INHALTSVERZEICHNIS
1 EINLEITUNG
2 Die Familiengeschichte der Fugger
3 Der Aufstieg Jakob Fuggers
3.1 Jakobs Gesellenstück in Tirol
4 Die Krönung des Kaisers
5 Das Unternehmen in der Krise
6 FAZIT
7 LITERATURVERZEICHNIS
1. EINLEITUNG
Die Fugger sind für das 15. Jahrhundert in etwa das, was Bill Gates‘ Microsoft für uns heute ist. Ein weltumspannender Konzern, mit Einfluß in den höchsten Bereichen der Macht. Gerade die Situation des gesellschaftlichen Umbruches, in der die Fugger ihr Handelsimperium aufbauen, macht das Thema interessant. Ich werde untersuchen, wie es den Fuggern, vor allem jedoch Jakob Fugger (der Reiche), gelang von einfachen Webern zu Weltpolitik betreibenden Kaufleuten zu werden. Zuerst werde ich kurz die Familiengeschichte der Fugger skizzieren, bevor ich dann Jakob Fuggers Aufstieg in die Weltpolitik beleuchten werde. Dabei gehe ich auf zwei besondere Begebenheiten ein, bei denen Jakob Fugger durch seinen Geschäftsinn die Politik beeinflusst hat. Zum einen das Erlangen des Erzmonopols in Tirol und zum anderen die Krönung von Karl von Spanien zum Deutschen Kaiser im Jahr 1519.
2. Die Geschichte der Fugger-Familie
Der Reichtum und Einfluß der Fugger ist keineswegs vom Himmel gefallen, sondern ist Ergebnis eines langen und langsamen Aufstiegs. Ungefähr 1367 wandert Hans Fugger in Augsburg als kleiner Weber ein. Es ist wohl anzunehmen, daß sein Vater vorher schon Kontakte zu einigen Webern geknüpft hatte, da Hans kurz nach seiner Ankunft in Augsburg schon ein Vermögen hatte und sich trotz der schlechten städtischen Situation durch die Landflucht schnell als selbständiger Weber niederlassen konnte. Hans Fugger verstand es, jegliche Vorteile die sich ihm boten auszunutzen. Er war „ein Opportunist“1. 1370 heiratete er die Tochter des Weberzunftmeisters Widolf, die ihm endlich ermöglichte, Bürger Augsburgs zu werden und in die Zunft einzutreten. Durch seine zweite Hochzeit 1382, wieder mit einer Tochter eines Zunftmeisters, erlangte er sogar einen Platz im „Zwölferausschuß“ der Weberzunft. Hans Fugger erwies sich als sehr geschickt und geschäftstüchtig und legte so die Basis für das später weltumspannende Unternehmen. Hans gab die Firma an seine beiden Söhne Andreas (geboren 1406) und Jakob (geboren 1408) weiter. Zuerst führten beide das Unternehmen gemeinsam, Andreas schien nach außen hin zwar der tüchtigere zu sein, Jakob erwirtschaftete praktisch im Hintergrund sein Vermögen. 1454 wurde wegen der andauernden Streitereien das Unternehmen getrennt. Jakob ging dabei mit dem größeren Anteil aus der Trennung hervor. Er rangierte damit an 12. Stelle der reichsten Bürger Augsburgs, wogegen Andreas‘ Witwe (er starb 1557) an 23. Stelle. Andreas‘ Teil des Unternehmen wurde von seinen vier Söhnen übernommen, von denen Lukas als Manager fungierte. Lukas begann in Venedig, Bozen, Mailand, Frankfurt, Brügge und Antwerpen Faktoreien einzurichten, um den Fernhandel besser steuern zu können. Die Faktoreien waren nicht nur Kaufhaus, sondern fungierten auch als Warenlager, diplomatische Einrichtung, Bankhaus und Postamt. Da die Faktoreien praktisch über die ihnen zugeteilten Gebiete selbst entscheiden mußten, waren Lukas Fugger und alle seine Nachkommen von absoluter Loyalität der Faktoren abhängig.
