Die japanische Gesellschaft und das Problem der Obdachlosigkeit

Effektivität der staatlichen und ehrenamtlichen Maßnahmen zur Reintegration Obdachloser in die Gesellschaft


Hausarbeit (Hauptseminar), 2008

20 Seiten, Note: 1,3


Leseprobe


Inhaltsverzeichnis

1. Einleitung

2. Obdachlosigkeit in Japan
2.1. Definition des Begriffs Obdachloser
2.2. Geschichte der Obdachlosigkeit
2.3. Gründe für die Obdachlosigkeit
2.4. Anzahl der Obdachlosen und Dauer des Lebens in Obdachlosigkeit
2.5. Stellung der Obdachlosen in der Gesellschaft

3. Maßnahmen zur Wiedereingliederung der Obdachlosen in die Gesellschaft
3.1. Non- Profit- Organisationen …
3.2. Staatliche Maßnahmen

4. Fazit - Probleme der staatlichen und ehrenamtlichen Unterstützung
4.1. Effektivität der ehrenamtlichen Hilfe
4.2. Effektivität der staatlichen Hilfe
4.3. Aufgaben für die Zukunft

5. Anhang
5.1. Literaturverzeichnis
5.2. Eigenständigkeitserklärung

1. Einleitung

Meine Arbeit mit dem Thema „Die japanische Gesellschaft und das Problem der Obdachlosigkeit – Effektivität der staatlichen und ehrenamtlichen Maßnahmen zur Reintegration Obdachloser in die Gesellschaft-“ zielt auf die Herausarbeitung der staatlichen und ehrenamtlichen Maßnamen zur Wiedereingliederung Obdachloser ab. Ich werde untersuchen wie effektiv die Hilfe der Non- Profit Organisationen (NPOs), der Hilfsorganisationen und des Staates ist. Ist sie ausreichend oder könnten noch Verbesserungen vorgenommen werden?

Das Thema Obdachlose in Japan beinhaltet viele unterschiedliche Aspekte, ich aber habe mich für diesen Themenbereich entschieden, da der Staat meiner Meinung nach die größte und effektivste Hilfe für die Obdachlosen erbringen kann. Zwar gibt es auch viele ehrenamtliche Hilfsorganisationen, aber haben diese die Mittel, in dem Ausmaß Hilfeleistungen zu erbringen, wie es dem Staat möglich ist?

Um dies nachvollziehbar zu gestalten und zu beantworten, habe ich mich dazu entschieden, zu Beginn meiner Arbeit einen Überblick über die allgemeine Obdachlosensituation in Japan zu geben. Dies beinhaltet zum einen eine Definition des Begriffs „Obdachloser“, um die zahlreichen Varietäten des Begriffs in Japan zu verdeutlichen. Auch die Geschichte der Obdachlosigkeit möchte ich erläutern, da es interessant zu sehen ist, wie sich die Obdachlosigkeit im Laufe der Zeit verändert hat und was für Gründe es hierfür gibt. Weiterhin werde ich die Gründe darlegen, die heutzutage zu Obdachlosigkeit führen, um im späteren Teil meiner Arbeit darauf aufbauen und Zukunftspläne nennen zu können. Ferner nenne ich Zahlen, die das Ausmaß der Obdachlosigkeit in Japan zeigen, damit die Dringlichkeit der Maßnahmen verdeutlicht wird. Den allgemeinen Teil zur Obdachlosigkeit schließe ich mit der Stellung der Obdachlosen in der Gesellschaft ab, da dies meiner Meinung nach ein weiterer wichtiger Punkt ist, um die Problematik der Obdachlosigkeit in Japan verstehen und begreifen zu können.

Im nächsten Teil meiner Arbeit zeige ich die staatlichen und ehrenamtlichen Maßnahmen zur Wiedereingliederung Obdachloser auf, da sie Grundlage für meine folgenden Punkte, die Probleme der staatlichen und ehrenamtlichen Hilfe und Aufgaben für die Zukunft, sind. Mit Problemen der staatlichen und ehrenamtlichen Unterstützung meine ich die Effektivität der staatlichen Hilfeleistung, sowie die der NPOs für die Obdachlosen. Schöpft der Staat alle möglichen Hilfestellungen aus oder bleiben Möglichkeiten zur Verbesserung der Situation der Obdachlosen ungenutzt? Können die NPOs trotz ihrer begrenzten Mittel mit dem Staat mithalten oder sogar mehr Hilfe für die Obdachlosen leisten? Diese Fragen möchte ich als Fazit meiner Arbeit unter dem Punkt „Probleme der staatlichen und ehrenamtlichen Unterstützung“ bearbeiten. Im letzten Punkt meiner Arbeit versuche ich, mögliche Aufgaben für die Zukunft für das Problem der Obdachlosigkeit aufzuzeigen.

