Die Erfahrung als Rechtfertigung religiösen Glaubens

Richard Schaefflers Theorie der Erfahrung als Dialog mit der Wirklichkeit


Hausarbeit (Hauptseminar), 2007

13 Seiten, Note: 1,7


Leseprobe


Inhaltsverzeichnis

1. Einleitung

2. Darstellung der Schaeffler’schen Theorie religiöser Erfahrung anhand des Aufsatzes ‚Religiöse Erfahrung – Ausdruck reiner Subjektivität oder Fundstelle objektiv gültiger Wahrheit?’
2.1 Beschreibung der religiösen Erfahrung und des erfahrenden religiösen Subjekts
2.2 Objektive Gültigkeit religiöser Erfahrung und ihre Kriterien

3. Versuch der Einordnung der Schaeffler’schen Theorie in einen fundamentaltheologischen Kontext

4. Aus den durch die Einordnung gewonnenen Erkenntnissen resultierende ‚Kritik’ der Schaeffler’schen Theorie

5. Fazit

6. Literaturverzeichnis

1. Einleitung

Lässt sich religiöser Glaube rational rechtfertigen? Die Beantwortung dieser Frage und deren Begründung ist eine Aufgabe essentieller Bedeutung, der sich Theologen sowie Religionsphilosophen seit Jahrhunderten stellen. Die Antwort hängt jedoch vom jeweilig vorausgesetzten Rationalitätsbegriff ab, weshalb heute zahlreiche und stark differierende Modelle vorliegen.

Im Rahmen dieser Arbeit möchte ich mich mit Richard Schaefflers intrinsezistisch aufgebautem Modell beschäftigen, welches durch die Annahme der Möglichkeit religiöser Erfahrung eine Rechtfertigung religiösen Glaubens impliziert: „Denn was „erfahren“ ist, ist „Tatsache“; gegen Tatsachen läßt [sic!] sich nicht argumentieren („contra facta non valent argumenta“).“[1] Schaeffler macht sich Elemente der Kantischen Epistemologie zu Eigen und entwickelt hieraus seine Theorie der ‚Erfahrung als Dialog mit der Wirklichkeit’, welche die religiöse Erfahrung mit einschließt und sich auf diese bezieht.

Folgender Aufbau scheint mir für diese Arbeit als sinnvoll, um einen Einblick in die Theorie Schaefflers zu erhalten, auf dessen Grundlage eine weiterführende Diskussion möglich sein soll:

Unter Punkt 2 möchte ich diese Theorie anhand des Aufsatzes ‚Religiöse Erfahrung – Ausdruck reiner Subjektivität oder Fundstelle objektiv gültiger Wahrheit?’[2] skizzieren, indem ich die ersten vier darin aufgestellten Thesen als Leitfaden verwende. Unter Punkt 3 möchte ich den Versuch unternehmen, die Schaeffler’sche Theorie in einen fundamentaltheologischen Kontext einzuordnen, wobei diese Einordnung die Basis einer unter Punkt 4 erfolgenden Kritik der Theorie bildet, bevor ich mit einem Fazit schließen werde, das die Bilanz aus durch diese Arbeit gewonnenen Erkenntnissen ziehen soll.

2. Darstellung der Schaeffler’schen Theorie religiöser Erfahrung anhand des Aufsatzes ‚Religiöse Erfahrung – Ausdruck reiner Subjektivität oder Fundstelle objektiv gültiger Wahrheit?’

Schaeffler geht davon aus, dass ein sinnvolles Sprechen von objektiv gültiger religiöser Erfahrung generell möglich sei, da er eine „Pluralität von Erfahrungsweisen“[3] voraussetzt. Somit schreibt er der religiösen Erfahrung eine gewisse Eigengesetzlichkeit zu, da sich diese in ihrer Form und den Gegebenheitsweisen ihres Gegenstandes von allen anderen unterscheide. Maßstäbe, die für die wissenschaftliche Empirie und deren Methoden der Feststellung von Tatsachen gelten, sind also auf die religiöse Erfahrung nicht übertragbar, weil es sich um zwei völlig verschiedene Erfahrungsweisen handelt.

