Die krankhafte Erotomanie als Stalking anhand des Romans "Du wirst mich lieben"


Hausarbeit, 2019

18 Seiten, Note: 1,3


Leseprobe


Inhaltsverzeichnis

1. Einleitung

2. Definition
2.1. Stalking
2.2. Manie
2.2.1. Erotomanie

3. Erotomane oder Stalker?
3.1. Joe Goldberg
3.2. Peach Salinger

4. Fazit

5. Quellenverzeichnis

1. Einleitung

Joe Goldberg arbeitet in einem Buchladen in New York City und in dem er auf die junge Studentin und Schriftstellerin Guinevere Beck, kurz Beck, trifft. Nach einer zufälligen Begegnung in der Subway, verabreden sie sich auf ein Date. Später verlieben sie sich und werden ein Paar. Dies scheint der perfekte Einstieg für einen Liebesroman zu sein, jedoch thematisiert der Roman You, 2013 von Carolin Kepnes geschrieben und veröffentlicht, nicht das zufällige romantische Aufeinandertreffen eines potenziellen Liebespaares, sondern die Gefahren von Stalkern.

Auch wenn einzelne Gesten als romantisch und charmant gelten sollen, kommt es oft auf die Gefühle des Gegenübers an. In der Sitcom How I Met Your Mother wurde dieses folgendermaßen satirisch zusammengefasst.

Es gibt einen schmalen Grat zwischen Liebe und Wahnsinn. [...] Für den Fall das beide aufeinander stehen ist eine große romantische Geste okay. [...] Wenn eine Person nicht auf die andere steht, kommt dieselbe Geste Serienkillermäßig rüber. [...] Ob so eine Geste charmant oder beunruhigend ist, hängt davon ab wie du sie aufnimmst. („Die dunkle Seite“ 2013, S:8E:15, 00:02:52 – 00:03:32)

Dies zeigt nicht nur, dass oft die Gefühle einer Person ausschlaggebend sind, ob eine Geste, wie zum Beispiel ein nicht-so-ganz-zufälliges Zusammentreffen als romantisch oder als beängstigend gelten kann, sondern auch dass die Medien ‚Stalking‘ teilweise romantisieren, statt auf die Gefahren hinweise, die von dieser Person ausgehen können.

In dem Roman und der gleichnamigen Netflix-Serie wird aus der Perspektive von Joe Goldberg, einem Buchverkäufer, erzählt, der nach einem Aufeinandertreffen mit Guinevere Beck von ihr besessen ist. Er fängt an ihr nachzustellen, um so alles über sie und ihr Leben in Erfahrung zu bringen und ihr näher zu kommen.

Der Einstieg des Buches vermittelt keine Romantisierung des Stalkings, sondern klärt über die Gefahren auf, die vor allem auch das soziale Netzwerk vergrößert; dies wird anhand der Analyse von Joe Goldberg näher erläutert. Außerdem wird die Gefahr, die von den Tätern ausgeht, dadurch vergrößert, wenn sie unter Realitätsverlust und Wahrnehmungsstörungen leiden. Dies und die Auswirkungen des unbemerkten Stalkings wird in dem Roman, demzufolge auch in dieser Arbeit, thematisiert.

Die Arbeit ist in folgenden Kapiteln aufgeteilt: Zuerst werden Begriffsdefinitionen ausgearbeitet, in der die Unterschiede zwischen ‚Stalking‘ und ‚Erotomanie‘ erarbeitet und erläutert werden, da diese allgemein unbekannt sind. Danach werden zwei der Hauptcharakteren aus dem Roman, Joe Goldberg und die beste Freundin Peach Salinger, anhand dieser Definitionen analysiert und dahingehend ausgewertet, ob diese als Stalker oder Erotomanen bestimmt werden können. In einem kurzen Fazit soll danach beantwortet werden, welcher der beiden Charaktere die größere Gefahr darstellt, indem die gesammelten Informationen zusammengetragen werden. Weiterhin werden eventuelle Analyseaspekte aufgeführt, die während der Bearbeitung aufgekommen sind.

2. Definition

Bevor die Begriffe ‚Stalking‘ und ‚Erotomanie‘ erläutert werden, muss kurz darauf hingewiesen werden, dass die Arbeit hauptsächlich die Täter analysiert. Aus diesem Grund werden die Auswirkungen dieser Übergriffe auf das Opfer nicht im Detail beschrieben.

2.1. Stalking

Der Begriff Stalking kommt aus dem Englischem ‚to stalk‘ und stammt aus der Jägersprache: er bedeutet das heranpirschen an ein Tier, ohne bemerkt zu werden (Aul, S.38). ‚Stalking‘ wird oft im Zusammenhang mit Fans gebracht, die Prominenten auflauern. Der Begriff wird dadurch jedoch selbst verharmlost, indem Stalker auf diese Weise als etwas Seltenes dargestellt werden; die Reduzierung auf das Prominentenstalking gibt ein fälschliches Bild, da diese nur ein kleiner Prozentsatz aller Fälle ausmacht (S.39).