Anzumerken ist noch, dass es sehr schwer war, zu diesem doch sehr speziellen Thema Literatur zu finden, da die meisten Quellen auf Japanisch sind und meine bisherigen Japanischkenntnisse für diese leider noch nicht ausreichen. Daher habe ich mich lediglich für Literatur auf Deutsch und Englisch entschieden, auch wenn ich somit nur eine geringe Auswahl an Quellen für das Thema Obdachlosigkeit und Reintegration in die Gesellschaft gefunden habe. Besonders deutsch- oder englischsprachige Informationen zu den NPOs sind gar nicht in Büchern und nur sehr ungenügend im Internet vorhanden. Somit beziehen sich meine Informationen nur auf einige Gegenden in Japan und sind daher nicht für ganz Japan repräsentativ. Anfragen meinerseits per Mail an einige Non- Profit- Organisationen wurden leider bis heute nicht beantwortet und demnach bilden lediglich drei Bücher, sowie zwei Aufsätze und einige zuverlässige Internetquellen die Grundlage für meine Arbeit.

2. Obdachlosigkeit in Japan

Seit Anfang der 90er Jahre ist die Zahl der Obdachlosen gestiegen. Ungefähr 95 % der Obdachlosen sind Männer und das Durchschnittsalter liegt bei 55,9 Jahren, da sie aufgrund ihres Alters schwer zu vermitteln sind (Goethe-Institut Japan). Oft sind sie alleinstehend und schlafen in Parks und an anderen öffentlichen Plätzen. Wie die Menschen ohne Heim in Japan genannt werden, wie sie obdachlos wurden, wie viele Obdachlose es in Japan gibt und wie sie von der Gesellschaft akzeptiert werden, möchte ich auf den folgenden Seiten meiner Arbeit erläutern.

2.1. Definition des Begriffs „Obdachloser“

In Japan gibt es diverse Begriffe um den Obdachlosen zu beschreiben bzw. zu definieren. So ist der Landstreicher (furôsha) ein alter und bereits überholter Name für den Obdachlosen, der das Bild einer faulen, heruntergekommenen Person beinhaltet (Aoki:108,109). Weiterhin gibt es die jûsho futeisha, die Personen ohne festen Wohnsitz. Dieser Begriff ist zwar etwas neutraler als der vorherige, beinhaltet aber nicht nur die Obdachlosen an sich, sondern auch die Personen, die einfach keine feste Adresse haben. Deshalb ist dieser Begriff als Definition des Obdachlosen unpassend, weil er zu weitläufig und ungenau ist (Aoki:109). Ferner gibt es noch die Personen, die auf der Straße leben (rojô seikatsusha), was der Begriff ist, der offiziell von der Stadt Tôkyô verwendet wurde, als das Problem der Obdachlosigkeit verstärkt sichtbar wurde (Aoki:109). Der Begriff, der in der ganzen Welt für die Obdachlosen verwendet wird, ist der hômuresu, der Mensch, der kein Zuhause hat. Hier kommt aber das Problem auf, dass das Wort „Zuhause“ zwei Bedeutungen hat: Haus und Familie (Aoki:110). Der Obdachlose kann aber sehr wohl eine Familie haben, aber kein Haus und umgekehrt. Zudem gibt es noch die nojuku rôdôsha, die obdachlosen Arbeiter. Dieser Begriff wird jedoch lediglich von Menschen benutzt, die die Obdachlosigkeit als Arbeitsproblem ansehen. Dieser Begriff ist also „a name linking the life process of `homelessness’ and the work process of `labor’” (Aoki:111). Dieser Begriff ist aber wiederum problematisch, da er nur die Seite der Arbeit betrachtet, und nicht die Obdachlosen mit einschließt, die von der Wirtschaft ausgeschlossen sind (Aoki:112). Der minimalste Begriff, um Obdachlose zu definieren ist nojukusha, „die im Freien lebenden“ (Aoki:112; Saga, Joshiku). In meiner Arbeit werde ich den Begriff hômuresu verwenden, da diese Bezeichnung meiner Meinung nachvollziehbar im Hinblick auf die Betroffenen ist, nämlich „people who – because of a variety of factors such as unemployment, familiy breakdown and flight from social life- have no specific residence“ (Aoki:113).

2.2. Geschichte der Obdachlosigkeit

Das Problem der Obdachlosigkeit ist in Japan nicht neu, denn schon um 1860 gab es Obdachlose in den Städten Japans. Trotz Versuche der Meiji- Regierung, die Obdachlosen zurück zu ihren Geburtsplätzen umzusiedeln, entstanden in den Städten regelrechte Slums, da weiterhin die Mehrheit der Obdachlosen in den Städten blieb (Iwata:192).

