Fledermaus - Das Ortungssystem der Fledermaus


Referat / Aufsatz (Schule), 2000

9 Seiten


Leseprobe


Das Ortungssystem der Fledermaus

Fledermäuse sind nachtaktive Insektenjäger, die über die erstaunliche Fähigkeit verfügen, sich im stockdunklen Terrain zielsicher zurechtzufinden, ohne mit Hindernissen oder anderen Artgenossen zu kollidieren.

Auch ihre Beute - meistens fliegende Insekten - werden von ihnen in absoluter Dunkelheit ausgemacht und gefangen.

Dabei können die Fledermäuse nicht auf ihr schon schlecht entwickeltes Sehorgan zurückgreifen, sondern nutzen ein hochentwickeltes Echoortungssystem - eine Art Sonar.

Die Tiere nutzen dazu ihre Fähigkeit, hochfrequente stark gebündelte Töne auszustoßen, die von einer möglichen Beute oder einem Hindernis reflektiert werden. Dieses Echo "fangen" die Fledermäuse mit ihren Ohren auf und können aus der Rücklaufzeit des Signals (Zeit vom Signalausstoß bis zum Echoempfang) und der Frequenzstärke genau ermitteln, um was für ein Objekt es sich handelt und auf welcher Position es sich befindet.

Die Töne, die die Fledermaus ausstößt, sind außerhalb des menschlichen Hörbereichs, also über 20 kHz (20.000 Schwingungen pro Sekunde) angesiedelt und damit vom menschlichen Gehör nicht wahrnehmbar. Nur mit speziellen Frequenzwandlern können diese Töne hörbzw. auf dem Oszillosgraphen sichtbar gemacht werden.

Wie hochpräzise dieses Ultraschallsystem arbeitet, fanden Forscher in diversen Experimenten heraus: Sie spannten Drähte in einem absolut dunklen Raum und ließen dort verschiedene Arten von Fledermäusen fliegen. Dabei stellten sie fest, daß z.B. die Hufeisennasenfledermaus selbst noch Drähte orten konnte, die einen Durchmesser von nur 0,05 mm hatten.

Die Forscher fanden jedoch auch heraus, daß die Fledermäuse ihre Echoortung in einem ihnen bekannten Terrain "ausschalten" bzw. stark einschränken. Sie "merken" sich also von früheren Flügen die Umgebung und "lernen" die Hindernisanordnung auswendig. In einem Versuch ließen die Wissenschaftler die Tiere zuerst einige Male durch den Dunklen mit Drähten bespannten Raum fliegen: Die Fledermäuse wichen allen Hindernissen aus. Als nächstes stellten die Forscher eine Platte aufrecht mitten in den Raum. Die nun fliegenden Fledermäuse erkannten das Hindernis nicht rechtzeitig und knallten ungebremst dagegen.

Ein Grund für das Abschalten ihres Ultraschallsystems ist wahrscheinlich der ökonomische Grund "Energiesparen". Die Wissenschaftler fanden heraus, daß eine Fledermaus ihren Ortungsstrahl mit oft über 100 dB SPL (Dezibel Schalldruckpegel) ausstoßen. Zum Vergleich: Diese Schallintensität entspricht etwa der Lautstärke eines Preßlufthammers in 1m Entfernung. Um diese extremen Leistungen zu erbringen, muß das Tier viel Energie einsetzen. Dieses Energiesparsystem hat jedoch, wie gesehen, im Extremfall "Irrtümer" und "Unfälle" der Fledermaus zur Folge.

Fledermäuse jagen ausschließlich nachts. Dadurch entgehen sie z.B. der Vogelkonkurrenz, die ja nur tagsüber auf Beutefang ist (Ausnahmen sind hierbei z.B. Uhus oder Eulen, die jedoch in absoluter Dunkelheit nicht jagen können, da sie immer etwas Restlicht benötigen, welches sie dann verstärken können - ähnlich wie bei Katzen). Auch die Konkurrenz verschiedener Fledermausarten untereinander wird weitgehend vermieden, da sich die verschiedenen Arten an spezifische Jagdnischen "angepaßt" haben. Eine Fledermausart jagt z.B. im freien Luftraum, eine andere bevorzugt Wälder, Waldränder oder Bachläufe und wieder andere jagen über freien Wasserflächen (Seen, etc.).