Personen, die nicht in der Öffentlichkeit stehen sind der Gefahr eines Stalkers meist hilflos ausgesetzt, da die Fälle entweder nicht ernst genommen werden oder die möglichen finanziellen Mittel zum Schutz fehlen. Abgesehen vom Prominentenstalking, werden von den Medien meist nur Extrembeispiele gezeigt, die den Eindruck verleihen, dass Stalker Fremde seien, „die aus krankhaftem Wahn und mangelnder Realitätsbezogenheit einem anderen Menschen nachstellen“ (S. 57). Bei den Tätern kann es sich jedoch um Ex-Partner, Arbeitskollegen, flüchtige Bekannte, Nachbarn, Kunden oder auch Freunde handeln (S.97). Wichtig dabei ist, dass die Begriffe ‚Opfer‘ und ‚Täters‘ benutzt werden, um der Verharmlosung entgegenzuwirken.

Der Täter hat oft eine obsessive, wiederholte und dauerhafte, meist exzessive Fixierung auf eine bestimmte Person, dabei ist die dauerhafte Episode und wiederholte Handlung ausschlaggebend. Dies kann durch häufiges Kontaktieren des Opfers via Email, Telefon, SMS, Post oder persönlich geschehen (S.68).

Weiterhin wird differenziert zwischen mildes, leichtes, weiches Stalking: Das Opfer wird verfolgt und beobachtet z.B. am Arbeitsplatz oder zur Wohnung, in Extremfällen sogar bis hin zum Urlaubsort; das Sammeln von Informationen ist dabei ausschlaggebend (S.72.). Durch die neu entwickelte Technologie und die bereitwillige Informationsvergabe in sozialen Netzwerken, wird es für die Täter immer unproblematischer an persönliche Daten zu gelangen, auch das illegale Zugreifen auf den Computer ist möglich. Als schweres, hartes, gewalttätiges Stalking wird der Einbruch in die Wohnung, des PKWs etc. und der Diebstahl bezeichnet, sowie Körperverletzung.

In den Vereinigten Staaten wurde 1996 festgelegt, dass das vorsätzliche, böswillige und wiederholte Verfolgen oder Belästigen einer anderen Person, das deren Sicherheit oder die Sicherheit unmittelbarer Familienangehöriger bedroht und beim Opfer Angst oder Furch auslöst, wobei wiederholtes Verfolgen mindestens zweimaliges Verhalten meint. (Bettermann, S.267)

Wichtig bei dieser Definition ist, dass dritte Personen, die dem eigentlichen Opfer nahestehen, einbezogen werden, da diese im Blickfeld des Täters gelangen können und somit auch in Gefahr schweben. Diese sekundären Opfer können auch unter Übergriffen leiden, wie zum Beispiel Einbrüche, Diebstähle, Nachstellen. „Die Böswilligkeit des Täters“ ist jedoch ein fälschlicher Begriff, da diese oft in ihrem „Liebeswahn“ unter Fehlwahrnehmungen leiden und in dem Glauben stehen, dem Opfer einen Gefallen zu tun. Anders als Erotomanen sind Stalker jedoch nicht davon überzeugt, dass ihre Opfer auch in sie verliebt sind. Die Idealisierung der Opfer und Erhebung zu einem unrealistischen, überhöhten Ideal kommt in vielen Fällen vor; in einigen Fällen befindet sich das Opfer in einem höheren oder anerkannteren Status, besseren Beruf, besseres Aussehen etc. Der Täter will aus diesem Grund Macht und Kontrolle über sie ausüben; die Machtdifferenzen, zwischen dem Täter mit niedrigem Selbstwertgefühl und dem höhergestellten Opfer, will der Täter dadurch ausbalancieren (Hoffmann, S.115). Wenn das Opfer jedoch dieses idealisierte Bild nicht mehr nachkommen kann oder der Täter die Situation als Aussichtslos sieht durch die wiederholte Zurückweisung des Opfers, kann es zu Gewaltanwendungen seitens des Täters kommen; Rachegefühle kommen daher häufig auf, die bis hin zum Mord führen können (Aul, S. 81).

2.2. Manie

Mit Manie wird häufig eine Besessenheit oder ein Zwang beschrieben; die Selbstüberschätzung ist eine besonders stark verbreitete Eigenschaft unter den Betroffenen. Die Manie wird als affektive Störung klassifiziert. Manische Episoden sind oft dadurch gekennzeichnet, dass der Betroffene sich zwar gesund, aktiv und besonders leistungsfähig fühlt, jedoch durch auffälliges Verhalten, ständig wechselnde Einfälle und Konzentrationsproblemen seine Mitmenschen belastet. Die Sprunghaftigkeit ist oft gekoppelt mit einem Allmächtigkeitsgefühl, das zu Größenwahn und unsinnigen Geldausgaben führen kann; ein gesteigertes Selbstwertgefühl ist zwischenzeitlich möglich. Weiterhin ist eine Enthemmung in unterschiedlichen Lebensbereichen möglich, wie zum Beispiel sexuelle Taktlosigkeit dem Partner gegenüber oder in der Öffentlichkeit. (Hautzinger, S.20).