Diese in den Slums lebenden Menschen wurden von der Gesellschaft ausgegrenzt, da sie als „anders“ angesehen wurden. Der Staat bemerkte die Dringlichkeit, Obdachlose in die Gesellschaft zu integrieren, unternahm aber nichts Bewegendes. Erst als in 1890 bis 1920 die japanische Wirtschaft einen Aufschwung erfuhr und viele Slums- Bewohner Arbeit fanden, wurde die Sozialpolitik und ein Wohlfahrtssystem eingeführt. Der Wirtschaftsaufschwung war jedoch nicht von langer Dauer und so stieg die Zahl der Obdachlosen in den 30er Jahren aufgrund einer Wirtschaftrezension wieder an. Der Versuch der Regierung, diese Entwicklung durch Maßnahmen zu verhindern, wurde vom Ausbruch des Zweiten Welt Krieges zu Nichte gemacht. Viele Häuser wurden durch Bomben zerstört und immer mehr Menschen wurden obdachlos (Iwata:193).

In der unmittelbaren Nachkriegszeit versuchte die Regierung mit sogenannten Nothäusern die Situation in den Griff zu bekommen, aber es waren nicht genügend finanzielle Mittel vorhanden, um ausreichend Häuser bereitzustellen. Ferner wurden Sozialwohnheime bereitgestellt, um die obdachlosen Menschen von öffentlichen Plätzen fern zu halten (Iwata:193).

Die GHQ[1] führte eine demokratische Politik durch, in dessen folge das Seikatsu-hogo hou[2] eingeführt wurde. Jedoch konnten Obdachlose keine Unterstützung beantragen und wurden somit von der Fürsorgepolitik ausgeschlossen (Iwata:193).

Infolgedessen entstanden regelrechte abgegrenzte Bereiche, wie z.B. Sozialwohnheime, die sich zu heruntergekommenen Vierteln mit sozialen Problemen entwickelten und durch ein „open- air labour market“ (Iwata:194) charakterisiert wurden, die yoseba[3].

In den 60er und 70er Jahren wurde die japanische Gesellschaft durch eine hohe Wachstumsrate wohlhabender und vor allem das Leben der Arbeiterklasse wurde stabiler. Aufgrund dieser Veränderung wurde die Anzahl der Menschen, die in bataya[4] oder Sozialwohnheimen lebten, geringer. Da viele ungelernte Arbeiter in der Industrie gebraucht wurden, entwickelten sich die yoseba jedoch zu „Lagerräumen“ für billige Arbeitskräfte und blieben somit Plätze für die armen Leute (Iwata:194; Hasegawa:27).

Mitte der 70er stieg die Zahl der Obdachlosen jedoch aufgrund der Ölkrise wieder an und dieser Zustand konnte auch bis zum Ende der Bubble economy[5] nicht in den Griff bekommen werden.

[...]


[1] General Headquarters: das alliierte Oberkommando.

[2] Sozialhilfegesetz; existiert seit dem 4. Mai 1950.

[3] “Where day laborers seek for their daily jobs to get hired. The term "Yoseba" originally came from "Ninsoku Yoseba" at Ishikawa-island in Edo (Tokyo), known as the shelter (or rehab center) for rough sleepers and later also for petty criminals to rehabilitate established in 1790” (http://www.kamagasaki-forum.com/en/index.html).

[4] Alter japanische Name für Müll-Sammler; Gegend, die vor allem aus heruntergekommenen Unterkünften eben dieser Müll-Sammler bestand und in der der gesammelte Müll verkauft wurde (Iwata:194).

[5] Blasen- Wirtschaft; Im Plaza-Abkommen 1985 vereinbarten die G5 eine Abwertung des US-Dollar gegenüber den Währungen der anderen vier Länder. Besonders der Yen machte gegenüber dem Dollar innerhalb von zwei Jahren eine kontrollierte Wertsteigerung um 100%, der durch Spekulationen weiter angeheizt wurde. Doch die so genannte Bubble Economy des Aktien- und Immobiliensektors platzte 1990 und die japanische Wirtschaft versank in Deflation und Nullwachstum.

Ende der Leseprobe aus 20 Seiten

Details

Titel
Die japanische Gesellschaft und das Problem der Obdachlosigkeit
Untertitel
Effektivität der staatlichen und ehrenamtlichen Maßnahmen zur Reintegration Obdachloser in die Gesellschaft
Hochschule
Heinrich-Heine-Universität Düsseldorf  (Lehrstuhl Modernes Japan)
Veranstaltung
Einführung in das Sozialsystem Japans
Note
1,3
Autor
Jahr
2008
Seiten
20
Katalognummer
V113794
ISBN (eBook)
9783640151585
ISBN (Buch)
9783640154098
Dateigröße
455 KB
Sprache
Deutsch
Schlagworte
Gesellschaft, Problem, Obdachlosigkeit, Einführung, Sozialsystem, Japans
Arbeit zitieren
Katharina Pleus (Autor:in), 2008, Die japanische Gesellschaft und das Problem der Obdachlosigkeit , München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/113794

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