Diese Annahme zu Grunde legend versucht Schaeffler eine Theorie religiöser Erfahrung dialogischen Charakters aufzubauen, welche ich im Folgenden anhand des von mir ausgewählten Aufsatzes ‚Religiöse Erfahrung – Ausdruck reiner Subjektivität oder Fundstelle objektiv gültiger Wahrheit?’ skizzieren möchte.

Der Aufsatz ist in vier Abschnitte bzw. sieben Thesen unterteilt. In der vorliegenden Arbeit werden jedoch nur die ersten vier Thesen Beachtung finden, welche mir als Leitfaden dienen. Des weiteren sei vorab darauf hingewiesen, dass Schaeffler seine ‚Dialogische Theorie der Erfahrung’ hauptsächlich mittels der Erkenntnistheorie Kants entwickelt und diese für seine Zwecke umwandelt[4]. So spricht Schaeffler zum Beispiel von „Möglichkeitsbedingungen der Erfahrung“ und möchte den Begriff der Erfahrung in einem transzendentalphilosophischen Sinne verstanden wissen[5], womit er eindeutig auf Kants Kritik der reinen Vernunft und die darin verwendeten Termini verweist. Als weitere Stützen seiner Theorie nennt Schaeffler zu Beginn des Aufsatzes[6] zwar noch Husserl[7] und Cassierer[8], sowie die neuere Sprachphilosophie; diese spielen jedoch eher eine untergeordnete Rolle innerhalb seines Konzepts.

2.1 Beschreibung der religiösen Erfahrung und des erfahrenden religiösen Subjekts

Schaeffler unternimmt eine Charakterisierung der religiösen Erfahrung, welche sich auf deren ‚Wirkungsweise’ und nicht auf deren Inhalt konzentriert, denn

„eine grundsätzliche methodische Schwierigkeit für die Theorie der religiösen Erfahrung besteht darin, daß [sic!] diese Art von Erfahrung durch keinen spezifischen Inhalt ausgezeichnet ist: Alles, was überhaupt Inhalt von Erfahrung werden kann, kann auch Inhalt von religiösen Erfahrungen sein.“[9]

Es ist also nicht der Erfahrungsinhalt, sondern die Art und Weise in der „das Heilige“[10] dem Erfahrenden offenbar wird, welche eine religiöse Erfahrung als solche auszeichnet. Diesen Modus des Erscheinens sieht Schaeffler dadurch gekennzeichnet, „daß [sic!] das Heilige sich zwar zeigt, aber zugleich so, daß [sic!] es die Auffassungskraft des Erfahrenden übersteigt“[11], was wiederum zur Folge hat, dass dem Menschen in der religiösen Erfahrung die Unfassbarkeit des Heiligen spürbar wird, diesen aber gleichzeitig zum Verstummen, Erblinden usw. bringt.[12] In vielen Fällen folgt auf diese ‚Grenzerfahrung’ jedoch eine neue Öffnung des Menschen, dem sich so die Welt in einem ganz anderen Licht präsentiert und von ihm mittels seiner (durch die gemachte Erfahrung) neu gewonnenen Fähigkeiten anders verstanden und benannt werden kann. Der Mensch erhält Einblick in das Wesen der Dinge, versteht diese als Gleichnisse des Heiligen, welches er zuvor erfahren hat und drückt diese Erkenntnis durch solche aus.[13]

„Er bekommt auf Grund dieser speziellen Erfahrung nicht nur einen neuen Inhalt zu sehen; vielmehr verändert diese Erfahrung die Struktur des menschlichen Anschauens und Denkens so, daß [sic!] nicht nur der Anspruch des Heiligen, sondern auch der Anspruch alles Wirklichen auf neue Weise vernehmbar wird.“[14]

