Walter Gropius: Die Dammerstocksiedlung in Karlsruhe - Denkmalpflege

Am Beispiel des Waschhauses


Essay, 2007

12 Seiten, Note: 1,7


Leseprobe


Inhaltsverzeichnis

1. Geschichte der Dammerstocksiedlung

2. Denkmalpflege im Dammerstock
2.1. Beispiel des Waschhauses
2.2. Küchenschrank in Haus Bussardweg

3. Schluss

4. Abbildungen

Quellen

1. Geschichte der Dammerstocksiedlung

Während dem Ersten Weltkrieg kommen in Deutschland sämtliche Bautätigkeiten vollständig zum Erliegen. Die gesamte Bauwirtschaft erholt sich in den Nachkriegsjahren zunächst erst schleppend. So entsteht in Deutschland eine starke Wohnungsnot, die besonders den unteren Stand dazu zwingt, in Klein- und Kleinstwohnungen zu leben. Schlechte Licht-, Raum- und Luftverhältnisse sind hier quasi überall vorhanden.

Um diesen Verhältnissen ein Ende zu setzen, werden in zahlreichen größeren Städten in Deutschland Bauvereine gegründet. Deren Ziel war es, den Arbeitern und kleinen Beamten, also dem gesamten Mittelstand, nicht nur erschwingliche Mietwohnungen, sondern ebenso komfortable und praktische Behausungen anzubieten.

So beschließt man auch in Karlsruhe im Juni des Jahres 1928, eine neue Siedlung in Bahnhofsnähe, auf freiem Feld zwischen Hauptbahnhof und dem Vorort Rüppurr, zu erschließen. Ziel ist auch hier, wie in anderen Städten, Klein- und Kleinstwohnungen in großer Anzahl zu günstigen Konditionen zu errichten. Dies alles sollte nach dem Prinzip des „Neuen Bauens“ geschehen. Ein Novum stellt hier die Einbeziehung von haushaltsökonomischen Faktoren in die Planung der Wohnungen dar. Vorbild waren hier beispielsweise die Entwürfe und Gebäude der Werkbundausstellung der Weißenhofsiedlung in Stuttgart[1]. Eine sinnvolle Raumaufteilung war also eine der Hauptaufgaben, um möglichst viel Funktion auf möglichst wenig Bodenfläche zu verteilen. Diese Bestrebung nach effektiver Anordnung betrifft nicht nur das Innere der Gebäude, sondern auch ihre Anordnung in der Siedlung. Man entschloss sich zum Zeilenbau. Dieser bot, im Gegensatz zur bis dato üblichen Blockrandbebauung, jeder Wohnung und jedem Gebäude die gleichen Lichtverhältnisse. Bereits in den Plänen zur Erschließung des Geländes war klar zu sehen, dass man sich für eine von Norden nach Süden verlaufende Zeilenbebauung entschied. So war es möglich, die Wohnräume wegen der Lichtverhältnisse nach Westen sowie die Schlaf- und Nebenräume nach Osten auszurichten. Auch für die Durchlüftung der Gebäude war eine solche Zeilenbauweise sinnvoller, da beispielsweise schlecht belüftete Eckwohnungen wegfielen oder die Luft nicht in entstandenen Innenhöfen stand. Auch wichtig war die Hierarchielosigkeit der Gebäude untereinander.

Der Zeilenbau bietet seinerzeit außerdem noch eine günstige Erschließung der Zugänge an[2]. Durch die, zu der Kopfseite der Gebäudezeilen parallel verlaufende Straße spart man deutlich Erschließungskosten und erhöht gleichzeitig die Wohnruhe. Von den Straßen aus verlaufen lediglich Fußwege zwischen den einzelnen Wohnzeilen.

Im Juli 1928 wird der Bauwettbewerb ausgeschrieben und zahlreiche Architekten aus Karlsruhe und einige aus anderen Städten reichen ihre Entwürfe ein. Unter ihnen befindet sich auch Walter Gropius, der zu dieser Zeit in Berlin lehrte, der im Oktober des gleichen Jahres auch den Auftrag erhält. Unter den Juroren befindet sich neben dem Oberbürgermeister Karlsruhes, Julius Finter sowie Roman Heiligenthal, Professor der TH Karlsruhe, auch Ludwig Mies van der Rohe[3].

Gropius legt als künstlerischer Leiter des Projektes die gestalterischen Elemente, wie einheitliche Fensterelemente, Flachdächer, identischen Gesimslösungen, einheitliche Gärten, glatte Eingangstüren sowie weißer Fassadenputz und grauer Sockel, fest.

Den Auftrag für die weitere Ausführung erhält nun auch Gropius sowie Otto Haesler[4]. Ihre beiden Entwürfe ergänzen sich zu einem Optimum: Gemeinschafts- und öffentliche Räume in der Umgebung der Kirche im Nord-Westen, Mehrfamilienhäuser an der Grenze im Osten, dahinter bis zum Gebietsende im Westen die nord-südlich verlaufende Zeilenbebauung der Einfamilien-Reihenhäuser.

Die Bauarbeiten beginnen zu Jahresanfang 1929. Es dauert nur neun Monate, bis die Dammerstocksiedlung fertig gestellt ist. Dort entstehen 228 Wohnungen, die in 23 verschiedenen Typen ausgefertigt werden. Darunter 32 Zweizimmerwohnungen, 46 Dreizimmerwohnungen, 102 Vierzimmerwohnungen, 32 Fünfzimmerwohnungen und 16 Sechszimmerwohnungen. 30 der Wohnungen sind als Muster mit extra entworfenen Möbeln möbliert. Sie dienen der „Ausstellung Karlsruhe Dammerstock“ als Vorzeigewohnungen.

