff der NREM und REM Träume, ein Kompromiss, der mir ein wenig unglücklich erscheint, da dadurch zwei verschiedene Vorgänge leicht miteinander verwechselt werden können. Auf der anderen Seite wäre es auch nicht ganz korrekt, die nächtlichen kortikalen Vorgänge in den Schlafstadien 1 - 4, einfach als ,,Gedanken" zu bezeichnen. Man wird wohl zukünftige Ergebnisse abwarten müssen, um schärfere Definition zu erhalten. Damit möchte ich die Diskussion jetzt ruhen lassen und zu einigen Forschungsergebnissen der Traumforschung überleiten.

Ergebnisse der Traumforschung

Bevor ich mich dem Abschnitt über die Klarträume zuwende, werde ich zunächst noch kurz auf einige Forschungsergebnisse der Traumforschung eingehen. Dabei wird man feststellen, dass man schnell an methodische Grenzen stößt, wenn man die Traumwelt nur dadurch erforscht, indem man die Versuchspersonen im nachhinein über ihrer Träume befragt. Ein Weg aus diesem Dilemma ermöglicht die Klartraumforschung, wie wir noch sehen werden. Zunächst aber einige Ergebnisse, die Inge Strauch zusammengetragen hat.

Das Erste was man feststellen wird, wenn man Versuchspersonen gezielt aus REM - Phasen weckt und sie nach ihren Träumen befragt ist, dass die Laborträume ,,viel kürzer, weniger »seltsam« und inhaltsärmer" sind, als spontan zu Hause erinnerte Träume (Lavie, 1997, S. 93). Inge Strauch (1999) wertete in einer Untersuchung 500 REM - Träume junger Erwachsener auf der Dimension realistisch - phantastisch aus. Die Auswertung der Träume ergab, ,,dass am häufigsten die Realität erfinderisch abgewandelt war (53,3%), an zweiter Stelle kamen wirklichkeitsgetreue Ausgestaltungen (28,6%) und erst an letzter Stelle Träume mit phantastischen Elemente (18%)" (Strauch, 1999, S. 551).

Weiterhin stellt sie fest, dass Träume zwar durch visuelle Eindrücke dominiert werden, fragt man allerdings genauer nach, dann erfährt man, dass auch akustische Eindrücke und Körperempfindungen ebenso häufig vorkommen. Ebenso kann man durch Befragung der Träumer erfahren, dass ein ausgewogenes Verhältnis von positiven und negativen Befindlichkeiten in Träumen vorherrschen. Gefühle der Freude, Ärger, Angst und Interesse kamen in der Auswertung am Häufigsten vor.

All diese Ergebnisse, die Inge Strauch in ihrem Artikel ,,Traumforschung heute" unter ,,Phänomenologie des Schlaferlebens" zusammenfasst, haben den Nachteil, dass man die Träumer immer nur im nachhinein auf ihre Erlebnisse hin befragen kann. Ein Nachteil, der sich auch in den ,,Ergebnissen zu psychophysologischen Korrelaten" manifestiert. So gesteht sie zu Beginn dieses Abschnittes: ,,Die zahlreichen Experimente, die durchgeführt wurden, um physiologische Korrelate für das Traumgeschehne zu finden, führten gesamthaft zu eher bescheidenen Resultaten." (Strauch, 1999, S. 553).