Hufeisennasen arbeiten mit einer Ultraschallfrequenz von ca. 80 kHz (80.000 Schwingungen pro Sekunde). Da die Wellenlänge (= 1 Schwingung) hierbei nur 4 mm groß ist, kann die Fledermaus z.B. flatternde Objekte orten, die nur knapp 2 mm groß sind. Je höher die Lautfrequenz ist, die die Fledermaus verwendet, desto kleiner ist die Wellenlänge, und desto kleiner sind die z.B. flatternden Gegenstände, die noch geortet werden können.

Nachteil hierbei ist jedoch, daß die Reichweite des Rufes mit steigender Lautfrequenz abnimmt. Welche Informationen kann die Fledermaus dem aufgefangenen Echo "entnehmen" ?? Zunächst einmal kann sie die Entfernung des Objektes anhand der Laufzeit (Zeit von der Rufaussendung bis zum Echoempfang) ermitteln. Durch den sogenannten "Dopplereffekt" kann sie zusätzlich noch die relative Geschwindigkeit des Objektes erkennen (kommt das Objekt näher oder entfernt es sich...).

Der Dopplereffekt ist ein physikalisches Phänomen:

Bewegt sich z.B. ein Beutetier auf die Fledermaus zu, so hat die Frequenz des Echos eine höhere Frequenz als der Ultraschallaut, den die Fledermaus ausgesendet hat. Bewegt sich das Beutetier von der Fledermaus weg, so ist die Echofrequenz niedriger als die Frequenz des Ultraschallautes, der von der Fledermaus ausgestoßen wurde. Ein sich näherndes Objekt drückt die Schallwellen zusammen, während ein sich entfernendes Objekt die Schallwellen dehnt, die Frequenz also erniedrigt. Als Beispiel kann man hier eine Beobachtung des täglichen Lebens anführen: Fährt ein Auto auf einen Beobachter zu, so klingt das Motorengeräusch höher als wenn sich das Auto vom Beobachter entfernt - hier klingt das Motorengeräusch tiefer.

Beim Dopplereffekt gibt es eine sogenannte Frequenzverschiebung zwischen der Ausgangsfrequenz und der gemessenen Frequenz des reflektierten Lautes. Vereinfacht kann man hierbei folgende Formel zugrunde legen:

Frequenzverschiebung = gemessene Reflektionsfrequenz - Grundfrequenz

Etwas komplizierter ist die folgende Formel:

Fv = F0(1-v/c)-1

Fv = Frequenzverschiebung

F0 = Ausgangsfrquenz (z.B. 80.000 Hz)

v = Objektgeschwindigkeit (z.B. des Beutetieres) c = Schallgeschwindigkeit (z.B. 330 m/s)

Durch Umstellung der Formel kann nun jeder beliebige Wert berechnet werden. Mit den aufgefangenen Schallwellen kann die Fledermaus auch die horizontale und vertikale Abweichung der Beuteposition von ihrer Position aus ermitteln:

Die horizontale Richtungsabweichung (Beute befindet sich rechts oder links von der Fledermaus) berechnet der Jäger mit dem Laufzeitunterschied des Echos zwischen seinen beiden Ohren.

Kommt das Echo also zuerst am linken Ohr an und dann erst am rechten, so weiß er, daß sich die Beute links von ihm befindet. Wenn man bedenkt, daß zwischen beiden Fledermausohren nur ca. 1,5 cm liegen, so ist das schon eine beachtliche Leistung.

Den vertikalen Abstand (Beute befindet sich unter bzw. über der Fledermaus) des Beutetieres zur Fledermausposition erkennt sie durch sogenannte "Interferenzmuster" der Schallwellen in ihrem Ohr.

