Der Bruch der Großen Koalition 1930


Seminararbeit, 2001

14 Seiten, Note: 1 -


Leseprobe


A. Einleitung

„’Einen schwarzen Tag’“1, so bezeichnete die Frankfurter Zeitung den 27.03.1930, den Tag, an dem die letzte von einer Parlamentsmehrheit unterstützte Regierung der Weimarer Republik demissionierte. Die große Koalition, bestehend aus SPD, DVP, DDP, BVP und dem Zentrum zerbrach letzten Endes an der Frage, wie die schwer in Finanznot geratene Arbeitslosenversicherung zu sanieren sei.2

Der Bruch der großen Koalition bedeutete rückblickend die endgültige Ab- kehr von der parlamentarischen Demokratie in der Weimarer Republik, da die folgenden Regierungen praktisch nicht mehr dem Parlament, sondern nur noch dem Präsidenten verantwortlich waren. Sie regierten zunehmend mit dem verfassungsmäßigen Recht des Reichspräsidenten nach Artikel 25 den Reichstag auflösen zu können und seinem Notverordnungsrecht nach Artikel 48 der Reichsverfassung.3 Mit dem Bruch der großen Koalition be- ginnt die Ära der Präsidialkabinette und die fortwährende Aushöhlung der Weimarer Verfassung, bis hin zum Ermächtigungsgesetz am 23.03.1933 nimmt ihren Lauf.4

Die tatsächlichen Folgen ihrer Entscheidung konnten die Kabinettsmitglie- der der großen Koalition noch nicht ahnen5, aber die Gefahren für die „Zu- kunft der Demokratie in Deutschland“6 waren auch damals schon offen- sichtlich.7

Wie aber reagierte die SPD - Reichstagsfraktion, deren mehrheitlich negati- ve Haltung zum so genannten „Brüning - Kompromiss“ letztendlich zum Bruch der Koalition führte8 auf das Ende ihrer Regierungszeit? Worin lag diese Haltung begründet? Stand die Fraktion innerlich geschlossen gegen den Kompromiss? Diese Fragen sollen in der folgenden Hausarbeit beant- wortet werden. Es ist das Ziel der Arbeit, anhand von Äußerungen, Artikeln in Zeitschriften oder Memoiren von SPD - Fraktionsmitgliedern ein Stim- mungsbild innerhalb der Fraktion nach dem Bruch der Koalition zu entwer- fen. Dabei wird sich die Untersuchung lediglich darauf beschränken, die Situation kurz nach dem 27.03.1930 zu beleuchten. Der Meinungswandel, der bei vielen Fraktionsmitgliedern durch die Erfahrungen mit dem Brüning - Kabinett und erst recht mit dem Zusammenbruch der Weimarer Republik zu Stande kam, wird außer Acht bleiben9.

Im ersten Teil der Analyse wird grob die Problematik um die Sanierung der Arbeitslosenversicherung erläutert, an der die große Koalition letzten Endes scheiterte. Im nächsten Schritt werden die Reaktionen innerhalb der Frakti- on untersucht, um sie dann abschließend zu einem Gesamtbild zusammen- zufügen.

B. Die Problematik

In der Zeit von November 1929 bis 1930 stieg die Arbeitslosigkeit von zwei Millionen auf über drei Millionen Erwerbslose.10 Den daraus resultierenden hohen Ausgaben war die Arbeitslosenversicherung nicht gewachsen und ihr hohes Defizit musste durch Mittel aus dem Staatshaushalt ausgeglichen werden. Diesen zusätzlichen Ausgaben für die Staatskasse standen durch die abklingende Weltwirtschaft verursachte verringerte Steuereinnahmen ge- genüber.11 Um eine galoppierende Staatsverschuldung zu vermeiden musste daher unter Anderem die Arbeitslosenversicherung saniert werden. Man konnte entweder die Beitragssätze und die Steuern heraufsetzen und somit die Einnahmen erhöhen oder die Leistungen kürzen und somit die Ausgaben senken. Eine Beitragssatz - und Steuererhöhung stieß bei der DVP, als Vertreterin der Interessen der Industrie auf Ablehnung, einen Leistungsab- bau konnte die SPD vor dem Hintergrund drohender Verarmung großer Be- völkerungsteile und anderen hier nicht auszuführenden Motiven nicht hin- nehmen.12