Z.B. hat man versucht festzustellen, ob ein Zusammenhang zwischen den schnellen Augenbewegungen, welche das EOG aufzeichnet, und der tatsächlichen Blickbewegung im Traum besteht. Einen Zusammenhang kann man nur dann feststellen, wenn die aufgezeichnete Traumaugenbewegung mit der Traumgeschichte übereinstimmen würde. Das mit Abstand überzeugendste Beispiel dafür ist wohl der ,,Pingpong" -Traum, den Dement aufzeichnen konnte. In der Aufzeichnung waren eine Serie von links - rechts Augenbewegungen zu sehen, nachdem die Versuchperson geweckt wurde, berichtet sie, dass sie gerade einem Tischtennisspiel zugeschaut hatte und den Ball einige Sekunden lang von einer zur anderen Seite verfolgte (Lavie, 1997, S. 114). Solche Beispiele, die dafür sprechen, dass die aufgezeichnete Augenbewegung der Blickbewegung im Traum entspricht, kann man entgegenhalten, dass man auch bei blinden Menschen vereinzelte Augenbewegungen während der REM - Phase aufzeichnen kann. Außerdem weisen neu geborene Babys einen großen Anteil an REM - Schlaf auf. Dieser Anteil kann zwischen 50 - 60% des Gesamtschlafes ausmachen. Es wäre ungewöhnlich zu behaupten, dass die Babys in den ersten Tagen ihres Lebens schon so viel in ihren Träumen umherschauen würden. Neugeborene Kätzchen, die in den ersten Tagen nach der Geburt ihre Augen nicht einmal geöffnet haben, weisen einen REM - Schlaf Anteil von 80 - 90% auf. Hierbei kann es sich also bei der aufgezeichneten Augenbewegung auf keinen Fall um eine Blickbewegung im Traum handeln. Besteht nun ein Zusammenhang zwischen der EOG - Aufzeichnung und Blickbewegung im Traum? Die Klartraumforschung wird uns diese Frage im nächsten Abschnitt beantworten.

Zum Schluss dieses Abschnitts möchte ich noch eine andere Frage aufwerfen, welche den Traumforschern einige Jahre lang Kopfzerbrechen bereitet hatte: ,,Wie schnell können wir einen Traum träumen und wie lange dauern Träume?" (LaBerge, 1991, S. 91). Eingeleitet wurde diese Diskussion durch einen Traum, der von Alfred Maury, ein Pionier der Traumforschung seiner Zeit, im 19. Jahrhundert, erinnert wurde. ,,Er träumte von der Schreckensherrschaft zur Zeit der (französischen) Revolution, machte greuliche Mordszenen mit und wurde dann endlich selbst vor den Gerichtshof zitiert (und verurteilt)... Er steigt aufs Schafott, der Scharfrichter bindet ihn aufs Brett; es kippt um; das Messer der Guillotine fällt herab: er fühlt, wie sein Haupt vom Rumpf getrennt wird, wacht in der entsetzlichen Angst auf - und findet, dass der Bettaufsatz herabgefallen war und seine Halswirbel, wirklich ähnlich wie das Messer der Guillotine, getroffen hatte" (Freud, 1999, S. 43). Maury schloss daraus, dass der Brettaufsatz, diesen doch immerhin recht langen Traum, ausgelöst hatte. Der Traum musste dann innerhalb eines Augenblicks abgelaufen sein. Die Theorie, dass nur in der kurzen Zeit des Erwachens geträumt wird, ist auch in der modernen Traumforschung von einigen renommierten Traumforschern aufgegriffen worden. .Es handelt sich dabei also nicht um eine veraltete Ansicht (LaBerge, 1991, S. 91). William Dement setzte sich ebenfalls mit diesem Problem auseinander und versuchte sich der Antwort systematisch zu nähern. Er weckte Versuchspersonen nach 5 Minuten REM - Schlaf Aktivität und lies sie dann schätzen, wie lange ihr Traum angedauert hätte. Die meisten Probanden gaben durchgängig die richtige Zeitspanne an. Diese Untersuchungen scheinen der Augenblickstheorie zu widersprechen.

,,Allerdings beweisen sie nicht, dass Traumzeit und ,wirkliche Zeit' identisch sind" (LaBerge, 1991, S. 91). Wie wir im nächsten Abschnitt sehen werden, kann man mit Hilfe von Klarträumen die subjektive Traumdauer unmittelbar und problemlos messen.

Im nachfolgenden Teil der Hausarbeit werde ich mich nun mit dem Klartraum gezielt auseinander setzen. Dabei werde ich zu Beginn des Abschnitts darauf eingehen, was ein Klartraum ist. Dann werde ich beschreiben, wie es gelungen ist den Klartraum im Labor nachzuweisen. Im Anschluss daran werde ich aktuelle Forschungsergebnisse präsentieren, welche unter anderem, ebenfalls Antworten auf die beiden zuvor aufgestellten Probleme zur Blickbewegung und Traumdauer geben werden.