Lukas Fugger vollbrachte einen wirtschaftlichen und sozialen Aufstieg der Extraklasse. Nicht nur, daß er recht vermögend und mittlerweile alleiniger Verwalter des Unternehmens war, er war auch in der Augsburger Gesellschaft mehr als anerkannt. Er wurde Zunftmeister, Stadtrat, Steuermeister und Sachverständiger für Barchent2. Lukas versuchte seinen Einfluß immer weiter auszubauen und suchte nach Verbindungen zum Königshaus. Der Adel der Frühen Neuzeit merkte im Rausch des Reichtums nicht, wie die zunehmende Verstädterung ihnen die Lehenserträge nahm und die Lebenskosten am Hof, auch bedingt durch neue Waffenentwicklungen, die natürlich entsprechend teuer waren, immer höher wurden. Der Adel schlitterte langsam aber sicher in eine gewaltige Finanzkrise. Dies machten sich die findigen Geschäftsleute natürlich zu nutze. Der Adel war zwar chronisch knapp bei Kasse, durch die Besitzungen an Land konnte man sie aber nicht als arm bezeichnen. Die Kaufleute nutzen ihr Talent aus, aus den adeligen Besitztümern bare Münze zu machen, dies gefiel den Landesherren und für die Kaufleute viel auch einiges ab3. Das Problem bei Geschäften mit den Herrschern lag auf der Hand. Die Majestäten waren zwar nicht liquide, aber immer noch mächtig. Lästige Kaufleute, die ihr Geld wiederhaben wollten, konnten auch in den Kerker gesperrt werden. Zwar konnte ein geprellte Gläubiger andere Kaufleute warnen, dabei gab er jedoch selber zu, daß er selbst gerade nicht besonders liquide war. Es kann sich jedoch kein Geschäftsmann leisten, seine Kreditwürdigkeit zu verlieren.
Lukas Fugger knüpfte Beziehungen zu Friedrich III., die ihm 1462 ein königliches Wappen einbrachten. Seitdem wir die Fugger-Linie als „Fugger vom Reh“ bezeichnet. Lukas hielt sich 1489 an den Kronprinzen Maximilian, bei dem Aussicht auf gute Geschäfte bestand. Für Lukas sollte sich die Geschäftsverbindung als vernichtend auswirken. Er lieh Maximilian 10.000 Gulden, was in etwa dem gesamten Firmenvermögen entsprach. Als Pfand erhielt der Fugger die belgische Stadt Leuven. Im Rausch der Geschäfte merkte Lukas Fugger leider nicht, daß sein Pfand keinen Wert darauf legte, die Schulden des fernen Kronprinzen zu begleichen. Auch in der Verhängung der Reichsacht sahen die Bürger Leuvens keine Bedeutung, wußten sie doch, daß der Kaiser sie zwar nicht mehr schützen würde, aber auch kein Feind vorhanden war. Maximilian hatte seine Finanzen durch die Eroberung Burgunds praktisch saniert und interessierte sich für das Schicksal eines kleinen Kaufmanns herzlich wenig. Im Gegenteil konnte er ruhig abwarten, bis Lukas Fugger pleite ging und die Schuld verfällt.
Daraufhin forderte die Familie ihre Einlagen in die Firma sowie ihren Erbanteil zurück. 1504 floh Lukas zurück in das Fugger´sche Heimatdorf Graben am Lech. Dort mußte er seine letzten Ländereien an seinen Vetter Jakob Fugger verkaufen.
3. Der Aufstieg Jakob Fuggers
Jakob Fugger´s Lebensplanung sah eigentlich eine kirchliche Laufbahn vor, da er als jüngster Sohn Jakobs des Alten in der Firma nicht gebraucht wurde. Nach dem Tod Jakob d.A. 1469 leitete seine Frau Barbara das Unternehmen, bis die Söhne alt genug waren, das Unternehmen zu führen. Die Töchter Anna , Barbara und Walpurga konnte sie mehr als gut verheiraten. Nun kümmerte sie sich neben dem Handel um die Ausbildung der fünf „Manager“ Ulrich, Andreas, Hanns, Peter und Georg. Markus wurde Kleriker und war in der päpstlichen Registratur in Rom tätig. Jakob wurde vorerst eine geistliche Laufbahn zuteil, die er durch den nicht geringen Einfluß seines Bruders Markus in Rom im Benediktinerkloster Herrieden in Eichstätt beginnen konnte4.