Trotz dieser Uneinigkeit kam es nach zähen Verhandlungen am 05.03.1930 zu einer Einigung im Kabinett.13 Der Kompromisscharakter der gefundenen Lösung führte allerdings innerhalb der Koalitionsparteien, namentlich in- nerhalb der Fraktionen, zu erheblichem Unmut.14 Keiner fühlte sich als Sie- ger. Auf Druck der DVP - Fraktion zerbrach der gefundene Kompromiss und bei der für den 27.03.1930 anberaumten Kabinettssitzung bot sich die letzte Möglichkeit für die Regierung doch noch zu einer Einigung zu kom- men. Gegenstand dieser Verhandlungen war der so genannte „Brüning - Kompromiss“.15 Dieser Vorschlag des Zentrumspolitikers Heinrich Brüning stellte im Prinzip eine Vertagung der Verhandlungen auf einen späteren Zeitpunkt dar16, kam jedoch eher der DVP entgegen, da er die Beitragssätze vorerst unangetastet ließ, aber „eine baldige Senkung der Leistungen in den Bereich des Möglichen rückte“.17 Die SPD - Fraktion beharrte auf dem be- reits am 05.03.1930 gefundenen Kompromiss18, alle anderen Parteien, außer der BVP, stimmten dem „Brüning - Kompromiss“ zu.19 Daher konnten die Verhandlungen in der Kabinettssitzung am 27.03.1930 nur noch als geschei- tert und die große Koalition als zerbrochen angesehen werden.

C. Die Reaktionen in der SPD - Fraktion

Im „Jahrbuch der Deutschen Sozialdemokratie für das Jahr 1930“ berichtet die SPD - Reichstagsfraktion vom Rücktritt des Kabinetts Müller.20 Es wird dabei der Eindruck erweckt, die Fraktion hätte geschlossen gegen den „Brü- ning - Kompromiss“ gestanden, da er als einzige Option für die Sanierung der Arbeitslosenversicherung die Herabsetzung der Leistungen im Herbst offen hielt.

Da aber die Verhandlungen innerhalb der SPD - Fraktion am 27.03.1930, die zur Ablehnung des Kompromisses und somit unweigerlich zum Bruch der großen Koalition führten21, in Wirklichkeit alles andere als einmütig verliefen22, kann man nach dem Bruch zwei Gruppen von Fraktionsmitgliedern unterscheiden. Diese beiden Gruppen und ihre Argumente sollen im Folgenden untersucht werden.

C.1 Die Befürworter des Koalitionsbruches

Von den Kabinettsmitgliedern der SPD war es Reichsarbeitsminister Wissel, der sich innerhalb der Fraktion entschieden gegen den Kompromissvor- schlag des Zentrums aussprach.23 Er argumentierte dabei, dass man später der SPD die Verantwortung gegeben hätte, für den Leistungsabbau, der un- weigerlich im Herbst gefolgt wäre, hätte man dem „Brüning - Kompromiss“ zugestimmt. Nun könne die SPD in der Opposition dafür sorgen, dass die Leistungen der Arbeitslosenversicherung unangetastet blieben.24 Die Argu- mentation Wissels ist dabei typisch für die Gegner des „Brüning - Kom- promisses“. Sie anerkannten zwar die Verantwortung der SPD für die Repu- blik, stellten aber ihre Verantwortung für die Interessen der Arbeiterklasse und deren Ziele darüber25, die für sie im Gegensatz zum „Brüning - Kom- promiss“ standen.

Die Schuld für den Bruch der großen Koalition suchten die Gegner des Kompromisses hauptsächlich bei der DVP und dem Zentrum, das ihrer Meinung nach seit der Regierungsvorlage vom 05.03.1930 immer mehr auf die DVP zugekommen wäre.26 Die Hauptschuld sahen die Befürworter des Koalitionsbruchs bei der DVP, was exemplarisch verdeutlicht wird, durch das Vorwort zum „Jahrbuch der Deutschen Sozialdemokratie“ aus dem Jahre 1930. Der Verfasser Hermann Müller - Lichtenberg gibt hier allein der Volkspartei die Schuld an der Regierungskrise. Sie hätte bewusst Forderungen an die Sozialdemokratie gestellt, auf die diese nicht eingehen konnte, um die SPD aus der Regierung zu drängen und dann einen Leistungsabbau bei der Arbeitslosenversicherung zu erreichen.27