Insgesamt sind zu diesem Zeitpunkt noch circa 530 weitere Wohnungen geplant.

Die neue Siedlung ruft in der Bevölkerung allerdings gemischte Gefühle hervor. Die Karlsruher sind nicht besonders begeistert von der strengen neuen Bauweise, da sie sie als zu kasernenhaft und zu einheitlich und öde beschreiben. Einigen Leuten sind die Wohnungen an sich auch zu eng, da sie, mit konventionellen Möbeln bestückt, wenig freie Bodenfläche bieten.

In den folgenden Jahren erfährt das Projekt, die Dammerstocksiedlung weiter in dieser Bauweise zu errichten, aufgrund der geschichtlichen Entwicklung ein Ende in seiner bisherigen Form. Die Nationalsozialisten beschreiben die Siedlung als ein „Werk des Architekturbolschewiken Gropius“ und als „Orientkasernen“ die wie abgebrannte Häuser aussehen“. Es gibt Bestrebungen, die Häuser nachträglich mit einem ziegelgedeckten Giebeldach zu versehen. Dieses Projekt lässt der damit beauftragte Architekt, Gisbert von Teuffel[5], allerdings scheitern, indem er versichert, die Statik lasse dieses nicht zu.

Allerdings wird die Siedlung durch neue Häuser nach Norden erweitert, die sich bis 1934 zunächst noch in das bestehende Straßenkonzept einfügen. Jedoch werden Wohnwege nach Norden hin nun als Strassen weitergeführt. Diese Siedlung entspricht einer klassischen Arbeitersiedlung, wie sie in zahlreichen Städten, so auch in Karlsruhe noch ein weiteres Mal in der Rheinstrandsiedlung, ehemals Adolf-Hitler-Siedlung, vorzufinden sind.

Ab 1938 stagniert die Bautätigkeit. Allein ein Luftschutzbunker wird im Nordosten der Siedlung auf einer Grünfläche errichtet, der die optische Harmonie der Eingangssituation zerstört.

Nach dem Zweiten Weltkrieg wird die Siedlung auf Basis der, von den Nationalsozialisten angefertigten, Straßenplänen weitergebaut. Später kommen noch einige Mehrfamilienhäuser entlang der östlich verlaufenden Achse hinzu, die sich wieder in das Konzept von Gropius eingliedern. Unter anderem auch ein Hochhaus, das im Süden quasi ein Pendant zur Eingangssituation im Nordosten bildet.

Die Siedlung ist heute ein repräsentatives Beispiel für das Neue Bauen und bildet einen wichtigen Bestandteil Karlsruhes. Besonders die nahezu vollständige Erhaltung der Anlage macht diese Siedlung besonders.

Nach einigen Veränderungen in der Nachkriegszeit ist man heute bestrebt, die Siedlung wieder in ihrem alten Erscheinungsbild zu zeigen, was nicht immer eine einfache Aufgabe darstellt. Die Gründe hierfür sind verschiedene Aspekte, die ich weiter etwas näher ausführen möchte.

[...]


[1] Weißenhofsiedlung Stuttgart: Für die Werkbundausstellung 1927 errichtete Siedlung am Killesberg. Erste große Bauausstellung des Neuen Bauens. Gebäude u.a. von Le Corbusier, Walter Gropius, Ludwig Mies van der Rohe, Bruno Taut und Peter Behrens.

[2] Vgl. Abb.1., Abb.4.

[3] Ludwig Mies van der Rohe: 1886-1969, einer der bedeutendsten Architekten und Designer der Moderne, Werke u.a.: Deutscher Pavillon auf der Weltausstellung Barcelona 1929 mit selbst entworfenem Mobiliar, Neue Nationalgalerie in Berlin 1967.

[4] Otto Haesler: 1880-1962, neben Gropius und Mies van der Rohe einer der bedeutenden Architekten des Neuen Bauens außerhalb des Bauhauses, hauptsächlich Siedlungsbauten.

[5] Gisbert Freiherr Teuffel von Birkensee: 1881-1970, Karlsruher Architekt, Lehrstuhlinhaber an der TU Karlsruhe, Werke u.a. Diakonissenkrankenhaus Karlsruhe 1932, Krankenhauserweiterung Waldshut 1928, Wiederaufbau der Karl-Friedrich-Gedächtniskirche in Karlsruhe-Mühlburg 1954.

Ende der Leseprobe aus 12 Seiten

Details

Titel
Walter Gropius: Die Dammerstocksiedlung in Karlsruhe - Denkmalpflege
Untertitel
Am Beispiel des Waschhauses
Hochschule
Universität Karlsruhe (TH)
Note
1,7
Autor
Jahr
2007
Seiten
12
Katalognummer
V113476
ISBN (eBook)
9783640138906
ISBN (Buch)
9783656205876
Dateigröße
1130 KB
Sprache
Deutsch
Schlagworte
Walter, Gropius, Dammerstocksiedlung, Karlsruhe, Denkmalpflege
Arbeit zitieren
Peter Liptau (Autor:in), 2007, Walter Gropius: Die Dammerstocksiedlung in Karlsruhe - Denkmalpflege, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/113476

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