Kommunalrecht


Ausarbeitung, 2003

15 Seiten, Note: 11 Punkte


Leseprobe


Inhaltsverzeichnis

1. Einführung

2. Gesetzliche Grundlagen

3. Verfassungsgarantie des Art.28 II GG

4. Weitere Verfassungspositionen der Gemeinden

5. Gemeindeverfassungsrecht

6. Das Recht der Landkreise

7. Vergleich zu Hamburg, Bremen und Berlin

8. Kommunale Finanzen

Literaturverzeichnis Anhang I

1. Einführung

Das Kommunalrecht als gewichtiger Teilkomplex des Besonderen Verwaltungsrechts umgreift alle diejenigen Rechtssätze, die sich auf die Organisation und den Aufgabenkreis der kommunalen Körperschaften beziehen und deren Handeln im Rechtsverkehr regeln.1 In den Bereich des Kommunalrechts fallen als wichtigstes Rechtsgebiet das Gemeinderecht, darüber hinaus jedoch auch das Recht der Landkreise, Kommunalverbände, Sonderverbände und der kommunalen Zweckverbände.

Das Gemeinderecht ist bedeutender Kernbestandteil des Kommunalrechts, daher wird hierauf das Hauptaugenmerk gerichtet.

2. Gesetzliche Grundlagen

Für das Kommunalrecht existiert bis dato keine geschlossene systematische Kodifikation. Es ergibt sich aus diversen Landesgesetzen, deren kommunalrechtliche Seite dann von Bedeutung wird.

Das deutsche Kommunalrecht geht in der Geschichte zurück bis zur Preußischen Städteordnung von 1808, die versucht, „den Städten eine selbständigere und bessere Verfassung zu geben, in der Bürgergemeinde einen festen Vereinigungspunkt gesetzlich zu bilden, ihnen eine tätige Einwirkung auf die Verwaltung des Gemeinwesens beizulegen und durch diese Teilnahme Gemeinsinn zu erregen und zu erhalten“.2

Die Paulskirchenverfassung von 1849 und die Weimarer Reichsverfassung von 1919 erwähnten die Selbstverwaltung der Gemeinden in den Grundrechten.

Das heutige Grundgesetz greift diesen Gedanken in Art.28 II auf und garantiert das Zustandekommen der kommunalen Selbstverwaltung in einer freiheitswahrenden Demokratie.

Der Vertrag über die europäische Union (EUV) geht sogar noch weiter, indem er in Art.1 II vorschreibt, daß Entscheidungen möglichst bürgernah getroffen werden sollen. Es werden sich aus der Europäisierung des Rechts-, Wirtschafts- und Soziallebens Chancen auch über den Bereich der EU-Mitgliedsstaaten bieten, die sich auf Städte und Gemeinden durchaus positiv auswirken.

Nicht zuletzt sei erwähnt, dass alle EU-Angehörigen vollberechtigte Bürger ihrer Kommunen werden. Das aktive und passive Wahlrecht für Ausländer (…) wird für EU- Angehörige Realität.3 Art.28 I S.3 öffnet den Volksbegriff (nur) für die kommunale Entscheidungsebene, folglich nicht für die Landesparlamente in den Stadtstaaten.4 Dennoch verfolgen manche die zunehmende Europäisierung durchaus skeptisch. Das mit Blick auf das gesamte Europäische Gemeinschaftsrecht (vgl. Art.2 II EUV, Art.5 II EGV) derzeit viel diskutierte Subsidiaritätsprinzip findet in der Ebene der kommunalen Selbstverwaltungsträger gleichfalls eine deutliche organisatorische Ausprägung.5

Da Europäisches Recht finales Recht ist, gerichtet auf die Durchsetzung der vier Freiheiten aus dem EG-Vertrag – freier Waren- und Dienstleistungsaustausch, Personenfreizügigkeit, freier Kapitalverkehr – kann es grundsätzlich alle Rechtsbereiche betreffen.6 Dadurch könnten die Kompetenzen der Kommunen massiv eingeschränkt werden. Genaueres bleibt jedoch abzuwarten, da keine Erfahrungswerte vorliegen.7

3. Verfassungsgarantie des Art.28 II GG

Die Selbstverwaltungsgarantie (gem. Art.28 II S.1) für die Gemeinden umfasst alle Angelegenheiten der örtlichen Gemeinschaft (sog. Universalität oder Allzuständigkeit).1 Das sind „diejenigen Bedürfnisse und Interessen, die in der örtlichen Gemeinschaft wurzeln oder auf sie einen spezifischen Bezug haben.“2 Aus Art.20 II GG ergibt sich, dass sich die ausgeübte Staatsgewalt vom Volk ableiten muss.3 Die Gemeinden sind als Verwaltungsträger der vollziehenden Gewalt i.S.d. Art.20 III GG zuzuordnen.