DER KLARTRAUM

"Of course you can quit! Quit anything you want,

if you change your mind about doing it. You can quit breathing if you want to."

- Donald Shimoda

Was ist ein Klartraum?

"As I wandered through a high - vaulted corridor deep within a mighty citadel, I paused to admire the magnificent architecture. Somehow the contemplation of these majestic surroundings stimulated the realization that I wasdreaming!In the light of my lucid consciousness, the already impressive splendor of the castle appeared even more of a marvel, and with great excitement I began to explore the imaginary reality of my `castle in the air.' Walking down the hall, I could feel the cold hardness of the stones beneath my feet and hear the echo of my steps. Every element of this enchanting spectacle seemed real - in spite of the fact that I remained perfectly aware it was all a dream!" (LaBerge, 1985, S. 1).

Dieses Beispiel eines Klartraums von Stephen LaBerge spiegelt das wieder, was einen Klartraum auszeichnet. In einem Klartraum oder luziden Traum ist sich der Träumende der Tatsache bewusst, dass er träumt. Durch diese Kenntnis erlebt der Träumende seinen Traum, während das Traumgeschehen fortschreitet. Er kann auf die Traumhandlung Einfluss nehmen und die Geschehnisse manipulieren, genau so, wie er die Vorgänge im wachen Zustand beeinflussen kann. ,,Man fühlt sich in solchen Träumen im Besitz seiner normalen Verstandes - und Willensfunktionen und hat dabei eine klare Erinnerung an das Wachleben. Es gibt Klarträume, die sich im Hinblick auf die Erscheinungsweise von Körper - Ich und Umgebung überhaupt nicht von der Wachwirklichkeit unterscheiden" (Tholey, 1980, S. 175). Noch eine weitere Definition, die den Klartraum mit etwas anderen Worten umschreibt: ,,Luzide Träume sind solche, bei denen der Träumende sich bewußt wird, daß er träumt. Indem er das erkennt, verändert sich der Charakter des Traumes und hält solange an, wie der Träumende sich seines Zustandes bewußt bleibt. Ein luzider Traum unterscheidet sich in mehrfacher Hinsicht von einem gewöhnlichen: Er kann außerordentlich realistisch sein und dem Träumenden eine äußerst überzeugende Nachbildung seines wachen Daseins bieten; seine emotionale Tonlage ist oftmals positiv, manchmal bis hinauf zu einer ausgesprochenen Hochstimmung" (Green & McCreery, 1998, S. 13).

Die Paradoxie, dass man während des Schlafes wach sein kann oder besser gesagt, dass es möglich ist, einen Traum bewusst zu erleben, scheint für die meisten Menschen einen solchen Widerspruch darzustellen, dass sie dieses Phänomen schlicht ignorieren. Nur so ist es zu erklären, dass die Klarträume eine so lange Zeit unbeachtet geblieben sind. Erst Ende der siebziger Jahre haben sich es Forscher zur Aufgabe gemacht, den Klartraum im Labor nachzuweisen. Keith Hearne und Stephen LaBerge gelang es ungefähr zur selben Zeit, völlig unabhängig voneinander, den Beweis zu erbringen, dass es sich beim Klarträumen um ein tatsächliches Phänomen handelt. Beide verwendeten die gleiche Strategie, um dies zu tun.