Während Andreas und Hanns in Venedig das Geschäftsleben studieren und die Kontakte zu den Venezianern verbessern sollten. Hanns starb früh und so mußte Andreas dem Hause Fugger in Venedig Geltung verschaffen. Als auch er am Fieber starb, schickte Ulrich Georg nach Venedig, damit der mittlerweile schwunghafte Handel nicht einschlief. Währenddessen konnte sich der in Rom ansässige Markus Fugger eine bedeutende Machtposition zwischen den deutschen Klerikern und der päpstlichen Verwaltung erarbeiten, so daß alle Korrespondenz zwischen Deutschland und Rom über ihn lief. Dieser starb jedoch am 19. April 1478, bevor seine Machtposition in Rom für das Fugger-Unternehmen wirklich von nutzen sein konnte. Ulrich kümmerte sich von Augsburg aus um neue Einnahmequellen, Peter war von Nürnberg aus für die Expansion des Osthandels zuständig.
Ulrich verfolgte eisern das Prinzip, nur Familienangehörige an den Geschäften teilhaben zu lassen sowie das Kapital in der Firma zu belassen. Nur so konnte verhindert werden, daß durch Auszahlung von Erbanteilen die Entwicklung der Firma gebremst oder zurückgeworfen wird. Auch Ulrich war ein guter Geschäftsmann, wenn auch nicht so gut wie sein Bruder Jakob es werden sollte. Aber auch Ulrich merkte, daß eine Investition in den Kaiser auch lohnenswerte Geschäfte abwerfen könnte. Dafür, daß die Fugger den Kaiser bei seinem Besuch in Augsburg mit kostbaren Gewändern ausstatteten erhielten sie am 9. Juni 1473 ein Wappen und nannten sich fortan „Fugger von der Lilie“. Die von Ulrich vorangetriebenen Pläne im Osten wirtschaftlich Fuß zu fassen, wurden vom Tod Peters 1473 gestört. Da kein Ersatz hatte, wurde Jakob aus seinem Kloster geholt, in dem er ziemlich lustlos studierte. Mit 19 Jahren hatte er nun seine Chance ins Geschäft einzusteigen. Er hatte nur eine mittelmäßige Ausbildung und vom Geschäft noch nicht viel mitbekommen. Was ihn prägte war ein unbändiger Ehrgeiz. Er ging für ein Jahr nach Venedig, wo er die Sachen lernte, die im Geschäft wichtig sind.5
3.1 Jakobs Gesellenstück in Tirol
Nachdem sich Jakob in das unternehmen eingearbeitet hatte, entschied er sich im Bergbau als zukunftsträchtigen Wirtschaftszweig aktiv zu werden. In Salzburg begann er den Bergwerksbesitzern gegen Anteile an den Bergwerkserträgen Kredite zu geben. Langsam wurde Jakob so zu einem einflußreichen Geldgeber. Er konnte sogar verlangen, daß die Grubenbesitzer die Silbererze für Venedig ihm überließen, damit er allein in Venedig als Verkäufer auftreten konnte6.
Jakob war an den Tiroler Silberminen interessiert. Jedoch konnte er nicht mit der selben Taktik vorgehen wie in Salzburg, da die Tiroler Bergwerksbesitzer in der Regel keine Kredite benötigten. Trotz der Erfahrungen, die Lukas mit den Geschäftsgebären der Adeligen gemacht hatte, ließ sich Jakob in Tirol auf Geschäfte mit Herzog Sigmund ein. Der Herzog galt als lebenslustig und verschwenderisch. Zwar verfügte er über große Bodenschätze, wußte aber nicht, wie man sie in bares Geld verwandelt. Er finanzierte seinen Hofstaat durch Verpfändungen an Kaufleute aus Innsbruck, Kufstein oder Augsburg. Ulrich war gegen diese Art von Geschäften, er hielt nichts von der Einmischung in politische Angelegenheiten7. Also versuchte es Jakob auf eigene Faust. Über Kontakte zum größten Gläubiger, aber auch Finanzverwalter Sigmunds, Anton vom Roß, war es Jakob möglich, Kredite zu vergeben.