Müller - Lichtenberg war es auch, der in der entscheidenden Fraktionssit- zung am 27.03.1930 den Standpunkt der Gewerkschaften verdeutlichte. Für sie war der Kompromissvorschlag des Zentrums absolut unannehmbar.28 Somit hätte die Annahme des Kompromisses in der Fraktion zum Bruch zwischen Partei und Gewerkschaften führen können. Dies zu vermeiden war ein weiteres Argument für die Gegner des Kompromisses innerhalb der Fraktion. Der Zusammenhalt der Arbeiterklasse war für sie zu wichtig, als dass er für die Koalition hätte aufs Spiel gesetzt werden dürfen.29

Innerhalb der Fraktion kamen die vehementesten Befürworter des Bruches der großen Koalition aus der sogenannten „Klassenkampf - Gruppe“. Dieser linke Flügel der Partei begrüßte den Austritt aus der Regierung vom 27.03.1930 als eine längst überfällige Entscheidung. Die Zeit in der Koaliti- on hätte der SPD nur geschadet und sie das Vertrauen breiter Kreise der Arbeiterklasse gekostet, sowie ihren Einfluss auf die Politik geschwächt. Die bürgerlichen Parteien dagegen wären in der Koalition näher zusammen- gerückt und hätten ihre „volksfeindliche Finanz- und Steuerpolitik“30 mit der Sozialdemokratie in der Regierung durchgesetzt, was sie in einem reinen Bürgerblock nie gewagt hätten.

In der Oppositionsrolle gegenüber dem Bürgerblock sah der linke Flügel eine große Gelegenheit für die Sozialdemokratie das verlorene Vertrauen der Arbeiterklasse zurückzugewinnen. In vollem Maße wiedererstarkt wäre sie so weitaus besser als in der Regierung in der Lage, die Interessen der Arbeiterschaft zu vertreten und die wachsende faschistische Gefahr zurück- zudrängen.31

Man kann also feststellen, dass die Befürworter des Bruches der großen Ko- alition diesen für zumindest unvermeidlich hielten. In ihren Augen bedeute- te der „Brüning - Kompromiss“ eine derartige Verletzung der Interessen der Arbeiterklasse, dass es ihnen unmöglich war ihm zuzustimmen32 und selbst wenn sie es getan hätten wäre damit die Regierung auf Dauer auch nicht gerettet gewesen. Zu stark waren ihrer Ansicht nach die Unterschiede der politischen Ansichten zwischen den bürgerlichen Parteien und der SPD.33 Die Verantwortung für das proletarische Klasseninteresse wog für sie schwerer als die Verantwortung für die Republik und sie waren es leid in zunehmendem Maße Kompromisse zwischen beiden eingehen zu müssen, die ihrer Meinung nach immer mehr auf Kosten der Interessen der Arbeiter- schaft gingen.34 In der Opposition sahen sie nun die Möglichkeit für die SPD, kompromisslos für das proletarische Klasseninteresse einzutreten und die eigene Politik gegen den Bürgerblock durchzusetzen. Hier könne man sich von seiner „Koalitionsmüdigkeit“35 erholen und neue Kraft tanken. Es ging den Gegnern des „Brüning - Kompromisses“ also nicht allein um die- sen einen Punkt. Für sie war er auch Mittel zum Zweck, die Regierung Mül- ler zu beenden, die ihrer Meinung nach in zunehmenden Maße stärker die Interessen der Industrie als die der Arbeiterschaft vertrat.

C.2 Die Gegner des Koalitionsbruches

Wie der Vorwärts vom 28.03.1930 berichtete, gab es bereits in der Frakti- onssitzung tags zuvor eine Gruppe, die sich entgegen der Mehrheit in der Fraktion notfalls für den „Brüning - Kompromiss“ aussprach36, um eine Regierungskrise zu vermeiden, namentlich die Kabinettsmitglieder Reichs- kanzler Hermann Müller, Reichsinnenminister Carl Severing und Reichs- wirtschaftsminister Robert Schmidt. Sie warnten die Fraktion vor den mög- lichen Folgen ihrer Entscheidung, fanden jedoch kein Gehör.37