Wenn der Träumer in seinem Traum tatsächlich bei vollem Bewusstsein ist, sollte es ihm möglich sein, auf irgendeine Art und Weise dies der Außenwelt mitzuteilen. Wie wir bereits wissen ist der Körper während der REM - Phase vollkommen gelähmt und von daher ungeeignet irgendwelche Informationen zu übermitteln. ,,Die Muskellähmung des Körpers kennt ganz offensichtlich eine Ausnahme: Die Augen sind während des REM - Schlafes uneingeschränkt beweglich. Schließlich haben die schnellen Augenbewegungen dieser Schlafphase ihren Namen gegeben" (LaBerge, 1991, S. 78). Wie wir bereits aus dem vorherigen Abschnitt wissen, haben einige Untersuchungen schon die Vermutung geäußert, dass die aufgezeichnete Augenbewegung in Verbindung mit der Blickbewegung im Traum steht. Würde man nun einen Klarträumer instruieren, dass er eine vorher vereinbarte Augenbewegung während seines Traums durchführt und man dieses Blickverhalten im EOG wiederfinden würde, wäre ein Beweis dafür geliefert, dass das Klarträumen tatsächlich existiert. Genau das haben diese beiden Forscher im Schlaflabor durchgeführt. Hearne und LaBerge kamen dabei zu den gleichen positiven Ergebnissen. Deutlich waren in ihren Schlafaufzeichnungen die vorher genau vereinbarten Augenmuster wiederzufinden (LaBerge, 1991, Kap. 3) Inzwischen sind unzählige dieser Experimente durchgeführt worden und es besteht kein Zweifel, dass es für einen Menschen möglich ist, aus seinen Träumen heraus, mit der Außenwelt zu kommunizieren. Dabei dienen die Augenbewegungsmuster, üblicherweise eine deutlich links - rechts - links - rechts (LRLR) Augenbewegung, als Information darüber, dass der Träumende erkannt hat, dass er träumt, dass er mit einer bestimmten Aufgabe in seinen Träumen anfängt, oder mit ihr aufhört. Im Sommer letzten Jahres hatte ich das Glück ein viermonatiges Praktikum in Stephen LaBerge´s Schlaflabor durchzuführen. Während dieser Zeit haben wir über 40 Klarträume aufgezeichnet.. Die nachfolgende Aufzeichnung stammt aus dieser Zeit:

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abbildung 5 - EEG, EOG und EMG Aufzeichnungen einer REM - Phase. Es sind drei der 29 Kanäle des EEGs abgebildet. Das EOG ist in horizontale (HEOG) und vertikale (VEOG) Augenbewegung aufgeteilt. Das EMG ist am Kinn des Probanden abgeleitet. Die schnellen Augenbewegungen des Träumenden sind deutlich zu erkennen. Diese Aufzeichnungen stammen aus Stephen LaBerge´s Schlaflabor in Stanford (1999).

In Abbildung 5 befindet sich der Proband deutlich in einer REM - Phase, wie man es an der Aufzeichnung leicht erkennen kann. In der nachfolgende Abbildung sieht man die gleiche Aufzeichnung desselben Traums, jedoch zu einem etwas späteren Zeitpunkt. Inzwischen hat der Träumer erkannt, dass er sich in einem Traum befindet. Mit einem deutlichen LRLR Augenbewegung markiert er seinen Zustand in der Aufzeichnung. Die nachfolgende LRLR Augenbewegung signalisiert, dass der Träumer mit einer Aufgabe begonnen hat. Das dritte Signal bedeutet das Ende der Aufgabe. In diesem Fall war es die Aufgabe des Träumers seine rechte Hand, während des Intervalls, zu öffnen und zu schließen.

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abbildung 6 - Der selbe Traum im luziden Zustand. Drei deutliche LRLR Augenbewegungen heben sich aus dem vertikalen EOG ab. Ausschläge nach oben entsprechen einer Augenbewegung nach links. Ausschläge nach unten entsprechen einer Augenbewegung nach rechts.

Es ist zu erwarten, dass es mit dem Klarträumen relativ einfach sein sollte, physiologische Korrelate zwischen Traumerleben und schlafendem Körper nachzuweisen. Über ein paar dieser Experimente möchte ich im nächsten Abschnitt berichten.