1484 überredeten verschiedene Kaufleute, darunter auch Vertreter Jakob Fuggers, Herzog Sigmund, die Erzvorkommen in Primör zu beschlagnahmen und Venedig einzuschränken. Daraufhin verlangte Venedig Schadensersatz und drohte mit einem Handelsboykott und Krieg. Die Tiroler Kaufleute waren über den Verlauf nicht begeistert und mit Unterstützung des Kaisers verlangten sich von Sigmund einen Friedensschluß, der 1487 besiegelt wurde. Venedig verlangte 100.000 Gulden Schadensersatz, Diese wurden sofort von Jakob Fugger mit Unterstützung von Anton vom Roß beglichen, noch ehe die Fugger´schen Konkurrenten aus Kufstein Zeit hatten, Geld zu besorgen. Die schnelle Handlungsweise des Fuggers läßt sich auf seine guten Kontakte zu beiden Seiten hin zurückführen. Während des Konflikts hatte Jakob immer Überblick über die Pläne der beiden Parteien, da das Fugger- Unternehmen durch seine tüchtigen Faktoren stets gute Kontakte zu allen wichtigen Persönlichkeiten pflegte. Das Informationssystem funktionierte teilweise besser als die Geheimdienste der Herrscherhäuser. Der Kredit für Sigmund war jedoch nur ein Anfang. Jakob sorgte dafür, das alle Hofangestellten ihren Lohn bekamen und erkaufte sich praktisch deren wohlwollen. Für jeden kleinen Kredit den er Sigmund überließ, bekam Jakob Anteile am Silberbergbau überschrieben. Aber nicht nur die Erzgruben standen unter Fugger´scher Kontrolle, auch die Münzprägung in Hall war unter Jakobs Leitung. Die Gewinne die erzielt wurden waren enorm. Die Konkurrenz versuchte natürlich den unbeliebten Schwaben wieder los zu werden. Der jedoch suchte sich die größtmögliche Absicherung seiner Geschäfte. Diese fand er diesmal bei Erzherzog Maximilian. Der war an den Silbererträgen aus Tirol natürlich mehr als interessiert.
Jakob Fugger machte nun den Schritt vom Geschäftsmann zum Machtpolitiker. Er bereicherte sich nicht mehr an der Unfähigkeit der Landesfürsten, sondern wollte nun die politischen Begebenheiten so gestalten, daß er den größtmöglichen Gewinn erzielen konnte. Am 16. März 1490 wurde Sigmund von den Landesständen, den mächtigsten Tirolern der Ruinierung Tirols bezichtigt. Er verzichtete auf Thron und Herrschaft und Maximilian übernahm Tirol in den habsburgischen Besitz.8 Zwar hatte Jakob Fugger mit Maximilian einen knallharten Geschäftsmann als Herrscher, der Fugger konnte nun aber noch effizienter und sicherer die Silberminen ausbeuten. Im Jahre 1492 betrug der Wert des Silbers, das Jakob Fugger aus den Tiroler Gruben bekam etwa 500.000 Gulden9. Ein nicht unbeträchtlicher Teil ging an Maximilian, der immer mehr Darlehen verlangte und Jakob Fugger in Bedrängnis brachte. Der Fugger hatte das Beispiel seines Vetters Lukas noch im Gedächnis und er hielt nichts davon, sein ganzes Unternehmen von einem unzuverlässigen Schuldner abhängig zu machen. So mußte Jakob dem Monarchen seinen Kreditwunsch abschlagen, wohl wissend, daß ohne Fugger-Geld im Hause Habsburg nicht mehr viel gehen wird. Jakob Fugger zahlte Maximilians Schulden (u.a. beim Schwäbischen Bund und anderen Gläubigern) sowie dem Monarchen eine monatliche Pension von 10.000 Gulden. Andererseits wußte er, daß er auf Maximilians Unterstützung zählen konnte, da er mittlerweile praktisch der Hoffinanzier geworden war.