Weiterhin benötigen Betroffene, durch eine starke innere Unruhe, wenig bis gar kein Schlaf oder Erholung, ohne sich übermüdet oder ausgelaugt zu fühlen, dennoch ist es möglich, dass die Hochstimmung in Gereiztheit umschlagen kann. Mitmenschen, die z.B. anderer Meinung sind, empfinden die Betroffenen als eine Behinderung und können diesen mit Streitlust oder Aggressivität und Wut entgegenbringen (S.42).

Gefährlich werden diese Episoden, wenn die Betroffenen sich selbst in Größenfantasien überschätzen oder durch exzessive Kaufrausche ihre finanzielle Situation gefährden. Außerdem kann es dazu kommen, dass sie rücksichtslos ihren Mitmenschen gegenübertreten, sowie mangelnde Empathie und eine verminderte Gefahrenwahrnehmung für sich und andere haben.

Im Normalfall haben manische Phasen eine Dauer von ein paar Stunden bis maximal wenige Tage. Jedoch können diese über ein halbes Jahr andauern, falls die manische Störung unbehandelt bleiben. Die Ursachen sind, ähnlich wie auch bei Depressionen, unbekannt.

2.2.1. Erotomanie

Der Erotomane wird oft mit einem Stalker verwechselt, dabei sind diese in einigen Symptomen unterschiedlichen: das Stalking ist ein Verhaltenssyndrom, die mit der obsessiven Fixierung einer Person zusammenhängt, die Erotomanie hingegen ist ein psychiatrisches Syndrom. Auch wenn Erotomanie oft mit Stalking gleichgesetzt wird, ist dies meist nur eine Folge, die mit der Krankheit zusammen auftritt.

Ausschlaggebend beim Erotomanen ist die Fehlbeurteilung der Realität und der Glaube daran, dass sein ausgewähltes Opfer genauso verliebt ist, wie er. Die Idealisierung des Opfers, sowie die romantische Liebe, seelische und sexuelle Verbundenheit kann im Widerspruch zur Wirklichkeit stehen. Er ist davon überzeugt, dass die Person weder Glück noch ganze Größe erreichen kann ohne sein Beisein (Hoffmann, S.115).

Das Liebesobjekt wird als idealisiertes Selbstobjekt benutzt, welches internalisiert wird, um dem eigenen Selbst ein Gefühl von Schönheit, Wert und Selbstachtung zu gewähren. [...] Ein Verlust des Liebesobjektes würde einem Verlust des Selbst gleichkommen. So kann die Symptombildung, die eine pathologische Abwehr ist, als eine Quelle narzisstischer Befriedigung verstanden werden. (Möhr, S. 48)

Der Täter ist oft sozial zurückgehalten und wird eventuell als schüchtern bezeichnet, er hat eine geringe zwischenmenschliche Kompetenz und lebt ein eher zurückgezogenes, isoliertes Leben aus emotionaler Empfindlichkeit, Misstrauen seiner Mitmenschen gegenüber oder ein Gefühl der Überlegenheit heraus; außerdem hat er oft einen geringeren sozialen und gesellschaftlichen Status als das Opfer. Die Manie beginnt oft mit „Gefühlen von Hoffnungen [und] Sehnsucht“ (Hoffmann, S.21) dem ausgewählten Opfer gegenüber, zeigt jedoch eher geringe Zuneigung aus Schüchternheit oder Stolz. Bei Ausbleiben der Gegenliebe beginnt der Erotomane Gefühle von Hass, Erniedrigung, Wut und Aggressionen zu empfinden; die Gewaltbereitschaft gegenüber dem Opfer liegt jedoch bei unter 5% (S.128). Das Verhalten gegenüber dem ‚Liebesobjekt‘ kann fordernder und aggressiver mit der Zeit werden, diese Erotomanie einer Person gegenüber kann Jahre oder Jahrzehnte andauern (S.129).

[...]

Ende der Leseprobe aus 18 Seiten

Details

Titel
Die krankhafte Erotomanie als Stalking anhand des Romans "Du wirst mich lieben"
Hochschule
Universität Paderborn
Note
1,3
Autor
Jahr
2019
Seiten
18
Katalognummer
V983879
ISBN (eBook)
9783346342867
ISBN (Buch)
9783346342874
Sprache
Deutsch
Schlagworte
Deutsche Literatur, You, Du wirst mich lieben, Netflix, Stalker
Arbeit zitieren
Macielle Montoya (Autor:in), 2019, Die krankhafte Erotomanie als Stalking anhand des Romans "Du wirst mich lieben", München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/983879

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