Man kann erkennen, dass sich das Grundgesetz für eine auf Selbstverwaltungskörperschaften aufgebaute „gegliederte Demokratie“4 entschieden hat und es daher als zwingend ansieht, dass das Volk in den Gemeinden ebenso wie in Bund und Ländern eine aus direkten Wahlen hervorgegangene Volksvertretung haben soll.

Politisch und rechtlich werden die Gemeinden somit als „dritte Ebene“ neben Bund und Ländern angesehen.

Innerhalb des Art.28 II S.1 teilt man nach h.L. in die Rechtssubjektsgarantie, die Rechtsinstitutionsgarantie und die subjektive Rechtsstellungsgarantie. Diese Garantien sind nicht nur objektiv-rechtlich, sondern auch als subjektive Rechte eingeräumt: Die einzelne Gemeinde kann von den aus Abs.2 Verpflichteten die Einhaltung der Garantien verlangen.5

Rechtssubjektsgarantie

Durch die Rechtssubjektsgarantie wird gewährleistet, dass es überhaupt Gemeinden als Elemente des Verwaltungsaufbaus gibt. Gemeinde in dem von der Verfassung vorausgesetzten Sinne ist ein auf personaler Mitgliedschaft zu einem bestimmten Gebiet beruhender Verband, der die Eigenschaft einer (rechtsfähigen) Körperschaft des öffentlichen Rechts besitzt.6 Diese Definition gleicht dem völkerrechtlichen Staatsbegriff gemäß der Drei-Elemente-Lehre von Jellinek und bedarf m.E. keiner weiteren Erläuterung.

Darüber hinaus gewährt Art.28 II S.1 GG indirekt aber auch eine beschränkt individuelle Rechtssubjektsgarantie, wonach eine einzelne Gemeinde gegen ihren Willen nicht beliebig, sondern nur nach Anhörung und nur aus Gründen des öffentlichen Wohles aufgelöst oder von ihrem Gebietszuschnitt geändert werden darf.7

Rechtsinstitutionsgarantie

Als zweite Garantie des Art.28 II S.1 GG ist die Gewährleistung der Institution

„gemeindliche Selbstverwaltung“ zu nennen.

Die zu erwähnenden Tatbestandsmerkmale sind hierbei die Angelegenheiten der örtlichen Gemeinschaft, die Universalität und die Eigenverantwortlichkeit, die wie gewöhnlich unter dem Vorbehalt des Gesetzes steht.

- Als Angelegenheiten der örtlichen Gemeinschaft sind solche zu verstehen, „die in der örtlichen Gemeinschaft wurzeln oder auf die örtliche Gemeinschaft einen spezifischen Bezug haben“.8 Gemeint sind damit vom Bundesverfassungsgericht Angelegenheiten, die den Gemeindeeinwohnern gerade als solchen gemeinsam sind, indem sie das Zusammenleben und - wohnen der Menschen in der (politischen) Gemeinde betreffen.
- Die Universalität (Allzuständigkeit) garantiert die generelle Zuständigkeit der Gemeinde, sofern es sich um Angelegenheiten der örtlichen Gemeinschaft handelt (s.o.). Der Gesetzgeber kann zwar einen Regelungsvorbehalt geltend

machen, der aber stark durch den Vorbehalt des Gesetzes (s.u.) eingeschränkt wird.

- Eigenverantwortlichkeit heißt Freiheit von Zweckmäßigkeitsweisungen anderer Hoheitsträger, insbesondere des Staates.1

Art.28 II S.1 GG ermächtigt die Gemeinden also zu eigenverantwortlichen Regelungen. Er zwingt die Gemeinden jedoch nicht, eine bestimmte Form einzuhalten. Über Art.20 III GG sind die Gemeinden, die Teil der Exekutive sind (s.o.), jedoch an Recht und Gesetz gebunden, unterliegen also dem Rechtsstaatsprinzip.