Ergebnisse der Klartraumforschung

Die oben angeführten Fragestellungen können jetzt mit Hilfe der Klartraumforschung einfach beantwortet werden. Die Frage nach der Blickbewegung im Traum und der aufgezeichneten Augenbewegung war eine notwendig Voraussetzung dafür, dass man das Klarträumen überhaupt nachweisen konnte. Man kann also mit Gewissheit behaupt, dass die Blickrichtung im Traum mit der EOG Aufzeichnung tatsächlich korreliert. Die Beobachtung an blinden Menschen und Babys weisen allerdings darauf hin, dass sich eine andere Art von Augenbewegungen in der Aufzeichnung überlagern. Man weiß heute, dass während des Traumschlafes zwei Arten von Augenbewegungen stattfinden: einzelne, isolierte Bewegungen und Bewegungsgruppen. Die Bewegungsgruppen von Augenbewegungen stehen dabei in Zusammenhang mit der Blickrichtung im Traum. ,,Die Vermutung über die Rolle der Einzelaugenbewegungen lautet, daß sie mit dem Prozeß der Informationsrückgewinnung aus dem Datenspeicher des Gehirns in Verbindung stehen, um die Traumgeschichte aufbauen zu können" (Lavie, 1997, S. 116). Die einzelne Augenbewegung können wir bei einer wachen Person wiederfinden, wenn wir ihr eine Frage stellen, bei der sie sich an ein Bild erinnern muß. Der Erinnerungsprozeß ist dabei von einer Augenbewegung begleitet. Aus diesen Beobachtungen schließt man, dass vereinzelte Augenbewegungen im Traum mit dem ,,Prozeß der Informationsrückgewinnung oder der Verarbeitung dieser Information in Verbindung steht, um den Traum aufbauen zu können" (Lavie, 1997, S. 116). Weitere Untersuchungen sollten in diesem Bereich unternommen werden, um diese Vermutungen zu stärken.

In der obigen Abbildungen ist eigentlich schon die Frage beantwortet, wie lange Träume andauern. Die Aufzeichnung verdeutlicht, dass die Idee des Augenblicktraums verworfen werden muss. Man kann die tatsächlich verstreichende Zeit sogar genau bestimmen, indem man einem Klarträumer folgende Instruktion gibt: Markiere den Beginn eines Intervalls mit der LRLR Augenbewegung, dann zähle bis auf 10 und mache erneut eine LRLR Augenbewegung, um das Ende des Intervalls zu markieren. Die Zeitintervalle, die von den Träumern in den Experimenten geschätzt wurden, entsprachen denen, die sie im Wachen schätzten (LaBerge, 1991, S. 93). Wie der Traum des Alfred Maury jetzt tatsächlich interpretiert werden soll, bleibt allerdings unbeantwortet. Maury beschäftigte sich zu seiner Zeit hauptsächlich mit hypnagogen Einschlafbildern, welche traumähnliche Bilder sind, die während des Einschlafens entstehen. Informationen aus der Außenwelt werden viel leichter in diese Traumhandlungen mit einbezogen, als es bei REM - Schlaf Träumen der Fall ist.

Ebenfalls werden sie stark von den Gedanken vor dem Einschlafen beeinflusst. Wahrscheinlich ist dort eine Antwort zu suchen, wie der Guillotinentraum von Maury in einer solchen kurzen Zeitspanne entstanden ist.

In Stephen LaBerge's Schlaflabor wurden noch mehr und werden noch immer Versuche durchgeführt, um weitere Korrelate zwischen der Traumwelt und der wirklichen Welt zu finden.. Wie in den oben angeführten zwei Beispielen konnten auch die weiteren Experimente viel dazu beitragen, die Traumwelt ein wenig mehr zu entschlüsseln. An dieser Stelle könnte man nun beginnen über all die faszinierenden Untersuchungen, Ergebnisse und neue Fragestellungen, die sich aus dem Klarträumen heraus ergeben, zu berichten. Dies ist allerdings Stoff für eine neue Hausarbeit und ich will damit zum letzten Abschnitt meiner Hausarbeit überleiten, indem ich kurz einen Ausblick in die moderne Traumforschung geben werde.

AUSBLICK

,,Einst träumte Dschuang Dschou, dass er ein Schmetterling sei, ein flatternder Schmetterling, der sich wohl glücklich fühlte und nichts wußte von Dschuang Dschou.