Einer der entschiedensten Gegner der Entscheidung der Fraktion war Hil- ferding. Er sah im Austritt der SPD aus der Koalition eine Schwächung der Machtstellung der Sozialdemokratie und räumte zwar ein, dass der „Brüning - Kompromiss“, im Vergleich zur Regierungsvorlage vom 05.03.1930 ein sozialpolitischer Rückschritt gewesen sei, man aber deswegen die Regie- rung nicht hätte scheitern lassen müssen. Schließlich war ein Leistungsab- bau der Arbeitslosenversicherung im Herbst lediglich möglich, aber alles Andere als sicher. In der Regierung wäre die Position der SPD weitaus günstiger gewesen ihn zu verhindern, als nun in der Opposition.38 Damit entkräftete Hilferding, stellvertretend für die Gegner der Fraktionsentschei- dung39, das entscheidende Argument der Gegner des „Brüning - Kompro- misses“, für die dieser faktisch bereits den Leistungsabbau im Herbst bedeu- tete.

Die nun für die Sozialdemokratie bevorstehende Zeit in der Opposition be- werteten die Gegner des Bruchs der großen Koalition eher negativ. Sie wa- ren nicht davon überzeugt, dass man dort eine bessere Position haben wür- de, um erfolgreiche Sozialpolitik zu betreiben. Gegen eine Regierung, die nicht auf das Parlament angewiesen war, und nur eine solche war nach dem Bruch der großen Koalition praktisch noch möglich40, konnte jeglicher Op- positionskampf nur erfolglos sein. Im Falle der Uneinigkeit zwischen Par- lament und Regierung, bestünde jederzeit die Möglichkeit den Reichstag aufzulösen und mit Hilfe von Artikel 48 der Reichsverfassung das Regie- rungsprogramm gegen die Opposition durchzusetzen.41 In seiner Rede vor dem Reichstag am 02.04.1930 warnte der SPD - Fraktionsführer Rudolf Breitscheid zwar die neue Regierung um den neuen Reichskanzler Heinrich Brüning diesen Weg, der für die SPD - Fraktion einem Verfassungsbruch gleich käme, zu gehen42, hatte damit aber, wie wir heute wissen, keinen Erfolg.

Den Einfluss der Gewerkschaften auf die Entscheidung der SPD - Fraktion, in Form der Rede von Hermann Müller - Lichtenberg in der entscheidenden Fraktionssitzung43 bewerteten die Gegner des Koalitionsbruchs überaus kri- tisch. Ihrer Meinung nach, wurde die Fraktion durch die ablehnende Hal- tung der Gewerkschaften gegenüber dem „Brüning - Kompromiss“ förm- lich dazu gezwungen, ihn abzulehnen. Andernfalls hätte man den Bruch der Partei mit den Gewerkschaften riskiert. In dem Druck, den die Gewerk- schaften so auf die Partei ausübten und mit dem sie über ihre parlamentari- schen Vertreter die Politik der SPD entscheidend mitbestimmten44, sahen die Gegner des Koalitionsbruches eine Verschiebung der politischen Ver- antwortung von der Partei hin zu den Gewerkschaften, die so äußerst be- denklich sei.45

Man kann also festzustellen, dass die Gegner des Bruches der großen Koali- tion sich durchaus bewusst waren, dass der „Brüning - Kompromiss“ im Vergleich zur Regierungsvorlage vom 05.03.1930 für die Sozialdemokratie einen sozialpolitischen Rückschritt bedeutete. Sie waren allerdings auch der Meinung, dass dieser nicht derart weit reichend war, um die Regierungsbe- teiligung aufzugeben. Sie wären lieber in der Koalition geblieben, um dort für die Interessen der Arbeiterklasse, also auch gegen eine Absenkung der Leistungen bei der Arbeitslosenversicherung zu kämpfen. Der Gang in die Opposition bedeutete für sie einen eklatanten Machtverlust für die Sozial- demokratie, der es ihr in Zukunft erheblich erschweren würde, ihre Ziele durchzusetzen46.

D. Fazit

Wie war also nun die Reaktion innerhalb der sozialdemokratischen Reichstagsfraktion nach dem Bruch der großen Koalition? Wie man an den obigen Ausführungen sehen kann, mit Sicherheit nicht einheitlich. Auf der einen Seite gab es die Gegner des „Brüning - Kompromisses“. Für sie war er an sich schon unannehmbar, da ihrer Meinung nach ein Leistungsabbau der Arbeitslosenversicherung im Herbst 1930 mit dem Kompromiss unausweichlich würde. Die Verantwortung dafür wollten sie als Sozialdemokraten in der Regierung nicht übernehmen.

