Gothold Ephraim Lessing
Der Besitzer des Bogens
Ein Mann hatte einen trefflichen Bogen von Ebenholz, mit dem er sehr weit und sehr sicher schoß und den er ungemein wert hielt. Einst aber, als er ihn aufmerksam betrachtete, sprach er: Ein wenig zu plump bist du doch! Alle deine Zierde ist die Glätte. Schade! - Doch dem ist abzuhelfen, fiel ihm ein. Ich will hingehen und den besten Künstler Bilder in den Bogen schnitzen lassen. - Er ging hin; und der Künstler schnitzte eine ganze Jagd auf den Bogen; und was hätte sich besser auf einen Bogen geschickt als eine Jagd?
Der Mann war voller Freuden. ,,Du verdienest diese Zierarten, mein lieber Bogen!" - Indem will er ihn versuchen; er spannt, und der Bogen - zerbricht.
Die Fabel ,,Der Besitzer des Bogens" ist von Gotthold Ephraim Lessing verfasst.
Zum Begriff Fabel ist zu sagen, dass sie für ihre Kürze beliebt geworden und daher leicht zu merken ist. Eine Erläuterung innerhalb der Fabel ist meist überflüssig, da die Bedeutung leicht entschlüsselt werden kann.
Sie ist eine lehrhafte Form der epischen Dichtung und taucht häufig als Tierfabel auf. Diese Tiere verkörpern oft menschliche Verhaltensweisen, die gleichzeitig aber auch vom Autor kritisiert und angesprochen werden. Außerdem trägt eine Fabel den Handlungskern einer epischen oder dramatischen Dichtung ( im Englischen ,,plot").
Zusätzlich hatte die Fabel in der Zeit der Reformation das Ziel, die religiöse Erneuerung zu befördern und feierte in der Zeit der Aufklärung ihren Höhepunkt.
In Lessings Fabel ,,Der Besitzer des Bogens" geht es zunächst um einen Bogen, der von seinem Besitzer verschönert werden soll und der, nachdem er dies erleiden mußte, zerbricht. Die kurze Fabel, die wie eine kleine, kurze Erzählung geschrieben ist, geht besonders auf die Person des Mannes ein.
Er ist so eitel, dass er seinen Bogen, der eigentlich die gewünschte Funktion ohne Probleme erfüllt, beschnitzen lassen möchte. Und obwohl er den Besten Schnitzer kommen läßt, damit sein wundervoller Bogen noch schöner wird, zerbricht dieser. Denn der Mann und vielmehr seine falschen Verhaltensweisen werden hier von Lessing kritisiert. Die Naivität des Mannes zu glauben, der Bogen würde sich ,,verletzen" lassen und diesem Druck Stand halten, wird ihm später zum Verhängnis. Seine Eitelkeit und Intoleranz, sowie Gier machen ihn aus. Gier nach Schönheit und Perfektion. Dabei stellen nicht immer die Dinge, die am Schönsten, Wertvollsten und Teuersten sind, die Perfektion dar. Vielmehr die einfachen, meist uralten, vererbten Gegenstände, welche ihre Funktion seit langem ausreichend erfüllen. Denn die Perfektion liegt nicht in der Schönheit, dem Glanz und Strahlen der Welt, sondern eher in ihrer einfachen Ausführung.
Eine Fabel stellt eine allgemeine Wahrheit oder ein moralischen Satz dar, wie diese auch. Sie besagt im Wesentlichen, dass nicht wirklich im Leben der Glanz, das Strahlen und die äußerliche Schönheit zählen, viel eher die wahren Hintergründe. In der Liebe ist damit beispielsweise der Charakter einer Person gemeint, ihre Art und wie sie sich gibt. Für den Leser gilt es die Moral dieser Fabel, in Bezug auf alle Dinge im Leben umzusetzen und für sich selbst den eigenen Nutzen darauszuziehen .
Zum Inhalt einer Fabel gehören ebenso gut Sitten und Redlichkeiten, welche die Gesellschaft prägen und aus denen wiederum Lehren gezogen werden sollen. Denn gute Bildung führt zum Wohl der Gesellschaft.
Die gute Sitte stellt hier der Punkt dar, dass nicht an allen Liebheiten ohne Zerstörung dieser wertvollen Erinnerung herummanipuliert werden kann und sollte.
Auch durch Stilfiguren, kommt dies zum Ausdruck. Durch die Hyperbeln ,,sehr weit und sehr sicher" im ersten Satz wird deutlich, wie stolz der Mann auf sein Eigentum ist. Dies erscheint dem Leser so, als könne keiner den Bogen überragen, aber auch, als sei der Mann angeberisch und protzend.
Auch die rhetorische Frage, was sich auf diesem Schmuckstück besser machen würde, als eine Jagd? Damit ist schon beantwortet., dass die Jagd überaus das beste Stück für den Bogen ist.
Mit Euphemismus beschreibt Lessing die geschnitzte Jagd und drückt damit die Vollkommenheit dieses Prachtstückes aus.
Wörter: 525
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