Aus den hier zusammengefassten und erläuterten Gedanken lässt sich Schaefflers erste These zur Charakterisierung religiöser Erfahrung ableiten:

„Die religiöse Erfahrung ist von solcher Art, daß [sic!] der, der sie macht, aus ihr verwandelt hervorgeht.“[15]

Die schon angesprochene, durch die religiöse Erfahrung hervorgerufene Veränderung der Struktur „des menschlichen Anschauens und Denkens“[16] des erfahrenden Subjekts lässt bereits erkennen, dass jene für Schaeffler einen hermeneutischen Charakter besitzt: Die vorherige Ordnung der Lebenswelt und –wirklichkeit des Erfahrenden gerät durch die religiöse Erfahrung aus ihren Fugen und die Dinge müssen innerhalb dieses neu entstandenen Kontextes erst wieder eingeordnet werden. An diesem Punkt angelangt scheint die zweite Schaeffler’sche These nahe zu liegen:

„Die religiöse Erfahrung ist von solcher Art, daß [sic!] aus ihr nicht nur das erfahrende Subjekt, sondern die gesamte Erfahrungswirklichkeit verändert hervorgeht.“

[...]


[1] Schaeffler, Richard: Erfahrung als Dialog mit der Wirklichkeit. Eine Untersuchung zur Logik der Erfahrung. Freiburg/ München: Alber 1995, S. 416

[2] Schaeffler, Richard: Religiöse Erfahrung – Ausdruck reiner Subjektivität oder Fundstelle objektiv gültiger Wahrheit?. In: Philosophisches Jahrbuch. Hrsg. von Hans Michael Baumgartner u. a. im Auftrag der Görres Gesellschaft. Freiburg/ München: Alber (= 107. Jahrgang 2000), S.61- 73

[3] Schaeffler (1995), S. 415

[4] Was natürlich nicht nur für den von mir ausgewählten Aufsatz, sondern für Schaefflers Theorie im Allgemeinen, also alle Publikationen, die seine dialogische Theorie der Erfahrung darlegen, gilt.

[5] Schaeffler (2000), S. 62

[6] ebd., S. 61

[7] Auf den Schaeffler die Annahme zurückführt, dass jede Erfahrungsart, also auch die religiöse Erfahrung, eigengesetzlich und daher nicht durch andere subsumierbar ist. (ebd., S. 61)

[8] Dessen Annahme der spezifischen Bedeutung der Kategorien von Raum, Zeit, Substanz und Kausalität für Schaeffler in der zweiten These seines Aufsatzes eine Rolle spielt (ebd. S. 61)

[9] Schaeffler (1995), S. 415

[10] Der Ausdruck „das Heilige“ wird von Schaeffler übernommen, da dieser wegen des grammatischen Neutrums signifikant für die Irrelevanz des Inhaltes ist und auf den Modus seines Erscheinens verweist.

[11] Schaeffler (2000), S. 63

[12] Vgl. ebd., S. 63

[13] Vgl. ebd. , S. 64

[14] ebd., S. 63

[15] ebd.

[16] Ebd.

Ende der Leseprobe aus 13 Seiten

Details

Titel
Die Erfahrung als Rechtfertigung religiösen Glaubens
Untertitel
Richard Schaefflers Theorie der Erfahrung als Dialog mit der Wirklichkeit
Hochschule
Universität Siegen
Veranstaltung
Religiöser Glaube und Vernunft
Note
1,7
Autor
Jahr
2007
Seiten
13
Katalognummer
V112245
ISBN (eBook)
9783640110643
ISBN (Buch)
9783640110681
Dateigröße
409 KB
Sprache
Deutsch
Schlagworte
Erfahrung, Rechtfertigung, Glaubens, Religiöser, Glaube, Vernunft
Arbeit zitieren
Christina Flach (Autor:in), 2007, Die Erfahrung als Rechtfertigung religiösen Glaubens, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/112245

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