Für viele in dieser Gruppe war außerdem der Gang der SPD in die Opposition das Ende einer Regierung, die zwar sozialdemokratisch geführt war, aber in zunehmenden Maße die Interessen der Industrie, anstatt die der Arbeiterklasse vertrat. Man war daher eigentlich froh mit der Ablehnung des „Brüning - Kompromisses“ diese Regierung beenden zu können und wollte nun in der Opposition kompromisslos für das proletarische Klasseninteresse und gegen die faschistische Gefahr antreten.

Auf der anderen Seite gab es die Gruppe innerhalb der Fraktion, die bereit gewesen wäre, notfalls auf den „Brüning - Kompromiss“ einzugehen. Für sie bedeutete der Kompromissvorschlag des Zentrums noch nicht mit Si- cherheit einen Leistungsabbau bei der Arbeitslosenversicherung. Sie sahen durchaus die Möglichkeit, in der Regierung diesen Abbau zu verhindern. Der Gang in die Opposition bedeutete für sie den Selbstausschluss der Sozi- aldemokratie von der Macht. Die nun zu befürchtenden Folgen des Koaliti- onsbruches standen für sie in keinem Verhältnis zur Gefahr für die Sozial- politik, die vom „Brüning - Kompromiss“ ausging. Sie waren unzufrieden mit dem Gang aus der Regierung, da sie im Gegensatz zu den Befürwortern der Beendigung sozialdemokratischer Regierungsverantwortung, für die SPD in der Opposition schlechtere Möglichkeiten sahen, die Interessen der Arbeiterklasse zu vertreten. Diese Gruppe fühlte sich von der eigenen Frak- tion und den Gewerkschaften aus der Koalition und von der Macht ge- drängt.47

Beide Gruppen waren sich also darin einig, für die Interessen der Arbeiter- klasse kämpfen zu wollen. Sie unterschieden sich lediglich in der Bewer- tung der Situation, in der die sie sich nun nach dem Koalitionsruch befan- den. Für die Mehrheit der Fraktion war nun endlich die Zeit ständiger Zuge- ständnisse an die Industrie beendet und man war froh wieder kompromisslos für die Interessen der Arbeiterklasse kämpfen zu können. Die Minderheit in der Fraktion sah dagegen im Koalitionsbruch eine erhebliche Schwächung der Sozialdemokratie und zeigte sich mit der Oppositionsrolle nicht zufrie- den. Die Abwehr der ständigen Angriffe der bürgerlichen Parteien auf die sozialen Errungenschaften der Weimarer Republik war ihrer Meinung nach nun beinahe unmöglich.

Dies ist die Situation kurz nach dem Koalitionsbruch. Es wäre sicherlich interessant zu untersuchen, ob sich diese Mehrheitsverhältnisse innerhalb der SPD - Reichstagsfraktion im Laufe der Zeit noch verschoben haben, zum Beispiel nach den Erfahrungen mit dem nachfolgenden Kabinett Brüning, oder nach dem Zusammenbruch der Weimarer Republik. Dies wird, wie eingangs erwähnt, in dieser Arbeit nicht mehr untersucht, wäre aber eine spannende Fragestellung für zukünftige Arbeiten.

E. Literaturliste

a) Quellen

- Grunwald, Günther / Merz, Friedhelm ( Hgg. ): Vorwärts 1876 - 1976. Ein Querschnitt in Faksimiles, Berlin 1976.
- Leber, Julius: Ein Mann geht seinen Weg. Schriften, Reden und Briefe, herausgegeben von seinen Freunden, Berlin 1952.
- Jahrbuch der Deutschen Sozialdemokratie für das Jahr 1930, Nach- druck, Berlin 1976.
- Noske, Gustav: Erlebtes aus Aufstieg und Niedergang einer Demo- kratie, Offenbach / M. 1947.
- Protokoll über die Verhandlungen des SPD Parteitags Leipzig 1931, Nachdruck, Berlin 1974.
- Severing, Carl: Mein Lebensweg, Köln 1950.
- Stampfer, Friedrich: Die 14 Jahre der ersten deutschen Republik, Hamburg [3] 1953.
- Verhandlungen des Reichstags Wahlperiode 5 ( 1928 ), Band 427.
- Wissel, Rudolf: Aus meinen Lebensjahren. Mit einem Dokumenten - Anhang, herausgegeben von Ernst Schraepler, Berlin 1983 ( = Beihefte zur internationalen wissenschaftlichen Korrespondenz zur Geschichte der deutschen Arbeiterbewegung, Nr. 7 ).