Hierbei handelt es sich um folgende physikalische Begebenheit: Treffen z.B. Schallwellen von gleicher Wellenlänge gleichzeitig auf einen Punkt (z.B. das Fledermausohr), so verstärken sie sich; sind sie jedoch genau gegeneinander verschoben, so löschen sie sich gegenseitig aus. Die Fledermaus kann nun feststellen, in welcher Höhe über oder unter ihren Ultraschallauten die stärksten Frequenzen wieder ankommen, in welcher Höhe also die meisten Strahlen reflektiert werden. Aus diesem Frequenzmuster kann sie nun die Höhe des Opfers zu ihrer eigenen Position ermitteln.

Die unterschiedlichen Ortungslaute der Fledermaus

Fledermäuse verwenden zwei verschiedene Lautarten zur Ortung ihrer Beute. Hier wären zuerst die FM-Laute zu erwähnen. FM ist die Abkürzung für "frequency modulated" (· frequenzmoduliert) und bedeutet, daß während des 1 bis 5 Millisekunden dauernden Peillautes der Fledermaus die Frequenz abfällt (z.B. von 80 kHz auf 40 kHz). Im "Normalzustand" stößt die Fledermaus etwa 10 solcher Rufe pro Sekunde aus. Bei Annäherung an eine Beute kann sie jedoch zur besseren Ortung bis zu 100 Laute pro Sekunde aussenden.

Neben den FM-Lauten verwenden die Tiere die sogenannten CF-Laute. CF bedeutet "constant frequency" (· konstantfrequent). Die CF-Pulse bestehen aus nur einer Frequenz, die den gesamten Ruf über konstant bleibt. Physikalisch betrachtet sind diese CF-Laute ein reiner Ton.

Weiterhin gibt es für die Fledermaus die Möglichkeit, die FM- und CF-Laute miteinander zu kombinieren ("CF-FM-Laute"). Dieser Ortungslaut bleibt längere Zeit auf einer Frequenz konstant (· CF-Laut) und fällt dann wie ein FM-Laut frequenzmäßig ab. CF-Laute eignen sich hervorragend zur Lokalisierung von Objekten, da sie aus nur einer Frequenz bestehen und die Fledermaus somit die Frequenzverschiebung des Echos ("Dopplereffekt") besser analysieren kann.

Um aber genaue Informationen über das angepeilte Objekt zu erhalten (Größe, Geschwindigkeit, Abstand, etc.) reicht eine CF-Frequenz nicht aus. Die Fledermaus benötigt hierfür eine größere Frequenzbandbreite. Dies erreicht sie durch die FM-Laute, die einen ganzen Frequenzbereich abdecken.

Fledermäuse variieren beim Beutefang auch die Frequenzhöhe der ausgestoßenen Laute:

Bei größerer Entfernung zum Objekt stoßen sie Laute mit einer geringeren Frequenz aus, da diese durch die Luft nicht allzu stark gebremst werden. Somit können sie Objekte aus großer

Entfernung ausmachen, jedoch nur sehr grob; Feinheiten des Zielobjektes lassen sich damit nicht erkennen. Erst wenn sie sich der Beute genähert haben, "schalten" sie auf Laute mit höherer Frequenz um. Diese Laute haben zwar nur eine sehr geringe Reichweite, bringen der Fledermaus jedoch ein viel detaillierteres Bild des angepeilten Objektes. Zusätzlich verkürzt die Fledermaus bei Beuteannäherung die Länge der ausgestoßenen Laute, erhöht aber gleichzeitig die Ausstoßfolge. Beim FM-Laut kann sie dann bis zu 200, beim CFLaut bis zu 100 Ortungslaute in der Sekunde ausstoßen.

Wie verarbeitet die Fledermaus die von der Beute reflektierten Signale ??

Wie bereits geschildert, erkennt die Fledermaus anhand der Frequenzverschiebung des Echos ("Dopplereffekt"), ob sich ein Objekt auf sie zu oder von ihr weg bewegt. Bei "starren" Objekten, wie z.B. Wänden, ist dies auch unproblematisch. Schwieriger wird es für sie bei fliegenden Insekten. Hier kommt nämlich zur normalen Frequenzverschiebung durch das eigentliche Objekt noch die Flatterbewegung der Flügel hinzu. Die Flügel lösen, je nach Stellung, weitere Frequenzverschiebungen aus, so daß sich diese Dopplereffekte mit anderen Dopplereffekten überlagern und nur ein einziges Echo von der Fledermaus wahrgenommen wird.