Nun weiß ich nicht, ob Dschuang Dschou geträumt hat, dass er ein Schmetterling sei, oder ob der Schmetterling geträumt hat, dass er Dschuang Dschou sei, obwohl doch zwischen Dschuang Dschou und dem Schmetterlingsicher ein Unterschied ist" - Schmetterlingstraum des Dschuang Dschou

Die Geheimnisse der Traumwelt

Gut 100 Jahre nach Freud's Veröffentlichung seines Buches ,,die Traumdeutung" kann man mit Recht behaupten, dass man viele Geheimnisse des Traums gelüftet hat. Und trotzdem bleibt der Traum eines der größten Geheimnisse der Nachtseite des Bewusstseins. Michel Jouvet, der sich nun seit über 30 Jahren der Erforschung des Traums hingibt, musste sich, auf einem Symposium für ,,Bewusstsein und Traum" in Wien, eingestehen, dass er keine vernünftige Erklären dafür habe, warum wir eigentlich träumen. Diese Worte von einem der bedeutendsten Traumforschern unserer Zeit zu hören macht einen nachdenklich. Auch William Dement erklärt ,,ziemlich entmutigt: ,Wenn es wirklich wahr ist, dass der REM - Schlaf keine für das Leben und die Anpassung entscheidende Rolle spielt, kommen wir zu dem unvermeidlichen Schluß, daß der REM - Schlaf einer der grandiosesten Irrtümer der Evolution ist'" (Lavie, 1997, S. 183).

Aber genau diese unlösbaren Rätsel haben den Menschen ja schon immer fasziniert und so bin auch ich der Überzeugung, dass wir in den nächsten 100 Jahren, viel neues über den Traum erfahren werden und vielleicht auch seinem größten Geheimnis auf die Spur kommen - nämlich welche Funktion verbirgt sich hinter den nächtlichen Traumaktivitäten.

Die Klartraumforschung könnte bei diesen Fragen eine wichtige Rolle spielen. Denn in dem Zustand des luziden Traums, kann man die Traumwelt aus einer einzigartigen Perspektive erforschen. Dem Träumer ist es möglich die virtuelle Welt zu erkunden und hat dabei die Möglichkeit mit der Außenwelt zu kommunizieren. Eines der größten Probleme, die sich allerdings der Klartraumforschung in den Weg stellt, ist die Ignoranz. Wenn in einem Überblicksartikel aus dem Jahre 1999, die aktuelle Traumforschung dargestellt wird und in diesem Artikel die Klartraumforschung mit keinem Wort erwähnt ist, dann kann man sich vorstellen, mit welchem Desinteresse auf die Klartraumforschung eingegangen wird. Anstatt dessen wird die Problematik der psychophysiologischen Korrelate als nahezu unlösbar thematisiert, wobei die Untersuchungen von LaBerge, die meisten dieser Korrelate, wie z.B. die Augenbewegung, schon längst nachgewiesen wurden. Diese Unachtsamkeit ist dabei nicht auf Unwissenheit zurückzuführen, ein Vorwurf, der für einen Forscher schon schlimm genug wäre, sondern schlicht und einfach darauf, dass man das Klarträumen ignoriert. Die Klartraumforscher arbeiten daran Techniken zu finden, um das bewusste Träumen einfacher zugänglich zu machen, möglicherweise ein hoffnungsvoller Schritt Richtung Zukunft für die Klartraumforschung.

Literaturverzeichnis

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STUFF und Unerklärliches

Wie gelangt man von einem normalen Traum in einen Klartraum?

There are different techniques to gain clarity in your dreams. In brief, I'll describe two of the most famous techniques to induce lucid dreams. The first one is the "reflection technique" form Paul Tholey. Paul Tholey is the leading scientist in this area in Germany. Second, I will take a closer look at Stephen LaBerge's technique. Stephen LaBerge is the director of the Lucidity Institute in San Francisco. He introduced the "MILD - technique (Mnemonic Induction of Lucid dreams)" and the "dream light".

Die Reflexionstechnik (THOLEY)

Man versucht eine kritisch - refelektierende Einstellung aufzubauen, in dem man sich am Tage mehrmals die Frage stellt, ob man wacht oder träumt. Diese Einstellung überträgt sich irgendwann auch auf den Traum.