- Der Gesetzesvorbehalt schränkt die Selbstverwaltung insoweit ein, als die Verwaltung nur im Rahmen der Gesetze stattfinden darf. Der Vorbehalt bezieht sich auf die Garantieelemente Eigenverantwortlichkeit und Universalität.2

Die Einrichtung der gemeindlichen Selbstverwaltung bedarf, wie das Bundesverfassungsgericht gerade in jüngerer Zeit betont, „der gesetzlichen Ausgestaltung und Formung“.3

Gesetze i.S.d. Art.28 II S.1 GG sind neben Bundes- und Landesgesetzen auch Rechtsverordnungen4 und Satzungen anderer Hoheitsträger, z.B. eines Landkreises oder eines Regionalverbandes.5

Um den Wirkungskreis der kommunalen Selbstverwaltung zu verdeutlichen, lassen sich nun einige „Gemeindehoheiten“ anführen, die dadurch verfassungsmäßig garantiert sind. Sie gelten im Prinzip als isolierte und ausschließliche Gemeindekompetenzen, auch wenn sie durch Rahmengesetzgebung des Bundes oder der Länder wiederum beschränkt sind. Als wichtigste Komponenten sind hierbei die Raumplanungshoheit (Befugnis, für das eigene Gebiet die Grundlagen der Bodennutzung festzulegen), die Personalhoheit (Befugnis, über das eigene Personalwesen und konkrete Maßnahmen der Personaleinstellung zu entscheiden), die Organisationshoheit (Befugnis, den Aufbau und das Zusammenspiel der eigenen Organe und Betriebe sowie deren Geschäftsgang zu regeln) und die Finanzhoheit (Befugnis zu einer eigenverantwortlichen Einnahmen- und Ausgabenwirtschaft im Rahmen eines gesetzlich geordneten Haushaltswesens) zu nennen.

Subjektive Rechtsstellungsgarantie

Nach h.M. gewährt Art.28 II S.1 GG den Gemeinden kein Grundrecht. (Die Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts) betont auf der einen Seite, dass die von den Kommunalkörperschaften ausgeübte öffentliche Gewalt Staatsgewalt, nicht-originäre Kommunalgewalt ist (vgl. BVerfGE 83, 37), und hat überhaupt jeder quasi-grundrechtlichen Sichtweise des Art.28 II eine Absage erteilt. Auf der anderen Seite hebt sie die doppelte Ratio des Art.28 II hervor, Dezentralisierung und bürgerschaftliche Teilhabe.6

Die Gemeinden sind also nur Teil des Staatsaufbaus.

Daraus ergibt sich der Streitpunkt in der Lehre und Meinung, ob sich Gemeinden auf Art.19 IV GG stützen können/müssen. Laut Schmidt-Aßmann7 kann die Frage jedoch dahingestellt bleiben, da die subjektiven Rechte der Gemeinde mit den subjektiven Rechten der Bürger gleich behandelt würden (§40, 42 II VwGO).

[...]


1 Tettinger, Rn 3

2 Schmidt-Aßmann, Rn 4

3 Thränhardt, S. 66

4 von Münch, Art. 28, Rn 31; anders dagegen Sieveking in DÖV 1993, 449 ff.

5 Tettinger, Rn 5

6 Thränhardt, S. 76

7 genauere Auswirkungen auf den kommunalen Bereich bei Ameln in DVBl. 1992, 477 (480 ff.) und Rengeling in DVBl. 1990, 893 (895 f.)

1 Jarass/Pieroth, Art. 28, Rn 6

2 BVerfGE 79, 127 (151); BVerwGE 92, 56 (62)

3 BVerfGE 83, 37 ff.

4 BVerfGE 52,95 (111 f.)

5 Jarass/Pieroth, Art. 28 Rn 5a

6 Schmidt-Aßmann, Rn 10

7 BVerfGE 50, 195 (202)

8 BVerfGE 79, 127 (151), unter Bezugnahme auf BVerfGE 8, 122 (134); 52, 95 (120)

1 Schmidt-Jortzig, Rn 480

2 BVerfGE 56, 298 (312); 79, 127 (146)

3 BVerfGE 79, 127 (143)

4 BVerfGE 26, 228 (237); 56, 298 (309)

5 Schmidt-Aßmann, Rn 20

6 Umbach/Clemens, Art. 28, Rn 68

7 Schmidt-Aßmann, Rn 24

Ende der Leseprobe aus 15 Seiten

Details

Titel
Kommunalrecht
Hochschule
Fachhochschule für Öffentliche Verwaltung Hamburg
Veranstaltung
Besonderes Verwaltungsrecht
Note
11 Punkte
Autor
Jahr
2003
Seiten
15
Katalognummer
V108524
ISBN (eBook)
9783640067213
Dateigröße
398 KB
Sprache
Deutsch
Anmerkungen
Die Ausarbeitung könnte an Tiefe gewinnen. Der Dozent bewertete mit 9 Punkten, der ehemalige Staatsrat und Bezirksamtsleiter Strenge bewertete mit 12 Punkten. Das Literaturverzeichnis ist vom Umfang her ausreichend.
Schlagworte
Kommunalrecht, Besonderes, Verwaltungsrecht
Arbeit zitieren
Marc Bittner (Autor:in), 2003, Kommunalrecht, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/108524

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