Dieser Vorgang ist zur Zeit am Besten bei der Schnurrbartfledermaus erforscht. Diese Fledermausart hat ihren empfindlichsten Hörbereich bei knapp 61 kHz.

Wie kann die Fledermaus nun zwischen einem stationären

(z.B. Wand) und einem fliegenden (z.B. Beutetier) Objekt unterscheiden ??

Um jetzt die Flatterbewegung eines Beutetieres im Echo auszumachen, versucht sie, das Echo durch die sogenannte Dopplereffektkompensation in den Bereich von 61 kHz zu "verschieben". Beispiel: Die Fledermaus sendet ein 61 kHz-Signal aus. Dieses wird vom Objekt reflektiert und von der Fledermaus wieder aufgefangen. Durch den "normalen" Dopplereffekt kann die aufgefangene Frequenz z.B. bei 63 kHz liegen (· Fledermaus und Objekt bewegen sich aufeinander zu). Jetzt verringert die Fledermaus die Frequenz ihres Ortungslautes und versucht damit, das vom Objekt abgestrahlte Echo in den Bereich von 61 bis 61,5 kHz zu bekommen. In diesem Bereich ist ihr Gehör am sensibelsten, und sie kann somit feinste Flattergeräusche im Echo ausmachen. Bemerkenswert hierbei ist noch, daß die Schnurrbartfledermaus zwar im Bereich von 61 bis 61,5 kHz am empfindlichsten, aber schon im Bereich um ca. 59,5 kHz sehr unempfindlich für Frequenzen ist. Dies hat folgenden Grund: Wäre sie auch im Bereich 59,5 kHz frequenzempfindlich, so würde sie mit ihrem eigenen Rufton das zurückgestrahlte Echo des Objektes übertönen - sie würde also nichts orten...

Im Ohr der Schnurrbartfledermaus gelangen sie aufgefangenen Schallwellen an das Trommelfell.

Das Trommelfell wird dadurch in Schwingungen versetzt. Diese Schwingungen werden nun auf die sogenannte "Basilarmembran" weitergeleitet., die hinter dem Trommelfell angebracht ist.

Dort werden die "Haarzellen" - das sind winzige Sinneszellen - stimuliert. Diese Erregung gelangt über das "Spiralganglion" (Hörneuronen im Gleichgewichtsorgan der Fledermaus) und über den Hörnerv ins Gehirn des Tieres. Diese Nervenimpulse müssen nun so geschickt in Nervenaktivität umgesetzt werden, daß im Gehirn alle wesentlichen Informationen aus der Schallwelle - also Amplitude, Frequenz und Zeitverlauf - ankommen und verarbeitet werden können.

Die Hörnervenfasern reagieren z.B. auf die Höhe der Amplitude (Intensität der Schallwellen): Je höher die Amplitude, um so mehr Aktionspotentiale werden von den Neuronen "erzeugt" und immer schneller "abgeschickt". Durch dieses Impulsmuster (Schnelligkeit der Aktionspotentialfolge) kann das Gehirn die Größe der Amplitude berechnen. Für die Ermittlung der Frequenz der Schallreize ist die Basilarmembran im Ohr der Schnurrbartfledermaus verantwortlich: Tiefe Frequenzen, die das Trommelfell erreicht haben, bringen die Basilarmembran dicht am Trommelfell in Schwingungen, während hohe Frequenzen die Basilarmembran erst im hinteren Teil der Ohrschnecke reizen. Auffallend ist, daß die Basilarmembran der Schnurrbartfledermaus im Bereich für Frequenzen zwischen 61 und 61,5 kHz dicker als normal ist. Dies hängt damit zusammen, daß das Tier auf Schallwellen in diesem Frequenzbereich sehr empfindlich reagiert. Zusätzlich sind die Neuronen, die diesen Frequenzbereich abdecken, sehr empfindlich. Im Bereich zwischen 61 und 61,5 kHz hat praktisch jedes Neuron seine eigene Frequenz, auf die es reagiert. Das Nachbarneuron besitzt dementsprechend schon wieder eine leicht andere Frequenz, auf die es reagiert.