,,Ich spielte in der Küche Basketball mit anderen mir fremden Personen, bis es mir sehr eigentümlich vorkam, daß man in unserer Küche Basketball spielen kann" Dieser Gedanke reichte aus, um das Bewußtsein im Traum zu erlangen.

Paul Tholey gibt drei Faktoren an welche für die Herbeiführung von Klarträumen verantwortlich zu sein scheinen:

der Faktor der Häufigkeit

der Faktor der zeitlichen Nähe der Faktor der Ähnlichkeit

Dies bedeutet, daß man zur Herbeiführung von Klarträumen, die kritische Frage 1. Möglichst häufig, 2. Möglichst noch kurz vor dem Einschlafen und 3. Möglichst in solchen Zuständen oder Situationen stellen soll, die eine große Ähnlichkeit mit dem Traumerlebnissen besitzen (näheres siehe THOLEY 1980 oder auch zu weiterführenden Techniken THOLEY 1984) The information about the reflection technique given above should be enough to understand Tholeys basic thoughts to cause lucid dream. Paul Tholey arranged a 10-rule plan to induce lucid dreams for more information I recommend (Tholey, 1983 & 1984).

MILD (Mnemonic Induction of Lucid Dreams)

When Stephen LaBerge started to investigate lucid dreams he had begun with the idea of using a sort of autosuggestion. For example: "Tonight I will have a lucid dream". Basically you create a mnemonic advice when you're awake and find this hint later in your dream world.

"MILD involves using visualization to see yourself in a dream recognizing that you are dreaming - to help remind yourself to do something, i.e. realize you are dreaming, in your next dream period. The procedure is to wake up from a dream and using that same dream you just awakened from, visualize yourself back in the dream, see yourself becoming lucid, and tell yourself: "Next time I'm dreaming, I want to recognize I'm dreaming." I found that with practice when I used this technique I was able to have lucid dreams on any night I wished."(LaBerge, 1984)

There are several problems with all conventional techniques to induce lucid dreams (LaBerge). To solve these problems we need another technique which guarantees a high rate of lucid dreams during the night.

Dream Light

As a matter of principle, we need an observer who stays the whole night beside the sleeping person to watch his eyes. If the observer detects eye movement, he just has to send back a defined signal to the now dreaming body. LaBerge develops such a device and he calls it the dream light. The dream light is a goggle with a sensor and flashing lights in it. The sensor can register eye movement and if this occurs the lights will start to flash. The dreaming body recognizes the light in his dream and starts to dream lucid.

The Dream Light shows a small, but significant correlation coefficient at about +.10 - it is statistically significant, and a majority of subjects had positive correlation between Dream Light use and lucid dream success. (LaBerge, 1991)

When the dream light was combined with the MILD technique, success in lucid dreaming increased. To get a deeper insight of dreams, lucid dreams, induction of lucid dreams I recommend LaBerge (1984), Tholey (1984) Green (1992). After this short introduction in lucid dreams follows now the application part.

Ende der Leseprobe aus 23 Seiten

Details

Titel
Traumforschung
Hochschule
Ruprecht-Karls-Universität Heidelberg
Veranstaltung
Seminar Raum und Zeit aus der Sicht von Ethnologie und Psychologie
Autor
Jahr
2000
Seiten
23
Katalognummer
V98221
ISBN (eBook)
9783638966726
Dateigröße
537 KB
Sprache
Deutsch
Anmerkungen
Übersicht über Traumforschung mit Schwerpunkt Klartraumforschung
Schlagworte
Traumforschung, Seminar, Raum, Zeit, Sicht, Ethnologie, Psychologie
Arbeit zitieren
Daniel Erlacher (Autor:in), 2000, Traumforschung, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/98221

Kommentare

  • Gast am 13.1.2002

    Wird ja immer besser.

    Kann man auch mehr als fünf Punkte vergeben?
    Ich habe schon einen Kommentar zur früheren Hausarbeit geschrieben.
    Ich muß allerdings gestehen: Ich bin als begeisterter luzider Träumer "etwas" voreingenommen.

    Weiter so!

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Titel: Traumforschung



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