4. Die Krönung des Kaisers
Am 5. Februar 1508 bekam Maximilian durch Fuggergeld die Kaiserkrone in einer kleinen, nicht standesgemäßen Zeremonie überreicht. Hierbei trat Jakob Fugger jedoch nicht direkt auf, sondern wiederum durch Mittelsmänner. Bei der Krönung des nächsten Kaisers des heiligen römischen Reiches deutscher Nation war Jakob Fugger jedoch federführend. Zur Wahl standen der französische König Franz I. aus dem Haus Valois, der in Europa praktisch Maximilians Rivale war. Der Kandidat der Habsburger war Carlos, seit 1516 König von Spanien. Allerdings standen die deutschen Kurfürsten dem Spanier und seiner Zahlungsfähigkeit eher skeptisch gegenüber. Jakob Fugger war sich zu dem Zeitpunkt anscheinend noch nicht im Klaren darüber, welcher Kandidat für seine Geschäfte die bessere Wahl wäre. Vorerst nutzte er sein weitverzweigtes Informationssystem, um von beiden Seiten Informationen zur Kaiserwahl zu erhalten. Die Entscheidung sollte auf dem Augsburger Reichstag 1518 fallen, jedoch hatte Kaiser Maximilian wieder mal kein Geld und mußte den Reichstag durch die Fugger finanzieren lassen. Jakob ließ sich nicht nur fremdes Vermögen verpfänden, sondern forderte vom Kaiser, die Monopolvorwürfe gegen den Fugger endlich zum Schweigen zu bringen. Letztendlich konnte der Reichstag eröffnet werden und der Handel um die Stimmen der Kurfürsten konnte beginnen. Jakob Fugger finanzierte 100.000 Gulden für Karl, damit dieser dem Kurfürsten Joachim von Brandenburg die versprochene Mitgift seiner ebenfalls dem Kurfürsten versprochenen Schwester Catharina auszahlen konnte. Dieser Handel kam jedoch nur zustande, da das Angebot von Franz, dem Brandenburger eine reiche französische Prinzessin zur Frau zu geben aufgrund der Flucht derselben scheiterte. Es fehlten den Habsburger jedoch noch etliche Tausend Gulden. Karl ließ weitere Wechsel über 200.000 Gulden aus Spanien anweisen, die in Deutschland von den Fuggern und den Welsern ausgezahlt wurden. Die Kurfürsten forderten jedoch keine Bürgschaft des Monarchen, sondern der Kaufleute, die ihnen zuverlässiger erschienen als der König. Der Kaiser beraumte am 27. August 1518 ein Treffen mit einigen Kurfürsten an, das als Ergebnis zwölf brieflich besiegelte Stimmen für Karl von Spanien bracht. Die riesigen Geldmengen, die benötigt wurden, wurden nur zu Beginn von Jakob Fugger allein aufgebracht. Außerdem vertraute Karl dem Fugger nicht und beauftragte nebenbei den Florentiner Kaufmann Filippo Gualterotti, Anton Welser und einige Bankhäuser aus Genua mit zusätzlichen Finanzierungen für seine Wahl. Jakob Fugger war verärgert und ließ einen Finanzierungsplan ausarbeiten, nach dem er die Wahl auch alleine finanzieren konnte. Karl schien diesen Plan jedoch zu ignorieren, was zur folge hatte, daß der Konkurrent Franz Kontakt mit Jakob Fugger aufnahm. Es ist jedoch nicht bekannt, ob Jakob Fugger jemals darüber nachgedacht hat, die Fronten zu wechseln. Nach dem Tod Maximilians am 12. Januar 1519 war für den Fugger klar, daß die Habsburger an der macht bleiben mußten, da seine Schuldscheine ansonsten keinen Wert mehr hätten und die Erzverträge von Tirol von einem neuen Monarchen gekündigt werden könnten.