Diese höchste Präzision läßt die Fledermaus sogar Frequenzverschiebungen von 0,01% unterscheiden. Dadurch kann sie auch flatternde Beutetiere erkennen, da deren Frequenzverschiebung durch das Flügelflattern meistens größer als 0,01% sind. Durch diese hohe Empfindlichkeit der Neuronen kann die Fledermaus auch die Echos von

Beutetieren oder anderen Objekten vom allgemeinen Hintergrundrauschen unterscheiden.

Die in Nervenimpulse umgesetzten Schallwellen wandern nun über verschiedene Stationen (Endkern des Hörnerves · laterale (seitliche) Schleife · hinteres Vierhügelpaar · mittlerer Kniehöcker) zur Hörrinde des Großhirns. Die Hörrinde ist nun in verschiedene Bereiche aufgeteilt, die jeweils auf verschiedene Reize "antworten": Ein Teil ist nur für bestimmte Frequenzen und Amplituden, ein weiterer nur für Frequenzverschiebungen (Dopplereffekte) und ein dritter nur für das Zeitintervall zwischen Ruf und Echo verantwortlich. Den größten Teil nimmt dabei das DSCF-Areal ein, welches die Frequenzverschiebung des Signals verarbeitet. Das DSCF-Areal nimmt ca. 30% der Hörrinde ein. DSCF ist die Abkürzung für "Doppler-shifted constant frequency".

Auch andere Tiere besitzen solche außergewöhnlich großen Areale, die für bestimmte Sinne zuständig sind: Bei Katzen ist es das Areal, welches die Sehreize verarbeitet, bei Primaten hingegen ist es das Tastsinnareal.

Jedes Neuron in diesem Bereich antwortet auf eine ganz bestimmte Frequenz. Mit der

Antwort eines Neurons werden auch gleichzeitig die benachbarten Neuronen gehemmt. Somit "antwortet" auch wirklich nur das Neuron, welches am stärksten gereizt wurde, wodurch die Reizfrequenz mit höchster Präzision analysiert werden kann.

Die Schnurrbartfledermaus benötigt dieses DSCF-Areal zur Erkennung feinster

Frequenzunterschiede. Ist das DSCF-Areal z.B. zerstört, so kann sie nur noch relativ grobe Frequenzunterschiede analysieren und bekommt große Probleme beim Beutefang.

Wie ermittelt die Fledermaus die Geschwindigkeit ihres "Opfers" ??

Die Schnurrbartfledermaus sendet neben dem Ultraschall von ca. 61 kHz auch ständig ein Grundortungssignal von ca. 30 kHz aus. Dieses Signal kann nur von der diesen Ton aussendenden Fledermaus wahrgenommen werden, da es direkt von den Stimmbändern über Gewebeteile ins Ohr gelangt. Andere Fledermäuse können "fremde" 30-kHz-Töne nicht wahrnehmen.

Dies ist auch der Grund, warum die Fledermäuse bei der Objektgeschwindigkeitsmessung eine Frequenzkombination von etwa 30 kHz und 61 kHz benötigen: Würde die 61-kHz- Frequenz genügen, so würde die Fledermaus in einem Fledermausschwarm mit mehreren 100 Tieren arge Probleme bekommen, da sie auch die Signale ihrer Artgenossen empfangen würde. Um dieses Chaos jedoch zu verhindern, reagiert sie nur auf einen 61-kHz-Ton, der mit ihrem eigenen 30-kHz-Ton zusammentrifft. Darum "weiß" die Fledermaus ganz genau, daß sie auch wirklich ihre eigene Ortung aufgefangen hat.

Ohne das Zusammentreffen der beiden Frequenzen reagieren die Neuronen im sogenannten CF/CF-Areal auf der Hörrinde (welches für diesen Vorgang zuständig ist) nicht. In diesem CF/CF-Areal werden die aufgefangenen Frequenzen des Echos (meistens um die 61 kHz) mit dem Grundortungslaut der Fledermaus (ca. 30 kHz) verrechnet. Für jede mögliche Frequenzkombination gibt es hier spezifische Neuronen, die dann darauf reagieren. Beispiel: Ein Neuron reagiert z.B. auf die Kombination 29,8 kHz und 61,2 kHz, ein weiteres auf 30,1 kHz und 61,4 kHz, usw.