b ) Zeitschriftenaufsätze ( Quellen )

- Aufhäuser, S.: Der politische Kampf um die Arbeitslosenversiche- rung und ihre sozialpolitische Bedeutung, in: Die Gesellschaft 7 ( 1930 ), Band 1, S 393 - 403.
- Heilmann, Ernst: Hindenburg will Schiele, in: Das freie Wort 2 ( 1930 ), Nr. 14, S. 1 - 6.
- Hilferding, Rudolf: Der Austritt aus der Regierung, in: Die Gesell- schaft 7 ( 1930 ), Band 1, S. 385 - 392.
- Sinzheimer, Hugo: Koalitionspolitik oder was sonst ?, in: Neue Blät- ter für den Sozialismus 1 ( 1930 ), Nr. 5, S. 232 ff.
- Wissel, Rudolf: Einundzwanzig Monate Reichsarbeitsminister, in: Die Arbeit 7 ( 1930 ), S. 217 - 228.

c ) Monographien ( Sekundärliteratur )

- Fülberth, Georg / Harrer, Jürgen: Die deutsche Sozialdemokratie 1890 - 1933, Darmstadt 1974 ( = Arbeiterbewegung und SPD, Band 1 ).
- Maurer, Ilse: Reichsfinanzen und grosse Koalition. Zur Geschichte des Reichskabinetts Müller ( 1928 - 1930 ), Frankfurt / M. 1973.
- Niedhart, Gottfried: Deutsche Geschichte 1918 - 1933. Politik in der Weimarer Republik und der Sieg der Rechten, Stuttgart 1994.
- Nowka, Harry: Das Machtverhältnis zwischen Partei und Fraktion in der SPD, Köln 1973.
- Pistorius, Peter: Rudolf Breitscheid. 1874 - 1944. Ein biographi- scher Beitrag zur deutschen Parteiengeschichte, Nürnberg 1970.
- Schulz, Gerhard: Zwischen Demokratie und Diktatur. Verfassungs- politik und Reichreform in der Weimarer Republik, Band II: Deutschland am Vorabend der Großen Krise, Berlin 1987.
- Timm, Helga: Die deutsche Sozialpolitik und der Bruch der Großen Koalition im März 1930, Düsseldorf 1952.
- Winkler, Heinrich A.: Der Schein der Normalität. Arbeiter und Ar- beiterbewegung in der Weimarer Republik 1924 bis 1930, Berlin 1988.

[...]


1 Winkler, Heinrich A.: Der Schein der Normalität. Arbeiter und Arbeiterbewegung in der Weimarer Republik 1924 bis 1930, S. 808.

2 Stampfer, Friedrich: Die 14 Jahre der ersten deutschen Republik, S.559.

3 Fülberth, Georg / Harrer, Jürgen: Die deutsche Sozialdemokratie 1890 - 1933, S. 222.

4 Ebd. S. 222 und Schulz, Gerhard: Zwischen Demokratie und Diktatur. Verfassungspolitik und Reichreform in der Weimarer Republik, Band II, S. 491.

5 Stampfer, Friedrich: 14 Jahre, S. 563.

6 Winkler, Heinrich A.: Der Schein der Normalität, S. 810.

7 Timm, Helga: Die deutsche Sozialpolitik und der Bruch der Großen Koalition im März 1930, S. 190.

8 Niedhart, Gottfried: Deutsche Geschichte 1918 - 1933. Politik in der Weimarer Republik und der Sieg der Rechten, S.123.

9 dazu: Timm, Helga: Die deutsche Sozialpolitik, S. 205.

10 Ebd. S. 121.

11 Timm, Helga: Die deutsche Sozialpolitik und der Bruch der großen Koalition im März 1930, S. 149.

12 Niedhart, Gottfried: Deutsche Geschichte 1918 - 1933, S. 121.

13 Winkler, Heinrich A.: Der Schein der Normalität, S. 787.

14 Timm, Helga: Die deutsche Sozialpolitik, S. 172.

15 Ebd. S. 180.

16 Winkler, Heinrich A.: Der Schein der Normalität, S. 803.

17 Ebd. S. 804.

18 Ebd. S. 807.

19 Timm, Helga: Die deutsche Sozialpolitik, S. 181.

20 Jahrbuch der Deutschen Sozialdemokratie für das Jahr 1930, S. 3 ff.

21 Winkler, Heinrich A.: Der Schein der Normalität, S. 819.

22 Leber, Julius: Ein Mann geht seinen Weg. Schriften, Reden und Briefe, S. 233.

23 Vorwärts vom 28.03.1930, aus: Grunwald, Günther / Merz, Friedhelm ( Hg ): Vorwärts 1876 - 1976. Ein Querschnitt in Faksimiles, S. 71.