Die Kurfürsten verlangten für die versprochenen Gelder Bürgschaften der Fugger, was Karl dazu zwang, den Fugger als Finanzier der Wahl zu akzeptieren. Je länger sich die Diskussionen hinzogen, desto teurer wurden die Stimmen der Fürsten. Gegen Ende März 1519 war der preis schon auf 720.000 Gulden geklettert. Nebenbei finanzierten die Fugger die Strafexpediton des Schwäbischen Bundes im Württembergischen Krieg mit 300.000 Gulden.
Am 28. Mai 1519 war endlich der Tag der Wahl. Auch wenn sich Joachim von Brandenburg in letzter Minute für den Franzosen entschied, hatte Jakob Fuggers „Bestechungsmaschinerie“ die Wahl Karls gesichert. Mit einer klaren Mehrheit konnte er sich nun Kaiser Karl V. nennen.
Die Gesamtbilanz in einer Kladde der Fugger mit der Aufschrift „Was Kaiser Carolus V. die römische Kaiserwahl kostete“ belief sich auf 852.589 Gulden und 56 ½ Kreuzer. Darin enthalten waren nicht nur die Gelder für die Kurfürsten sondern auch Zahlungen an die Reichsstädte, Beamte und spanische Kommissare enthielten. Jakob Fugger zahlte die Summe von 543.589 Gulden und 43 Kreuzer, 165.500 Gulden kamen aus Florenz und Genua, die restlichen 143.500 Gulden übernahmen die Welser10. Jakob Fugger hatte nun der Welt und seien Konkurrenten bewiesen, wozu er fähig war und verkündete seinen Neffen „ Der Kaiser ist euer Schuldner sein Leben lang!“11
5. Das Unternehmen in der Krise
Die Problem kamen jedoch fast postwendend. Im Zuge der Reformation und revolutionären Strömungen, für die Jakob Fugger nie etwas übrig hatte, kamen Unternehmen wie das seinige in die Kritik. Martin Luther stellte die Handelsgesellschaften in seiner Streitschrift „Großer Sermon vom Wucher“ als Urheber der Hungersnöte und Preissteigerungen da. Ulrich von Hutten veröffentlichte im Frühjahr 1521 seinen satirischen Dialog „Die Räuber“, die natürlich die Großkaufleute darstellten. Die Publikationen verfehlten ihre Wirkung nicht. „Jakob Fugger traute man einfach alles zu“12, vor allem weil das einfache Volk sich nicht erklären konnte, wie man zu einem solchen Reichtum kommen konnte, ohne Ackerbau und Viehzucht zu betreiben.
Im Zuge der Reformation kam auch Jakob Fugger praktisch zwischen die Fronten. Eine öffentlich gewordene Versetzungsbitte Jakob Fuggers den örtlichen Priester, ein Luther-Anhänger, betreffend, sorgte für Proteste des Volkes und Ansehensverlust des Unternehmens.
Mit dem Kaiser stand Jakob Fugger bis zu seinem Tod in guter Geschäftsverbindung, ansonsten wurde es für die Fugger schwerer im neuen gesellschaftlichen Klima Geschäfte zu machen, Jakob selbst wurde zu einer verhaßten Symbolgestalt des alternden Fürstentums. Im Sprachgebrauch bürgerten sich die Begriffe „fuggern“, als Synonym für betrügen, und „Fuggerer“ als Mischung eines Taschendiebs, Geizhals und Raubritters ein.
1521 starb Jakob Fuggers Partner im ungarischen Erzgeschäft, Georg Thurzo, der das Geschäft von seinem Vater Johann übernommen hatte. Der Nachfolger, Alexej Thurzo war jedoch nicht so geschäftstüchtig und geriet als Münzvorsteher beim Volk in die Kritik. Die aufkommende Münzverschlechterung wurde Thurzo und den Fuggern zugeschrieben, was zur folge hatte, daß eine ungarische Reichsversammlung die Fugger des Landes verwies13. 1525 wurden alle Besitzungen der Fugger beschlagnahmt. Jakob ließ alle Beziehungen spielen um dies zu verhindern, er erlebte den Ausgang der Verhandlungen jedoch nicht mehr.