Ergibt diese Verrechnung nun beispielsweise eine Dopplerverschiebung von 1 kHz, so entspricht dies einer Geschwindigkeit des Objektes von 2,8 Metern pro Sekunde.

Wie Forscher herausfanden, kann die Fledermaus Geschwindigkeiten von -2 bis +9 Metern pro Sekunde verarbeiten, wobei der Bereich von 0 bis 4 Metern pro Sekunde am empfindlichsten ist, da dies wahrscheinlich die beste "Jagdgeschwindigkeit" für die Fledermaus darstellt.

Wie ermittelt die Fledermaus die Entfernung zum Objekt ??

Neben dem CF/CF-Areal gibt es in der Hörrinde der Fledermaus noch das FM/FM-Areal.

Auch in diesem Areal gibt es viele Neuronen, die auf ganz bestimmte Zustände reagieren.

"Empfangen" sie z.B. nur ein Echo ohne einen vorher von ihnen ausgesandten Ortungslaut, so reagieren die Neuronen fast gar nicht. Sehr stark reagieren sie jedoch auf ein Echo, dem ein Ortungslaut vorausgegangen ist. Dieses Ortungslaut-/Echo-Intervall wird dann zur Entfernungsmessung genutzt. Dabei entspricht ein Intervall von einer Millisekunde etwa einem Abstand von 17,3 cm (in Luft bei 25°C). Forscher entdeckten, daß Fledermäuse noch Entfernungen von 12 bis 17 mm wahrnehmen können. Das bedeutet, daß die Tiere Intervalle erkennen können, die nur zwischen 69 und 98 millionstel (!) Sekunde lang sind. Jedes Neuron im FM/FM-Areal besitzt nun eine spezifische Intervallzeit, auf die es reagiert. Dabei gibt es noch eine Besonderheit: Der Ortungslaut breitet sich mit einer gewissen Verzögerung über die Nervenfasern im FM/FM-Areal aus. Dies geschieht z.B. durch zwischengeschaltete hemmende Neuronen.

Das Echo des Ortungslautes (also die vom Objekt reflektierten Wellen) breiten sich demgegenüber ungehemmt und gleichzeitig im neuronalen Netzwerk aus.

In irgendeinem Neuron treffen nun Echoreiz und der Reiz des Ortungslautes, der die Neuronen ja zeitverzögert durchläuft, aufeinander. Da ein nachgeschaltetes Neuron in diesem Fall von zwei vorgeschalteten Neuronen erregt wird, findet eine Addition der beiden Reize statt und das stark erregte Neuron sendet ein Signal aus, welches wiederum eine dem erregten Neuron entsprechende Intervallzeit widerspiegelt.

Aus dieser Information kann nun die Entfernung zwischen Fledermaus und angepeiltem Objekt berechnet werden.

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Ende der Leseprobe aus 9 Seiten

Details

Titel
Fledermaus - Das Ortungssystem der Fledermaus
Veranstaltung
Bio LK
Autor
Jahr
2000
Seiten
9
Katalognummer
V99077
ISBN (eBook)
9783638975261
Dateigröße
424 KB
Sprache
Deutsch
Schlagworte
Fledermaus, Ortungssystem, Fledermaus
Arbeit zitieren
Stefan Seebeck (Autor:in), 2000, Fledermaus - Das Ortungssystem der Fledermaus, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/99077

Kommentare

  • Gast am 12.1.2004

    Zwischen Trommelfell und Basilarmembran liegt noch die Paukenhöhle, die von den Gehörknöchelchen überbrückt wird und noch ne ganze Menge mehr.
    Hohe Frequenzen (=hohe Töne) werden im Schneckengang weiter vorne gehört und niedrige Frequenzen (=tiefe Töne) werden weiter hinten Richtung Schneckenspitze gehört.
    Dies hängt mit der Beschaffenheit der Basilarmembran zusammen, die im vorderen Bereich schmal und steif ist und im hinteren Bereich breit und elastisch (vgl. Saiteninstrument.

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Titel: Fledermaus - Das Ortungssystem der Fledermaus



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