24 Wissel, Rudolf: Einundzwanzig Monate Reichsarbeitsminister, in: Die Arbeit 7 ( 1930 ), S. 217 - 228.

25 Sinzheimer, Hugo: Koalitionspolitik oder was sonst ?, in: Neue Blätter für den Sozialismus 1 ( 1930 ), Nr. 5, S. 233.

26 Aufhäuser, S.: Der politische Kampf um die Arbeitslosenversicherung und ihre sozialpolitische Bedeutung, in: Die Gesellschaft 7 ( 1930 ), S. 401.

27 Jahrbuch der Deutschen Sozialdemokratie für das Jahr 1930, S. III.

28 Stampfer, Friedrich: 14 Jahre, S. 562.

29 Heilmann, Ernst: Hindenburg will Schiele, in: Das freie Wort 2 ( 1930 ), Nr. 14, S. 3.

30 Seydewitz, Max: Der Himmel ist nicht eingestürzt, in: Klassenkampf 4 ( 1930 ), Nr.7, S. 193 - 197, aus: Winkler, Heinrich A.: Der Schein der Normalität, S. 813 f.

31 Ebd.

32 Wissell, Rudolf: Aus meinen Lebensjahren. Mit einem Dokumenten - Anhang, S.211.

33 Protokoll über die Verhandlungen des SPD Parteitags Leipzig 1931, S. 112.

34 Maurer, Ilse: Reichsfinanzen und grosse Koalition. Zur Geschichte des Reichskabinetts Müller, S 137.

35 Pistorius, Peter: Rudolf Breitscheid. 1874 - 1944. Ein biographischer Beitrag zur deutschen Parteiengeschichte, S. 287.

36 Vorwärts vom 28.03.1930, aus: Grunwald, Günther / Merz, Friedhelm ( Hg ): Vorwärts 1876 - 1976, S. 71.

37 Leber, Julius: Ein Mann geht seinen Weg, S. 233.

38 Hilferding, Rudolf: Der Austritt aus der Regierung, in: Die Gesellschaft 7 ( 1930 ), S. 388 f.

39 Zum Bespiel auch: Heilmann, Ernst: Hindenburg will Schiele, in: Das freie Wort 2 ( 1930 ), Nr. 14, S. 2.

40 Timm, Helga: Die deutsche Sozialpolitik, S. 190.

41 Hilferding, Rudolf: Der Austritt aus der Regierung, in: Die Gesellschaft 7 ( 1930 ), S. 390 f.

42 Rede von Breitscheid vor dem Reichstag am 02.04.1930, aus: Verhandlungen des Reichstags Wahlperiode 5 ( 1928 ), Band 427.

43 Stampfer, Friedrich: 14 Jahre, S. 562.

44 Nowka, Harry: Das Machtverhältnis zwischen Partei und Fraktion in der SPD, S. 38.

45 Heilmann, Ernst: Hindenburg will Schiele, in: Das freie Wort 2 ( 1930 ), Nr. 14, S. 3.

46 Severing, Carl: Mein Lebensweg, S. 240.

47 Noske, Gustav: Erlebtes aus Aufstieg und Niedergang einer Demokratie, S. 309.

Ende der Leseprobe aus 14 Seiten

Details

Titel
Der Bruch der Großen Koalition 1930
Hochschule
Technische Universität Darmstadt
Veranstaltung
PS Einführung in die Neuere Geschichte
Note
1 -
Autor
Jahr
2001
Seiten
14
Katalognummer
V106584
ISBN (eBook)
9783640048632
Dateigröße
400 KB
Sprache
Deutsch
Schlagworte
Bruch, Großen, Koalition, Einführung, Neuere, Geschichte
Arbeit zitieren
Kristian Lempa (Autor:in), 2001, Der Bruch der Großen Koalition 1930, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/106584

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