Jakob Fugger starb einsam am 30. Dezember 1525, jedoch nicht ohne die Nachfolge im Unternehmen geregelt zu haben und für die Verteilung seines Erbe gesorgt zu haben. Er arbeitete praktisch bis zum letzten Tag, noch am 28. Dezember gab er noch einen Kredit an Erzherzog Ferdinand aus.
6. Fazit
Die Fugger haben nicht nur im 15./16. Jahrhundert eine wichtige Rolle gespielt, sondern auch weit über die zeit ihrer Geschäfte hinaus. Unter der Leitung von Jakob Fugger entwickelte sich Unternehmen von einem „normalen“ kaufmännischen Betrieb zu einem Weltkonzern. Bei der unglaubliche Expansion des Unternehmens mußte natürlich auch der Verwaltungsapparat mithalten. Jakob Fugger führte durch seinen Buchhalter Matthäus Schwarz die dreifache Buchführung ein, die auch noch in der heutigen Wirtschaft verwendet wird.
Das Unternehmen der Fugger war ein wegweisendes Unternehmenssystem, das bis heute in den Grundzügen in allen Weltkonzernen zu finden ist. Die Parallelen die sich im Unternehmensgeist eines Jakob Fugger und heutigen Konzernchefs wiederfinden sind interessant. Gerade im Zuge der Globalisierung fragt man sich manchmal ob die Politik oder die Wirtschaft mehr Einfluß ausübt. Jakob Fuggers Schritt zum Weltpolitiker war in der damaligen Zeit wohl auch ein Zeichen des gesellschaftlichen Wandels in Deutschland. Durch die zunehmende Verstädterung und der desolaten Wirtschaftslage des Adels, die ihr Einkommen von der weniger werdenden Landbevölkerung bezogen, war es einem bürgerlichem Jakob Fugger erst möglich, mit dem Königshaus Geschäfte zu machen und selber in eine sehr einflußreiche Position zu gelangen.
Die Einflußnahme des Kapitals auf die Politik findet in der Zeit der Fugger seinen Anfang und setzt sich bis heute fort. Trotzdem war die Einflußnahme des bürgerlichen Kapitals auf die Politik nicht zwingend, sondern liegt eher ein nicht unwesentlicher Teil in der Person Jakob Fugger begründet, der seine Geschäftsverbindungen und den firmeneigenen „Nachrichtendienst“ sowie die weiblichen Nachkommen des FuggerClans geschickt für seine Ziele einzusetzen wußte. Nur so war es ihm möglich von einem Augsburger Textilkaufmann zum „Kaisermacher“ aufzusteigen. Abschließend kann man darüber philosophieren, inwieweit das System der Fugger eine Vorbildfunktion auch für die moderne Wirtschaft hatte.
Wenn wir uns nur an die Fakten halten, kann man sagen: Ohne das Kapital eines Jakob Fugger wäre Karl V. nicht deutscher Kaiser geworden.
6. LITERATURVERZEICHNIS
Kellenbenz, Hermann: Die Fugger in Spanien und Portugal bis 1516. Ein Großunternehmen des 16. Jahrhunderts, Teil 1, München 1990
Ogger, Günter: Kauf dir einen Kaiser. Die Geschichte der Fugger, München, Zürich 1978
Ortner, Eugen: Glück und Macht der Fugger, München 1978
[...]
1 Ogger, Günter: Kauf dir einen Kaiser. Die Geschichte der Fugger, München, Zürich 1978, S.41
2 Ogger, Günter: Kauf dir einen Kaiser, S.50f
3 wie das genau aussah, dazu später im Kapitel über Jakobs Geschäfte in Tirol.
4 vgl. Ortner, Eugen: Glück und Macht der Fugger, München 1978, S.105f.
5 Ortner, Eugen: Glück und Macht der Fugger, S.120f
6 Ogger, Günter: Kauf dir einen Kaiser, S.74
7 Ortner, Eugen: Glück und Macht der Fugger, S.131
8 Ogger, Günter: Kauf dir einen Kaiser, S. 80f
9 Ogger, Günter: Kauf dir einen Kaiser, S.83
10 vgl. u.a. Kellenbenz, Herrmann: Die Fugger in Spanien und Portugal bis 1560, S.11
11 Ortner, Eugen: Glück und Macht der Fugger, S. 263
12 Ogger, Günter: Kauf dir einen Kaiser, S. 232
Häufig gestellte Fragen
Worum geht es in dem Text über die Fugger?
Der Text behandelt die Geschichte der Fugger-Familie, insbesondere den Aufstieg Jakob Fuggers (des Reichen) von einfachen Webern zu einem einflussreichen Kaufmann und Weltpolitiker im 15. und 16. Jahrhundert. Er untersucht, wie es den Fuggern gelang, ein weltumspannendes Handelsimperium aufzubauen und politische Ereignisse durch ihren Geschäftsinn zu beeinflussen.
Wer waren die Fugger?
Die Fugger waren eine ursprünglich aus Augsburg stammende Familie, die im 15. und 16. Jahrhundert zu einer der bedeutendsten und reichsten Handelsfamilien Europas aufstieg. Sie waren vor allem im Handel, Bergbau und Bankwesen tätig und erlangten großen politischen Einfluss.
Wie begann der Aufstieg der Fugger?
Der Aufstieg begann mit Hans Fugger, der um 1367 als Weber nach Augsburg einwanderte und durch geschicktes Wirtschaften und Heiraten ein Vermögen aufbaute. Seine Söhne Andreas und Jakob führten das Unternehmen fort, wobei Jakob der Ältere den Grundstein für den späteren Weltkonzern legte.
Welche Rolle spielte Jakob Fugger (der Reiche) im Aufstieg der Familie?
Jakob Fugger (der Reiche) war der bedeutendste Vertreter der Familie. Er erweiterte das Unternehmen durch Investitionen in den Bergbau, insbesondere in Tirol, und nutzte seine finanziellen Mittel, um politischen Einfluss zu gewinnen. Er finanzierte unter anderem die Wahl von Karl V. zum Kaiser des Heiligen Römischen Reiches.
Welche Geschäfte tätigte Jakob Fugger in Tirol?
Jakob Fugger engagierte sich im Tiroler Bergbau, indem er Herzog Sigmund Kredite gewährte und im Gegenzug Anteile an den Silberminen erhielt. Er kontrollierte bald die Münzprägung und konnte die Silbererträge aus Tirol effizient ausbeuten.
Wie beeinflussten die Fugger die Wahl von Karl V. zum Kaiser?
Jakob Fugger finanzierte maßgeblich die Wahl von Karl V. zum Kaiser des Heiligen Römischen Reiches im Jahr 1519. Er bestach Kurfürsten und übernahm Schulden des Habsburgers, um dessen Wahl sicherzustellen.
Welche Kritik gab es an den Fuggern?
Im Zuge der Reformation und revolutionären Strömungen wurden die Fugger kritisiert, insbesondere von Martin Luther, der Handelsgesellschaften als Urheber von Hungersnöten und Preissteigerungen anprangerte. Jakob Fugger wurde zu einer Symbolfigur des alternden Fürstentums und die Begriffe "fuggern" und "Fuggerer" wurden negativ konnotiert.
Wie endete die Ära der Fugger?
Jakob Fugger starb 1525. Trotz der Kritik und finanziellen Schwierigkeiten, die das Unternehmen erlebte, hinterließ er ein geordnetes Erbe und sicherte die Nachfolge. Das Unternehmen der Fugger hatte jedoch in der veränderten gesellschaftlichen und wirtschaftlichen Lage zunehmend Schwierigkeiten.
Welche Bedeutung haben die Fugger für die heutige Zeit?
Die Fugger gelten als Pioniere des modernen Unternehmertums. Jakob Fugger führte die dreifache Buchführung ein, die auch heute noch in der Wirtschaft verwendet wird. Das Unternehmen der Fugger war ein wegweisendes System, dessen Grundzüge in vielen modernen Weltkonzernen wiederzufinden sind.
- Arbeit zitieren
- Oliver Praceius (Autor:in), 1999, Die Fugger zwischen Geschäft und Politik, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/99391